Kings & Thieves (Band 1) - Die Letzte der Sturmkrallen (eBook)
528 Seiten
Loewe Verlag
978-3-7320-2151-2 (ISBN)
Sophie Kim verbringt ihre Zeit mit ihrem Studium und dem Schreiben von Büchern. Letztere sind stark beeinflusst von ihrer Überzeugung, dass Diversität und nicht-stereotype Repräsentation enorm wichtig sind. Gesegnet (oder verflucht) mit einem unersättlichen Appetit auf alles, was mit Literatur zu tun hat, schweift Sophie gern durch die Gänge von Bibliotheken oder macht es sich mit einem wackeligen Bücherstapel gemütlich. Kings & Thieves - Die Letzte der Sturmkrallen ist ihr Debüt.
Sophie Kim verbringt ihre Zeit mit ihrem Studium und dem Schreiben von Büchern. Letztere sind stark beeinflusst von ihrer Überzeugung, dass Diversität und nicht-stereotype Repräsentation enorm wichtig sind. Gesegnet (oder verflucht) mit einem unersättlichen Appetit auf alles, was mit Literatur zu tun hat, schweift Sophie gern durch die Gänge von Bibliotheken oder macht es sich mit einem wackeligen Bücherstapel gemütlich. Kings & Thieves – Die Letzte der Sturmkrallen ist ihr Debüt.
KAPITEL 2
Wunderschön«, flüstert Kalmin und seine Lippen verziehen sich zu einem triumphierenden Grinsen, als er einen Schritt von seinem schwarzen Lackschreibtisch zurücktritt. Darauf ausgebreitet liegt der farbenprächtig schillernde Wandteppich.
Neben ihm betrachtet mich Kalmins Stellvertreterin Asina mit kühler Miene, aber auch sie kann die Bewunderung in ihren kantigen Zügen nicht verbergen.
Ich gestatte mir, ebenfalls einen Blick auf den Wandteppich zu werfen. Und bemerke erst jetzt, dass mich der Nervenkitzel des Diebstahls zu sehr abgelenkt hat, um mich zu fragen, was für ein Bild die mit Edelsteinen durchwirkte Stickerei eigentlich darstellt. Während ich es auf mich wirken lasse, reiße ich unwillkürlich leicht die Augen auf, gebe mir aber alle Mühe, ansonsten möglichst unbeeindruckt auszusehen.
Der Wandteppich zeigt einen von Lichtstrahlen gesprenkelten Garten, in dem es hier und da blau schimmert. Zwischen farbenprächtigen Blumen und Grashalmen windet sich eine orangefarbene Schlange, deren Augen aus funkelnden Juwelen bestehen. Ein wolkenloser Himmel umschließt einen weißen Vogel und silberne Edelsteine formen kleine Halbmonde, die den Garten darunter in ein ätherisches Licht tauchen.
Ich schnappe nach Luft. Dieses eine Mal hat Kalmin recht. Der Wandteppich ist wunderschön. Geradezu hinreißend.
Wahrscheinlich wäre ich damit zufrieden, ihn für immer zu betrachten. Könnte das Hallakkungis Garten sein? In den Legenden wird der Garten des Blumengottes als üppig und voller Leben beschrieben. Mit einem Lächeln stelle ich mir vor, wie Hallakkungi zwischen den Lotosblumen und den Chrysanthemen steht.
Deshalb bekomme ich nur am Rande mit, dass Kalmin etwas sagt. Seine Stimme klingt leise und gedämpft, als befände er sich unter Wasser. Obwohl ich es besser weiß, schenke ich ihm keine Beachtung, denn mein Blick hat sich in den winzigen, wunderschönen Juwelen und den hypnotisierenden Strahlen des weichen, einladenden Mondlichts verloren.
Klatsch.
Eine Schmerzexplosion bringt mich aus dem Gleichgewicht, während sich ein weißes Brennen durch meine Wange fräst, und ich taumle ein paar Schritte rückwärts. Eine Sekunde später lege ich die Hand an die glühende Wange und spucke in ungezügelter Wut auf den Boden.
Asina, dieses götterverdammte Miststück, hat mich geschlagen.
Ein Knurren entweicht meinen geschürzten Lippen, aber die schlanke, kahlköpfige Frau bleibt so ungerührt, dass es mich nur noch mehr reizt. Ihre großen Glupschaugen sind kalt vor Abscheu und sie hat die rechte Hand noch immer erhoben – bereit, ein weiteres Mal zuzuschlagen.
»Ich empfehle dir zuzuhören«, sagt sie und ihre Stimme trieft vor arroganter Selbstzufriedenheit.
In einer einzigen fließenden Bewegung richte ich mich zu voller Größe auf, halte dann aber inne, weil Kalmin mich warnend ansieht.
Konrarnd Kalmin ist skrupellos. Gewalttätig. Sein Haar hat die Farbe von Rost, seine Haut die von frisch gefallenem Schnee. Seine Augen erinnern mich an die einer fürchterlichen Schlange – sie sind von einem dunklen, trüben Grün und permanent zu Schlitzen verengt, was ihnen einen gerissenen, berechnenden Ausdruck verleiht.
Götter, schenkt mir Stärke. Es kostet mich jedes Quäntchen Selbstbeherrschung, unter seinem scharfen Blick nicht in mich zusammenzusacken und mir ins Gedächtnis zu rufen, dass dieser Mann unfassbar gefährlich ist – selbst für eine erfahrene Amsalja, eine Assassine wie mich.
Es heißt, dass er dem brutalen Königreich des Nördlichen Kontinents Brigvalla entstammt und vor dreißig Jahren in eine gut betuchte Familie hineingeboren wurde. Es heißt weiter, dass er mit einem Messer in der Hand zur Welt kam, mit dem der nur wenige Minuten alte Kalmin erst seine Mutter tötete, dann seinen Vater und schließlich die Hebamme.
Als mein Leben noch einfacher war, habe ich über diese Geschichte immer nur gespottet. Doch seit ich Kalmin persönlich kenne, seit ich für ihn arbeite … Seither kann ich mir gut vorstellen, wie es zu dieser Legende gekommen ist.
»Hast du mich etwa ignoriert?«, fragt er sanft und legt den Kopf schief. Mir tun die Backenzähne weh, so fest beiße ich sie aufeinander.
Ich höre seine Stimme jeden Tag, aber noch immer kann ich nicht darüber hinweggehen, wie er die Sprache unseres Kontinents verhöhnt. Da, wo seine Worte melodiös und moduliert sein sollten, sind sie ausdruckslos und abrupt. Es ist offensichtlich, dass er ein krankes Vergnügen daran findet, unsere Sprache und ihren Rhythmus zu verstümmeln. Im Gesamtbild ist das vielleicht nur eine kleine Kränkung. Doch sie sorgt dafür, dass mir das Blut zu Kopf steigt und ich innerlich erneut zu brodeln beginne.
Bastard, denke ich.
»Antworte mir.« Seine betont abgehackten Worte sind plötzlich so scharf wie eine frisch gewetzte Klinge und stehen in krassem Gegensatz zu dem widerlich süßen Gesäusel von eben. »Hast du mich etwa ignoriert, Shin Lina?« Der ätzende Ton seiner Frage verrät mir, dass ich auf der Hut sein muss.
Meine Fingernägel graben sich tief in meine Handflächen, wo sie zweifellos halbmondförmige Abdrücke hinterlassen. »Nein«, stoße ich zwischen zusammengepressten Kiefern hervor.
»Na-na-na«, macht Kalmin spöttisch und hebt eine seiner schmalen Augenbrauen. »Es steht dir nicht zu zu lügen. Das begreifst du doch, oder?« Wieder neigt er den Kopf zur Seite und seine Schlangenaugen leuchten in einem erbarmungslosen Grün. »Sag mir, wer du bist.«
Ich zittere vor lauter Anstrengung, ihm nicht das schneeweiße Gesicht zu zerfetzen, als seine blutroten Lippen die Worte formen, die ich mich zu sagen weigere.
»Du bist die Schnitterin. Sunpos beste Assassine. Und meine beeindruckendste Trophäe.« Kalmin lächelt, ein gefühlloses, totes Lächeln.
Eine Stille, so scharf, dass sie Glas zerschneiden könnte, zerteilt den Raum.
Mein Herz hört auf zu schlagen, als sich mein Verstand an dieser Bezeichnung, an diesem Anspruch verhakt …
Trophäe. Die Welt hält in ihrer Drehung inne, während ich bei diesem Wort rot sehe.
Rot, weil das die Farbe ist, die ich auch im Haus der Sturmkrallen in jener Nacht gesehen habe – als alles in einer Katastrophe mündete. Die Farbe sickerte aus ihren leblosen Körpern, den Körpern meiner Gang, meiner Familie. Rot, weil das die letzte Farbe war, die ich sah, ehe mir ein schwerer Lumpen, getränkt mit dem bitteren Geruch eines Schlafmittels, auf das Gesicht gepresst wurde und meine Welt im Dunkel versank.
Es fällt mir unglaublich schwer, nicht über den glänzenden schwarzen Schreibtisch zu hechten und alles aufs Spiel zu setzen, das mir noch geblieben ist. Mein ganzer Körper bebt, um den Drang nach Gewalt, der sich in mir regt, zu unterdrücken. Kalmin tauscht einen belustigten Blick mit Asina.
Und damit zerreißt etwas in mir.
Ich kann es tun.
Ich kann mich über diese kleine Fläche lackierten Holzes zwischen uns schwingen und ihm das Gesicht zerkratzen, seine Brust – bis aus ihm dasselbe rote Blut sickert wie in jener Nacht aus den Sturmkrallen, meiner Gang. Ich fletsche die Zähne, spanne alle Muskeln an, lasse meine Hand zu meinem Messer gleiten … Dann fällt mir Eunbi ein und ich erstarre.
Eunbi mit ihrem pausbäckigen, sommersprossigen Gesicht und den fröhlichen Spatzenaugen.
Eunbi mit ihrer Vorliebe für klebrige Süßigkeiten und einem Lachen, das wie das Klimpern eines Windspiels klingt.
Eunbi. Meine Eunbi. Unschuldig und lieb und bar jeder Mordlust. Immer noch ein Kind, klein und empfindsam, mit ihrem ganzen Leben vor sich.
Und mit einer Chance, die Frau zu werden, die ich nie werden konnte.
»Reißen wir uns zusammen, ja?« Langsam kommt Kalmin um den Schreibtisch herum. »Morgen wirst du dich mit einem meiner oktarianischen Kunden in der Mausefalle treffen, um ihm seinen Anteil an den Juwelen zu geben. Wenn er sich weigert, dir das Geld zu zahlen, tötest du ihn.« Ich spüre, wie er mich ansieht. Sein Blick hinterlässt einen feuchten Film auf meiner Haut. »Wenn er zögert, töte ihn. Wenn er versucht, dir weniger zu geben als die vereinbarte Summe …«
»Lass mich raten«, unterbreche ich ihn und funkle den stets wachsamen Mond durch das Fenster an. Ich frage mich, ob Dalnim meinen steten Strom von Gebeten hören kann, auch wenn sie schon vor langer Zeit den Mond im Reich der Sterblichen verlassen hat. »Töte ihn.«
»Ich kann jederzeit andere zahlungskräftige Abnehmer finden. Die Oktarianer gieren nach weiteren Edelsteinen und sie haben die nötigen Mittel, um sie zu erwerben. Diese Juwelen, sie sind Schätze der Dokkaebi. Ich werde sie nicht unter Wert verkaufen.« Kalmin tippt mit dem Fingernagel kurz und scharf auf einen der Edelsteine. »Selbst dir scheint der Wandteppich gut zu gefallen.« Etwas in seiner Stimme sorgt dafür, dass sich mein Magen zusammenzieht. Was auch immer jetzt kommt – es kann nichts Gutes sein. »Deshalb darfst du diejenige sein, die ihn auftrennt. Du hast doch noch deinen Dolch, oder?«
Ihn auftrennen? Verwirrt runzle ich die Stirn. Aber warum nur …? Oh.
Der wunderschöne Garten, die akkuraten, winzigen Stiche in leuchtenden Farben interessieren diese Leute nicht. Die oktarianischen Käufer wollen einzig die Steine, nicht die Kunst.
»Mach es doch selbst«, stichle ich und versuche, in jedes meiner Worte so viel gleichgültige Arroganz zu legen, wie ich aufbringen kann. »Ich habe den Rest der Nacht zu tun.« Das reicht nicht, denke ich, als Asina genervt die Augen...
Erscheint lt. Verlag | 13.3.2024 |
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Reihe/Serie | Kings & Thieves | Kings & Thieves |
Übersetzer | Susanne Klein, Anne Brauner |
Verlagsort | Bindlach |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Action Jugendbücher • Asiatische Mythologie Jugendbuch • Bücher wie A Magic Steeped in Poison • Bücher wie Das Mädchen • Bücher wie Die Tochter der Mondgöttin • Bücher wie Ein Kleid aus Seide und Sternen • Bücher wie Iron Widow • Bücher wie von Axie Oh • Bücher wie von Elizabeth Lim • Bücher wie von Sarah J. Maas • das in den Wellen verschwand • enemies to lovers romance • Fantasy Abenteuer • Fantasyabenteuer ab 14 Jahren • Fantasy Liebesromane • Fantasy Romance • Koreanische Mythologie Jugendbücher • Kulturpass 2023 • Kulturpass Bücher • Kulturpass für 18-jährige • Last of the Talons Sophie Kim • Rattenfänger von Hameln • Sophie Kim Bücher |
ISBN-10 | 3-7320-2151-3 / 3732021513 |
ISBN-13 | 978-3-7320-2151-2 / 9783732021512 |
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