Die wilden Robbins (Band 1) (eBook)
224 Seiten
SchneiderBuch (Verlag)
978-3-505-15258-0 (ISBN)
Schick, penibelst gerade, energetisch und effizient - das ist der Stadtteil Sommerrode. Und genau hier herrscht ein erbitterter Kampf zwischen zwei Kinderbanden: den wilden Robins und den Rittern auf Rädern. Beide beanspruchen das letzte unbebaute Stück Grün für sich. Bis der pingelige Bürgermeister dort einen hochmodernen Spielplatz errichten will. Einen Spielplatz, auf den keines der Kinder Bock hat. Nur gut, dass die Robins, angeführt von der furchtlosen und schlauen Rieke, schon einen Plan haben, das zu verhindern. Doch dafür brauchen sie ausgerechnet die Hilfe der Ritter. Zähneknirschend muss ein Friedenspakt her, denn jetzt gilt es, ein gemeinsames Übel zu bezwingen: die Erwachsenen.
<p>In Nina Wegers Leben zeichneten sich schon früh zwei Leidenschaften ab: für das Schreiben und den Zirkus. Mit 13 Jahren begann sie in einem Kinderzirkus Seil zu tanzen und tourte nach dem Abitur ein Jahr lang als professionelle Seiltänzerin. Dann widmete sie sich der Ausbildung an einer Journalistenschule, arbeitete als Drehbuchautorin und fand schließlich den Weg zum Kinderbuch, wo sie sich mit Büchern wie »Ein Krokodil taucht ab« und »Club der Heldinnen« einen Namen gemacht hat. Parallel leitet sie gemeinsam mit zwei Freundinnen den Kinderzirkus Giovanni, der mit dem Deutschen Kinderpreis ausgezeichnet wurde.</p>
Kapitel 2
Die Robbins mit einem b
Los ging alles an einem ganz normalen sonnigen Samstagmorgen. Rieke stand in ihrem Zimmer und packte gerade ihr Werkzeug zusammen, als das Walkie-Talkie, ihr schwarzes Funkgerät, einen Krischelton von sich gab.
»Bretti an Hood – kannst du mich hören?«
Rieke wühlte das Funkgerät unter einem Berg grüner T-Shirts hervor. »Höre!«
»Strick-Liesel hat einen Fund gemacht!« Und nun überschlug sich Brettis Stimme vor Aufregung. »Auf der neuen Baustelle bei der Tulpenstraße. Ein …« Jetzt machte er es extraspannend.
»Ja?!«
»Ein superlanges Kabel. So eins, wie wir schon ewig suchen.«
Rieke blieb für einen Moment die Luft weg. Dann flüsterte sie: »Für die Hängebrücke!«
»Genau!«
»Ich komme!«
Sie warf den Hammer in ihre Werkzeugtasche und sauste aus dem Zimmer, über den Flur und die Treppe hinunter. Eine Hängebrücke wollte Rieke schon immer haben. Eine wie Robin Hood sie hatte, ihr absoluter-ultra-mega-unübertroffener Super-Lieblingsheld. Der König der Diebe. Der von den Reichen nahm und den Armen gab. Der mit seiner Bande im Sherwood Forest lebte, in Baumhäusern, die mit Seilbrücken verbunden waren. Genau von so einer Brücke zwischen den Bäumen hatte Rieke geträumt, und nun hatte Liesel das nötige Material entdeckt.
»Frühstück!«
Rieke stöhnte. Das Tolle und das Blöde an den Sommerroder-Häusern war, dass die Treppe vom ersten Stock mit den Kinderzimmern und dem Eltern-Schlafzimmer direkt ins große Wohn-Ess-Küchenzimmer führte. Und genau dort saßen um den weißen Esstisch Riekes Eltern, ihre kleine Schwester Minna und Murkel. Das heißt, Murkel lag unter dem Tisch. Er war nämlich ein Hund.
»Ich bin nicht hungrig. Und Bretti wartet.«
»Du musst etwas essen«, sagte ihr Papa. Und das bedeutete, dass sie sich jetzt an den Tisch setzen musste. Ob sie hungrig war oder nicht.
Mama schob den Brotkorb herüber. »Wir haben dir extra ein Rosinenbrötchen mitgebracht.«
»Super«, sagte Rieke und meinte natürlich das Gegenteil. Aber dann schnappte sie sich lieber schnell das Brötchen und aß. Umso eher konnte sie nämlich gehen.
»Was habt ihr denn vor?«, fragte Mama und schüttete sich Hafermilch in den Kaffee.
»Wir wollen etwas bauen«, antwortete Rieke und schob zügig hinterher: »Mit Liesel.«
Bretti wohnte nämlich im Haus nebenan, und da hätten ihre Eltern ganz leicht hören können, dass sie eben nicht in Brettis Garten etwas bauten. Aber Liesel wohnte eine Straße weiter. Und da konnten ihre Eltern nicht merken, ob sie wirklich hinter dem hohen Zaun waren – oder eben ganz woanders. Auf einer Baustelle. Oder im Sommerwood Forest. Ihrem geheimen Lager, von dem niemand etwas wusste außer den wilden Robins. Die man mit einem b schrieb. Wie ROBIN Hood. Auch wenn es wie ›Robbin‹ klang, wenn man es sagte. Und wie Bretti es aus Versehen auf ihr Schild geschrieben hatte.
»Ich komme mit«, sagte Minna, als wenn sie das beschließen könnte.
»Nee«, nuschelte Rieke mit vollem Mund, und eine Rosine plumpste auf ihren Teller zurück. Schließlich war Minna fünf. Und sie war fast doppelt so alt. Und eine halb so alte Schwester konnte sie heute wirklich nicht gebrauchen.
»Murkel war auch noch nicht draußen«, stellte ihre Mutter fest. Als wenn das eine mit dem anderen etwas zu tun hätte.
»Er kann ja schlecht in Liesels Garten machen«, erklärte Rieke und stopfte den Rest des Rosinenbrötchens in den Mund. Jetzt sah sie wie ein Hamster mit Zahnschmerzen aus.
»Wir müssen das neue Regal aufbauen. Es wäre wirklich schön, wenn ihr alle gemeinsam etwas unternehmen könntet«, sagte Papa.
Alle gemeinsam hieß, dass Minna und Murkel jetzt an Riekes Hacken klebten wie Kaugummi unter einem Turnschuh. Und man wurde sie genauso schwer wieder los.
Rieke schaute bedauernd zu ihrer kleinen Schwester. »Okay, du kannst mitkommen, aber dann sitzt du den ganzen Tag nur in der Ecke und musst zugucken. Bist du sicher, dass du das willst?«
»Ja!«, rief Minna begeistert.
Ihre Mutter stand auf und legte einen grünen Plastikbeutel neben Riekes Teller. »Für Murkel.«
»Lecker«, sagte Rieke und schnappte sich den Beutel. »Dann los.«
Minna sprang von ihrem Stuhl, und Murkel kam schwanzwedelnd unter dem Tisch hervor.
Während sie im Flur ihre Schuhe anzogen, sagte Rieke leise: »Du kannst ein bisschen mitmachen, aber nur, wenn du Murkels Haufen einsammelst.«
»Okay«, versprach Minna.
Bretti wartete mit seinem Bollerwagen schon vor der Haustür und trat ungeduldig von einem Spaghettibein auf das andere. Bretti hieß nicht nur Bretti, weil sein Nachname Bretthauer lautete, sondern auch, weil alles an ihm so dünn wie ein Brett war: der Hintern, die Arme, die Beine, ja sogar Brettis Haare waren dünn. »Wieso hat das so lang gedauert?«
»Rieke musste erst etwas essen«, erklärte Minna.
Bretti sah auf Minna und Murkel hinunter. »Denkst du, es ist eine gute Idee, die beiden mitzunehmen?«
»Nee«, sagte Rieke. »Wollen wir?«
Und dann marschierten sie los, den Rosenweg hinunter, am Ende links, auf die Lupinenallee und von da aus noch einmal links in den Margeritenpfad. Und genau an dieser Ecke blieb Murkel stehen und machte die Hinterbeine krumm.
»Ich glaube, er muss mal«, sagte Minna.
Sie drehten sich um und guckten alle in eine andere Richtung. Murkel konnte es nämlich nicht leiden, wenn ihm jemand beim Kacken zuguckte. Rieke konnte das gut verstehen. Wer wollte dabei schon beobachtet werden? Auf der anderen Straßenseite blieb jedoch eine Frau stehen und guckte ganz genau. Das war Frau Krone-Essig, die Mutter von Ari. Die kontrollierte nämlich immer, ob die Leute die Haufen von ihren Hunden auch einsammelten und in den grünen Tonnen entsorgten. Für die hatte sie extra Unterschriften gesammelt.
»Tonnen für Hundehaufen?!«, hatte Bretti auf dem Schulhof gerufen, als er das gehört hatte. »Ist das ihr Hobby?« Und das hatte er ganz ernst gemeint. Und dann einen Tritt in seinen dünnen Hintern bekommen. Von Ari. Der es gar nicht lustig fand, dass die anderen Kinder daüber gelacht hatten.
Als Murkel fertig war, hockte sich Minna hin und sammelte die Wurst mit der Tüte ein.
»Und schön in den nächsten Mülleimer!«, rief Frau Krone-Essig über die Straße.
»Wohin denn sonst?«, rief Rieke und fügte leise hinzu: »Vielleicht auf Ihre olle Fußmatte?«
Bretti gluckste. Minna winkte Frau Krone-Essig noch einmal mit der Kacktüte zu, und dann liefen sie weiter.
Strick-Liesel stand mit den Händen in den Hüften auf dem Gehweg und verdrehte genervt die Augen.
So wie Bretti hatte auch Strick-Liesel ihren Namen nicht zufällig. Sie konnte nämlich alles mit Seilen und Fäden: knoten, wickeln, verbinden und eben stricken. Liesel hatte, bevor sie nach Sommerrode gezogen war, an einem See gewohnt, und da lernten alle Kinder segeln. »Und wenn man segelt, muss man etwas von Knoten und Seilen verstehen«, hatte sie erklärt. Und das tat sie.
»Frag nicht, warum das so lange gedauert hat«, begrüßte Rieke Liesel.
Liesel zog die linke Augenbraue hoch. So hoch, dass sie über den Rand ihrer roten Brille reichte, und sah auf Minna und Murkel.
»Und frag auch nicht, ob das eine gute Idee ist«, sagte Rieke.
»Okidoki«, antwortete Liesel, und sie marschierten los.
Die wilden Robins gingen bis ganz zum Ende des Margeritenpfads und bogen dann scharf ab in die sehr staubige und noch nicht asphaltierte Tulpenstraße. Die Planierraupe hatte erst vor ein paar Tagen die gerade Schneise in den Acker gewalzt. Hier sollten neue Schießscharten-Häuser gebaut werden. So war das immer in Sommerrode: Erst wurde ein großes Schild aufgestellt mit einem Bild, dann kamen die Planierraupen und die Lastwagen, ruckzuck wuchsen die Häuser in die Höhe, der Rasen wurde von der Rolle gewickelt, Kies in die Auffahrt geschüttet – fertig. Und dann sah es original so aus wie auf dem Bild.
Am besten aber war die Zeit dazwischen. Wenn alles nur so halb fertig war. Da fand man auf den Baustellen die tollsten Sachen, die man unbedingt für ein echtes Robin-Hood-Sherwood-Forest-Lager brauchte: Bretter, Kabel (statt Seile), Eisenhaken, Winkel.
Sie mussten nur am Wochenende, wenn keiner da war, mit dem Bollerwagen vorbeifahren und alles einsammeln. Brettis Ohren schienen dann immer ganz rot zwischen den dünnen Haaren hindurch. Und jedes Mal fragte er: »Seid ihr sicher, dass das nicht verboten ist?«
»Wir sind Robins«, erklärte Rieke dann immer. »Wir müssen von den Reichen nehmen und den Armen geben. Und wir sind ja wohl ganz eindeutig die Armen hier. Die haben Häuser und wir nicht mal ein fertiges Baumhaus. Außerdem nehmen wir nur, was auf dem Boden liegt.«
»Stimmt genau«, sagte Liesel. »Und alles, was auf dem Boden liegt, schmeißen die früher oder später sowieso in den Müllcontainer.«
Rieke nickte. »Und da kommen wir nicht mehr ran.«
Bretti holte dann immer ganz tief Luft, sodass man die Rippen unter seinem T-Shirt zählen konnte, und pustete lang aus. »Überzeugt«, sagte er, obwohl er überhaupt nicht so klang.
Liesel deutete hinter den Bauzaun, der nicht ganz verschlossen war – und da lag es: ein langes schwarzes, dickes Kabel. Perfekt für eine Hängebrücke. Sie...
Erscheint lt. Verlag | 20.8.2024 |
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Reihe/Serie | Die wilden Robbins |
Illustrationen | Iris Hardt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer • Außenseiter • Bande • Besonders • Bücher für Jungen • Bücher für Mädchen • Clique • Club der Heldinnen • Die sagenhafte Saubande • dirt bike • Dirt Jumper • einzigartig • Fahrradfreunde • Freundschaft • Geschwister • Kinder • Kinderbande • Kinderbuch • Natur • Räuber Rapido • Robin Hood • Rückzugsort • Stadt • Talent • Teamwork • Umwelt • Vorstadt • Vorstadtkrokodile • Zusammenhalt |
ISBN-10 | 3-505-15258-7 / 3505152587 |
ISBN-13 | 978-3-505-15258-0 / 9783505152580 |
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