Love You in All Times (eBook)
368 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65552-1 (ISBN)
Regina Meißner wurde 1993 in einer Kleinstadt in Hessen geboren. Durch lesebegeisterte Eltern entdeckte sie die Liebe zur Literatur früh und versuchte sich am Schreiben eigener Geschichten. Regina hat Lehramt auf Deutsch und Englisch studiert und arbeitet als Social-Media-Managerin in einem Medienunternehmen. Neben dem Schreiben liebt sie das Lesen, das Reisen, Disney und alles, was mit Schweden zu tun hat.
Kapitel 1
Traust du dich?
»Ich sehe absolut lächerlich aus.« Erin mustert sich skeptisch, ehe sie den Blick auf mich richtet. »Wieso müssen wir noch mal auf diese Party?«
»Weil wir sowieso nichts Besseres vorhaben und die ganze Schule über die Halloweenpartys in der alten Fabrikhalle spricht«, erinnere ich sie.
Colleen neben mir zwirbelt eine Strähne ihres vollen, dunklen Haares. In ihrem schwarzen Kleid und den Lackschuhen sieht sie eher aus, als wollte sie auf eine Beerdigung gehen, aber das sage ich ihr nicht. Weil ich heilfroh bin, dass die beiden mich begleiten.
Entschlossen quetsche ich mich zwischen sie und hake mich bei ihnen unter. »Der Abend wird super, ganz sicher. Außerdem mögt ihr doch Halloween.«
Erin zupft an ihrem weiß-löchrigen Gewand, das wir mit Ketchup verziert haben, weil in ganz Rootley kein Kunstblut zu bekommen war. »Nur, wenn ich ihn auf der Couch mit ein paar Horrorfilmen verbringen kann.«
»Ich wäre auch lieber zu Hause.« Colleen verlagert ihr Gewicht von der einen auf die andere Seite. »Wollen wir uns nicht einfach ein paar Tacos holen und den Halloween-Marathon reinziehen?«
Ich bedenke die beiden mit einem langen Blick. »Wir haben doch darüber gesprochen. Ihr wisst, wofür wir das machen.«
Erin presst die Lippen aufeinander, dann nickt sie. »Ist ja nur ein Abend. Was soll schon schiefgehen?«
Bis zur alten Fabrikhalle ist es nicht mehr weit, die Musik höre ich jetzt schon. Unangenehm brennt sich der Bass unter meine Haut und verursacht, gepaart mit dem Lachen meiner Mitschüler, ein Kribbeln in meinem Magen. Fakt ist, dass ich selbst keine große Lust habe, Halloween zu feiern. Aber er ist hier – und diese Chance darf ich mir nicht entgehen lassen.
Ich straffe die Schultern, treibe meine Freundinnen zur Eile an und laufe über die dunkle Straße, die nur hier und da von Laternen erhellt wird. Der Himmel sieht aus, als würde es jeden Moment zu regnen beginnen, aber noch hält sich das Wetter. Hoffentlich ist mein Make-up wasserfest.
Aus den Augenwinkeln werde ich auf eine Gruppe Teenager aufmerksam, die Süßes oder Saures schreiend um die Häuser zieht. Vor zwei Jahren bin ich bei Trick or Treat noch dabei gewesen, mittlerweile fühle ich mich zu alt dafür. Auch wenn ich mich für einen Moment danach sehne, nach meinem Kürbiseimer zu greifen, von Tür zu Tür zu laufen und mir mit Süßigkeiten den Bauch vollzustopfen.
»Wir sind da.« Colleen deutet mit dem Zeigefinger auf ein heruntergekommenes Gebäude hinter dem Dusty River. Keine Ahnung, wofür es früher mal genutzt wurde. Es steht leer, solange ich mich erinnern kann, und wird für die unterschiedlichsten Partys genutzt.
Mein Herz verkrampft sich, als ich die Straße hinabgehe, über die baufällige Brücke, den Fluss entlang, am Tannenwäldchen vorbei. Die Musik wird lauter und ich immer unsicherer.
»Wir schauen einfach mal, wie die Stimmung ist, okay?«, rufe ich meinen Freundinnen zu und habe Mühe, gegen den Bass anzukommen, der so sehr dröhnt, dass ich am liebsten auf dem Absatz kehrtmachen würde.
»Hoffentlich gibt’s was zu essen«, knurrt Erin. Durch ihre kurzen Haare, die sie zum Sidecut trägt, zieht sich eine weiße Strähne.
»Ich darf nicht so spät zu Hause sein, ich hab morgen früh Gesangsunterricht«, erinnert Colleen mich.
Vor der Fabrikhalle lungern zwei Typen herum, die uns dümmlich angrinsen. Zigaretten in den Händen, blasen sie Rauchschwaden in die Luft.
»Mit der Deko haben sie sich ja richtig viel Mühe gegeben.« Bissig deutet Colleen auf eine Plastikspinne, die irgendjemand an die Außenwand geklebt hat. »Wenn da keine Stimmung aufkommt, weiß ich auch nicht.«
»Und dann noch diese gruselige Musik.« Erin verschluckt sich an ihrem eigenen Kichern. »Was passt besser auf eine Halloweenparty als Shawn Mendes ?«
»Na ja, seine Songs sind so schlecht, dass man es schon manchmal mit der Angst zu tun bekommt.« Colleen prustet los und betritt mit Erin die Fabrikhalle.
Eine offizielle Einladung zur Party gab es nicht – jeder kann kommen. Trotzdem gehören wir hier nicht hin, und das merke ich nicht erst, als wir die Location betreten haben.
Meine Hände werden schweißnass, als ich einen Blick auf das Innere des Gebäudes werfe, das aus einem vollgestellten Eingangsbereich und einem großen Saal besteht, in dem sich meine Mitschüler eng an eng drängen und ihre Getränke zur Musik in die Höhe reißen. Die Luft ist stickig – es ist so heiß, dass ich anfange zu schwitzen. Colleen zieht mich zur Garderobe, wo wir Jacken und Taschen ablegen. Wobei ich mir unsicher bin, ob wir sie in dem Berg jemals wiederfinden.
»Ich brauche dringend was zu trinken.« Colleen fasst ihre braunen Locken zu einem Zopf zusammen.
»Dahinten ist die Bar.« Der einzige Weg führt mitten durch die tanzende Menge und schon bald bin ich von schwitzenden, tanzenden Körpern umgeben. Mit Ach und Krach gelingt es mir, einem Typen auszuweichen, der sein Bier in hohem Bogen verschüttet und ich werde schneller, als ich Jesper O’Brien, der nervigsten Fratze aus der ganzen Schule, begegne. Wer ist noch mal auf die grandiose Idee gekommen, auf die Party zu gehen?
An der Bar ist weniger los. Ich atme tief durch und lasse meinen Blick schweifen. Nach etwas Alkoholfreiem sucht man hier vergeblich – nicht mal Wasser gibt es – egal, ich muss mir sowieso Mut antrinken.
»Die erste Runde geht auf mich«, sage ich zu Colleen und Erin. »Was wollt ihr?«
Erin entscheidet sich für einen Spinnencocktail. Colleen versucht sich an einer Bloody Mary und ich wähle den Hexentrank, der mir in einem kleinen Kessel serviert wird und dessen Flüssigkeit verdächtig blubbert. Geschmacklich erinnert er mich an Glühwein – er ist so heiß, dass ich mir die Zunge verbrenne.
»Rose will ein Foto von uns«, ruft Colleen gegen den Lärm der Musik an. Aus ihrer Kleidtasche zieht sie ihr Smartphone, welches sie auf unsere Gesichter richtet. »Sie wäre so gern hier.«
»Deine Schwester soll sich glücklich schätzen, dass sie zu Hause auf der Couch sitzen und den ganzen Abend Filme gucken kann«, kommt es von Erin.
Ich versuche mich an einem Lächeln, auch wenn mich die Kamera unweigerlich mit dem konfrontiert, was ich heute Abend ausblenden wollte: Meine Brille ist verrutscht, meine Haare, die ich ausnahmsweise offen trage, sehen aus, als wäre ich in einen Sturm geraten, was hier oben in den schottischen Highlands gar nicht mal unwahrscheinlich ist.
Verbissen blicke ich meinem Spiegelbild entgegen und trete zwei Schritte nach hinten, um mich in voller Größe zu sehen und mein Outfit zu mustern. Colleen und ich waren stundenlang unterwegs, wollten das perfekte Kleid für die Party finden. Und als ich das dunkelrote Gewand mit schwarzen Verzierungen auf Hüfthöhe gefunden habe, war ich begeistert. Darin würde ich wie eine Vampirbraut aussehen – so der Gedanke. Bloß hatte ich da noch keinen verschmierten Lippenstift und Haare wie eine Hexe. Wütend presse ich die Lippen aufeinander, als Colleen das Foto macht. Wir waren höchstens eine halbe Stunde unterwegs, wie kann ich da so zerzaust aussehen?
»Sag deiner Schwester, dass ich sie beneide.« Erin nimmt einen Schluck von ihrem Cocktail, während ich mir die rote Farbe vom Mund wische und meine Haare in einem Dutt ordne.
»Und jetzt?« Colleen sieht uns aus ihren dunkelblauen Augen an.
»Wir setzen uns dahinten auf die Bank und beobachten das Geschehen aus der Entfernung.«
Weil niemand etwas gegen Erins Plan einzuwenden hat, folgen wir ihr durch die Halle. Bunte Lichtreflexe tanzen an der Decke, lassen den Raum abwechselnd orange, grün und schwarz werden. Der DJ, ein Mann in den Zwanzigern, dreht die Musik lauter.
Mit dem Hexenkessel in der Hand nehme ich auf der Bank Platz und lehne mich gegen die Wand.
»Hast du ihn schon gesehen?« Erin nennt seinen Namen nicht, doch ich weiß, von wem sie spricht. Ich lasse den Blick durch die Menge schweifen und schüttele den Kopf. »Es ist früh. Wahrscheinlich ist er noch nicht da.«
»Hoffentlich kommt er überhaupt.« Colleen zupft an ihrem Kleid herum. »Nicht, dass diese Party unter Kiran Hunters Niveau ist.«
»Nicht so laut«, zische ich ihr zu, während mein Blick wie gebannt auf den offenen Türen kleben bleibt. Und als er die Halle betritt, zittern meine Hände.
»Wenn man vom Teufel spricht«, flüstert Erin. Colleens Erwiderung höre ich nicht mehr, denn ich bin wie gebannt. Von seiner Aura, die den ganzen Raum umschließt, obwohl er gar nichts weiter tut.
Kiran Hunter ist nicht verkleidet, die graue Boyfriend Jeans und den schwarzen Pullover habe ich schon öfter an ihm gesehen. Seine dunkelblonden Haare sind zur Seite gegelt, sein Blick, aufmerksam und eindringlich – gleitet über die Anwesenden.
Mir wird abwechselnd warm und kalt, als ich auch das letzte Detail seines athletischen Körpers in mir aufnehme. Niemand sonst könnte solche spitzen Lackschuhe anziehen und darin gut aussehen.
Das Lächeln auf meinen Lippen wird breiter, allerdings nur so lange, bis ich mich daran erinnere, was ich meinen Freundinnen für heute Abend versprochen habe.
»Na los, das ist deine Chance«, sagt Colleen, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Der sanfte Stoß, den sie mir gibt, verursacht ein flaues Gefühl in meinem Magen. Ich stelle meinen Cocktail auf die Bank, und als ich mich auf den Weg zu Kiran mache, sind meine Beine wie Pudding.
Jeder Schritt kommt einer Überwindung gleich und mit jedem Meter, dem ich mich ihm nähere, werde ich unsicherer. Was, wenn er mich auslacht? Wenn er gar nichts mit mir zu tun haben...
Erscheint lt. Verlag | 29.9.2023 |
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Mitarbeit |
Designer: Christin Giessel |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Bookstagram • Booktok • Fantasy für Jugendliche • Fantasy Neuerscheinungen 2023 • Fantasy Romance • Fantasy Schottland • LoomLight • Outlander • Romantasy • Romantasy Bücher • ya fantasy • Young Adult • Zeitreise Fantasy |
ISBN-10 | 3-522-65552-4 / 3522655524 |
ISBN-13 | 978-3-522-65552-1 / 9783522655521 |
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