Emily Windsnap - Das Abenteuer (eBook)
240 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-4382-9 (ISBN)
Als Liz Kessler im Alter von neun Jahren ihr erstes Gedicht veröffentlichte, hatte sie sich nicht träumen lassen, dass sie einmal eine der erfolgreichsten Autorinnen der Welt werden würde. Ihre Kinderbücher über das Meermädchen ?Emily Windsnap? und die Feenfreundin ?Philippa? sind internationale Bestseller und haben sich weit über sechs Millionen Mal verkauft. Für ihren Roman ?Als die Welt uns gehörte? wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2023 (Jugendjury) ausgezeichnet.
Als Liz Kessler im Alter von neun Jahren ihr erstes Gedicht veröffentlichte, hatte sie sich nicht träumen lassen, dass sie einmal eine der erfolgreichsten Autorinnen der Welt werden würde. Ihre Kinderbücher über das Meermädchen ›Emily Windsnap‹ und die Feenfreundin ›Philippa‹ sind internationale Bestseller und haben sich weit über sechs Millionen Mal verkauft. Für ihren Roman ›Als die Welt uns gehörte‹ wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2023 (Jugendjury) ausgezeichnet. Eva Riekert ist nach längerer Verlagstätigkeit als freischaffende Übersetzerin und Lektorin, vor allem in den Bereichen Kinder- und Jugendliteratur und Junge Erwachsene, tätig. Sie lebt in der Nähe von Husum. Für ihre Übersetzung von »Als die Welt uns gehörte« von Liz Kessler wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2023 (Jugendjury) ausgezeichnet.
1
Schließt die Augen.
Denkt an den schönsten Ort, den ihr euch vorstellen könnt.
Seht ihr goldene Sandstrände? Ein atemberaubend klares, blaues Meer? Einen makellosen Himmel? Lasst die Augen noch zu.
Jetzt stellt euch das Bild noch hundertmal so schön vor, dann könnt ihr euch halbwegs ausmalen, wie mein neues Zuhause war. Der feinste glitzernde Sand, Palmen, die sich träge schaukelnd von den Stränden in den Himmel hoben, hohe Felsentore vor den Buchten, ein Meer, das wie Kristall im Sonnenlicht funkelte. All das verdankten wir Neptun.
Er hatte mich mit meiner Mutter und meinem Vater hierhergeschickt, damit wir ein neues Leben anfangen könnten. An einen Ort, wo wir zusammenleben könnten. Einen Ort, an dem mein Geheimnis sicher wäre.
Einer von Neptuns Wachen, Archibald, begleitete uns hierher. Er ist ein Meermann. Er schwamm neben unserem kleinen Segelboot im Wasser, zog sein langes schwarzes Haar hinter sich her, tauchte ab und zu unter und schnalzte dann mit seinem Fischschwanz in der Luft, der silbrig und grell aufleuchtete wie ein Dolch.
Langsam glitten wir in eine hufeisenförmige Bucht, die mit schimmerndem türkisfarbenem Wasser gefüllt war. Weiche Schaumkronen streichelten sanft den weißen Sand. Ein paar Boote lagen in der Bucht verstreut, still und halb versunken ragten sie aus dem Wasser. Einige waren moderne Yachten, andere waren herrliche Boote aus Holz, die wie alte Piratenschiffe aussahen.
Am Ende der Bucht stieg ein hoher Bogen aus Felsgestein auf. Dahinter erstreckten sich Strand und Meer um eine Landzunge herum. Ich blieb staunend stehen und holte tief Luft.
»Spuckt mal in die Flossen da oben«, rief Archibald herauf. »Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen.«
Ich beugte mich hinaus und half ihm, das Boot an einen hölzernen Anleger zu ziehen, während Dad hintenherum schwamm und die Taue an einer Boje befestigte. Mum und Millie waren noch unter Deck. Millie ist Mums Freundin aus Brightport. Sie hat dort als Wahrsagerin am Pier gearbeitet. Vor unserer Abreise hatte sie für Archibald einmal Tarotkarten gelegt, was ihm so gefallen hatte, dass er sie einlud, mit uns zu kommen. Die Entscheidung wollte sie allerdings den Karten überlassen. Sie legte das Blatt sternförmig aus, saß ungefähr zehn Minuten lang stumm davor und nickte dann bedächtig.
»Also, es ist ganz eindeutig, was ich zu tun habe. Kommt gar nicht in Frage, dass ich die zehn Kelche einfach unbeachtet lasse«, sagte sie geheimnisvoll, dann warf sie sich ihren schwarzen Umhang um und ging nach Hause, um zu packen. Sie macht aus allem ein Geheimnis, unsere Millie. Ich habe mir angewöhnt zu nicken und so zu tun, als ob ich verstehe, was sie meint.
Archibald schwamm längsseits. »Da wären wir also«, sagte er. »Die Nordbucht der Rundum-Insel.«
»Warum heißt sie Rundum-Insel?«, fragte ich.
»Weil sie mitten in dem Dreieck liegt.« Er streckte einen Arm aus und drehte sich langsam im Kreis. »Im Mittelpunkt der drei Ecken.«
Das Bermudadreieck. Ich fröstelte. Er hatte uns auf der Reise hierher davon erzählt, von den Schiffen und Flugzeugen, die auf geheimnisvolle Weise darin verschwunden waren. Man war auf einen Ozeanriesen gestoßen, der zwar ganz intakt, aber völlig verlassen gewesen war. Zwanzig Tische waren dort fürs Abendessen gedeckt. Ein anderes Schiff war mit lauter Skeletten an Deck und zerfetzten Segeln gefunden worden. Andere Schiffe blieben einfach spurlos verschwunden, oft nach verzweifelten SOS-Rufen der Kapitäne oder Fischer, die nie wiederaufgetaucht waren.
Zuerst wusste ich nicht, ob ich den Geschichten glauben sollte, aber auf hoher See war etwas geschehen. Wir waren ganz normal vor uns hin gesegelt, bei leichter Dünung, und das Boot pflügte mit sanftem Schaukeln durch die Wellenberge und -täler. Dann trat plötzlich eine Veränderung ein. Das Wasser wurde glatt wie eine Glasscheibe. Der Motor erstarb und alles andere auch. Sogar meine Uhr blieb stehen. Es war, als sei die See eingefroren und die Zeit selbst stehengeblieben.
Dann band Archibald sich das Haar mit einer Schnur zu einem Pferdeschwanz zusammen und verschwand unter Wasser. Ein paar Minuten später setzten wir uns wieder in Bewegung und glitten still über das glasige Wasser.
»Das war es«, sagte er, »wir sind im Bermudadreieck. Es schützt euch jetzt vor der Außenwelt. Keiner findet hindurch außer ein paar auserwählten Meerleuten.« Er warf ein Tau aufs Deck. »Na ja, ein paar auserwählten Meerleuten und … nein, davon erzähl ich euch lieber nichts.«
»Wovon? Sag schon!«
In dem Moment tauchte Dad auf. »Ich hoffe doch, du stopfst meiner Tochter nicht wieder den Kopf mit deinen albernen Geschichten voll, Archie«, sagte er warnend. »Sie hat auch so schon genug schlimme Träume.«
Archie senkte die Stimme. »Sieh dich einfach vor«, sagte er. »Die glasige Fläche markiert das Dreieck, aber so glatt ist das Wasser nur an der Oberfläche. Darunter jedoch ist es ein wilder Strudel, der in die tiefsten Tiefen des Ozeans führt. Und in so einem Abgrund möchtest du doch wohl nicht verschwinden!«
Ich rubbelte mir die Arme, weil ich eine Gänsehaut bekommen hatte.
Danach ging es ganz ruhig weiter. Wir glitten durch Wasser, das mit jedem Augenblick klarer und durchsichtiger wurde, von tiefem Marineblau zu hellem Babyblau.
Allmählich kam die Insel in Sicht. Sie war ziemlich klein, hatte vielleicht nur einen Durchmesser von ein paar Kilometern. An einem Ende war ein hohes Kliff, am anderen ein paar niedrigere Hügel, dazwischen lag eine lange, flache Ebene. Als wir uns näherten, konnte ich erkennen, dass die Küste aus langgestreckten weißen Buchten bestand, die von hohen Palmen, Felsgruppen und -bogen gesäumt waren. Es sah wie auf einer Postkarte aus. Ich hatte immer geglaubt, dass diese Fotos nicht echt waren und dass man, wenn man dort hinkam, plötzlich vor einer Ansammlung von Hotelburgen und Baustellen stehen würde.
Aber das hier war echt. Und es war mein neues Zuhause.
»Wo ist Dad?« Meine Mutter kam zu mir aufs Deck, strich sich den Rock glatt und bückte sich, um sich im Metall der Reling zu betrachten.
Ich deutete nach vorne. »Er hilft Archie.«
Mum sah sich langsam in der Bucht um. »Ich glaube, ich bin gestorben und im Paradies gelandet«, murmelte sie und hielt sich an der Reling fest. »Jemand sollte mich mal kneifen.«
»Mach ich gerne!« Dad streckte mit verschmitztem Blick den Kopf aus dem Wasser und strich sich die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Mum lächelte ihm zu.
Eine Sekunde später wurde die Luke zum Unterdeck aufgestoßen, und Millie kletterte heraus. »Eins muss ich euch sagen«, sagte sie und rieb sich den dicken Bauch. »Diese Ulmenrinden-Tinktur hilft prima gegen Seekrankheit.« Sie rülpste etwas hinter vorgehaltener Hand. »Vor allem, wenn man mit einem Schlückchen Brandy nachspült. Sagt mal, wo sind wir hier eigentlich?« Blinzelnd sah sie in die Sonne. »Das ist es!«, sagte sie und deutete auf ein hölzernes Schiff, das schräg in der Bucht lag. Es hatte drei hohe Masten, eine glänzend polierte Holzreling, und seitlich war der Name aufgemalt: Fortuna.
»Das ist was?«, fragte ich.
»Euer neues Zuhause. Hat Archie mir erzählt.«
Ich sah Mum an. »Was stimmt nicht mit der King?« So heißt unser eigenes Boot. Ich habe mein ganzes Leben lang mit Mum darauf gelebt.
Während Millie sich an mir vorbeidrängte, zwickte sie mich in die Wange. »Du weißt doch, dass dein Vater nicht auf einem normalen Schiff mit euch leben kann. Keine Sorge. Ich pass für euch auf die King auf.«
Dad kam längsseits geschwommen und starrte zu der Fortuna hinüber. »Allmächtige Flossen! Bisschen was anderes als der Ort, wo ich die letzten zwölf Jahre verbracht habe«, sagte er, streckte die Hand aus und half Mum vom Deck.
Mein Vater hatte im Gefängnis gesessen, ehe wir hierherkamen. Er ist allerdings kein Verbrecher oder so was. Na ja, das Gesetz hat er schon gebrochen, aber es war eben ein blödes Gesetz. Er hat eine Menschenfrau geheiratet, meine Mum nämlich. Und er selbst ist ein Meermann. Bisschen schwierige Verbindung, wo sie nicht schwimmen und er nicht an Land gehen kann, aber irgendwie kriegen sie es hin. Sie konnte früher ganz toll schwimmen, bis man sie durch Hypnose dazu brachte, sich vor dem Wasser zu fürchten. Das hat Neptun gemacht, um sie voneinander zu trennen. Ein bisschen ängstlich ist sie immer noch, aber Dad hat gesagt, er bringt es ihr wieder bei.
Mum raffte ihren Rock hoch und trat auf den Steg, der bis zu dem Schiff führte und auf dem Wasser hüpfte und schaukelte, als wir hinübergingen.
Ich kletterte an Bord unseres neuen Zuhauses. Das Schiff war riesig! Mindestens zwanzig Meter lang, mit schimmernden braunen Holzdecks und rotbraunen Segeln, die zu drei säuberlichen Bündeln aufgerollt waren. Leicht zur Seite geneigt, lag es ganz still da, im Sand festgefahren, und sah aus, als hätte es nur auf uns gewartet.
Ich stieg durch die Luke in der Mitte des Decks nach unten und landete in einer Küche, von der nach vorne und hinten Treppen weiterführten. Ich nahm zuerst die nach hinten. Sie führte in eine kleine Kajüte mit einer Koje, einem Sitzkissen und einem Schrank aus poliertem Holz. Aus den Bullaugen zu beiden Seiten fielen tanzende Lichtkreise auf das Bett. Ganz klar, mein Zimmer!
Ich lief hinüber auf die andere Seite. Mum drehte sich in einem großen, offenen Wohnzimmer im Kreis. In einer Ecke stand ein gemütliches Sofa, davor ein Tisch.
»Was sollen wir nur mit so viel Platz?«, sagte sie staunend. Durch zahlreiche Deckenluken strömten goldene Sonnenstrahlen herein. An einem Ende führte eine Tür in ein weiteres...
Erscheint lt. Verlag | 2.5.2024 |
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Reihe/Serie | Emily Windsnap | Emily Windsnap |
Übersetzer | Eva Riekert |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer • abenteuergeschichten mädchen • Alea Aquarius • Die kleine Meerjungfrau • Emily Windsnap • erfolgreiche Serie • Fantasy-Abenteuer Kinder • Fantasy für Kinder • Freundschaft • Kinderbuchreihe • Krake • Mädchenbuch ab 10 • Mädchengeschichten • Magische Geschichten • Meer • Meeresabenteuer • Meerjungfrau • meerjungfrauen geschenke • Meerjungfrauen Geschichten • Meerjungfrau Kinderbuch • Meermädchen • Meermenschen • Moderne Märchen • Neptun • Nixe • sagen für kinder • See |
ISBN-10 | 3-7336-4382-8 / 3733643828 |
ISBN-13 | 978-3-7336-4382-9 / 9783733643829 |
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