Das Kanonenkugel-Rennen

Es war ein friedlicher Sommertag. Die Vögel zwitscherten fröhlich von den Ästen des alten Apfelbaumes, ein laues Lüftchen wehte und es schien, als ob nichts auf der Welt diese himmlische Ruhe stören könnte. „ACHTUNG! VORSICHT! PLATZ, PLATZ, PLATZ!!!“, schrie Line aus vollem Hals. Doch es war zu spät. Sie schepperte mit Höchstgeschwindigkeit in Benni hinein. Die bunten Seifenkisten der beiden Freunde gerieten außer Kontrolle und überschlugen sich. Ein Knäuel an Rädern, Brettern, blonden und braunen Haaren und rollenden Kindern purzelte den Hügel hinunter. B-OB raste zu den auf dem Boden liegenden Freunden und rief: „Kinder! Seid ihr verletzt?“ Line und Benni lagen regungslos im Gras. Langsam machte B-OB sich Sorgen. Er murmelte: „Ich wusste doch, dass dieses Seifenkisten-Rennen eine schlechte Idee war. Sie hätten wenigstens Bremsen einbauen sollen. Kinder? Sagt doch was!“ Ein leises Kichern war aus dem Bretterhaufen zu hören, dann prusteten Line und Benni los und kugelten sich vor Lachen. „Das war super!“, rief Line. „Komm, wir zimmern die Seifenkisten wieder zusammen und probieren es gleich nochmal!“ Benni wischte sich eine Lachträne aus dem Auge und sagte: „Au ja! Aber ich glaube, B-OB hat recht. Diesmal baue ich eine Bremse mit ein!“ B-OB wollte gerade etwas erwidern, als ihn eine freundliche Stimme unterbrach. „Einen wunderschönen guten Tag! Ich habe hier einen Eilbrief für einen gewissen Herrn B-OB Coddiwomple!“ B-OB schaute verdutzt aus der Wäsche. „Ein Brief? Für mich? Das ist ja eine schöne Überraschung! Von wem der wohl sein mag?“, wunderte er sich. Nachdem der nette Postbote sich verabschiedet hatte, inspizierte er den Umschlag gemeinsam mit Line und Benni genauer. „Hm. Das ist ja Luftpost aus den USA. Jetzt bin ich aber mal gespannt.“ Das weltreisende Wohnmobil öffnete den Brief und las leise murmelnd die Nachricht: „Lieber B-OB, mhmh, herzlich eingeladen, mmhm... Oh! Das ist ja was ... mmhhm...“ Line hielt es nicht länger aus. Sie rief: „Das kannst du uns doch nicht antun! Nun erzähl schon, was steht in dem Brief!?“ B-OB schmunzelte und erklärte: „Das ist eine Einladung von meinem alten Freund Burt aus New York.* Er organisiert alle 10 Jahre ein ganz besonderes Autorennen, das sogenannte ‚Cannonball Race‘ – das Kanonenkugel-Rennen. Es führt quer durch die USA, angefangen in New York im Osten, an der Atlantikküste, bis nach Los Angeles im Westen, an der Pazifikküste. Das ist nichts für schwache Nerven, aber eine Riesenehre, eingeladen worden zu sein.** Normalerweise werden da nur Amerikaner gefragt. Schade, dass ich schon ein bisschen zu alt für so etwas bin ...“ Line schreckte auf: „Zu alt? Du? So ein Quatsch! Nach Amerika wollte ich doch schon immer mal! Ich würde sagen, ich hole meinen Abenteuerrucksack, sage unseren Eltern Bescheid und dann fliegen wir los. Was meinst du, Benni? Oder muss B-OB dich erst noch überzeugen?“ Benni grinste: „Nein, nein! Ich will auch nach Amerika! New York soll ja wirklich toll sein. Da wollte ich schon immer mal hin.“ B-OB überlegte laut vor sich hin: „Hach, die USA. Da war ich ja ewig nicht mehr. New York ist wirklich toll, aber der Rest des Landes ist auch nicht von schlechten Eltern. Wo sonst gibt es einen zweiten Sommer, der so aussieht, als ob ein Farbkasten über die Wälder ausgekippt worden wäre? Wo sonst kommen so viele verschiedene Menschen, Kulturen und Nationalitäten zusammen und vermischen sich in einem riesigen Land? Wo sonst begrüßen einen die Leute immer mit einem Lächeln auf den Lippen und einem freundlichen „Wie geht’s?“ Wo sonst gibt es so viel Quatsch und Süßkram zu essen, der aber leider Spaß macht und schmeckt? Wo...“ Line unterbrach B-OB lächelnd: „B-OB, wir waren doch schon von Anfang an überzeugt! Komm, mach schnell ‚Wusch‘ und wir können los.“ Das ließ sich das alte Wohnmobil nicht zweimal sagen. Mit einem gewaltigen WUUUUUSSSSCCCHHHH breitete es seine riesigen Flügel aus und rief: „Na, dann mal an Bord mit euch. Wir haben ein verrücktes Rennen zu gewinnen, aber vorher geht es mal wieder über den Atlantischen Ozean!“