Emmi in Korea 6: Neujahr auf Koreanisch (eBook)

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2023
via tolino media (Verlag)
978-3-7579-2175-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Emmi in Korea 6: Neujahr auf Koreanisch - Stephanie Auten
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Weihnachten ist vorbei und der Schock bei Emmi sitzt tief: Anne wird zurück nach Shanghai ziehen - und das schon in ein paar Wochen! Also wird Emmi nicht nur ihre beste Freundin in Korea verlieren - sondern auch ihren Schwarm Jan, Annes Bruder. Was macht es jetzt noch für einen Sinn für Emmi, länger in Seoul zu bleiben? Oder können sie und ihre Freundinnen den Umzug doch noch verhindern?
Und dann kommt da plötzlich noch diese ominöse Einladung von Jan - bei der er ein Geheimnis enthüllt, mit dem Emmi nie im Leben gerechnet hätte...

Teil 6 - der letzte Teil - der etwas anderen Buchreihe 'Emmi in Korea' über große Veränderungen, Freundschaft, Eltern und natürlich... Liebe!

Alle sechs Bände sind als E-Book erhältlich:

Band 1: Emmi in Korea - Urlaub mit Folgen
Band 2: Emmi in Korea - Umzug mit Hindernissen
Band 3: Emmi in Korea - Schulstart mit Herzklopfen
Band 4: Emmi in Korea - Herbstferien mit Nervenkitzel
Band 5: Emmi in Korea - Weihnachtszeit mit Pferdefuß
Band 6: Emmi in Korea - Neujahr auf Koreanisch



<p>Ich wurde 1983 geboren und habe Anglistik und Mittelalterliche Geschichte studiert. Ich lebe in Berlin und Leipzig, von 2017-2019 aber auch in Seoul, Südkorea.<br> Natürlich hat Seoul mich zu meiner 6-teiligen Buchreihe "Emmi in Korea" über das Leben einer deutschen Schülerin im Ausland inspiriert.<br> Außerdem findet ihr das Deutschlern-E-Book "Nino liebt Jörg: Not just another German short story book for intermediate readers" unter dem Namen Stephanie Auten et al. auf dieser Website.<br>

Kapitel 2 – Unerwartete Begegnung


Zwei Tage später, am 9. Januar und dem ersten Montagmorgen nach den Weihnachtsferien, stakst Emmi um halb 8 Uhr, dank ihrer Fußfessel mechanisch wie ein Roboter, zu den großen Glasschiebe-türen am Eingang ihres Seouler Hochhauses. Über den Türen hängt neuerdings eine große digitale Anzeige mit roten Ziffern, auf der sich in regelmäßigem Takt die Uhrzeit und die Temperatur ab-wechseln. Angeblich sind es draußen minus zehn Grad. Emmi bleibt abrupt stehen und schaut entsetzt die Anzeige an. Für einen Moment ist sie versucht, auf der Stelle wieder umzudrehen, doch – schwupps – öffnet sich die automatische Eingangs-tür. Sofort pfeift ein unangenehmer Wind um die Ecke.

Ist das dieser sibirische Wind, der angeblich da-für sorgt, dass der südkoreanische Winter so unheimlich kalt ist? Emmi zögert ein paar Momente. Zum Glück hat Mama für sie noch in Deutschland ein paar weite Stiefel gefunden, in die sie trotz der Schiene am linken und extradicken Socken am rechten Fuß hineinpasst.

Unfassbar, dass es im August, als Emmi mit ihrer Familie frisch in Seoul angekommen war, weit über dreißig Grad hatte und die Luft so schwül war, dass Emmi schon nach Sekunden der Schweiß aus-gebrochen ist.

Und jetzt? Temperaturen so weit unter null, wie sie es zuhause in Deutschland selten erlebt hat, und eine trockene Luft, die selbst Emmis pubertierende, ölige Haut zum Spannen bringt. Nur Schnee ist weit und breit nicht in Sicht. Das hat aber auch sein Gutes: Emmi muss sich keine Sorgen machen, dass es irgendwo glatt sein könnte. Wäre ja auch noch schöner, wenn sie wenige Wochen nach ihrem Unfall im Wald gleich noch eine Pirouette auf dem Eis dreht.

Schließlich zieht sie den Kragen ihrer dicken Jacke fester um ihren Hals und humpelt entschlossen los. Schon nach ein paar Sekunden in der koreanischen Eiszeit kramt sie eine Gesichtsmaske aus der Jackentasche und zieht sie sich über Mund, Nase und Ohren. Mit Maske im Gesicht ist es sofort viel wärmer durch den eigenen Atem, das hat Emmi bereits zu Beginn des Winters hier in Seoul gelernt.

Eigentlich hätte sie heute Morgen bereits mit Fuchs eine Runde gehen sollen. Es ist ihr Hund, also muss sie sich auch um ihn kümmern, haben Mama und Papa Emmi immer wieder eingetrichtert, seit er ihnen auf der Insel Jeju nicht mehr von der Seite gewichen ist. Doch das fällt aufgrund von Emmis Verletzung mindestens noch ein bis zwei Wochen aus. Trotzdem hat sie ein schlechtes Ge-wissen, dass ihre Eltern sich jetzt um ihren Hund kümmern müssen. Sie wird in Zukunft besser auf-passen und damit meint sie nicht nur irgendeinen Neujahrsvorsatz, den sie normalerweise nach spätestens zwei Wochen vergisst, sondern sie meint es diesmal richtig ernst – das hat sie Fuchs noch gestern Abend vor dem Zubettgehen versprochen und ihm ein Küsschen auf den weichen Kopf gedrückt.

Emmi stellt sich an die Bushaltestelle, an der sie nun seit einigen Monaten täglich von Montag bis Freitag – außer in den Ferien – steht und auf den richtigen Bus wartet. Es ist eine große Haltestelle, an der innerhalb von wenigen Minuten bestimmt zehn verschiedene Busse halten. Sie muss sich manchmal richtig konzentrieren, damit sie ihren Bus mit der richtigen Nummer nicht verpasst, denn manchmal fahren die Busfahrer nur ein wenig an die Haltstelle heran und dann sofort weiter, wenn keiner der Wartenden rechtzeitig zuckt.

Manchmal, während sie wartet, fragt Emmi sich, wohin die Leute in den Bussen fahren. Bestimmt fahren die meisten von ihnen einfach nur zur Arbeit oder zur Schule. Aber ob Emmi diese Orte kennt? Oder fahren sie in Stadtteile von Seoul, in denen Emmi noch nie gewesen ist? Und in die sie viel-leicht auch nie kommen wird, weil die Stadt so riesig ist? Ob Anne vielleicht noch ein paar andere Ecken kennt, die sie Emmi zeigen kann, bevor sie wegzieht?

Schlagartig wird Emmi traurig. Sie starrt auf die Straße und nimmt den dichten Seouler Morgenverkehr kaum mehr wahr. Sie kann sich gar nicht vor-stellen, wie es ihr die ersten Tage und Wochen ohne Anne hier in dieser Stadt ergangen wäre. Schließlich war immer Anne diejenige, die Emmi jede noch so doofe Frage geduldig beantwortet hat.

Und Emmi hat wirklich viele doofe Fragen gestellt!

Die Fahrt zur Schule dauert ungefähr zehn Mi-nuten. Emmi schaut sich in ihrem Bus um. Sie ist eindeutig die Einzige mit einem nichtkoreanischen Gesicht. Wahrscheinlich ist sie sogar die Einzige, die überhaupt aus einem anderen Land kommt. Und das, obwohl Emmi mit ihrer Familie sogar in einem Viertel lebt, in dem auch viele andere Aus-länder leben. Und obwohl sie vermutlich die einzige Nichtkoreanerin ist, fühlt sich das für Emmi nicht komisch an, so sehr hat sie sich an ihren täglichen Schulweg gewöhnt. Niemand nimmt Notiz von ihr. Was vielleicht auch daran liegen mag, dass sie die Kapuze ihrer dick wattierten Jacke tief ins Gesicht gezogen hat, und dass sie eine Maske trägt, so wie auch die meisten anderen Leute im Bus. Im Winter, in der Erkältungszeit, hat Emmi gelernt, ist es in einer asiatischen Millionenstadt wie Seoul ganz selbstverständlich, eine Maske zu benutzen, um sich vor Viren zu schützen oder andere nicht mit der eigenen Erkältung anzustecken. Und so kommt Emmi auch das Masketragen schon längst nicht mehr komisch vor.

Zwei Haltestellen vor Emmis Ziel steigt plötzlich Jan in den Bus. Er ist ebenso vermummt wie Emmi, aber die erkennt ihn sofort an seiner Größe und an seiner dunkelblauen Daunenjacke mit dem großen Logo einer deutschen Sportfirma, die er auch vor den Ferien schon täglich getragen hat. Emmi ist verblüfft. Sie hat Jan noch nie in ihrem Bus gesehen. Hatte er keine Lust zu laufen? Oder kommt er heute Morgen gar nicht von zuhause, sondern von woanders her? Ein Kribbeln steigt in ihr auf, egal ob sie es möchte oder nicht. So wie fast jedes Mal, seit sie ihn in den Osterferien bei ihrem allerersten Besuch in Seoul das erste Mal gesehen hat.

Plötzlich schaut Jan von seinem Handy auf, das er eben aus der Hosentasche gezogen hat und – Emmi direkt in die Augen.

Reflexartig senkt sie den Blick auf den grauen, von Profilspuren dicker Stiefel übersäten Fußboden des Busses. Ob er sie erkannt hat?

»Emmi?«, hört sie es rufen.

Okay, damit wäre ihre Frage beantwortet.

Betont überrascht schaut sie Jan an, der sich an den anderen Passagieren vorbei zu ihr durchschiebt.

»Hey!«, stammelt sie und hebt die Hand. »Frohes neues Jahr!«

Warum hat sie das denn jetzt gesagt? Das wünschen sich doch sonst nur alte Leute.

»Ähm ja, dir auch«, erwidert Jan und zieht belustigt eine Augenbraue nach oben.

Emmi wird rot unter ihrer Maske. Zum Glück sieht Jan das nicht.

»Wie… war Shanghai?«, fragt sie zögernd. Emmi bereut es sofort, gefragt zu haben, aber auf die Schnelle ist ihr nichts anderes eingefallen. Anne ist bestimmt richtig schlecht drauf, und Emmi hat fast ein bisschen Angst davor, ihr heute das erste Mal seit dieser Hiobsbotschaft über den Weg zu laufen. Ob es Jan ähnlich geht? Oder ist es ihm vielleicht sogar recht, nachdem er und Sora nicht mehr zusammen sind?

Jan überlegt für ein paar Sekunden, was er antworten soll. »Überraschend«, antwortet er schließlich.

Emmi ist ratlos, was sie darauf antworten soll. Hat Jan das jetzt positiv oder negativ gemeint? »Schön«, sagt sie und lächelt unsicher unter ihrer Maske. »Zu Weihnachten gibt es ja immer die ein oder andere Überraschung, nicht?!«

Emmi beißt sich innerlich auf die Zunge. Hat sie diesen Quatsch gerade wirklich gesagt?

Der Bus kommt zum Halten. Autos hupen neben und hinter dem Bus. Nervös versucht Emmi einen Blick nach vorn auf die Straße zu erhaschen. Normalerweise wären es nur noch zwei Haltestellen, aber es scheint, als ob der Linienbus inmitten der mehrspurigen Straße in einem dicken Stau steckt. Das heißt, wenn Emmi Pech hat, wird sie Jan noch länger als drei Minuten so gegenüberstehen und keinen blassen Schimmer haben, was sie zu ihm sagen soll.

»Wo kommst du jetzt eigentlich her?«, fragt sie schließlich in der Hoffnung, von dem Shanghai-Thema abzulenken.

»Wie meinst du das?«, fragt Jan.

»Na der Bus. Du fährst doch sonst nie mit diesem Bus mit, oder? Zumindest habe ich dich noch nie gesehen.«

»Ach so«, sagt Jan und dann nichts mehr.

Anscheinend schafft es Emmi in jedes Fettnäpfchen-Thema zu treten, das sich ihr bietet.

»Ich war bei meiner Mutter auf der Botschaft. Papierkram für das Visum und so. Du weißt ja, dass wir umziehen.«

Emmi nickt und senkt den Blick. »Freust du dich?«, fragt sie zögernd – nicht sicher, ob sie die Antwort hören möchte. Was ist, wenn Jan ja sagt?

Der zuckt mit den Schultern. »Nein, eigentlich nicht.«

Der Bus ruckelt, als der Busfahrer stärker als nö-tig auf das Gaspedal drückt.

»Au!« Emmi verliert mit ihrem geschienten Fuß die Balance und stolpert einen Schritt auf Jan zu.

Nicht schon wieder! Das letzte Mal, als sie auf einen Jungen zugestolpert ist, nämlich auf Min-Jun, hat sich daraus eine der bisher größten Katastrophen ihres Lebens entwickelt.

»Alles okay bei dir?« Jan fasst Emmi am Arm. »Anne hat erzählt, dass du dir den Fuß nochmal verstaucht hast.«

»Das stimmt. Also, das Band ist gerissen. Ich hab hier so eine Schiene.« Emmi lüpft ihr extraweites Hosenbein, um ihre graue Schiene, umhüllt von einer dicken Socke zu präsentieren.

»Oh Mist! Dann können wir ja gar nicht mehr zusammen mit deinem Hund gehen«, sagt Jan.

Emmi erstarrt für eine Sekunde. Sie erinnert sich sehr wohl daran, was Jan ihr ein paar Wochen vor den Weihnachtsferien vorgeschlagen hat.

Und dann nie wieder nachgefragt hat.

Und dass Emmi darüber...

Erscheint lt. Verlag 14.4.2023
Reihe/Serie Emmi in Korea
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Bilderbücher
Schlagworte Auslandsjahr • Erzählungen • hallyu • Hangeul • K-Pop • Kurzgeschichten • Neujahr • Reihe • Seollal • Seoul • Südkorea • Winter
ISBN-10 3-7579-2175-5 / 3757921755
ISBN-13 978-3-7579-2175-0 / 9783757921750
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