Die Perlenjägerin (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
320 Seiten
Knesebeck Verlag
978-3-95728-822-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Perlenjägerin -  Miya T. Beck
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Ein fesselndes Fantasy-Abenteuer um zwei Schwestern, einen Geisterwal und eine Reise in die Welt der Toten Die Zwillingsschwestern Kai und Kishi sind Perlentaucherinnen. Als Kishi beim Tauchen vom legendären Geisterwal in die Welt der Toten entführt wird, hält Kai nichts davon ab, tief im Ozean nach ihr zu suchen und ihre Schwester zu retten. Die Göttin der Unterwelt bietet ihr Kishis Seele im Tausch gegen eine magische Perle an - eine, die sie über Wasser suchen muss. Die Perle gehört der Anführerin der gefürchteten Fuchsdämonen. Doch wie soll sie ein Wesen bestehlen, das seine Gestalt wandeln kann? Auf ihrer Reise durch das Land der Toten muss Kai mit intriganten Banditen, einem machthungrigen Kriegsherrn und einer Legion von hinterhältigen Fuchsgeistern fertig werden. Und als eine neue Freundschaft zu etwas wird, das fast so stark ist wie die Liebe zu ihrer Schwester, muss Kai eine unmögliche Entscheidung treffen und alles riskieren, um wieder nach Hause zu kommen. Ein mitreißend erzähltes Abenteuer voller Gefahren, Gefühle und Wendungen - mit spannenden Legenden aus der japanischen Mythologie und einer starken Protagonistin.

Miya T. Beck ist gebürtige Kalifornierin mit japanischen Wurzeln. Aus dem Interesse an ihrer Herkunft wuchs eine große Leidenschaft für die Sprache und Kultur des Landes. Sie würde gern fließend Japanisch sprechen, hat es aber bis heute nicht geschafft. Während des Lernens und Recherchierens verliebte sie sich in die Mythen und Legenden Japans, die sie zu ihrem Fantasy-Debüt inspiriert haben. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Brooklyn.

Miya T. Beck ist gebürtige Kalifornierin mit japanischen Wurzeln. Aus dem Interesse an ihrer Herkunft wuchs eine große Leidenschaft für die Sprache und Kultur des Landes. Sie würde gern fließend Japanisch sprechen, hat es aber bis heute nicht geschafft. Während des Lernens und Recherchierens verliebte sie sich in die Mythen und Legenden Japans, die sie zu ihrem Fantasy-Debüt inspiriert haben. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Brooklyn.

2


Hustend und keuchend tauchte Kai auf. Papa war schon ins Boot geklettert. Jetzt beugte er sich über den Rand, schlang einen Arm um sie und zog sie aus den Wellen. Wasser tropfte von seinem aschfahlen Gesicht. Mama hatte sich zwischen den Bänken klein zusammengerollt. Kai wandte sich ab. Sie konnte es nicht ertragen, ihre Mutter so zu sehen.

»Da ist er lang!«, rief sie und zeigte aufs Meer hinaus.

Ihr Vater ruderte mit aller Kraft erst in eine, dann in eine andere Richtung: Er jagte den Schatten nach, die sie unter der glitzernden See zu sehen glaubten. Kai war wütend auf sich selbst, weil sie ihren Traum nicht hatte deuten können. Immer wenn Hamako ihnen vom Bakekujira erzählt hatte, hatte sie überall im Zimmer Kerzen angezündet. Im flackernden Licht hatte sie sich ein weißes Gewand über den Kopf geworfen und die Arme ausgebreitet: Sie war der weiße Wal, der ein Fischerboot aus einem schrecklichen Sturm errettete. Doch anstatt dankbar zu sein, dass der Wal das Boot sicher in den Hafen geleitet hatte, wies der Dorfvorsteher die Fischer an, ihn zu erlegen. Sein Fleisch würde das Dorf über den Winter bringen. Die Fischer verweigerten ihm den Gehorsam.

Doch der Dorfvorsteher tötete den Wal einfach selbst mit seiner Harpune. An dieser Stelle war Hamako jedes Mal geschwankt und schließlich zu Boden gefallen. Still und stumm hatte sie unter dem weißen Gewand gelegen, bis Kishi und Kai angeschlichen kamen und eine Ecke anhoben. Dann sprang sie auf, und die Mädchen schrien. Hamako wirbelte in der weißen Robe durchs Zimmer und spielte das Walskelett, das die Küste heimsuchte, die Fische verjagte und die Fischerboote angriff. Am Ende besänftigten die Fischer den Bakekujira, indem sie seinen Mörder ins Meer warfen.

Noch heute galt es als böses Omen, wenn ein Geisterwal gesichtet wurde. Es bedeutete, dass die Meeresgötter zornig waren. Aber Kishi verdiente es nicht, bestraft zu werden! Ich bin doch die, die immerzu die Regeln bricht, dachte Kai. Der böse Zwilling bin ich! Was, wenn der Geisterwal gekommen war, um sie zu holen, aber ihre Schwester mit ihr verwechselt hatte?

Eine Ewigkeit lang suchten sie. Immer wenn Kai glaubte, in der Ferne eine Fontäne aufsteigen zu sehen, wechselten sie die Richtung. Als die Sonne hoch am Himmel stand, brannten ihre Augen, und Papas Arme zitterten heftig. Mama wiegte sich am Boden. Aus ihrer Kehle drang ein dünnes, tierisches Wimmern, das Kai durch Mark und Bein fuhr.

»Ich muss die anderen Männer holen«, sagte Papa und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Nein!«, sagte Kai schrill. »Wir verlieren zu viel Zeit!«

»Kai, wenn ich noch lange weiterrudere, schaffen wir es nicht mehr zurück«, sagte er.

»Dann lass mich!«, rief sie und versuchte, ihm die Ruder zu entreißen. »Papa, bitte!«

Aber so heftig sie auch zerrte, er ließ die Ruder nicht los. Sie gab auf, umklammerte ihren Kopf mit den Händen und schrie.

»Es tut mir so leid, Kai«, sagte er und wendete das Boot. Tränen standen ihm in den Augen.

Als Hamako ertrunken war, hatte Mama sie in ein Tuch gewickelt und die ganze Heimfahrt über in den Armen gehalten. Kai hatte den Blick nicht von Hamakos glasigen Augen wenden können. Traurig war sie nicht gewesen, sie hatte sich bloß ganz kalt und leer gefühlt. Und sie hatte nicht glauben können, dass Hamako tot sein sollte. Bestimmt verstellt sie sich nur, hatte sie gedacht, wie wenn sie den Tod des Bakekujira aufführt! Schließlich würde Hamako doch noch aufspringen, schelmisch lächeln und rufen: »Reingefallen!«

Die Taubheit war nie ganz gewichen, obwohl Hamakos Werkzeuggürtel nun schon so lange ungenutzt an der Wand hing.

Diesmal spürte Kai nichts als Schmerz. Er war schlimmer, als hätte sie sich an Tausenden von Quallen verbrannt. Fühlte es sich so an, wenn einem mit dem Schwert der Bauch aufgeschlitzt wurde? Die Soldaten, die ins Dorf kamen, um die Abgaben einzusammeln, drohten regelmäßig damit. Sie erreichten ihre Bucht, und das Boot lief auf Grund. Papa sprang an Land, aber er war so erschöpft, dass er hinfiel und sich die Hände und Knie aufschürfte. Mit großer Mühe gelang es ihm, das Boot auf den steinigen Strand zu ziehen. Mama wimmerte immer noch. Kai konnte ihre dumpfen, verzweifelten Klagelaute nicht länger aushalten. Sie musste ihnen entfliehen.

Sie packte zwei Eimer voller Wasser und Muscheln, schleppte sie auf die Veranda und stellte sie an der Tür ab. Dann ging sie ins Haus, um sich umzuziehen. Als sie das Zimmer betrat, das sie mit Kishi teilte, blieb ihr der Atem weg. Zuerst Hamako, jetzt Kishi. Kai knüllte ihr weißes Kopftuch zusammen und warf es in die Ecke. Dann zog sie Hamakos Messer aus ihrem Werkzeuggürtel und schleuderte es so heftig gegen die Wand, dass eine Delle zurückblieb. Keuchend sank sie auf den Futon, das Gesicht in den Händen vergraben. Der Lehmboden schien ein kaltes Grauen auszustrahlen, das durch ihre Fußsohlen drang, bis in ihren Brustkorb stieg und sie bald ganz erfüllte. Sie hatte den Streit mit ihrer Schwester angefangen – direkt vor dem Muscheltauchen! Wie hatte sie nur so dumm sein können? Seit Hamakos Tod wusste sie sehr gut, dass Unfälle jederzeit passieren konnten!

Als sie ihre Eltern ins Haus kommen hörte, sprang sie auf und zog sich rasch einen hellbraunen Hosenrock und ein weißes Hemd mit weiten Ärmeln an. Sie hätte auf der Veranda bleiben und die Muscheln knacken sollen, um Mama und Papa wenigstens so zu helfen. Kishi hätte das getan. Aber Kai konnte nicht. Stattdessen lief sie zurück zum Fischerboot.

Ihre indigoblaue Jacke lag noch auf der Bank. Sie zog sie an, denn selbst unter der unbarmherzigen Sonne zitterte sie. Kurz darauf stürzte Papa aus der Tür und rannte den Pfad zum Dorf hinunter. Er wollte die Fischer im Hafen alarmieren. Wenn er zurückkam, würde sie mit ihm weitersuchen. Ihre Schwester war noch irgendwo da draußen … Wäre sie tot, würde Kai das spüren. Das würde sie doch?

Als Nächstes kam Mama aus dem Haus und auf das Boot zu. Sie trug ein blaugrünes Seidengewand, bestickt mit Muscheln. Eine Adelsfamilie hatte es ihr für einige Perlen gegeben. Nicht einmal die Frau des Dorfvorstehers besaß so eine schöne Robe.

»Ich gehe in den Tempel, um zu beten«, sagte Mama. Ihre Augen waren rot und geschwollen. »Du solltest mich begleiten.«

Kai schüttelte den Kopf. »Ich fahre lieber wieder mit Papa raus.«

Manchmal machte Mama ein Gesicht wie ein eingelegtes Radieschen: Dann sog sie die Wangen ein und runzelte die Stirn. »Lass die Männer ihre Arbeit machen«, murmelte sie. »Komm mit mir in den Tempel.«

»Aber ich kann helfen«, sagte Kai.

»Sie wissen selbst, wie man auf dem Meer nach jemandem sucht.«

»Ich will bei Papa bleiben.«

Mama schaute zu Boden. In ihrem Gesicht spiegelte sich ihr innerer Aufruhr. »Du weißt, wie sie im Dorf über uns denken«, sagte sie. »Wenn du weinend im Boot sitzt, machst du die Männer nervös. Ich meine es ernst: Fährst du mit, wird alles nur noch schwieriger.«

Kai verschränkte die Arme vor der Brust und presste trotzig die Lippen zusammen.

Mamas Augen blitzten. »Warum musst du so dickköpfig sein?«, schimpfte sie. »Warum hörst du nie auf mich? Das heute wäre nicht passiert, hättet ihr nicht dieses blödsinnige Spiel gespielt!«

Kais Magen tat einen Satz, als wäre sie durch eine dünne Eisdecke gebrochen und in klirrend kaltes Wasser gestürzt. Sie hörte heraus, was Mama eigentlich gemeint hatte: Kishi wäre jetzt bei ihnen, hätte Kai sie einfach gewinnen lassen. Mama schlug sich eine Hand vor den Mund, aber es war zu spät.

Die Worte waren heraus.

»Wie kannst du das sagen?«, schrie Kai, obwohl sie wusste, dass es stimmte. Fahrig kletterte sie aus dem Fischerboot und schob das kleine Ruderboot ins Wasser, das Papa zum Neujahrsfest für Kishi und sie gebaut hatte.

»Kai, es tut mir leid«, rief Mama. »Komm mit rein … Wir müssen uns beide ein bisschen beruhigen. Kai, bitte!«

»Nein!«, brüllte sie, zog sich ins Boot und paddelte mit aller Kraft gegen die Strömung an. »Ich finde Kishi!«

Mama lief ihr nach, bis sie knietief im Wasser stand. »Kai!«, rief sie verzweifelt.

Kai weinte so sehr, dass ihre Mutter und der Strand vor ihren Augen verschwammen. Sie ruderte, bis das kleine Haus in der Bucht nur noch ein Punkt war. Bis ihre Schultern schmerzten und ihre Handflächen voller Blasen waren. Bis die Blasen aufplatzten. Als sie es nicht mehr aushalten konnte, zog sie die Ruder ins Boot und wischte sich mit dem Ärmel den...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2024
Übersetzer Aimée de Bruyn Ouboter
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Abenteuergeschichte • asiatische Fantasy • asiatische Mythologie • Dämonen • Fabel • Fabelwesen • Fantasy • Fantasyabenteuer • Fantasybuch • Fantasy Japan • Fantasy japanisch • fernöstliche Mythologie • Geister • High Fantasy • Japan • Japan-Fantasy • japanische fantasy • Japanische Mythologie • japanische Sagenwelt • Jugendbuch ab 12 Jahren • Julie Kagawa • Jungs ab 12 Jahren • Legende • Mädchen ab 12 Jahren • Meereswesen • Mythen • Mythologie • Sagen • Sagenwelt • starke Heldin • weibliche Protagonistin • Young Adult
ISBN-10 3-95728-822-3 / 3957288223
ISBN-13 978-3-95728-822-6 / 9783957288226
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