Greenwild - Die Jagd nach dem Wunderlicht (eBook)
416 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0563-6 (ISBN)
Pari Thomson hat iranische und englische Wurzeln und war schon in Indien, Pakistan, den USA, Großbritannien und Belgien zu Hause. Sie studierte an der Universität Oxford und arbeitet als Bilderbuchlektorin beim Bloomsbury Verlag. Pari wohnt in London, nicht weit von der Themse und dem weltberühmten Botanischen Garten Kew Gardens entfernt. Die »Greenwild«-Trilogie ist ihr Debüt.
Pari Thomson hat iranische und englische Wurzeln und war schon in Indien, Pakistan, den USA, Großbritannien und Belgien zu Hause. Sie studierte an der Universität Oxford und arbeitet als Bilderbuchlektorin beim Bloomsbury Verlag. Pari wohnt in London, nicht weit von der Themse und dem weltberühmten Botanischen Garten Kew Gardens entfernt. Die »Greenwild«-Trilogie ist ihr Debüt. Elisa Paganelli, geb. 1985 in Modena, Italien, betrachtet Bücher seit ihrer Kindheit als ihre besten Freunde. Nach dem Kunststudium arbeitete sie in der Werbung und gründete ein preisgekröntes Designunternehmen, ehe sie sich als Illustratorin selbstständig machte. Heute lebt sie in Großbritannien und fühlt sich am wohlsten in der Natur.
7. Kapitel
Daisy wartete noch eine ganze Stunde, nachdem abends die Lichter gelöscht wurden, bevor sie sich aus dem Schlafsaal und den Gang hinunterschlich, dicht gefolgt von Napoleon. Sie versuchte es an der Tür zum Büro der Schulleiterin. Nicht abgeschlossen! Vorsichtig schob sie sie auf. Sie zuckte zusammen, als die Tür knarrte, und zuckte noch einmal, als der Computer sich mit einem leisen Brummen einschaltete. Sie öffnete den Browser und tippte »Leila Disteldorn verschwunden« ein. Augenblicklich erschienen Hunderte von Treffern. Sie klickte auf den ersten:
Zu den vier Personen, die seit dem Absturz eines Kleinflugzeugs im peruanischen Amazonas-Regenwald vermisst werden, gehört nach offiziellen Angaben auch die preisgekrönte Journalistin Leila Disteldorn (36). Gestern nannte der Leiter des peruanischen Rettungsdienstes, Luis Gonzales, die Namen der Personen, die auf einer Erkundungsmission in einem der abgelegensten Gebiete des Regenwalds verschwunden sind. »Wir kennen den Zweck ihrer Reise nicht«, erklärte Gonzales vor Reportern. »Es war ein Privatflugzeug. Der Absturz ist eine große Tragödie für unser Land.«
Bei den anderen Opfern handelt es sich um den Fotografen Willem Eichstark (45), den Dolmetscher Sebastien Carlos (31) und die Pilotin Calla Walker (52). Aufgrund der schwer erreichbaren Lage des Unglücksorts wurde das Flugzeug erst fünf Tage nach dem mutmaßlichen Absturz entdeckt. Rettungskräfte bahnten sich mit Macheten einen Weg durch den Dschungel, um in den Wrackteilen nach Leichen zu suchen, fanden aber keine Spur der vier Passagiere. Es wird angenommen, dass sie sich vom Flugzeug entfernt haben, um Nahrung und Hilfe zu suchen, aber obwohl mehrere Such- und Rettungstrupps die Umgebung durchkämmt haben, wurde keiner der vier Vermissten gefunden. »Nicht einmal ein Knopf«, so Gonzales. »Wir müssen einfach weitersuchen.« Die Behörden rechnen jedoch nicht damit, die Passagiere lebend zu finden. »Dieser Teil des Regenwalds ist extrem gefährlich«, erklärte der peruanische Forstminister Domingo de Flores. »Die wenigsten Menschen, die sich dort hineinwagen, kommen lebend wieder heraus.«
Darunter war ein Foto von vier Personen abgebildet, die vor einem kleinen Flugzeug standen: eine uniformierte Pilotin, zwei Männer – einer klein, einer groß – und Ma, die sich grinsend ins Cockpit schwang. Die Haare flatterten ihr um den Kopf, und der Gänseblümchen-Anhänger leuchtete an ihrem Hals. Die Bildunterschrift lautete: Tragisches Verschwinden: Eichstark, Carlos, Walker und Disteldorn vor dem Start des Flugs, der mit dem Absturz enden sollte. Der Artikel ging weiter:
Leila Disteldorn ist eine bekannte Journalistin, die in den vergangenen acht Jahren für den High Herald gearbeitet hat. Sie wurde als Auslandsreporterin des Jahres ausgezeichnet, erhielt den Martha-Gellhorn-Preis für Journalismus und …
Daisy hörte auf zu lesen und schaltete den Computer aus. Die Behörden rechnen jedoch nicht damit, die Passagiere lebend zu finden …
Plötzlich hörte sie ein Geräusch hinter sich, zuckte zusammen und blickte zu den vergammelten Topfpflanzen hinüber, die auf der Fensterbank standen. Sie hätte schwören können, dass eine von ihnen ihr mit bösen roten Augen zugeblinzelt hatte. Entweder hatte sie es sich eingebildet, oder Wykhursts Rattenproblem war schlimmer, als sie gedacht hatte.
Wenige Augenblicke später hörte Daisy die unverwechselbaren Schritte der Schulleiterin auf ihrem mitternächtlichen Rundgang durch das Gebäude. Napoleon maunzte, und sie schaffte es gerade noch, sich im Besenschrank zu verstecken, bevor die Schulleiterin die Tür zum Büro aufstieß und sich misstrauisch umsah. Daisy beobachtete sie durch einen Spalt in der Schranktür, wobei sie versuchte, so leise wie möglich zu atmen. Es dauerte Minuten, bis die Schulleiterin endlich ging und einen Schlüsselbund mit sich nahm.
Daisy schaute auf ihre Hände und sah, dass sie zitterten. Sie wartete noch eine halbe Stunde, bevor sie zurück ins Bett taumelte, während die Worte in ihrem Kopf hin und her jagten.
Die wenigsten Menschen, die sich dort hineinwagen, kommen lebend wieder heraus.
In dieser Nacht lag sie lange wach und schaute aus dem Fenster, das sich neben ihrem Bett befand, während Napoleon sich majestätisch auf ihrem Bauch zusammenrollte.
Ich weiß, dass du am Leben bist, Ma, dachte sie. Ich weiß es. Die Sterne blinzelten ihr zu und zeichneten ihr kaltes Muster in die endlose Dunkelheit.
Am ersten Weihnachtstag regnete es, und drei Tage nach Silvester ging der Unterricht wieder los. Die Gänge füllten sich mit schwatzenden Schülerinnen, und Napoleon versteckte sich in Daisys Mantelkragen. Die Nachricht von Leila Disteldorns Verschwinden hatte sich herumgesprochen, und Daisy konnte das Getuschel der Mädchen kaum ertragen, die es aufregend fanden, dass eine Mutter verschollen war, die so berühmt war, dass sie in den Nachrichten auftauchte. Daisy ignorierte sie und redete nur mit Napoleon, der ein guter Zuhörer war, weil es ihm völlig gleichgültig zu sein schien, was sie zu sagen hatte.
An diesem Abend rollte er sich wie ein Komma neben ihr zusammen, gut versteckt unter der Decke. Irgendwann nach Mitternacht wachte Daisy auf und stellte fest, dass er verschwunden war. Sie ging zum Fenster und sah ihn wie ein schwarz-weißes Gespenst durch den Garten streifen: der kleinste Leibwächter der Welt.
Doch nicht einmal Napoleon konnte Mrs. Daggler auf Abstand halten. Als Daisy am nächsten Tag in der Pause in den Schlafsaal kam, fand sie die Schulleiterin am Fußende ihres Betts vor, wo sie ihren Koffer durchwühlte. Daisys Kleider lagen auf dem Boden, das Laken war von der Matratze gerissen. Aus ihrer zerfledderten Ausgabe von Der geheime Garten waren Seiten gerissen worden, und ihre Elsterkiste war geöffnet, die Fotos lagen zertrampelt am Boden und Mas Postkarten waren völlig ruiniert.
Nein, nein, nein.
Daisy kroch auf dem Boden herum und schluchzte beinahe, während sie ihre verstreuten Schätze aufsammelte. Sie nahm kaum wahr, dass die Schulleiterin sie mit geblähten Nasenflügeln anstarrte. Der Kolibri auf Mas letzter Postkarte war in der Mitte durchgerissen, so dass der Schnabel in zwei Hälften geteilt war. Daisys Kehle schmerzte, sie schluckte und wurde plötzlich sehr wütend.
»Was … was haben Sie getan?«
Die Schulleiterin starrte sie an, hager und ungerührt. »Ich habe einen Hinweis auf geschmuggelte Schokolade in den Schlafsälen bekommen«, erwiderte sie kühl. »Ich führe … Stichproben durch.«
Doch als die Schulleiterin sich umdrehte und den Gang hinuntermarschierte, wusste Daisy, dass sie gelogen hatte. Keins der anderen Betten war durchsucht worden. Sie betrachtete das Durcheinander aus Kleidungsstücken und zerrissenem Papier auf dem Linoleumboden. Die Schulleiterin hatte nach etwas gesucht, so viel war klar. Etwas, das wichtiger war als ein verbotener Schokoriegel.
»Es ist Zeit«, sagte Daisy zu Napoleon, »dass wir selbst ein paar Nachforschungen anstellen.«
Wie üblich war er ihr bereits fünf Schritte voraus. Als sie sich umdrehte, um den Schlafsaal zu verlassen, stürzte er sich auf etwas auf dem Boden und riss es an sich wie eine Raubkatze. Wenige Augenblicke später starrte Daisy auf ein Stück Papier, auf das mit schwarzer Tinte sieben Wörter geschrieben waren.
Dienstag, 22:00. Halt das Disteldorn-Mädchen bereit.
Das war morgen Abend. Daisy spürte ein Frösteln, das die Ränder des Zimmers zu verdunkeln schien. Bereit wofür?
»Es muss aus der Tasche der Schulleiterin gefallen sein«, sagte sie langsam. Die Schrift war steil und verschnörkelt, mit scharfen Querstrichen, und sie hatte das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben. Aber wo?
Daisy stahl sich vor Ende des Abendessens aus dem Speisesaal und hielt inne, als sie am Büro der Schulleiterin vorbeikam. Hinter der geschlossenen Tür hörte sie Stimmen. Schnell beugte sie sich vor, tat so, als würde sie einen Schnürsenkel binden, und spähte dabei durchs Schlüsselloch. Sie sah den Rücken der Schulleiterin, der den größten Teil des Lichts von der Schreibtischlampe ausblendete. Ihr gegenüber saß, das Gesicht teilweise verdeckt, ein eleganter Herr mit fuchsrotem Haar. Er kam Daisy bekannt vor. Sie war sich sicher, dass sie auch ihn schon einmal gesehen hatte.
»Warum dauert es so lange, Maud?«, fragte er.
»Ich habe es ja versucht«, erwiderte die Schulleiterin, und der Frust war ihr anzuhören. »Ich vermute, dass sie es bei sich trägt. In ihren Sachen konnte ich es nicht finden.«
»Ah, nun ja. Macht nichts«, sagte der Mann. Seine Stimme erinnerte Daisy an eine Schlange in der Sonne: träge und gefährlich. »Dann werden wir es an uns nehmen, sobald wir sie in unserer Obhut haben.«
Plötzlich wurde Daisy klar, warum er ihr bekannt vorkam. Es war der rothaarige Mann, der an jenem Tag im Botanischen Garten im Café gesessen und Zeitung gelesen hatte: der Tag, an dem Ma ihr den Pusteblumen-Briefbeschwerer gegeben hatte.
Sie tastete nach seiner beruhigenden Schwere in ihrer Tasche, wo sie ihn wie einen Talisman bei sich trug. Und mit einem Mal wusste sie, wonach Mrs. Daggler an diesem Morgen gesucht hatte.
Die Schulleiterin sprach wieder, ihre Stimme war leise und verschwörerisch. »Ist alles bereit?«
»Alles wie besprochen«, erwiderte...
Erscheint lt. Verlag | 26.7.2023 |
---|---|
Reihe/Serie | Greenwild |
»Greenwild«-Trilogie | |
»Greenwild«-Trilogie | Greenwild-Trilogie |
Illustrationen | Elisa Paganelli |
Übersetzer | Maren Illinger |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer • atemberaubende Welten • außergewöhnliche Heldin • Baumhaus • Bestes Debüt in Großbritannien • Botanik • Botanisch • Bücher für mutige Mädchen • Bücher wie Die Duftapotheke • Bücher wie Nevermoor • Bücher wie Ruby Fairygale • Debüt • Der geheime Garten • Ein Mädchen namens Willow • Elisa Paganelli • Fantasy Debüt • Fantasy mit Pflanzen • Fantasy Tiere • Freundschaft • Geheimnis • Geschenk für Mädchen ab 10 • Hochkaräter in Großbritannien • Kinderbuch Geschenk für Mädchen • London • Löwenzahn • Magischer Realismus • Magische Welt • magische Zutaten • Moderner Klassiker • Naturabenteuer • Natur-Fantasy für Kinder • Ökologische Botschaft • Papageien • Pflanzen-Magie • Phantasie Fantasy • rasant erzählt • starke Heldin • verträumtes Kinderbuch • wie Die Duftapotheke • wie Nevermoor |
ISBN-10 | 3-7336-0563-2 / 3733605632 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0563-6 / 9783733605636 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 39,5 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich