Immer wieder Jane (eBook)
368 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93708-4 (ISBN)
Jenn Bennett wurde in Deutschland geboren, zog dann aber in die USA. Sie schreibt historische Liebesgeschichten und Fantasy für Erwachsene, doch vor allem ihre romantischen Jugendbücher wie »Unter dem Zelt der Sterne« haben ihr eine große Fangemeinde beschert. Wenn sie nicht reist - z.B. nach Europa oder Südostasien -, lebt sie mit ihrem Mann und zwei Hunden in Georgia.
Jenn Bennett wurde in Deutschland geboren, zog dann aber in die USA. Sie schreibt historische Liebesgeschichten und Fantasy für Erwachsene, doch vor allem ihre romantischen Jugendbücher wie »Unter dem Zelt der Sterne« haben ihr eine große Fangemeinde beschert. Wenn sie nicht reist – z.B. nach Europa oder Südostasien –, lebt sie mit ihrem Mann und zwei Hunden in Georgia. Claudia Max studierte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Literaturübersetzen mit dem Schwerpunkt Anglistik/Amerikanistik. Seit 2008 ist sie freiberufliche Literaturübersetzerin und hat bisher ca. 80 Werke aus dem Englischen übertragen. 2010 war sie Stipendiatin der Berliner Übersetzerwerkstatt, ihre Arbeit wurde mehrfach mit Stipendien des Deutschen Übersetzerfonds ausgezeichnet. 2023 wurde sie in der Kategorie Jugendbuch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Sie lebt in Berlin, arbeitet aber überall, denn am liebsten ist sie auf Reisen – in Büchern und in der Welt.
Track [2] »Dreaming« | Blondie
Jane
Jetzt
Ich wollte bloß, dass sie sich mögen. Leo Marlow und Eddie Sarafian alias Dad und Boyfriend. Die beiden wichtigsten Männer in meinem Leben. Sie einander vorzustellen ging allerdings voll in die Hose und nun stand mein Vater auf dem Privatflughafen am Rand des Rollfelds neben dem 1965er Heckflossen-Mercedes unseres Arbeitgebers und kniff die Augen zusammen wie der Hulk. Dad war definitiv nicht beeindruckt von meinem Freund. »Mögen« hatte sich in Luft aufgelöst. Hier konnte man nicht mal von Ambivalenz sprechen. Oh nein: Das hier war Verachtung mit einem Schuss Ich-träume-von-deinem-Tod.
Dad hielt Fridas Leine für mich, sie fiepte und wollte sich losreißen.
Mein Vater. Der Hund. Ich. Eddie. Niemand auf der Startbahn war glücklich.
Ich gab meinem Vater ein Zeichen: Nur noch einen Moment. Eddie würde gleich mit ein paar Anwälten aus der Unterhaltungsbranche ins Ausland fliegen, und unser katastrophales Treffen wirkte sich nicht nur auf mein Herz aus, sondern auch auf mein Hirn. Im wahrsten Sinne des Wortes.
»Hey, ich muss da mal eben rangehen. Hallo-ho«, sagte Eddie zu mir und stieß einen Pfiff aus. »Ground Control an Space Cadet. Baby?« Er warf mir einen mitleidigen Blick zu.
»Kein Problem«, versicherte ich ihm, als er das Telefon hochhielt. Ehrlich gesagt war es eine Erleichterung, dass er für einen Moment zur Seite trat. Ich brauchte die Pause, um alles zu verarbeiten, denn die Wörter am Ende seiner Sätze dröselten sich auf und ich konnte mich nur mit Schwierigkeiten darauf konzentrieren. Der Teil meines Gehirns, der beim Unfall verletzt worden war, kam mit dem Stress nicht klar.
Die Ärzte bezeichneten meinen Zustand als »Aphasie«. Kurz gesagt, eine Kommunikationsstörung, ausgelöst von meinem Sturz vom Wehr. Ich war nicht blöd oder dauerhaft geschädigt oder begriffsstutzig. Ich hatte nur ab und zu Probleme mit einigen Wörtern. Wenn Leute laberten (lange Reden, gähn), blendete mein Hirn Teile davon aus – deshalb war es zum Beispiel besser, mir Wegbeschreibungen aufs Handy zu schicken, statt mir zu erklären, wie ich irgendwo hinkam. Wenn ich unter großem Druck stand, suchte ich manchmal nach bestimmten Wörtern, doch sie verschwanden, bevor sie es aus meinem Mund herausschafften. Pfft! Weg waren sie.
Und das war das Schlimmste. Alles andere konnte ich irgendwie überspielen. Doch wenn man simple Wörter vergaß, fiel es den Leuten auf.
Manchmal fühlte es sich an, als würde ein wörterfressendes Ungeheuer in meinem Gehirn leben.
Ich hasste diese scheiß Wörterfresserin.
Ich hatte wochenlang keine Probleme gehabt, deswegen war es einfach unglaublich frustrierend, dass die Wörterfresserin nun ausgerechnet zum Beginn meiner Sommerferien ihr hässliches Gesicht zeigen musste. Genau in dem Moment, in dem ich bereit war, aus meinem Kokon herauszukriechen.
Dad und ich waren auf dem Weg nach Condor Lake in der Sierra Nevada, um den Sommer dort zu verbringen. Vor drei Stunden waren wir von Mad Dogs Haus in Bel Air, Los Angeles, losgefahren. Das übrige Hauspersonal von Mad Dog war bereits gestern in der Lodge eingetroffen, um alles vorzubereiten. Er und »die Familie«, wie wir sie nannten, waren morgens mit dem Privatjet angereist. Der nun hier auf dem Asphalt stand.
Ich hatte heute Morgen noch an der Abschlussveranstaltung meiner Highschool teilgenommen (nicht weiter aufregend), deshalb kamen Dad und ich als Letzte am See an. Außerdem war ich für Frida Kahlo zuständig – die aufgeregte, spitzohrige mexikanische Mini-Nackthündin, die sich von meinem Vater loszureißen versuchte. Die Kleine gehörte Mad Dogs Tochter Velvet und da sie nicht gerne flog, hatten wir sie im Auto mitgenommen.
Der Condor-Lake-Privatflughafen liegt ein paar Meilen vom eigentlichen See entfernt, daher hatte unser Zwischenstopp den militärisch genauen Zeitplan meines Vaters durcheinandergebracht. Und zu allem Übel brannte auch noch die heiße Nachmittagssonne auf meinen Nacken, weil ich bei einer spontanen Aktion gestern Abend meine dunklen Haare habe abschneiden lassen. Schnippschnapp, fertig war der Pixie Cut. Meine Haare waren nun ebenso kurz wie meine Aufmerksamkeitsspanne. Der Hairstylist nannte es einen Rosemaries Baby-Haarschnitt, was mir nichts ausmachte, bis wir vor ein paar Minuten hier angekommen waren und Eddie mir erklärte, ich würde »viel jünger« damit aussehen.
Jetzt war ich paranoid.
Dads stechender unzufriedener Blick folgte Eddie über den Asphalt des Privatflugplatzes. Der Wind zerrte an Eddies weißem T-Shirt und den langen Shorts, er presste eine Hand aufs Ohr, um zu telefonieren. Gleich würde er in einen Flieger Richtung Philippinen steigen und ein paar Wochen weg sein. Ich hatte ihn seit den Frühjahrsferien nicht mehr gesehen. Unsere wenigen kostbaren Minuten zusammen verrannen einfach, aber Eddie schien das nicht zu kümmern. An ihm perlte alles ab.
Frida kläffte leidend, sie verstand nicht, dass Eddie allergisch gegen Hunde war.
Ich versuchte, einfach die Ruhe zu bewahren.
»Wie nennt man das noch mal, wenn ein alter Löwe einen jungen Löwen sieht und grundlos Panik kriegt, dass sein Rudel in Gefahr ist?«, fragte ich den hochgewachsenen Schwarzen im teuren Anzug, der uns auf dem Asphalt entgegenkam.
»Das Gesetz des Dschungels?«, tippte er und hievte seine Umhängetasche von einer Schulter auf die andere. Gordon Goodman war Mad Dogs Top-Anwalt für Medienrecht. Er wohnte in L.A. und ging im Haus in Bel Air ein und aus. Er war heute Morgen mit Mad Dog hergeflogen.
»Das alte Männchen hat nur ein Junges, aber die Kleine ist nicht in Gefahr«, fügte ich wenig hilfreich hinzu. Das Wort lag mir auf der Zunge …
»Er verhält sich wie ein guter König«, sagte Gordon.
»Nein, das ist es auch nicht. Es ist überfürsorgliches Pinkeln auf … etwas.«
»Revier?«
Ich klatschte in die Hände. »Das wars! Revier markieren.«
»Leo ist Ihr Vater, Jane. Das Revier zu markieren ist seine Pflicht. Er tut es den ganzen Tag für Mad Dog – schaltet sämtliche Bedrohungen aus. Es ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen.«
»Eddie ist keine Bedrohung«, antwortete ich bockig.
»Hey. Ich kenn den Jungen nicht«, erwiderte Gordon sachlich und ging seinen Hut festhaltend auf die offene Flugzeugtür zu. »Aber ich werde einige Zeit mit ihm verbringen. Allein der Flug nach Manila dauert vierzehn Stunden und dann müssen wir noch mit Auto, Fähre und Helikopter weiter, um zu dieser entlegenen Insel zu kommen. Da werde ich mir dann eine Meinung bilden können.« Er klang nicht besonders angetan. »Wir sehen uns Ende des Monats, Miss Marlow.«
Gordon flog mit Eddie und dem Anwalt der Sarafians zu irgendeiner idyllischen philippinischen Privatinsel, um den Mietvertrag zu unterschreiben, der Auswirkungen auf die Zukunft des Condor Musikfestivals haben konnte. Die Details verstand ich nicht so genau, nur dass der Vertrag bis Ende Juni unterschrieben sein musste, damit das Festival nächsten Monat nicht gefährdet war. Sprich, nicht abgesagt werden musste. Viele Millionen Dollar standen auf dem Spiel. Die Tickets waren bereits verkauft, die Visen für die Bands beschafft, die Werbung geschaltet, die Hotelzimmer gebucht.
Aber Eddie würde sich darum kümmern, dass alles glattlief. Er war der Erbe des Sarafian-Imperiums und sein Vater, Serj, ein legendärer Musikpromoter, brachte ihm die Spielregeln bei. In den wenigen Monaten, die Eddie und ich zusammen waren – vor allem online –, hatte ich eine völlig andere Seite des Musikgeschäfts kennengelernt als die, die ich durch mein Leben im Haus von Mad Dog Larsen mitbekommen hatte. Vielleicht sogar mehr.
Eddie wollte mir das Geschäft beibringen und mich Musikern vorstellen.
Mad Dog wollte, dass ich auf seine Haustiere aufpasste und ihm Limo brachte.
Eddie kniff die braunen Augen gegen die Nachmittagssonne zusammen, schob sein Handy in die Hosentasche und lächelte mich an. Wow. Er sah echt verdammt gut aus. Alle sagten, er könne als Model arbeiten. Er hatte seine Haare kürzer schneiden und aufhellen lassen, und jetzt sah er wirklich von Kopf bis Fuß golden aus. »Muss los, Babe.« Er rieb sich die Nase. »Wir müssen am LAX einen Linienflug kriegen. Bis zu den Philippinen schafft es dieser Hüpfer hier nicht.«
Hüpfer? Hallo? Ich hatte keine Vorstellung, wie viel es kostete, im Privatjet nach L.A. zu fliegen. Dieser Flieger war Mad Dogs normales Beförderungsmittel nach Hause. Ich hatte noch nie einen Fuß hineingesetzt. Mad Dogs persönlicher Bodyguard war der einzige Angestellte des Haushalts, der mitfliegen durfte.
»Du musst schon los?«, beschwerte ich mich. »Aber ich hab dich kaum gesehen.«
»Na ja … als du vorgeschlagen hast, uns hier zu treffen, hast du nicht erwähnt, dass du Daddy mitbringen würdest.« Er warf einen Seitenblick auf meinen Vater und lachte affektiert. Als ich protestierte, milderte er ein wenig ab: »Er wird mich schon noch ins Herz schließen. Tut jeder irgendwann.«
Wohl wahr. Eddie hatte den Dreh raus, wie er Leute einwickeln musste, damit sie nach seiner Pfeife tanzten. Die eine Minute versuchte man, aus seinen konfusen Nachrichten schlau zu werden, und in der nächsten ließ man bereits auf dem Rücksitz eines italienischen Sportwagens seinen besten BH fallen.
»Du bist wieder zurück hier am …« Ich konnte das Wort nicht finden – großes blaues Dings mit Wasser drin …? Ich bekam ein bisschen Panik und versuchte, mich zu fangen, bevor er was...
Erscheint lt. Verlag | 9.1.2024 |
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Übersetzer | Claudia Max |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Belletristik für Jugendliche • Coming of Age • Jugendbuch Romantik Musik • Liebesgeschichten für Jugendliche • Liebesromane für Jugendliche • Liebesromane für Junge Erwachsene • Musikfestival • Romane für Jugendliche • Romantik • Sommerroman |
ISBN-10 | 3-646-93708-4 / 3646937084 |
ISBN-13 | 978-3-646-93708-4 / 9783646937084 |
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