Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel (eBook)

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2024
384 Seiten
cbj (Verlag)
978-3-641-32494-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel - Nina Blazon
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Eine Stadt mit den vielen Gesichtern.
Eine dunkle Vergangenheit.
Eine gespenstische Entdeckung.

Kristina und ihr Bruder Jan sind sich sicher: In Venedig ist nicht alles, wie es scheint! Im Palazzo ihrer Familie häufen sich mysteriöse Vorfälle, und ein geisterhafter Dieb hält die Geschwister in Atem. Gemeinsam versuchen sie, ihm auf die Spur zu kommen. Dabei stoßen sie nicht nur auf eine unheimliche Gondel, sondern auch auf ein Familiengeheimnis. Doch können sie das Rätsel lösen, bevor das Unheil aus alten Zeiten über sie hereinbricht?
Betörend, atemberaubend und voll funkelnder Fantasie: Das Mystery-Abenteuer von Leserliebling Nina Blazon im neuen Gewand

Nina Blazon, geboren in Koper bei Triest, las schon als Jugendliche mit Begeisterung Fantasy-Literatur. Selbst zu schreiben begann sie während ihres Germanistik-Studiums. Ihr erster Fantasy-Jugendroman wurde mit dem Wolfgang-Hohlbein-Preis und dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. Seither haben Nina Blazons Bücher zahlreiche Preise erhalten, darunter 2016 den Seraph für »Der Winter der schwarzen Rosen«. Die erfolgreiche Kinder- und Jugendbuchautorin lebt in Stuttgart.

DER ROTE PALAZZO


»SARA! KOMM ENDLICH vom Fenster weg und setz dich zu uns an den Tisch«, sagte Nonna streng.

Sara zögerte zwar, aber schließlich gehorchte sie ihrer Großmutter. Das war wirklich erstaunlich, fand Kristina. Normalerweise ließ ihre Tante Sara sich von niemandem etwas sagen. Aber wenn die Großmutter – »Nonna«, wie sie auf Italienisch hieß – etwas befahl, dann traute sich offenbar niemand zu widersprechen.

»Ich wollte nur sehen, ob die Fenster fest verschlossen sind«, murmelte Tante Sara und setzte sich wieder an den Tisch. »Bei dem Sturm muss man ja Angst haben, dass die Scheiben davonfliegen.«

Das stimmte. An diesem Winterabend schneite es nicht in Venedig, es gewitterte und stürmte, dass die Fensterscheiben nur so zitterten. Und auch sonst war es das gruseligste Weihnachten aller Zeiten. Das Hotel Dandolo war bis zum Januar geschlossen. Die zwölf Gästezimmer standen also leer, was den alten Palazzo wie ein Spukhaus wirken ließ. Sara hatte sich zwar alle Mühe gegeben, Nonnas Wohnzimmer im dritten Stock in aller Eile festlich herzurichten, aber hier nützte auch kein Weihnachtsschmuck.

»Es sieht trotzdem aus wie in Draculas Gruft«, hatte Jan Kristina heimlich zugeflüstert. Und ausnahmsweise war Kristina mit ihrem jüngeren Bruder einer Meinung. In dem alten Gemäuer zog es, dass die Kerzenflammen flackerten und die lila Vorhänge sich leicht bewegten. Nonna hatte jeden einzelnen Fenstergriff im Hotel mit Silberkordeln umwickelt, an denen Glasperlen aufgefädelt waren. Die losen Enden dieser Kordeln schwangen in der Zugluft sacht hin und her, als würden Geisterkatzen vorsichtig mit ihnen spielen. Im Hintergrund schmetterte ein altes Radio italienische Schlager und neben dem Tisch erhob sich ein giftgrüner Weihnachtsbaum aus Plastik. Die Lichterkette, die ihn umschlang, erinnerte an eine leuchtende Schlange, die den armen Plastikbaum erwürgen wollte. Sie hatte einen Wackelkontakt und flackerte, und das machte jedes Mal: dzzzzd, dzzzd, dzzzd.

»Na dann, Buon Natale«, sagte Nonna und hob ihr Glas. Es klang genauso fröhlich, als würde sie einer Beerdigung beiwohnen.

»Frohe Weihnachten«, antworteten Sara, Jan und Kristina brav wie aus einem Mund. Sara bemühte sich sogar um ein Lächeln, was ihr nicht gut gelang. Kristina wusste nicht, was los war, aber Tante Sara war schon seit ihrem Wiedersehen vor zwei Tagen blass und niedergeschlagen. Auch jetzt waren ihre Augen gerötet und ein wenig verschwollen, als hätte sie heimlich geweint.

Kristina nahm einen Schluck von dem Orangensaft und beobachtete über den Rand ihres Glases, wie ihre Urgroßmutter an dem Wein nippte. Mit ihrer spitzen Nase, dem dünnen Hals und ihren flinken Bewegungen erinnerte die kleine alte Dame ein bisschen an einen Vogel. Dazu passten auch das violette Strickkleid und der fedrig-flauschige Schal – ebenfalls lila. Sogar die weißen Haare hatten einen fliederfarbenen Schimmer. Sie sah genauso aus wie auf den Fotos im Familienalbum zu Hause.

Sara dagegen sah sich heute gar nicht ähnlich. Kristina und Jan hatten ihre Tante in den letzten sechs Jahren, seit sie bei ihnen ausgezogen war, meist nur noch auf Fotos gesehen, die sie aus allen Ecken der Welt schickte. Auf den Fotos trug Sara stets einen orangefarbenen Overall und eine Schwimmweste. Mit zerzaustem Haar, einem breiten Lächeln und kämpferisch funkelnden Augen saß sie in irgendeinem Schlauchboot, um die Wale zu retten. Und wenn sie nicht mit Greenpeace unterwegs war, sondern auf Stippvisite bei ihrem großen Bruder Flavio – Kristinas Vater –, sah man sie nur in Jeans, Sneakers und zu großen Schlabberpullis. Für etwas anderes hatte sie ohnehin keinen Platz, sie besaß in ihrer WG in Berlin keinen Kleiderschrank, sondern nur einen großen Koffer. Kristina kam sie gar nicht vor wie eine Tante – eher wie eine ältere Schwester. Und das lag nicht nur daran, dass Sara erst zweiundzwanzig war. Schließlich hatte Sara seit dem Unfalltod ihrer Eltern vor zwölf Jahren bei ihrem erwachsenen Bruder in Deutschland gelebt, bis sie dann noch sehr jung dort ausgezogen war. Zu diesem Zeitpunkt waren Kristina fünf und ihr Bruder Jan drei Jahre alt gewesen.

Aber heute Abend sah ihre junge Tante ausnahmsweise einmal richtig erwachsen aus. Sie trug eine goldbraune Seidenbluse zu einem feinen Samtrock und hatte sogar versucht, ihre störrischen dunklen Locken zu einer hübschen Frisur zu kämmen. Eine Silberspange, die Nonna ihr geschenkt hatte, hielt ihr eine Locke aus der Stirn. Nonna hatte darauf bestanden, dass sie alle am Festabend »anständig aussahen«. Für Kristina hatte sie deshalb aus irgendeinem Schrank ein altmodisches lila Kleid mit einem weißen Spitzenkragen und einer Silberbrosche hervorgezerrt. Es war ein bisschen zu groß, und es roch nach Lavendel, aber es war immer noch besser als Jans Verkleidung.

Nonna setzte ihr Glas hart auf dem Tisch auf. »Ach ja, Sara, wann, sagtest du doch gleich, reist du mit den beiden wieder zurück nach Deutschland?«

Jan hätte sich fast an seinem Orangensaft verschluckt.

»Wir sind nicht taub«, meldete Kristina sich zu Wort. »Außerdem verstehen wir ganz gut Italienisch. Papa hat es uns beigebracht. Und wir haben es uns nicht ausgesucht, über Weihnachten herzukommen.«

»Genau!«, ereiferte sich Jan trotzig. »Das war ganz allein Tante Saras Idee. Von mir aus können wir gleich wieder zurückfahren. Und es ist fies, dass ich hier nicht Skateboard fahren darf!«

Nonna sah die Geschwister so verwundert an, als wären sie zwei Hauskatzen, die überraschenderweise zu sprechen begonnen hatten.

»So, so, aha«, sagte sie mürrisch. »Na, von ordentlichem Italienisch seid ihr aber noch ein gutes Stück entfernt.« Und, an Sara gewandt, fügte sie hinzu: »Was denkst du dir eigentlich? Jahrelang weigerst du dich, nach Venedig zu kommen und jetzt platzt du hier aus heiterem Himmel mit zwei Kindern rein. Noch dazu wie ein Überfallkommando am Weihnachtstag.«

»Wir fahren zurück, sobald in Flavios Wohnung der Wasserrohrbruch repariert ist und die Böden wieder trocken sind«, antwortete Sara. »In ein oder zwei Wochen.«

»Ein oder zwei Wochen?«, rief Nonna entsetzt aus. »Warum hast du sie nicht zu dir nach Berlin mitgenommen?«

Sara zuckte zusammen und schluckte. »Weil das in der WG eben nicht ging«, murmelte sie.

»So, so«, schnappte Nonna. »Und was ist mit den Verwandten ihrer Mutter? Haben die kein Herz für Halbwaisen?«

Kristina starrte Nonna nur fassungslos an. Ihre Mutter war bei Jans Geburt gestorben. Neun Jahre war das nun her. Aber trotzdem traf das Wort Halbwaise sie immer noch wie ein Schlag. Wie konnte ihre Urgroßmutter nur so gemein sein? Andererseits war die alte Frau offenbar einfach herzlos: Als Sara mit elf Jahren zur Waise geworden war, hatte Nonna sie nicht zu sich genommen, sondern sie schlichtweg zu deren erwachsenem Bruder Flavio – Jans und Kristinas Vater – nach Deutschland abgeschoben.

Jetzt bekam auch Tante Sara rote Flecken auf den Wangen. Ein sicheres Zeichen, dass sie wütend wurde.

»Die Verwandtschaft ihrer Mutter lebt nun mal sehr weit weg in Schweden«, erklärte sie mit mühsamer Beherrschung. »Wir hätten fliegen müssen und Kristina hat Höhenangst. Außerdem haben sie die Kinder seit Jahren nicht gesehen.«

»Aber ich, was?«, grummelte Nonna. »Und warum sind sie nicht bei ihrem Vater?«

Sara schnaubte. »Das habe ich dir doch schon erklärt. Flavio ist bis Mitte Februar auf Geschäftsreise in Afrika. Es ist ein sehr wichtiger Auftrag, er konnte die beiden nicht mitnehmen. Und bis er zurückkommt, kümmere ich mich um sie.« Sie seufzte, als wäre das eine Strafe. Was es für sie vermutlich auch war. Aber als ihr Bruder, der immer für sie da gewesen war, sie gebeten hatte, sich um ihre Nichte und ihren Neffen zu kümmern, hatte sie nicht Nein sagen können. »Und außerdem«, setzte Sara spitz hinzu, »du bist die Urgroßmutter der Kinder. Andere Nonnas würden sich freuen, ihre Familie endlich einmal an Weihnachten um sich zu haben!«

Nonna verzog den Mund, als hätte sie Zahnschmerzen, aber sie sagte nichts mehr. Sara hatte gewonnen. Aus dem Augenwinkel konnte Kristina erkennen, dass Jan schief grinste. Aber sie traute sich immer noch nicht, ihren Bruder direkt anzuschauen. Sonst, das wusste sie ganz sicher, würde sie trotz allem losplatzen und nicht mehr aufhören zu lachen. Und Sara hatte ihnen eingeschärft, ihre bärbeißige Urgroßmutter nicht durch Herumgetobe oder lautes Gelächter noch mehr zu reizen.

Es blitzte. Die unzähligen alten Spiegel in dem Raum wurden für einen Augenblick ganz hell, als wären es riesige, zwinkernde Augen. Dann gab es einen so lauten Donnerschlag, dass Kristina beinahe das Glas aus der Hand gefallen wäre. Fensterscheiben zitterten.

Selbst ihre unerschütterliche Urgroßmutter schaute besorgt zum Fenster, als würde sie irgendetwas Schlimmes befürchten. Dort wo Kristina saß, konnte sie in einem ovalen Silberspiegel das hohe Bogenfenster sehen, an dem Sara eben noch gestanden hatte. Da war nichts Ungewöhnliches. Nur der Regen klatschte gegen die Scheiben und die Perlenkordel schaukelte hin und her.

Alle zuckten zusammen, als noch ein Donnerschlag ertönte – doch diesmal kam er aus dem Hotel. Eine Tür war mit lautem Knall zugefallen. Und jetzt hörte man schlurfende, schwere Schritte und ein seltsam dumpfes Ächzen. Kristina schluckte. Jetzt bekam sie doch Herzklopfen. Jan duckte sich sofort unter den Tisch. Seit ihrer Ankunft behauptete er steif und fest, dass es in dem Hotel Gespenster gäbe, die in den Ecken...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte 2024 • ab 10 • ab 11 • ab 9 Jahre • Abenteuer • Alchemie • Canal Grande • Dark Fantasy • Dogenpalast • dunkles familiengeheimnis • eBooks • Geheimgang • Geister • Geschwister als Team • Gondel • Italien • Jugendbuch • Kinderbuch • Kinderbücher • Mädchen • Mystery • Neuerscheinung • Palazzo • Rialtobrücke • schwarze Tauben • Spurensuche • Venedig
ISBN-10 3-641-32494-7 / 3641324947
ISBN-13 978-3-641-32494-0 / 9783641324940
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