Aru gegen die Götter, Band 4: Die Magie der goldenen Stadt (Rick Riordan Presents) (eBook)
448 Seiten
Ravensburger Buchverlag
978-3-473-51206-5 (ISBN)
LOL – vergiss es!
Hatte sich Aru verhört? „Ich soll dich mitnehmen? Wie kommst du denn auf die Idee? Erstens kenne ich dich überhaupt nicht –“
„Aber ich bin deine Schwester!“, fiel ihr Kara ins Wort. „Ich weiß, dass du als Einzelkind aufgewachsen bist und dass du die Inkarnation eines Pandava-Bruders bist und –“
„Wir kennen uns trotzdem nicht. Da kenne ich ja meine Mailbox besser! Außerdem willst du uns bestimmt bloß reinlegen. Du nennst den Schläfer freiwillig deinen Dad und es sieht nicht aus, als ob er dich hier gefangen hält oder so.“ Aru zeigte auf die Spielsachen und Bücher.
„Das täuscht. Ich lebe erst seit zwei Jahren hier.“
„Und wo warst du vorher?“
„Irgendwo, wo es ganz schrecklich war. Die Familie dort sollte mich wie ihre eigene Tochter behandeln. Hat sie aber nicht. Dad meinte, wenn er selbst nicht zwölf Jahre lang weggesperrt gewesen wäre, hätte er mich schon viel früher zu sich geholt.“
„Was meinst du mit ‚irgendwo‘? Du musst doch wissen, wo du gelebt hast!“ Aru überlegte erneut, wie alt Kara sein mochte. Wenn sie ebenfalls vierzehn war, mussten sie verschiedene Mütter haben. Das war möglich (wenn auch ziemlich krass), aber eher unwahrscheinlich. Aru hatte Einblick in die Erinnerungen des Schläfers gehabt. Er hatte Krithika Shah geliebt. Er hatte immer nur zu ihr und zu Aru zurückgewollt. Insofern war diese Erklärung unlogisch.
„Dad wollte, dass ich nicht mehr leide. Deswegen hat er meine Erinnerungen an diese Zeit gelöscht“, sprach Kara weiter. „Er wollte, dass ich glücklich bin, und das war ich auch … eine Zeit lang.“ Kara holte tief Luft. „Aber nach einer Weile habe ich angefangen, mich zu wundern, warum er mich nie rauslässt. Er war ja selber kaum je zu Hause. Ich habe mich ein bisschen umgesehen und herausbekommen, wo er seine Erinnerungen aufbewahrt. In diesem Höhlenlabyrinth gibt es noch eine viel größere Bibliothek. Je öfter ich mich heimlich dort umgeschaut habe, desto klarer wurde mir, dass er mich anlügt. Als er dann dich hierhergebracht hat, war ich mir ganz sicher. Er hat jedes Mal nur gesagt, dass er eine kleine Reise macht. Stattdessen hat er ein Heer um sich geschart und –“
Aru schnitt ihr das Wort ab. „Und will die ganze Welt vernichten? Und den Unsterblichkeitstrank stehlen? Ach ja, und mich umbringen?“
Kara hatte Tränen in den Augen. „Das tut mir total leid, ehrlich! Bestimmt hat er auch gelogen, dass er so lange eingesperrt war.“
„Nein, das stimmt. Ich kann es bestätigen.“
Eigentlich machte Kara keinen hinterhältigen Eindruck. Tatsächlich wirkte sie eher einsam. Wider Willen tat sie Aru leid.
„Und woher weißt du das?“, fragte Kara.
Aru gab sich einen Ruck. „Das weiß ich, weil ich ihn selber rausgelassen habe. Er war in einer alten Lampe eingeschlossen.“
Würde ihr Kara jetzt einen Vogel zeigen? Doch sie nickte nur und sagte leise: „Danke.“
Danke? Noch nie hatte sich jemand bei Aru dafür bedankt, dass sie den Schläfer freigelassen hatte. Im Gegenteil – sie hatte ständig Schuldgefühle deswegen. Andererseits wären Brynne und Mini dann jetzt nicht ihre besten Freundinnen und Schwestern und Nikita und Sheela nicht die kleinen Geschwister, die sie sich insgeheim immer gewünscht hatte. Erst seit sie den Schläfer befreit hatte, hatte sie Zugang zur Anderwelt und zu Magie. Und anscheinend hatte es auch bewirkt, dass Kara ein besseres Zuhause gefunden hatte.
„Alles hat seinen Sinn“, pflegte ihre Mutter zu sagen, aber galt das auch für Arus Situation? Was war bitte schön der Sinn davon, dass der Schläfer zum Ungeheuer geworden war? Oder dass Buh Aru und ihre Schwestern verraten hatte? Doch diese Fragen mussten warten. Erst einmal musste sie irgendwie von hier wegkommen und den anderen von den Angriffsplänen des Schläfers berichten.
„Warum willst du überhaupt mitkommen?“, wandte sie sich wieder an Kara. „Du bist doch seine … seine Tochter. Er würde dich suchen und dann uns alle finden.“
„Mich würde er niemals finden.“ Kara drehte sich um und hob ihre langen Haare an. Hinten auf ihrem Hals war ein runder weißer Fleck, so groß wie eine Münze. „Er hat mich mit diesem Schutzzauber ausgestattet, der verhindert, dass Götter und Dämonen mich verfolgen und aufspüren können. Nicht mal Dad selbst kann das. Der Zauber meldet mir aber, wenn er in der Nähe ist, und dann kann ich jederzeit Kontakt zu ihm aufnehmen. Wahrscheinlich hat er geglaubt, dass ich sowieso nie weglaufe. Ich habe es ja auch noch nie versucht.“
Aru sah sich wieder in dem großen Raum mit seinem künstlichen Sonnenschein und keiner einzigen Tür um.
„Heißt das, du bist Tag und Nacht hier drin?“
Kara zeigte achselzuckend auf den Monitor. „Ich bekomme jeden Vormittag Fernunterricht. Und wenn Dad zu Hause ist, erforschen wir zusammen das Höhlenlabyrinth.“ Sie lächelte. „Manchmal erzeugt er das Trugbild eines Waldes und wir veranstalten eine Schnitzeljagd. Das macht Spaß – aber sonst ist es ziemlich eintönig.“
Und noch einsamer, als Aru schon geahnt hatte. Immer nur drinnen, ohne die Möglichkeit, jemals rauszugehen? Nein danke.
„Tut mir echt leid, aber ich muss jetzt los und kann dich wirklich nicht mitnehmen“, sagte sie. „Das wäre viel zu riskant.“
Kara packte sie am Handgelenk. „Und wenn es noch viel riskanter ist, wenn du mich hierlässt?“
„Wie meinst du das?“
Karas Worte überschlugen sich. „Dad nennt mich seine ‚Geheimwaffe‘. Und in letzter Zeit redet er andauernd davon, dass der richtige Augenblick bald gekommen ist. Ich weiß nicht, was er damit meint, und das macht mir Angst, Aru.“
„Geheimwaffe?“ Unwillkürlich wich Aru ein Stück zurück.
„Ich habe keine Ahnung, wovon er redet. Ich kann doch gar nichts! Klar hat er mich im Kämpfen ausgebildet, aber eigentlich habe ich keine besonderen Fähigkeiten.“
Eigentlich. Irgendwelche Fähigkeiten hatte sie also schon: aber welche?
„Seit du hier bist, habe ich sogar noch mehr aus seinen Erinnerungen erfahren“, sagte Kara leise. „Ich habe die zerstörten Städte gesehen, die er überfallen hat, die verängstigten Bewohner … Mit so was will ich nichts zu tun haben! Trotzdem ist er mein Vater und ich will ihn nicht verletzen. Er soll einfach damit aufhören. Aber ich weiß nicht, wie ich das hinkriegen soll.“ Tränen liefen ihr über die Wangen.
Aru wusste nur zu gut, was Kara durchmachte. Es war wie das grässliche Gefühl, wenn man die letzte Stufe einer Treppe verfehlte. Wenn man damit rechnete, auf etwas Festes zu treten, und stattdessen vornüberfiel.
Genauso war es Aru gegangen, als sie begriffen hatte, wie viel ihre Mutter ihr verheimlicht hatte. Als sie erfahren hatte, dass ihre Lehrer Hanuman und Urvashi mit dafür verantwortlich waren, dass ihre Mutter den Schläfer in die Lampe gesperrt hatte. Und als Buh, ihr heiß geliebter Mentor, von dem sie immer angenommen hatte, dass ihm das Wohl der Pandavas über alles ging, sie und die anderen an den Schläfer verraten hatte. Im Grunde war ihr immer noch so zumute, als würde sie fallen und nie mehr auf sicherem Boden landen.
Kara wischte sich mit der Faust die Tränen ab. „Du musst mich mitnehmen, Aru! Ich weiß, was Dad vorhat. Wenn du mich mitnimmst, erzähle ich es dir.“ Auf einmal sah sie so entschlossen aus wie Brynne vor einem Kampf und ihr weißgoldener Ring leuchtete auf wie ein Sonnenstrahl. Vajra, der sich wieder in das Armband verwandelt hatte, reagierte, indem er Funken sprühte.
Aru brannte darauf zu erfahren, was der Schläfer vorhatte, aber sie ließ sich nichts anmerken. „Sobald ihr erkennen lasst, was ihr wollt, kann es als Waffe gegen euch eingesetzt werden“, hatte ihnen Hanuman eingeschärft. Darum erwiderte Aru mit ausdruckslosem Gesicht: „Und wer garantiert mir, dass du dich nicht wie ein Berserker auf mich stürzt?“
Karas Gesicht hellte sich schlagartig auf. „Wie ein Berserker?“ Plötzlich konnte sich Aru vorstellen, wie Kara war, wenn sie keine Angst hatte. Wissbegierig und neugierig … genau wie Mini.
„Hast du gewusst, dass das Wort aus der nordischen Sagenwelt stammt?“, sprudelte Kara los. „Die Berserker waren in Bärenfelle gehüllte Krieger. Vor einer Schlacht versetzten sie sich absichtlich in Raserei. ‚Ber‘ kommt von ‚Bär‘ und ‚serkr‘ bedeutet ‚Gewand‘! Cool, oder?“
Superspannend! Doch Aru erwiderte nur: „Soll mich das jetzt überzeugen, dass du es ehrlich meinst?“
„Nein. Du hast keinen Anlass, mir zu vertrauen. Aber ohne mich hast du überhaupt keine Chance, hier wegzukommen, Aru Shah.“
Aru machte ein skeptisches Gesicht.
„Und falls es dich beruhigt – ich besitze gar kein Bärenfellgewand“, schob Kara nach.
Aru verkniff sich ein Grinsen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass Kara vertrauenswürdig war. Irgendwie erinnerte sie das fremde Mädchen an ihre anderen Schwestern.
Und wenn sie doch lügt?, raunte ihre innere Stimme. Sie wäre nicht die Erste, die dich verrät.
Doch genauso gut konnte Kara auch nicht lügen. Wenn Aru sie zurückließ, brachte sie die Anderwelt damit womöglich in noch größere Gefahr. Das konnte sie nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Wenn Kara irgendwelche faulen Tricks versuchte, gab es ja immer noch Brynne, Mini, Aiden, Nikita,...
Erscheint lt. Verlag | 1.12.2023 |
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Reihe/Serie | Aru gegen die Götter |
Aru gegen die Götter | Aru gegen die Götter |
Mitarbeit |
Cover Design: Melanie Korte, Miriam Wasmus |
Übersetzer | Katharina Orgaß |
Verlagsort | Ravensburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | action • Antolin • Buch • Bücher • Fantasy Bücher • für Jungs ab 10 • für Mädchen ab 10 • Geschenk • Geschenkidee • Humor • Kinder-Bücher • Lesen • Literatur • lustig • Mythologie Buch • Neuerscheinungen Bücher 2023 • ownvoices • Rick Riordan • Rick Riordan presents • Sikander gegen die Götter • Von Rick Riordan empfohlen • witzig • Zane gegen die Götter |
ISBN-10 | 3-473-51206-0 / 3473512060 |
ISBN-13 | 978-3-473-51206-5 / 9783473512065 |
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