Dear Martin (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0740-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dear Martin -  Nic Stone
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«Absolut unglaublich, ehrlich und herzzerreißend!» Angie Thomas, Autorin von «The Hate U Give» Justyce McAllister ist einer der Besten seiner Klasse, Captain des Debattierclubs und Anwärter auf einen Studienplatz in Yale - doch all das interessiert den Polizisten, der Justyce die Handschellen umlegt, nur wenig. Der Grund für seine Verhaftung: Justyce ist schwarz. Und er lebt in den USA im Jahr 2017. Mit Briefen an sein großes Vorbild Martin Luther King jr. versucht Justyce, dem alltäglichen Rassismus etwas entgegenzusetzen. Und dann ist da noch Sarah-Jane, seine kluge, schöne - und weiße - Debattierpartnerin. Als jedoch sein bester Freund Manny erschossen wird, scheint es, als ob selbst Martin Luther King jr. keine Antwort mehr für Justyce bereithält.

Nic Stone wuchs in einem Vorort von Atlanta auf. Nach dem Abschluss am Spelman College arbeitete sie in der Jugendberatung und lebte einige Jahre in Israel, bevor sie in die USA zurückkehrte, um zu schreiben. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Atlanta.

Nic Stone wuchs in einem Vorort von Atlanta auf. Nach dem Abschluss am Spelman College arbeitete sie in der Jugendberatung und lebte einige Jahre in Israel, bevor sie in die USA zurückkehrte, um zu schreiben. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Atlanta.

3. Kapitel


Eine Menge Gedanken gehen Justyce durch den Kopf, als er am Dienstag den Klassenraum betritt, in dem sein Kurs «Gesellschaft» stattfindet. Zum einen hat die in Nevada zusammengetretene Grand Jury eine Anklageerhebung gegen den Polizisten, der Shemar Carson tötete, abgelehnt. Seit seiner eigenen Verhaftung hat Justyce den Fall in jeder freien Minute verfolgt, und jetzt ist die Sache einfach … vorbei.

Apropos Cops und Verhaftungen, gestern hat Justyce zum anderen erfahren, dass der Polizist, den Mannys Cousin nach eigenem Bekunden erschossen hat, niemand anderer war als Tomás Castillo.

Was Jus vor allem zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass er Mannys Cousin kennt. Er heißt Quan Banks und wohnt in Justyce’ Nachbarschaft. Quan ist ein Jahr jünger, und sie haben oft zusammen gespielt, damals, als es noch das Allerwichtigste im Leben war, draußen zu bleiben, bis die Straßenlaternen angingen. Genau wie Justyce wurde Quan ab der dritten Klasse in eine besondere Lerngruppe für Begabte eingestuft, doch mit Ende der Grundschule fing er an, mit nicht so tollen Leuten abzuhängen. Als Quan mitbekam, dass Justyce auf die Bras Prep gehen sollte, sagte er, ein Cousin von ihm wäre auch dort angenommen worden, aber irgendwie hatte Jus nie zwei und zwei zusammengezählt. Und jetzt ist Quan im Gefängnis.

Justyce kann nicht aufhören, daran zu denken.

Ja, Castillo war ein Arschloch, aber hatte er es wirklich verdient zu sterben? Und was ist jetzt mit Quan? Was, wenn er die Todesstrafe bekommt?

Andererseits: Was wäre, wenn Castillo Jus getötet hätte? Wäre er dann überhaupt angeklagt worden?

«Komm mal kurz, Jus», sagt Doc, als Justyce seinen Rucksack auf dem Boden neben seinem Sitz abstellt. Dr. Jay «Doc» Dray ist der Berater des Debattierteams und Justyce’ Lieblingslehrer an der Bras Prep. Er ist der einzige (Halb-)Schwarze mit Doktortitel, den Jus kennt, weswegen er ihn total bewundert. «Wie kommst du klar, mein Freund?», fragt Doc.

«Ging schon mal besser.»

Doc nickt und kneift die grünen Augen zusammen. «Hab ich mir schon gedacht», sagt er. «Ich wollte dir nur sagen, dass die heutige Diskussion ein paar wunde Punkte treffen könnte. Du darfst dich dann gern ausklinken und kannst jederzeit den Raum verlassen, wenn dir danach ist.»

«Ist gut.»

Genau in diesem Moment betritt Manny den Raum, ihm auf den Fuß folgt Jared Christensen. Justyce hat nicht allzu viel übrig für Jared – oder auch für Mannys andere Freunde –, aber er weiß, dass sie schon seit dem Kindergarten dick befreundet sind, daher versucht er, sich nichts anmerken zu lassen.

«Is’ was, Doc?», kräht Jared, während er quer durch den Raum zu seinem Sitz schlurft.

«O Gott, Jared. Setz dich einfach irgendwo hin.» Das kann nur von Sarah-Jane Friedman gekommen sein, Kapitänin des Lacrosseteams, voraussichtlich Jahrgangsbeste und daher Rednerin bei der Abschlussfeier und in den vergangenen zwei Jahren Justyce’ Debattenpartnerin.

«Ohh, SJ, ich liebe dich auch», sagt Jared.

SJ sieht ihn zornig an und tut so, als würde sie sich den Finger in den Hals stecken, während sie zu ihrem Platz links von Justyce geht. Er muss lachen.

Die übrigen Kursteilnehmer trudeln nach und nach ein, und kaum schlägt die Klingel an, drückt Doc die Tür zu und klatscht in die Hände, um mit der Stunde zu beginnen.

Doc: Guten Morgen, Leute.

Kurs: [Allgemeines Grunzen, Winken, Kopfnicken.]

Doc: Fangen wir gleich an, ja? Stichwort für die heutige Diskussion …

[Er betätigt ein paar Tasten auf seinem Laptop, und vorne auf dem Whiteboard erscheinen die Worte Alle Menschen sind gleich erschaffen.]

Doc: Wer kann mir etwas über die Herkunft dieser Aussage sagen?

Jared: Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, ratifiziert am 4. Juli 1776. [Lächelt selbstgefällig und verschränkt die Arme.]

Doc: Korrekt, Mr. Christensen. Zwölf der dreizehn Kolonien stimmten dafür, alle Bindungen zur britischen Krone zu lösen. Das Dokument, das wir als die Unabhängigkeitserklärung kennen, wurde aufgesetzt, und einer der bis heute meistzitierten Sätze des besagten Dokuments ist der, den Sie dort an der Tafel sehen.

Alle: [Nicken.]

Doc: Wenn wir aber nun dieses Zitat mit unserem heutigen Bewusstsein, dem Bewusstsein des einundzwanzigsten Jahrhunderts, in seinem historischen Kontext betrachten, dann gibt es da eine Unstimmigkeit. Kann jemand erklären, was ich damit meine?

Alle: [Schweigen.]

Doc: Na, kommt schon, Leute. Ihr könnt nichts Seltsames daran erkennen, dass ausgerechnet diese Männer Aussagen über die naturgegebene «Gleichheit» aller Menschen gemacht haben?

SJ: Na ja, das waren die gleichen Leute, die die indigenen Völker vernichteten und Sklaven besaßen.

Doc: Das waren sie allerdings.

Jared: Aber das wurde damals anders gesehen. Weder Sklaven noch Indianer –

Justyce: «Amerikanische Ureinwohner» oder «die indianische Bevölkerung», wenn du den Stamm nicht benennen kannst, Kumpel.

Jared: Meinetwegen. Der springende Punkt ist, die wurden alle nicht wirklich als «Menschen» betrachtet.

Doc: Genau darauf wollte ich hinaus, Mr. Christensen. Hier also die Frage: Was verrät uns der offensichtliche Wandel im Verständnis dieser Aussage von 1776 bis heute darüber, wie unsere Gesellschaft sich entwickelt hat?

[Längere Pause, während er die Frage unter das Zitat auf das Whiteboard schreibt, dann das Scharren eines Stuhls, als er seinen üblichen Platz im Sitzkreis einnimmt.]

Jared: Also, erstens mal sind Personen afrikanischer Abstammung heutzutage logischerweise mitgemeint, wenn diese Aussage zitiert wird. Genau wie die «Amerikanische Urbevölkerung».

Justyce: [Mahlt mit den Kinnbacken.]

Jared: Und auch die Frauen! Frauen waren ursprünglich ebenfalls ausgeschlossen, aber heute gibt es auch für sie mehr Gleichheit.

SJ: [Schnaubt.] Noch lange nicht genug.

Doc: Könnten Sie das näher erläutern, Ms. Friedman?

SJ: Ganz einfach. Frauen werden noch immer nicht gleich behandelt. Vor allem nicht von Männern.

Jared: [Verdreht die Augen.]

Doc: Gut, da wären also zum einen die Frauenrechte. Gibt’s noch andere Bereiche, wo wir Ihrem Eindruck nach noch nicht die vollständige Gleichheit erreicht haben?

Alle: […]

Doc: Aktuelle Ereignisse dürfen berücksichtigt werden.

SJ: Sie würden einen schrecklichen Anwalt abgeben, Doc.

Alle: [Nervöses Lachen.]

Doc: Ich weiß, dass Ihnen allen klar ist, worauf ich hier hinauswill.

Manny: Ich mein, ja sicher … Aber wollen Sie das wirklich auf den Tisch bringen, Doc?

Doc: Hey, diese Schule ist stolz darauf, den offenen Dialog zu pflegen. Also raus mit der Sprache.

Alle: […]

Doc: Dann mache ich eben den Anfang. Haben Sie den Eindruck, dass wir, was ethnische Zugehörigkeit angeht, schon dem Ideal völliger «Gleichheit» entsprechen?

Alle: […]

Doc: Kommt, Leute. Das hier ist ein geschützter Raum. Nichts von dem, was hier gesagt wird, dringt nach draußen.

Jared: Na gut, wenn sonst keiner will … Also, meiner Meinung nach, ja: Was ethnische Zugehörigkeit angeht, haben wir die völlige Gleichstellung erreicht.

Doc: Erläutern Sie, bitte.

Jared: Na ja, jeder, der hier geboren ist, ist ein Bürger mit allen Rechten. Es gibt Leute, die behaupten, bestimmte «Ungerechtigkeiten» würden mit der angeblichen Rassenproblematik zusammenhängen, aber wenn ihr mich fragt, reden die nur künstliche Konflikte herbei.

Justyce: [Atmet tief durch und reibt sich die Handgelenke.]

Jared: Amerika ist heute ein ziemlich farbenblindes Land.

SJ: War ja klar, dass so was von dir kommt.

Manny: Oh Mann.

SJ: Es ist echt nicht zu fassen, was Typen wie du für Scheiße in ihrem privilegierten Kopf haben –

Doc: Sarah-Jane.

SJ: ’tschuldigung. Aber du bist einfach total blind für die Probleme der Menschen außerhalb deiner kleinen sozialen Gruppe.

Jared: Mach mal halblang, SJ.

SJ: Das ist mein Ernst. Was ist mit der...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2024
Übersetzer Karsten Singelmann
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Black lives matter • Diskriminierung • Ferguson • Gericht • Jugendliteratur • Justyce • Manny • Martin Luther King • own voices • poc • Polizei • Polizeigewalt • Rassismus • Sarah Jane • Schwarz • The Hate U Give • Tupac • USA • weiß
ISBN-10 3-7336-0740-6 / 3733607406
ISBN-13 978-3-7336-0740-1 / 9783733607401
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