Sammy und das verschwundene Lächeln (eBook)
144 Seiten
Edition Forsbach (Verlag)
978-3-95904-232-1 (ISBN)
Stella Cornelius-Koch, Jahrgang 1967, lebt mit ihrem Mann und Sohn, einer Katze und zwei Pferden in Bremen. Sie ist Journalistin, Texterin sowie Roman-, Sachbuch- und Kinderbuchautorin. Außerdem hilft sie als Stresscoach anderen Menschen, ihren persönlichen Weg aus der Stressfalle zu finden. Schon als Kind fuhr sie regelmäßig mit ihren Eltern an die Ostsee in den Urlaub. Seither ist sie fasziniert vom Meer, seinen Lebewesen und Geheimnissen. Daher versäumt sie es auch nie, zumindest mit den Füßen ins Wasser zu gehen - egal, wie kalt es ist.
Eins
Es war einer dieser schönen Tage, an dem das Leben einfach nur Spaß machen sollte: Die See war ruhig und die Sonne zauberte glitzernde Lichtpunkte auf die glatte Wasseroberfläche.
Auch die Bewohner im Nordatlantik – jenem großen Meer zwischen Nordamerika und Europa – spürten, dass es das Wetter heute besonders gut mit ihnen meinte. Noch einige Meter tief (zumindest tiefer, als man im Schwimmbad tauchen kann) leuchtete die See in schillernden Blau- und Grüntönen. Und das sonst so kalte Wasser im Nordatlantik war heute fast so warm wie in einem Freibad im Sommer.
„Ach, wie schön“, denkt ihr jetzt?
Na ja, auf den ersten Blick war bei den Delfin-Kindern in der Blauen Bucht auch alles in Ordnung.
Schließlich waren die Bedingungen zum Aus-dem-Wasser-Springen, Wasserfontänen-Pusten oder Steinchen-am-Meeresboden-Verstecken einfach perfekt.
Wenn es da nicht einen gegeben hätte, der wieder einmal beim Spielen fehlte: Sammy.
Alina machte sich inzwischen richtig Sorgen um ihren Freund.
„He Sammy, komm doch mit uns spielen!“, rief das Delfin-Mädchen ihm schon zum x-ten Mal zu.
Doch wie schon in den Tagen zuvor reagierte Sammy nur mit einem lustlosen Kopfschütteln, um dann gedankenverloren einen kleinen Stein mit seiner kurzen Schnauze über den sandigen Meeresgrund zu stupsen.
Wie bei allen Großen Tümmlern sah Sammys Schnauze wie eine Art bauchige Flasche aus. Kein Wunder also, dass man diese Delfinart auch „Bottlenose Dolphin“ („Flaschennasen-Delfin“) nennt.
Und Sammy wusste seine „Flaschennase“ gut einzusetzen. Zwar war er kein so berühmter Fußballspieler wie Ronaldo, Lionel Messi oder Thomas Müller. Doch er war äußerst geschickt darin, Steine mit seiner Schnauze hochzuwirbeln und anschließend ins gegnerische Tor zu bugsieren, bei dem zwei große Steine links und rechts als Eckpfosten dienten.
Wie er das schaffte, wusste keiner so genau. Und das würde wohl auch auf ewig sein Geheimnis bleiben. Denn Wasser ist ja ziemlich träge. Und da ist es eigentlich unmöglich, darin einen Gegenstand einfach so wie einen Fußball hin und her zu schießen.
Die anderen Delfine hatten ihn für diese Fähigkeit bewundert und ihn beim Delfin-Fußball stets als Ersten in ihre Mannschaft gewählt. Mit Sammy an ihrer Seite konnten sie sicher sein, jedes Spiel zu gewinnen.
Doch diese Zeiten waren aus und vorbei, denn: Sammy spielte nicht mehr mit. Das hatte er beschlossen. Basta!
Anstatt sich mit ihm jeden Nachmittag nach der Schule am Fußballplatz jenseits des großen Felsens zu treffen, waren es auch Sammys Freunde inzwischen leid, ihn zu fragen oder auf ihn zu warten. Sie hatten einfach keine Lust mehr auf seine schlechte Laune.
„Hat er doch selbst schuld“, „Spielverderber“ und „Blödmann“ waren nur einige Kommentare, die sich Alina über ihren Freund anhören musste.
Zugegeben: Es ist schon ziemlich merkwürdig, dass ein Delfin, der wegen seiner nach oben gezogenen Mundwinkel immer zu lächeln scheint, überhaupt so etwas wie schlechte Laune haben kann. Noch dazu, wenn er in Freiheit lebt und gute Freunde hat.
Doch man muss bedenken, dass Delfine besonders intelligente Säugetiere sind, die sehr viele verschiedene Gefühle zeigen können. Dies hilft ihnen, gut in Gruppen – sogenannten Schulen – zusammenzuleben.
Das bedeutet, dass ein Delfin nicht nur gute, sondern auch mal schlechte Laune haben kann.
Das allein wäre kein Drama gewesen. Problematisch wurde die Sache dadurch, dass Sammy schon seit Wochen so miesepetrig drauf war. Und er wollte partout nicht sagen, was ihn bedrückte. Daher konnte ihm auch keiner seiner Freunde helfen. Noch nicht einmal Alina.
Wie denn auch? Schließlich wusste er selbst nicht so genau, was mit ihm los war.
Dabei war in letzter Zeit eigentlich gar nicht Schlimmes passiert. Das Einzige, womit sich die anderen Sammys schlechte Laune erklären konnten, war ein Streit mit Max, der allerdings schon vier Wochen zurücklag.
Und das kam so:
Sammy hatte Max versehentlich beim Delfin-Fußball gefoult. Obwohl er sich anschließend bei dem Delfin-Jungen entschuldigt hatte, glaubte Max, dass Sammy es mit Absicht getan hatte. Und so erzählte er den anderen, dass Sammy ein unfairer Spieler sei, der immer „um jeden Preis“ gewinnen wolle.
Und anstatt Max zur Rede zu stellen und ihn zu bitten, damit aufzuhören, tat Sammy etwas, was sich als entscheidender Fehler herausstellen sollte: Er bezeichnete Max als Delfin-Dummi, der nur Lügen verbreitete und Tintenfischgrütze im Hirn hätte.
Das wiederum regte die anderen Delfine auf; schließlich war Max auch ihr Freund, dem sie vertrauten und glaubten. Außerdem hatte Max sie bislang noch nie angelogen. Also musste Sammy der Lügner sein, dachten sie und gingen ihm fortan aus dem Weg.
Sammy wiederum konnte sich das ablehnende Verhalten seiner Freunde nicht erklären. Was hatte er ihnen denn überhaupt getan? Sollten sie doch sehen, wie sie allein ohne ihn beim Fußball klarkamen! Und überhaupt: Er brauchte die anderen nicht. Das würde er ihnen schon noch beweisen.
Also blieb Sammy allein, frustriert und wütend, anstatt mit Alina und den anderen zu spielen und gemeinsam Spaß zu haben. Und weil er die ganze Zeit so miesepeterig und griesgrämig war, passierte eines Morgens etwas, mit dem wohl keiner von uns gerechnet hätte:
Nachdem Sammy aufgewacht war, schwamm er an einem zerbrochenen Spiegel vorbei, der vor Jahren aus irgendeinem Grund auf dem Meeresboden gelandet war. Da Sammy weder seine Haare kämmen noch sich rasieren musste, warf er meist nur einen kurzen Blick in den Spiegel und schwamm dann weiter. Und das tat er auch an diesem Morgen.
Doch plötzlich verlangsamte der Delfin sein Tempo. „Irgendetwas stimmt nicht“, sagte Sammy halblaut zu sich selbst. Er machte mithilfe seiner Flossen eine schnelle Wendung und schwamm zurück zum Spiegel. Zwar war das Spiegelbild durch mehrere Risse im Glas verzerrt. Doch er sah es auch so deutlich genug:
SEINE SONST IMMER NACH OBEN GEZOGENEN MUNDWINKEL HINGEN PLÖTZLICH NACH UNTEN!
Oh Schreck! Sammy spürte, wie das Blut in seiner Rückenflosse pulsierte – ein Anzeichen, dass er trotz der morgendlichen Kühle zu schwitzen begann. Verzweifelt versuchte der junge Delfin, seine Mundwinkel wieder nach oben zu ziehen. Einmal, zweimal, dreimal. Doch so oft er es auch probierte: Es ging einfach nicht!
„Nein, nein und nochmals nein!“, rief Sammy verzweifelt.
„Was ist los?“, hörte er auf einmal eine vertraute Stimme neben sich. Es war Alina. Auch das noch! Beschämt drehte Sammy seinen Kopf zur Seite, damit seine Freundin sein Gesicht nicht sehen konnte. Doch es war zu spät.
Alina starrte Sammy ungläubig an. „Ach, du heilige Algenscheiße!“, entfuhr es ihr. Und wären ihre Brustflossen lang genug gewesen, hätte sie sich diese jetzt vor Schreck vor ihre Schnauze gehalten. „Sammy, was ist bloß mit dir passiert?“
Sammy reagierte nicht.
„Sammy, sieh mich an!“, sagte Alina nun etwas lauter. Seine Freundin konnte manchmal ganz schön streng sein, und so drehte Sammy langsam den Kopf in ihre Richtung.
„Wo ist dein Lächeln geblieben?“ Ungläubig starrte ihn seine Freundin an.
Sammy zuckte ahnungslos mit seinen Brustflossen. „Ich weiß es nicht“, antwortete der Delfin leise.
„Hast du vielleicht Kleisterfisch gefressen?“ Kleisterfisch nannten die Delfine eine Fischart, die zwar sehr lecker schmeckte, aber dessen Fleisch immer ganz fürchterlich an den Zähnen klebte – so ähnlich, wie bei manchen Bonbons.
Zu viel Kleisterfisch hätte Sammys Schnauze regelrecht verkleben und nach unten ziehen können, vermutete Alina. Doch Sammy schüttelte entrüstet den Kopf.
„Nein.“
„Aber was ist es dann?“
„Ich habe keine Ahnung – wirklich nicht“, antwortete Sammy nun so verzweifelt, dass er einem fast leidtun konnte.
Inzwischen hatten auch einige der anderen Delfine in der Nähe mitbekommen, dass mit Sammy irgendetwas nicht stimmte. Leon war der erste, der bei Sammy und Alina war. Ausgerechnet Leon mit seinen lockeren Sprüchen!
„Na Sammy, was geht ab?“, fragte Leon in seiner typisch flapsigen Art. Als Leon Sammys Gesicht sah, wurden seine Augen zunächst groß. Dann fing er schallend an zu lachen, sodass sich noch weitere Delfine neugierig näherten. „Was hast du denn bloß gemacht?“, fragte Leon noch immer lachend. Auch die übrigen Delfine fingen an zu grinsen.
„Das ist alles andere als witzig“, rief Alina die anwesenden Delfine zur Ordnung.
„Sammy hat sein Lächeln verloren. Anstatt ihn auszulachen, solltet ihr lieber mit uns überlegen, was er dagegen tun kann.“
„Schwimm doch einfach auf dem Rücken. Dann sieht es aus, als ob du wieder lächelst“, schlug Fips, ein noch ganz junger Delfin, vor. Er drehte seinen Kopf auf die Seite, um zu verdeutlichen, was er meinte.
„Sehr witzig“, antwortete Sammy gequält, dem die ganze Situation vor den anderen Delfinen verständlicherweise nur noch peinlicher wurde. Am liebsten wäre er im Meeresgrund versunken.
„Das ist alles nur ein Alptraum“, sagte Sammy in Gedanken immer zu sich. „Es macht jeden Moment ‚plopp‘ und ich wache wieder auf.“ Doch leider tat sich nichts.
Stattdessen kam nun Mathilda, ein erwachsenes Delfin-Weibchen, das oft auf die Kleinen aufpasste, zu Sammy und Alina geschwommen. Anscheinend hatte auch sie alles mitbekommen.
„Sammy“, versuchte sie, ihn zu beruhigen. „Damit wir dir helfen können, müssen wir zunächst wissen, was passiert ist. Also: Denk mal genau nach: Wann hast du...
Erscheint lt. Verlag | 30.10.2023 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch |
ISBN-10 | 3-95904-232-9 / 3959042329 |
ISBN-13 | 978-3-95904-232-1 / 9783959042321 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 7,5 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich