Serpent Queen 1. In Power She Rises (eBook)
400 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-96052-388-8 (ISBN)
Christina Hiemer veröffentlichte 2019 ihren Debütroman. Neben dem Schreiben knuddelt sie am liebsten ihren Hund Merlin und tauscht sich auf Instagram (@storytellerchristina) mit ihren Leser*innen aus.
Christina Hiemer veröffentlichte 2019 ihren Debütroman. Neben dem Schreiben knuddelt sie am liebsten ihren Hund Merlin und tauscht sich auf Instagram (@storytellerchristina) mit ihren Leser*innen aus.
Kapitel 1
Mit den Fingern strich ich vorsichtig über das Amulett, in das ein filigraner Wildkatzenkopf eingraviert war. Seit meiner Kindheit hatte ich davon geträumt, ein solches Amulett zu besitzen. Jetzt war es endlich so weit.
»Cahira? Wo bist du?« Silas’ Stimme schallte durch die morsche Holztür zu mir.
Ich fädelte eine angelaufene, steife Silberkette durch die Öse des Anhängers, um sie um meinen Hals zu hängen. Doch der Verschluss ließ sich einfach nicht schließen. Die Tür schwang auf, und Silas blieb vor mir stehen. Sein Blick fiel auf den Anhänger, und ein wissendes Lächeln huschte über seine Lippen.
»Warte, ich helf dir«, sagte er und kam näher. Ich drehte mich zur Seite, und er nahm mir die beiden Enden der Kette aus den Händen. Es dauerte kaum länger als einen Atemzug, ehe er die Kette verschlossen hatte.
»Danke.«
»Kein Problem, ich weiß doch, wie hoffnungslos verloren du bei Handarbeit bist.« Er grinste, und ich konnte ihm nicht einmal widersprechen, denn er hatte absolut recht. Mir lagen solche Dinge nicht. Ich war eher die Frau fürs Grobe.
Silas setzte sich neben mich auf die morsche Pritsche, die bislang mein Nachtlager gewesen war.
»Freust du dich schon?«, fragte er aufgeregt.
»Du meinst, auf ein warmes Bett und eine Behausung, in der es nicht ständig zieht? Kannst du laut sagen.«
Ich erhob mich von meiner Pritsche und blickte mich um. Diese Hütte war einst mehr gewesen als eine heruntergekommene Behausung. Doch das war viele Jahre her. Damals hatte mein Vater noch gelebt, und …
Silas’ Hand legte sich auf meine Schulter. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er ebenfalls aufgestanden war.
»Das Amulett steht dir. Dein Vater wäre verdammt stolz auf dich. Er wusste immer, dass du das Zeug dazu hast.«
Ich lächelte und strich unwillkürlich über die Kette. Mein Vater hatte sich immer gewünscht, dass ich in seine Fußstapfen treten würde. Leider war er nicht mehr hier, um es selbst erleben zu können.
»Geh schon mal vor, okay? Ich pack noch kurz meine Sachen und komme dann nach.«
Silas’ graue Augen ruhten auf mir, ehe er nickte und die Hütte verließ. Während ich meine wenige Kleidung in einen alten Jutesack stopfte, hörte ich von draußen die aufgeregten Stimmen derjenigen, die – wie ich – den äußeren Ring verließen. Das Herz des Landes, in dem wir lebten, bildete eine Festung. Sie war von einem inneren und einem äußeren Ring umgeben. Die Menschen in Ersterem schützten die Königsfamilie – so wie ich es ab dem heutigen Tag tun würde. Ich war jetzt Teil der Ferum, der königlichen Garde, und die erste Frau in ihren Reihen. Bisher hatte keine andere die Prüfungen gemeistert, die nötig waren, um die Königsfamilie schützen zu dürfen. Ich hatte überhaupt erst an den Prüfungen teilnehmen können, weil mein Vater einst König Harkon geschützt und mir während dieser Zeit so vieles beigebracht hatte. Damals hatte dieser noch nicht auf dem Thron gesessen. Erst Jahre später wurde er gekrönt, und mein Vater war immer an seiner Seite gewesen. Ein leiser, tödlicher Schatten, der jegliches Unheil abhielt. Das Amulett um meinen Hals war seines gewesen. Es hatte auf mich gewartet.
Ein letztes Mal sah ich mich um. Betrachtete den wackeligen Tisch mit dem Hocker, der kaum noch in der Lage war, mein Gewicht zu halten. Früher hatten wir an diesem Tisch zusammengesessen, und Vater hatte mir von seinen Abenteuern berichtet. Mein Blick glitt zum Bett, oder dem, was davon übrig war, seit ich die Decke zusammengelegt und in meinen Beutel gequetscht hatte. Es fühlte sich komisch an, diesen Ort hinter mir zu lassen, gleichzeitig hatte sich mein Leben die letzten zehn Jahre nur darum gedreht, Teil der Ferum zu werden.
Als ich die Hütte verließ, musterten mich die umstehenden Menschen neugierig. Ich war das kleine Mädchen, ohne Eltern, ohne Zukunft, das es irgendwie geschafft hatte, eine Kriegerin zu werden.
»Es liegt ihr im Blut«, flüsterte jemand. Doch die Wahrheit war nicht so einfach. Ich hatte die Lippen des Todes öfter berührt, als sie ahnten, doch jedes Mal, wenn er sie auf meine gedrückt hatte, hatte ich ihm in die Zunge gebissen. Es lag mir nicht im Blut. Alles, was mich an diesen Punkt in meinem Leben gebracht hatte, war mein Wille. Und er war unbändiger und gnadenloser, als es das Schicksal oder irgendeine Vorsehung je sein könnten.
Mit gesenktem Blick schob ich mich an ihnen vorbei. Ich erblickte Sev und seine Frau Flora, die mir ein anerkennendes Lächeln schenkte. Die beiden hatten sich nach dem Tod meines Vaters um mich gekümmert, da mein Onkel Zión entschieden hatte, mich im Stich zu lassen. Sie waren wie Eltern für mich gewesen, während sich niemand sonst auf der Welt für mich oder mein Schicksal interessiert hatte. Doch obwohl ich die ersten Jahre in ihrer Hütte gelebt hatte, war ich immer hierher zurückgekommen, in mein wahres Zuhause. Und als ich die Prüfungen für die Ferum begonnen hatte, war ich wieder hierhergezogen.
»Cahira, wir sind sehr stolz auf dich«, sagte Sev rau.
»Danke für alles, was ihr für mich getan habt.« Meine Stimme zitterte. »Ohne euch …« Ich brachte es nicht über mich, den Satz zu beenden.
Ohne euch hätte ich es nicht geschafft.
»Wir wussten immer, dass du und Silas zu Größerem bestimmt seid.«
»Danke, Flora. Euer Vertrauen hat mir immer Kraft gegeben. Wir werden uns wiedersehen.«
Ich drückte beide kurz an mich, ehe ich weiterging. Es war kein Abschied für immer, dennoch wusste ich, wie viel den Ferum abverlangt wurde und dass wenig Zeit für andere Dinge bleiben würde.
Der matschige Weg unter meinen Füßen wurde bald von Pflastersteinen abgelöst. Beim Anblick des Tores, das den äußeren vom inneren Ring trennte, atmete ich erleichtert auf. Die Wachposten warfen einen Blick auf das Amulett, ehe sie mich passieren ließen. Es war ein Zeichen dafür, dass ich die letzte Prüfung bestanden hatte und nun Teil der Ferum war. Direkt hinter dem Tor entdeckte ich Silas, der mit zwei anderen Ferum-Rekruten sprach, die ich aus den Prüfungen kannte.
»Cahira, da bist du ja endlich«, rief er gut gelaunt. Die beiden neben ihm musterten mich argwöhnisch. Im Gegensatz zu Silas war ich unter den Rekruten nicht besonders beliebt, was vor allem daran lag, dass ich die letzte und wichtigste Prüfung am besten absolviert hatte. Ich erinnerte mich gut an diesen Tag, an dem ich beinahe gestorben wäre. Nur mit Mühe hatte ich diese Prüfung überlebt, immerhin vereinte sie alles, was wir zuvor unter Beweis hatten stellen müssen: Kraft, Ausdauer, Klugheit und Geschick.
Einen ganzen Tag und eine lange dunkle Nacht waren wir weit weg von der Stadt gewesen und hatten einen gefährlichen Parkour absolvieren müssen. Doch weder die Kälte noch die wilden Tiere oder die Fallen waren das Schlimmste gewesen, sondern die Teilnehmenden. Sie hatten versucht, sich gegenseitig zu töten, um ihre Chancen auf den Sieg zu erhöhen. Noch immer hörte ich die Schreie derjenigen, die den Falschen vertraut hatten und mit einem Messer im Rücken gestorben waren. Einer der Angreifer war nun ebenfalls Teil der Ferum …
»Entschuldigt bitte die Verspätung«, sagte ich. Ich war mir nicht mehr sicher, wie die beiden Männer hießen, aber das spielte auch keine Rolle. Ich hatte vor, mich von ihnen fernzuhalten.
»Wir sollten gehen, wenn wir noch pünktlich sein wollen«, sagte Silas und beendete das unangenehme Schweigen.
Gemeinsam machten wir uns auf den Weg in die Burg. Ich staunte jedes Mal, wie gigantisch und massiv sie inmitten der Hauptstadt Silvestria lag. Diese war umgeben von düsteren Wäldern und hohen Bergen. Es gab nur wenige Tage im Jahr, an denen die Stadt nicht hinter einer dichten Nebelwand verschwand, die sie für Fremde schlicht unsichtbar machte.
Wir passierten einen weiteren Wachposten und entdeckten die restlichen Rekruten. Insgesamt hatten acht von uns die Aufnahmeprüfung für die Ferum gemeistert. Da bei den ersten Prüfungen über dreißig Anwärter und sieben Anwärterinnen ihr Glück versucht hatten, war es eine große Ehre, nun hier zu sein. Gemeinsam erreichten wir den Innenhof, wo der Kommandant der Ferum uns bereits erwartete.
Morian war ein breitschultriger und respekteinflößender Mann, der seit einigen Jahren König Harkon schützte. Die schwarze Rüstung und der dunkelgrüne Umhang waren typisch für die Ferum. Nur sie trugen diese, während die Stadtwachen mit silbernen Brustpanzern und ledernen Armschienen ausgestattet waren. Die Garde der Königsfamilie war etwas Besonderes, dementsprechend musste sie auch aussehen.
Fünf weitere Männer in der dunklen Uniform betraten den Hof und trugen schwere Kisten herbei, die sie geräuschvoll absetzten. Morian runzelte die Stirn und wartete, bis seine Männer sich hinter ihm postiert hatten. Dann bedachte er jeden von uns mit einem tiefen Blick.
»Wie ich sehe, haben eure Amulette euch bereits erreicht«, sagte er mit tiefer Stimme. Ich sah verstohlen nach links und rechts. Auch die anderen trugen ihren Anhänger stolz und für alle sichtbar um den Hals.
»Das Amulett allein macht euch nicht zum Teil der Ferum. Dennoch solltet ihr es mit eurem Leben verteidigen. Jedes davon ist aus Knochen unserer heiligen Tiere geschnitzt, und jedes hat zuvor einem Ferum gehört, der sein Leben für das Leben des Königs oder seiner Familie gab.«
Leises Raunen ertönte, doch Morian hob die Hand, und augenblicklich verstummten die Stimmen.
»Wie ihr wisst, verehren wir die anmutigen Wildkatzen, die Silvestrias weitläufige Wälder durchstreifen. Unser Königreich fühlt seit jeher eine tiefe...
Erscheint lt. Verlag | 2.10.2024 |
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Reihe/Serie | Serpent Queen |
Mitarbeit |
Cover Design: Makita-Diandra Hirt |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | ab 14 • Abenteuer • eine junge Kriegerin und vier Königreiche • Enemies-to-Lovers • Fantasy • Forbidden Love • forced proximity • Für Fans von Sarah J. Maas • Jugendbuch • Romance • wie Blood and Ash • wie Game of Thrones • Young Adult • Zeitgenössische Liebesromane |
ISBN-10 | 3-96052-388-2 / 3960523882 |
ISBN-13 | 978-3-96052-388-8 / 9783960523888 |
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