Finsterwelt 3. Die märchenhafte Zeitreise (eBook)
256 Seiten
Dressler Verlag GmbH
978-3-98642-021-5 (ISBN)
Katharina Herzog ist Spiegel-Bestsellerautorin für Frauenunterhaltung. Aus Leidenschaft für Grimms Märchen schrieb sie nun eine magische Reihe für ein jüngeres Publikum. Mit ihren Leser*innen steht sie auf Social Media in regem Austausch.
Katharina Herzog ist Spiegel-Bestsellerautorin für Frauenunterhaltung. Aus Leidenschaft für Grimms Märchen schrieb sie nun eine magische Reihe für ein jüngeres Publikum. Mit ihren Leser*innen steht sie auf Social Media in regem Austausch.
Prolog – Toni
»Eins, zwei, drei …«, zählte Leonie, und Toni rannte los. Bis zwanzig hatte sie Zeit, sich zu verstecken, und sie wusste auch schon, wo. Dieses Mal würde Leonie sie nicht finden.
Damit ihre große Schwester das Ächzen und Stöhnen der Holztreppe nicht hörte, schlich Toni hinauf in den ersten Stock des Fachwerkhäuschens, in dem sie wohnten. Von dort führte eine Stiege auf einen dunklen, unheimlichen Dachboden. Lange hatte Toni gedacht, dass dort eine Hexe wohnen würde, und war deswegen niemals freiwillig allein nach oben gegangen. Aber inzwischen war sie sogar schon einmal einer echten Hexe begegnet, Frau Hausmännin, und die war total nett zu ihr gewesen.
Langsam drückte Toni die Klinke der Tür zum Dachbodenaufgang hinunter, um ihr kein Geräusch zu entlocken – in dem alten Haus knackte und quietschte wirklich alles. Dann öffnete sie die Tür, und ihre Finger tasteten nach dem Lichtschalter. Doch schon im nächsten Moment zog sie ihre Hand wieder zurück. Wenn Licht brannte, wusste Leonie ja ganz genau, dass sie sich dort oben versteckte. Aber ganz allein im Dunkeln sitzen … Das einzige Fenster auf dem Dachboden war jedenfalls so schmal und schmutzig, dass kaum Licht hineinfiel.
Blöderweise war es mittlerweile zu spät, um sich ein anderes Versteck zu suchen, denn inzwischen war Leonie schon bei der Dreizehn angekommen. Also huschte Toni mit klopfendem Herzen hinauf. Oben angekommen, atmete sie erleichtert auf. Da draußen die Sonne schien, war es lange nicht so dunkel wie bei ihrem letzten Besuch auf dem Speicher. Das war an Weihnachten gewesen, und sie hatte mit Papa den Christbaumschmuck heruntergeholt. Seitdem hatte sich nichts verändert. Tonis altes Dreirad stand in einer Ecke, genau wie das Puppenhaus, mit dem sie früher so gerne gespielt hatte, der Kaufladen, den Papa selbst gebaut hatte, der Metallständer mit Mamas Kleidern … Mama hatte eine durchsichtige Tüte über sie gezogen, damit sie nicht staubig und schmutzig wurden. Sie war Kostümbildnerin am Theater gewesen und hatte so viele Kleider besessen, dass nicht alle in das Schlafzimmer gepasst hatten. In Tonis Hals bildete sich ein Kloß. Obwohl Mama jetzt schon so lange tot war, machte sie der Gedanke an sie immer noch traurig. Und noch trauriger machte es sie, dass Papa jetzt mit dieser blöden Agatha zusammen war! Hätte er sich nicht eine nette Freundin suchen können, so wie Miss O’Fee? Toni liebte Feen, und Miss O’Fee war ganz besonders toll. Leonie und sie hatten sogar schon Pläne geschmiedet, wie sie sie mit Papa verkuppeln konnten. Doch dann war auf einmal Agatha aufgetaucht …
»Ich kommeeeee!«, rief Leonie, und Toni zuckte zusammen. Sie musste sich so schnell wie möglich verstecken! Am besten hinter dem Metallständer. Die Kleider hingen so tief, dass ihre große Schwester sie dahinter nicht sofort entdecken würde. Auf Zehenspitzen schlich Toni zu ihrem Versteck und schob sich hinter die schweren Kleidersäcke.
Aua!
Etwas Spitzes hatte sich in Tonis Po gebohrt. Sie drehte sich um. Es war die Ecke einer weißen Holztruhe, die mit bunten Blumen bemalt worden war. Sie gehörte Leonie, die ihre liebsten Erinnerungsstücke darin aufbewahrte. Toni öffnete sie. Ein Strampelanzug befand sich darin, genau wie ein Paar winzige Schuhe und Pops, Leonies alter Teddybär.
Der Arme! Bestimmt langweilte er sich so ganz allein in der dunklen Truhe. Mitfühlend holte Toni ihn heraus. Dabei spürte sie eine Bewegung unter ihren Fingerspitzen.
Uuuh!
Gerade noch so schaffte sie es, einen Schrei zu unterdrücken. Eine Maus!, war ihr erster Gedanke. Aber dazu hatte es sich zu hart angefühlt – und zu wenig fellig. Toni schob eine rote Pappmappe und ein Türschild mit Winnie Puuh und Ferkel darauf zur Seite. Darunter lag ein altes Buch. Ein Buch, das mit zwei Gürteln zusammengebunden war. Es hüpfte auf und ab und machte einen ganz schönen Krach dabei. Sicher war es ein magisches Buch, und Leonie hatte es von Schloss Rosenfels mitgebracht. Tonis Herz klopfte vor Aufregung fest gegen ihre Rippen. Wie aufregend! Prüfend hob sie den Kopf und spähte in den Speicher hinein, lauschte angestrengt. Von ihrer Schwester war immer noch nichts zu sehen und zu hören. Sie konnte das Buch also ruhig herausholen – aber vorsichtig! Bei magischen Gegenständen konnte man schließlich nie wissen. Nicht, dass das Buch sich auf einmal in ihren Händen in Luft auflöste, davonflog oder ihr auf den Kopf schlug. Doch ihre Sorgen waren unbegründet, denn kaum hatte Toni ihre Finger um den Einband geschlossen, hörte das Buch sofort damit auf, sich unruhig hin und her zu bewegen, und sie konnte es in Ruhe betrachten. Finsterwelt stand da. Das wahre Märchenbuch. Ein gewisser Ferdinand Grimm hatte es geschrieben. Moment mal, Ferdinand? Jacob und Wilhelm Grimm kannte Toni natürlich, von ihnen stammten all ihre Lieblingsmärchen. Wenn der Autor dieses Buchs den gleichen Nachnamen trug wie die berühmten Brüder Grimm, war er wahrscheinlich ein Verwandter von ihnen. Aber da Toni noch nie von ihm gehört hatte, waren seine Märchen wahrscheinlich nicht besonders gut.
Ach, schade!
Toni war richtig enttäuscht, denn sie hatte auf ein Zauberbuch gehofft; mit coolen Zaubersprüchen darin. Es wäre so total super, wenn auch sie Stifte und Radiergummis herumfliegen lassen könnte, so wie Leonie. Aber das seltsame Buch war bloß ein Märchenbuch – und nicht einmal ein hübsches. Im Gegenteil! Es war sogar richtig hässlich. Die Seiten sahen aus, als hätte sie jemand angekokelt, und der Einband war ganz kaputt. Toni fuhr über einen Riss und spürte ein Kribbeln unter den Fingerspitzen. Überrascht zuckte sie zurück und starrte auf das Buch. Denn nicht nur durch ihre Finger schien Magie geströmt zu sein: Der Riss – sie blinzelte, weil sie ihren Augen nicht traute –, er hatte sich geschlossen. Oder war an dieser Stelle doch gar keiner gewesen? Vorsichtig und mit einem erneuten Kribbeln in den Fingern, berührte Toni eine andere kaputte Stelle. Auch sie wurde wieder ganz. Genau wie die dritte, vierte, fünfte, die sechste. Das war aber noch nicht alles! Toni keuchte. Kaum hatte sich der letzte Riss geschlossen, fing das Buch wie eine Lichterkette zu leuchten und zu funkeln an, und dann änderte es auch noch seine Farben. Das Pechschwarz des Einbands wurde mitternachtsblau, das Blutrot der Buchstaben pink.
Öffne mich!
Toni zuckte so heftig zusammen, dass ihr das Buch aus der Hand glitt und mit einem Poltern auf die staubigen Dielenbretter des Speicherbodens fiel. Mist! Sicher hatte Leonie das gehört. Erschrocken lauschte Toni in die Dunkelheit. Doch von der leisen, zischenden Stimme war nichts mehr zu hören. Toni atmete auf. Sie musste sie sich eingebildet haben.
Doch da war sie schon wieder. Los! Jetzt öffne mich doch schon! Das Leuchten und Funkeln des Buches verstärkte sich, und es wackelte hin und her. Schnell nahm Toni es hoch, damit es nicht noch mehr Krach machte, und betrachtete es unentschlossen. Sie wusste ganz genau, dass Leonie mit ihr schimpfen würde, wenn sie sie hier oben mit dem Buch in der Hand entdeckte. Schließlich musste es einen Grund haben, wieso ihre große Schwester das Buch in einer Truhe in der hintersten Ecke des Speichers versteckt – und es außerdem noch mit zwei Gürteln zugebunden hatte. Trotzdem musste sie einfach einen Blick hineinwerfen. Zumindest einen kurzen.
Obwohl Toni ganz allein auf dem Dachboden war, schaute sie sich noch einmal nach allen Seiten um, bevor sie sich an der Schnalle des schwarzen Gürtels zu schaffen machte. Die Ecken des Buches bogen sich nach außen, und die Seiten flatterten. Beeil dich!, zischte es ihr zu.
»Jaja«, murmelte Toni. Es war gar nicht so leicht, den schwarzen Gürtel durch die Schnalle zu ziehen, denn das Leder war ziemlich fest und unbeweglich. Den Stoffgürtel dagegen hatte sie ruckzuck geöffnet.
Huch!
Das Buch sprang auf, und eine Wolke aus Glitzer und kleinen Sternen schlug Toni entgegen. Sie roch nach Zuckerwatte und Blumen und kitzelte sie in der Nase. Toni wedelte mit den Händen den Sternenglitzer weg. Erst jetzt erkannte sie, dass die Buchstaben in dem Märchenbuch nicht gedruckt, sondern mit der Hand geschrieben worden waren – und welche Geschichte nun aufgeschlagen vor ihr lag. Die Dreizehnte Fee stand in einer gut lesbaren Schrift oben auf der linken Seite.
Oh! Feen mochte Toni von allen Märchenwesen am allerliebsten! Außerdem hatte sie die Figur der Dreizehnten Fee schon fasziniert, als Papa ihr das erste Mal das Märchen Dornröschen vorgelesen hatte. War es nicht unglaublich gemein von Dornröschens Eltern, dem König und der Königin, gewesen, dass sie die Dreizehnte Fee als einzige von allen Feen nicht zur Taufe ihrer Tochter eingeladen hatten? Und das nur, weil kein goldener Teller mehr für sie übrig gewesen war. Die Dreizehnte Fee hätte sicher auch von einem ganz normalen gegessen.
Es war einmal eine wunderschöne Fee, die glücklich und zufrieden in ihrem Feenreich lebte, bis sich eines Tages ein junger blonder Mann dorthin verirrte, las Toni. Von Zeile zu Zeile wurden ihre Augen größer, und als sie am Ende angekommen war, musste sie ein paarmal tief durchatmen. Dieser schreckliche König! Toni wusste jetzt, wieso sie Dornröschens Vater noch nie hatte leiden können. Und nach allem, was er ihr angetan hatte, wunderte es sie auch nicht mehr, dass die Dreizehnte Fee so böse geworden war. Toni knabberte auf einer Haarsträhne herum, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Ob die Geschichte wohl wahr war? So erzählt, ergab sie für Toni jedenfalls viel mehr Sinn. Auch wenn sie es ganz furchtbar fände, wenn...
Erscheint lt. Verlag | 5.4.2024 |
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Reihe/Serie | Finsterwelt | Finsterwelt |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | ab 10 • Abenteuer • Bestsellerautorin • Deutsche Märchenstraße • Fabelwesen • Fantasy • Ferdinand Grimm • Freundschaft • Froschkönig • Internat • Kaninchen Alice im Wunderland • Kinderbuch • Magie • magisches Buch • magische Schule • Märchen der Brüder Grimm • Spannung |
ISBN-10 | 3-98642-021-5 / 3986420215 |
ISBN-13 | 978-3-98642-021-5 / 9783986420215 |
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