Die Kinder des Dschinn: Entführt ins Reich der Dongxi (eBook)

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2024 | 1. Auflage
448 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0807-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kinder des Dschinn: Entführt ins Reich der Dongxi -  P. B. Kerr
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Jade, Schwertkämpfer und eine zum Leben erweckte Terrakotta-Armee ... Überall auf der Welt verschwinden Jadeschätze aus den Museen. John und Philippa sind sofort alarmiert, als sie hören, dass asiatische Schwertkämpfer in den Diebstahl verwickelt sein sollen. Dieselben unheimlichen Kämpfer sorgen nämlich auch in der Dschinnwelt für Angst und Schrecken. In China bestätigt sich ein Verdacht: Jemand hat die Terrakotta-Armee des Kaisers Qin zum Leben erweckt. Und noch viel gefährlicher als die sogenannten Dongxi ist das düstere Geheimnis, das sie in ihrer Jade-Pyramide bewachen. Der vierte Band der phantastischen Reihe um die Dschinn-Kinder von Bestsellerautor Philip Kerr

P. B. Kerr wurde 1956 in Edinburgh/Schottland geboren. Er studierte Jura an der Universität Birmingham und arbeitete zunächst als Werbetexter, bis er sich einen Namen als Autor von Krimis und Thrillern für Erwachsene machte. Viele seiner Bücher wurden internationale Bestseller, etliche mit großem Erfolg verfilmt. Für seine Arbeit wurde er u. a. zweimal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Mit der Abenteuer- und Fantasy-Serie «Die Kinder des Dschinn» gelang ihm auch als Kinderbuchautor auf Anhieb ein internationaler Erfolg.

P. B. Kerr wurde 1956 in Edinburgh/Schottland geboren. Er studierte Jura an der Universität Birmingham und arbeitete zunächst als Werbetexter, bis er sich einen Namen als Autor von Krimis und Thrillern für Erwachsene machte. Viele seiner Bücher wurden internationale Bestseller, etliche mit großem Erfolg verfilmt. Für seine Arbeit wurde er u. a. zweimal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Mit der Abenteuer- und Fantasy-Serie «Die Kinder des Dschinn» gelang ihm auch als Kinderbuchautor auf Anhieb ein internationaler Erfolg. Bettina Münch, Übersetzerin, Lektorin und Autorin, wurde 1962 geboren. Sie studierte Germanistik, Anglistik und Pädagogik in Marburg/Lahn.

Methusalem


Bevor sie von New York in den Irak abreiste, um ihr neues Amt als Blauer Dschinn von Babylon anzutreten, hatte Layla Gaunt, der mächtigste Dschinn der Welt, ihren Mann Edward mit einer Methusalem-Fessel belegt. Sie wollte damit verhindern, dass ihre Kinder John und Philippa ihr folgten. Methusalem ist der älteste in der Bibel erwähnte Mensch. In der Schöpfungsgeschichte heißt es, er sei neunhundertneunundsechzig Jahre alt geworden und dann gestorben. Das ist nicht weiter verwunderlich, wenn man genauer darüber nachdenkt. Heutzutage gilt jeder, der über hundert Jahre alt wird, schon als ungewöhnlich betagt und erhält zumindest in England, wo solche Dinge noch eine Rolle spielen, ein Glückwunschtelegramm von Ihrer Majestät der Königin. Wie nicht anders zu erwarten, lässt eine Methusalem-Fessel einen Menschen in kürzester Zeit rapide altern.

Mrs Gaunt hätte ihren Ehemann einem solchen Schicksal normalerweise niemals ausgesetzt. Sie hatte ihre Dschinnfessel so konstruiert, dass sie nur in Abwesenheit der Zwillinge wirksam werden würde. Mit anderen Worten, Mr Gaunt wäre niemals im Schnelldurchlauf gealtert, wenn seine Kinder zu Hause gewesen wären. Mrs Gaunts Fessel hatte die Zwillinge lediglich davon abhalten sollen, ihr nach Babylon hinterherzureisen. Zu dem Zeitpunkt, als sie die Dschinnfessel schuf, wusste Mrs Gaunt allerdings nicht, dass die beiden Gestalten, die sie für ihre Zwillinge hielt, in Wirklichkeit nur deren perfekte Imitate waren, geschaffen von einem Engel namens Afriel, damit niemand merkte, dass die echten Kinder in Nepal und Indien in ein Abenteuer verstrickt waren. Als die Zwillinge endlich wieder nach Hause in die East 77th Street in New York zurückkehrten, war ihr armer Vater schon ein uralter Mann.

»Tattrig« beschreibt nicht einmal annähernd, wie er bei ihrem Wiedersehen aussah. Er wirkte altersschwach, greis, abgezehrt, prähistorisch und ein bisschen wie ein lebendes Fossil. Menschen – denn im Gegensatz zu seiner Frau und seinen Kindern war Edward Gaunt ein Irdischer, das heißt ein ganz gewöhnlicher Sterblicher und kein Dschinn –, die so alt aussehen, wie er es tat, befinden sich für gewöhnlich schon im Innern eines Sarges. An den Rollstuhl gefesselt, weil seine spindeldürren Beine inzwischen zu schwach waren, um ihn zu tragen, und mit einem karierten Schal um den Hals, der ihn vor der Kälte des New Yorker Frühlings schützen sollte, fiel es schwer, Mr Gaunt mit dem liebevollen Vater in Verbindung zu bringen, den die Zwillinge gekannt hatten. Ja, im Grunde wirkte er kaum noch wie ein Mensch, sondern eher wie etwas aus einem knisternden alten Horrorfilm – natürlich in Schwarz-Weiß und wahrscheinlich mit dem unheimlichen Boris Karloff in der Hauptrolle.

Sein Haar war sehr fein und spröde und schlohweiß, als habe eine kranke Spinne es gewebt. Seine Zähne waren extrem lang und gelb, wie die Tasten eines uralten Klaviers. Seine kraftlosen Hände zitterten und waren von kleinen braunen Altersflecken bedeckt. Seine wässrigen grauen Augen glichen zwei Austern. Seine pfeifende Flüsterstimme klang wie ein Heizkörper, aus dem abgestandene Luft entweicht. Und es ließ sich nicht leugnen, dass er roch wie ein blühender Weißdorn: ziemlich streng, muffig und nach Verwesung. Genau wie die Pest in London, wie die englischen Landbewohner im Mittelalter zu sagen pflegten.

John fand, sein Vater sehe aus wie achtzig. In Wirklichkeit jedoch war er mehr als dreimal so viel gealtert. Noch genauer gesagt, war er so stark gealtert, dass er schon jetzt so aussah, wie er mit zweihundertundfünfzig Jahren aussehen würde. Mr Gaunt war ohne Zweifel der am ältesten wirkende Mensch seit Methusalem.

Nimrod, ein weiterer mächtiger Dschinn und der Onkel von John und Philippa, war der Ansicht, dass Mr Gaunts Fessel nicht weiterwirken würde, solange sich die Zwillinge in der Nähe ihres Vaters aufhielten. »Nach einer Weile«, sagte er, »wird sich die Fessel umkehren und euer Vater wird sich wieder verjüngen. Da bin ich ganz sicher. Wichtig ist nur, dass ihr bei ihm bleibt, hier in New York. Und ich werde natürlich auch bei euch bleiben, statt nach London zurückzufliegen.«

Mr Rakshasas, ein weiterer Dschinn und mit seinen mindestens einhundertundfünfzig Jahren ebenfalls schon recht betagt – Dschinn leben nämlich wesentlich länger als Menschen –, teilte Nimrods Auffassung, dass sich die Fessel umkehren würde. Aus dem Innern der antiken Messinglampe, in der er lebte und die Nimrod mitgebracht hatte, riet er den beiden, die Dschinnärztin Jenny Sacstroker zu konsultieren. »Bestimmt«, sagte er mit seinem sanften irischen Akzent, »kann sie euch sagen, wie sich einige der unangenehmeren Folgen der Fessel auf euren armen Vater abschwächen lassen. Für alte Männer gibt es kein besseres Heilmittel als die Pflege einer jungen Frau.«

Doch Jenny Sacstroker konnte nicht kommen und riet Nimrod am Telefon, die Dienste einer Dschinnpflegerin namens Marion Morrison in Anspruch zu nehmen. »Sie ist Eremitin«, erklärte Mrs Sacstroker. »Eine der Dschinn, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, verdienten Menschen Glück zu bringen. Sie hat sich darauf spezialisiert, Menschen zu helfen, die das Opfer böser Dschinnfesseln wurden oder ungünstige Wünsche geäußert haben. Ich werde ihr eine Nachricht zukommen lassen, aber das kann ein wenig dauern. Ich glaube, sie ist im Amazonasgebiet und hilft einigen unglückseligen Indianern, die verflucht wurden.«

»Es ist ziemlich dringend, Jenny«, beharrte Nimrod.

»Ich weiß, ich weiß«, sagte Mrs Sacstroker. »Aber ich muss im Augenblick bei Dybbuk bleiben.« Dybbuk war ihr aufsässiger Dschinnsohn, ein Freund von John und Philippa. »Er braucht mich, Nimrod. Besonders jetzt, wo er herausgefunden hat, wer sein richtiger Vater ist.«

Jenny Sacstroker war ein guter Dschinn. Und Dybbuk war es auch. Zumindest bisher. Doch vor Kurzem hatte der arme Kerl herausgefunden, dass sein richtiger Vater Iblis war, der bösartigste Dschinn der Welt und Kopf der Ifrit, dem bösesten der insgesamt sechs Stämme der Dschinn. Unter den guten Dschinn herrschte die aufrichtige Besorgnis, dass sich Dybbuk, sofern man nicht behutsam mit ihm umging, leicht auf die Seite des Bösen schlagen könnte.

»Verstehe«, sagte Nimrod. »Reden wir nicht mehr davon, meine Liebe. Dybbuk geht natürlich vor, da bin ich ganz deiner Meinung. Ich werde hier in New York auf Marion Morrison warten.«

Bis zum Eintreffen der Dschinnpflegerin war die Familie darauf angewiesen, Mr Gaunt der Obhut ihrer treuen Haushälterin Mrs Trump anzuvertrauen. In der Voraussicht, dass diese mit der Pflege von Mr Gaunt alle Hände voll zu tun haben würde, beschloss Nimrod, seinen englischen Butler Groanin kommen zu lassen.

»Armer alter Groanin«, sagte Philippa. »Hat er nicht eine Abneigung gegen New York?«

»Er hasst die Stadt abgrundtief«, erwiderte Nimrod. »Aber das lässt sich nicht ändern. Ich denke, Mrs Trump hat seine Hilfe bitter nötig.«

 

Mrs Trump, eine ehemalige Schönheitskönigin, war eine treue Seele und reich dazu. Im vergangenen Jahr hatte sie den Lottojackpot des Staates New York geknackt und mehrere Millionen Dollar gewonnen. Sie ahnte immer noch nicht, dass sie ihr Glück einem dahingesagten Wunsch verdankte, den Philippa gehört und natürlich erfüllt hatte. Trotz ihres Reichtums blieb Mrs Trump den Gaunts weiterhin eine treue Bedienstete. Besonders am Herzen lagen ihr die Kinder und die hinreißende Mrs Gaunt. Ihre Ergebenheit gegenüber Mr Gaunt war nicht ganz so ausgeprägt. Obwohl sie nicht wusste, dass der Rest der Familie Dschinn waren, schien sie instinktiv zu ahnen, dass er nicht besser war als sie selbst. Infolgedessen stellten die seltsamen Marotten des vorzeitig gealterten Mannes ihre Geduld bald auf eine harte Probe, wie sie Nimrod und den Kindern erklärte:

»Er ist wirklich anstrengend«, gestand sie am Ende eines sehr langen Tages, an dem das Klingeln einer großen Messingglocke sie nicht weniger als siebenundsiebzig Mal ans Bett des alten Mannes gerufen hatte. Das war mehr als dreimal die Stunde. »Manchmal hat er schon wieder vergessen, was er von mir will, wenn ich oben in seinem Zimmer ankomme. Und kaum bin ich gegangen, fällt ihm wieder ein, was es war, und er läutet erneut. Ich bin völlig erschöpft, das kann ich Ihnen sagen.«

»Arme Mrs Trump«, sagte John.

Er und seine Schwester hatten versucht, Mrs Trump bei der Pflege ihres zunehmend streitlustiger werdenden Vaters zu helfen, doch der alte Mann wollte sich nur von ihr versorgen lassen. Das lag daran, dass er weiterhin beharrlich daran glaubte, die Haushälterin sei seine Frau Mrs Gaunt. Und tatsächlich gab es einige Übereinstimmungen zwischen den beiden Frauen. Besonders in letzter Zeit. Seit dem Gewinn ihres Vermögens und mithilfe einiger Ratschläge von Mrs Gaunt war Mrs Trump wesentlich attraktiver geworden. Sie hatte einen Zahnarzt aufgesucht und ihren fehlenden Zahn ersetzen lassen. Sie hatte aufgehört zu rauchen. Außerdem hatte sie ein wenig abgenommen und ging nun fast ebenso regelmäßig zum Friseur und zur Maniküre wie Mrs Gaunt selbst. Außerdem zog sie sich schöner an. Alles in allem war Mrs Trump eine ziemlich attraktive Frau geworden. Trotzdem fehlten ihr nach wie vor Mrs Gaunts außergewöhnliche Ausstrahlung und Persönlichkeit.

Nicht dass Mr Gaunt, der kaum noch hören und sehen konnte, das bemerkte. Und niemand ahnte, dass diese Verwechslung dem...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2024
Reihe/Serie Die Kinder des Dschinn
Illustrationen Volker Friedrich
Übersetzer Bettina Münch
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte China • Dongxi • Dschinn • Jade • John • Krieger • Philippa • Pyramide • Terrakottaarmee • Wünsche • Zwillinge
ISBN-10 3-7336-0807-0 / 3733608070
ISBN-13 978-3-7336-0807-1 / 9783733608071
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