Ich warte auf dich, Haru (eBook)

Der neue Roman vom Autor des Nr.-1-SPIEGEL-Bestsellers »Bleib bei mir, Sam«.

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
352 Seiten
cbj Kinder- & Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-30888-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich warte auf dich, Haru -  Dustin Thao
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Ein hochemotionaler Roman über Freundschaft, Liebe und Verlust
Nach dem Tod seines besten Freundes zieht Eric Ly sich zurück in eine Traumwelt. Bis plötzlich Haru Tanaka wieder in sein Leben tritt, ein Junge, den er letzten Sommer in Japan kennengelernt hat. Zum ersten Mal seit Langem hat Eric jemandem, der für ihn da ist. Die beiden verbringen immer mehr Zeit miteinander. Nur kann niemand sonst Haru sehen. Die Grenzen zwischen Realität und Traum verwischen für Eric, und er merkt, wie er die Kontrolle verliert. Doch sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen, würde bedeuten, dass er Haru für immer verliert.
Dustin Thaos hochemotionaler Debütroman »Bleib bei mir, Sam« stürmte auf Anhieb die New-York-Times- und die SPIEGEL-Bestsellerliste und ist eine weltweite TikTok-Sensation.

Dustin Thao ist ein amerikanischer Autor mit vietnamesischen Wurzeln. Er hat Politikwissenschaften studiert und promoviert nun an der Northwestern University. Sein Debüt »Bleib bei mir, Sam« stürmte auf Anhieb die New-York-Times- und die Spiegel-Bestsellerliste und entwickelte sich zur TikTok-Sensation. Inzwischen hat der Roman Millionen Leser*innen auf der ganzen Welt zu Tränen gerührt.

Herbst


Vorher

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die uns immer ­wieder einfallen. Zum Beispiel, dass Jasmin nie ein Buch bis zu Ende liest, aus Angst, dass es schlecht ausgehen könnte. Oder dass sie immer die Sinnsprüche aus den Glückskeksen aufbewahrt, wenn sie will, dass sie wahr werden. Oder dass sie keinen Regenschirm mitnimmt, auch wenn sie weiß, dass es regnen wird. Oder dass sie sich von mir Sachen ausleiht und vergisst, sie mir zurückzugeben.

»Ist das nicht meine Jacke?«

Ich sitze in ihrem Zimmer auf dem Boden und schaue ihr dabei zu, wie sie den Rest ihrer Klamotten fürs College einpackt. Es ist Herbstanfang. Sie wird ein neues Kapitel in ihrem Leben aufschlagen und an der University of Michigan studieren. In ein paar Stunden fährt sie mit meinen Eltern los. Mit dem Auto werden sie fünf Stunden unterwegs sein. Wir wohnen in Skokie, Illinois. Eigentlich sollte ich ihr dabei helfen, ihre Umzugskartons im Auto zu verstauen. Stattdessen wühle ich neugierig darin herum, weil ich wissen möchte, was sie alles mitnimmt.

Jasmin dreht sich zu mir. »Du hast gesagt, du leihst sie mir aus.«

»Wie lange dauert ausleihen bei dir denn?«

»Wenn du sie zurückhaben willst, nimm sie einfach«, sagt sie. Ihre langen Haare streifen mein Gesicht. Man sollte meinen, dass ich als jüngerer Bruder sicher davor bin, ungewollt Kleidungsstücke an sie abgeben zu müssen. So ist es aber nicht. Jasmin findet immer wieder den Weg zu meinem Schrank und nimmt sich einfach raus, was ihr passt.

Der Duft von Zitronengras erfüllt das Haus. Mom kocht in der Küche. Dad sitzt im Wohnzimmer vor dem Fern­seher. Sobald alles gepackt ist, werden meine Eltern mit ­Jasmin nach Ann Arbor fahren und dort übers Wochenende bleiben. Ich würde auch gern mitkommen, um zu sehen, wo meine Schwester die nächsten vier Jahre ihres Lebens verbringt. Aber im Auto ist nicht genug Platz für alle. Ich schaue auf die Jacke. Sie ist blau, mit Karomuster, aus einem dicken Stoff. Ich habe sie vor ein paar Jahren in einem Secondhandladen entdeckt. Jasmin zieht sie viel häufiger an als ich. »Nein, du kannst sie behalten«, sage ich und lege sie zurück. Außerdem ist es in Michigan kälter als bei uns.

Ich mache eine Schachtel auf. Ganz oben liegt ein Foto von uns beiden. Wir stehen auf der Treppe vor unserem Haus, es ist Halloween und wir sind als Lilo und Stitch verkleidet. Jasmin hat den Arm um mich gelegt, unsere Wangen berühren sich, ihr grasgrüner Rock streift meinen blauen Kunstpelz. Ist das wirklich schon sieben Jahre her? Manchmal wünsche ich mir, wir könnten wieder Kinder sein. Das Leben war damals viel einfacher. Es fällt mir schwer, meine Augen von dem Foto zu lösen. Als ich aufblicke, spüre ich Jasmin neben mir.

»Ich hab sie gestern durchgeschaut«, sagt sie und lächelt mich an. Sie streckt die Hand aus und zieht ein weiteres Foto aus der Schachtel. »Guck mal, das hab ich dabei auch entdeckt …«

Das Foto ist überbelichtet, mit grellem Blitzlicht aufgenommen. Ich schlafe auf der einen Seite des Sofas, während Jasmin sich auf der anderen Seite an Gracie kuschelt, unseren schwarzen Labrador. Gracie ist vor drei Jahren gestorben. Ihre großen dunkelbraunen Augen schauen direkt in die ­Kamera.

»Gracie fehlt mir«, sage ich.

»Ja, mir auch.«

Wenn ich an Gracie denke, muss ich immer lächeln. Ich habe immer noch ihren Lieblingstennisball oben auf meinem Kleiderschrank liegen. Wenn ich niedergeschlagen bin, lasse ich ihn manchmal gegen die Wand prallen. Nie würde ich es über mich bringen, ihn wegzuschmeißen.

»Hier … da ist noch eins …«

Jamie reicht mir das nächste Foto. Wir sind darauf neun und zehn, haben die gleichen Schlafanzüge an und spielen auf Jasmins Spielzeugklavier.

Als ich das Klavier sehe, werden Erinnerungen wach. »Oh weh«, seufze ich auf. »Ich musste stundenlang dasitzen und dir zuhören.«

»Ich hab für dich Konzerte gegeben. Kostenlos. Du solltest mir dankbar sein.«

»Dass ich traumatisiert bin?«

Wir müssen beide lachen. Jasmin stupst mich mit der Schulter an. In Wahrheit spielt sie großartig. Schon mit sieben hat sie mit Klavier angefangen und komponiert sogar eigene Stücke. Manchmal liege ich in ihrem Zimmer auf dem Bett und höre ihr zu, wenn sie übt. »Warum nimmst du dein Keyboard nicht mit?«, frage ich nach einer Weile.

Sie seufzt. »Ich hab Mom und Dad versprochen, mich ganz aufs Studium zu konzentrieren.«

»Ich hab gedacht, du willst Musik studieren?«

Jasmin wirft hastig einen Blick zur Tür und hält den rechten Zeigefinger an die Lippen. Okay, also keine weiteren Fragen. Unsere Eltern hätten es lieber gehabt, wenn sie zum Studium nicht weit weg gehen würde. Dann muss das ein Zugeständnis an sie sein. Aber die University of Michigan liegt nicht am anderen Ende der Welt. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir uns weiter häufig sehen werden. Als wir noch ein Foto anschauen, vibriert mein Handy. Ich schiele auf das Display, lächle unmerklich.

Jasmin blickt mich fragend an. »Wer hat dir da geschrieben?«

»Ach, nur Daniel«, sage ich.

»Jetzt erzähl mir nicht, dass du ihn nachher triffst. Kommst du deshalb nicht mit?«

»Im Auto ist nicht genug Platz.«

Jasmin mustert mich streng.

»Wir haben nichts ausgemacht!«

»Alles klar, wie du meinst«, erwidert sie achselzuckend. Danach blickt sie auf die Uhr, steht auf.

Ich sende Daniel hastig eine Antwort und suche nach noch mehr Fotos. Da sticht mir auf einmal ein weißer Umschlag ins Auge, auf dem mein Name steht.

An Eric

»Und was ist da drin?«

Jasmin versucht, mir den Umschlag aus der Hand zu nehmen. »Nichts, leg ihn zurück …«

Ich ziehe meine Hand mit dem Umschlag weg. »Da steht mein Name drauf.«

»Ich wollte dir einen Brief schreiben.« Sie seufzt. »Aber ich bin noch nicht fertig. Gib ihn mir zurück.«

»Einen Brief? Warum denn?«

»Keine Ahnung. Vielleicht weil mir die Vorstellung gefällt?« Sie schiebt sich eine Haarsträhne hinters Ohr, schnappt sich den Umschlag. »Ich wollte dir schreiben, wenn ich in Ann Arbor bin. Sobald ich nicht mehr hier bin, hab ich dir bestimmt mehr zu sagen als jetzt.«

»Es ist ja nicht aus der Welt.«

»Trotzdem, fünf Stunden Autofahrt«, entgegnet sie. »Da kann ich nicht einfach mal so zu Hause vorbeischauen.«

Ich antworte darauf nichts. Aus irgendeinem Grund war ich mir immer sicher, dass alles mehr oder weniger so bleiben würde wie jetzt. Ich blicke mich noch mal in ihrem Zimmer um. Zum ersten Mal stelle ich es mir völlig leer vor. Ohne meine Schwester wird es im Haus viel ruhiger sein als jetzt. Sie ist so etwas wie der Soundtrack zu unserem Familienleben. Ihr Klavierspiel füllt jeden Raum des Hauses. ­Jasmin muss etwas gespürt haben, denn sie kauert sich wieder neben mich und sagt: »Natürlich werde ich ab und zu nach Hause kommen. Und du kannst mich auch jederzeit besuchen.«

»Ich hab aber kein Auto«, sage ich.

»Fahr doch mit Kevin«, schlägt sie vor. »Er kommt nächstes Wochenende. Wir könnten zu dritt was unternehmen.« Kevin Park ist seit drei Jahren Jasmins Freund. Aber sie kennen sich schon viel länger. Irgendwie gehört er bei uns zur Familie. Er wird hier in Chicago an der University of Illinois studieren. »Ich sag ihm, dass er mit dir was ausmachen soll.«

»Und wie wollt ihr das in Zukunft machen?«, frage ich. Wie so eine Fernbeziehung funktioniert, interessiert mich.

Jasmin blickt zur Tür, dann wieder zu mir. Dann flüstert sie: »Erzähl es noch niemand, aber Kevin will versuchen, nächstes Frühjahr an die Michigan zu wechseln. Wir haben uns schon nach einer Wohnung umgesehen.«

»Ihr wollt zusammenziehen?«

»Ist alles noch in der Schwebe«, sagt sie leise. »Aber es muss ein Geheimnis bleiben, versprichst du mir das? Mom und Dad dürfen davon nichts erfahren.«

»Jaz …«

»Versprich es mir«, wiederholt sie und streckt mir den kleinen Finger hin.

Ich schaue sie an und halte ihr meinen kleinen Finger hin. »Okay, versprochen.«

Wir haben uns schon immer Geheimnisse anvertraut. Jasmin war damals die Erste, der ich erzählt habe, dass ich schwul bin. Das war vor ein paar Jahren. Ich glaube, sie hat aber schon immer geahnt, dass ich auf Jungs stehe. Hoffentlich können wir auch, wenn sie nicht mehr da ist, weiter alles miteinander teilen, was uns wichtig ist. Irgendwann taucht Dad im Türrahmen auf und ermahnt uns, dass wir uns mit dem Packen beeilen sollen. Jasmin und ich schauen uns an, reden wortlos miteinander.

Du wirst mir fehlen, sagt sie zu mir.

Du mir auch.

Dann stehen wir beide auf und fangen an, die Kartons zum Auto zu tragen. Hoffentlich gefällt es ihr in Michigan.

Dad hat bereits den Motor angelassen. Das Auto steht abfahrbereit in der Einfahrt. Mom macht sich noch in der Küche zu schaffen und räumt Geschirr weg, obwohl Dad und Jasmin bereits draußen auf sie warten. Auf dem Herd steht ein Topf Essen für mich bereit und im Kühlschrank eine Schüssel mit Obstsalat. Sie kommen morgen zurück, aber Mom macht sich immer Sorgen, ich könnte verhungern. »«, sagt sie. Denk daran, später den Herd auszuschalten.

»Ja, mach ich.«

».« Und lass keine Fremden ins Haus.

»Nein, lass ich nicht.«

Mom gibt mir einen Abschiedskuss und schließt die Tür hinter sich. Ich sehe dabei zu, wie das...

Erscheint lt. Verlag 4.9.2024
Übersetzer Bernadette Ott
Sprache deutsch
Original-Titel When Haru was here
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte 2024 • ab 14 • Bleib bei mir, Sam • Bookstagram • boymance • Depression • eBooks • Einsamkeit • First Love • Japan • Jugendbuch • Jugendbücher • Jugendbücher ab 14 • Junge Erwachsene Romane • LGBTQ • liebesroman neuerscheinung 2024 • mit Farbschnitt • mit gestaltetem einband • Neuerscheinung • New York • New-York-Times-Bestseller-Autor • nr.1-spiegel-bestsellerautor • Pubertät • sad books • Schmuckausgabe • Selbstwert • Teenager Mädchen Bücher • tiktok made me buy it • Trauer und Verlust • Unsichtbarer Freund • when haru was here deutsch • Young Adult • Young Adult Romane • You've reached Sam
ISBN-10 3-641-30888-7 / 3641308887
ISBN-13 978-3-641-30888-9 / 9783641308889
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