Dangerzone - Flucht aus der Todeshöhle (eBook)
208 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0550-6 (ISBN)
Bevor Andreas Schlüter, geboren 1958, mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern begann, leitete er Kinder- und Jugendgruppen und arbeitete als Journalist und Redakteur. 1994 feierte er mit dem Kinderroman »Level 4 - Die Stadt der Kinder« einen fulminanten Erfolg und ist seit fast fünfundzwanzig Jahren als Autor tätig.
Bevor Andreas Schlüter, geboren 1958, mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern begann, leitete er Kinder- und Jugendgruppen und arbeitete als Journalist und Redakteur. 1994 feierte er mit dem Kinderroman »Level 4 – Die Stadt der Kinder« einen fulminanten Erfolg und ist seit fast fünfundzwanzig Jahren als Autor tätig. Stefani Kampmann, geboren 1971, zeichnete schon als Kind gerne und überall. Während ihres Studiums der Innenarchitektur nahm sie zahlreiche Aufträge als Illustratorin an und verfolgte diesen Weg danach weiter. Sie bebilderte zahlreiche Kinder- und Jugendbücher und veröffentlichte zwei Graphic Novels. Außerdem gibt sie Comic-Workshops für Jugendliche. In ferne Länder ist sie schon einige Male gereist, zum Glück musste sie dort aber (fast) nie ums Überleben kämpfen.
Kapitel 1 Schreck in der Abendstunde
Marcel genoss die Ruhe. Sein Vater checkte irgendwo im Haus seine Kameraausrüstung für den nächsten Tag. Seine Zwillingsschwester Julia schaute sich gemeinsam mit ihrer Mutter am Strand den Sonnenuntergang an. Marcel war zu Hause geblieben, hatte sich eine der selbstgemachten Frikadellen aus dem Kühlschrank gemopst, die eigentlich zum Proviant für den morgigen Ausflug gehörten, sich ordentlich Ketchup draufgetan, dazu ein Erdnussbutterbrot geschmiert und sich in den Liegestuhl auf der kleinen Veranda des gemieteten Ferienhauses gefläzt. Herrlich! Allein! Ruhe! Vor sich den wilden Garten mit Eukalyptusbäumen und etwas Leckeres zu essen in der Hand. Was wollte man mehr?
Tasmanien ist eine Insel, die 240 Kilometer südlich des australischen Festlands liegt.
Sie ist der kleinste Bundesstaat Australiens, zu dem noch weitere, kleinere vorgelagerte Inseln gehören.
Tasmanien ist nach dem niederländischen Seefahrer Abel Tasman benannt, der die Insel 1642 für die Europäer entdeckte. 1770 nahm der britische Seefahrer und Entdecker James Cook die Ostküste Australiens und mit ihr auch Tasmanien für Großbritannien in Besitz. Anfang des 19. Jahrhunderts entstand an der Mündung des Flusses Hobart die gleichnamige Hauptstadt Tasmaniens aus einer Strafkolonie Großbritanniens.
Vor etwa 12000 Jahren wurde die Insel vom Festland getrennt. Durch ihre isolierte Lage hat sich dort eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. So wächst auf Tasmanien die älteste Pflanze der Erde: Die Lomatia tasmanica ist über 43000 Jahre alt, und es gibt nur noch ein einziges Exemplar. Sie wächst auf einer Fläche so groß wie 168 Fußballfelder und ist teilweise bis zu acht Meter hoch. Ihr genauer Standort aber wird geheim gehalten, um sie vor Touristen zu schützen.
Bis zu 1600 Meter hohe Berge durchziehen die Insel. Das Klima ist gemäßigt, doch das Wetter ändert sich viel rascher als in Europa. Die Hälfte der Insel ist unberührte Wildnis. Dort wurden Naturparks eingerichtet, die unter Schutz stehen. Doch nach wie vor werden auf Tasmanien alte Bäume für die australische Holzwirtschaft gefällt.
Doch plötzlich hörte er ein seltsames Geräusch.
Marcel hörte auf zu kauen, hob den Kopf, spitzte die Ohren. Was war das?
Es klang wie ein leises, verzweifeltes Piepsen. War eine Maus oder ein anderes Nagetier auf die Veranda gekommen, das ihm vielleicht das Erdnussbutterbrot streitig machen wollte? Am Abend zuvor – ihrem ersten Abend hier auf Tasmanien – hatten er und seine Schwester schon Bekanntschaft mit einem sehr süßen, aber auch sehr hungrigen Possum – oder Fuchskusu – gemacht. Sie hatten es mit Früchten gefüttert. Marcel würde es nicht wundern, wenn es wiedergekommen war, um sich heute erneut ein Abendessen spendieren zu lassen. Aber gestern hatte der Fuchskusu so gut wie keine Geräusche gemacht, außer dem genüsslichen Schmatzen beim Früchteverzehr.
Marcel erhob sich langsam, um nachzuschauen, ob der kleine Gast tatsächlich wieder da war. Possums waren eigentlich nachtaktive Tiere. Bei Sonnenuntergang hier aufzutauchen, war ein bisschen früh für sie. Vielleicht hatte er großen Hunger? Marcel bedauerte, dass Julia nicht da war. Sie würde sich bestimmt ärgern, wenn sie ihn verpasste. Er überlegte, ob er in die Küche gehen sollte, um frische Früchte zu holen. Soweit er sich erinnerte, lag dort noch eine saftige Melone. Doch dann entschied er sich, erst einmal nach dem Tierchen zu suchen. Er horchte erneut. Das Piepsen klang noch kläglicher und wurde leiser. Aber es war noch so laut, dass er versuchen konnte, dem Geräusch nachzugehen.
Zuerst sah er unter seinem Liegestuhl nach, obwohl er es für unwahrscheinlich hielt, dass …
»Himmel!«, schrie er auf und schreckte zurück.
Was um alles in der Welt war DAS?
Vorsichtig ging er in die Hocke, um aus sicherer Entfernung beobachten zu können, was sich da direkt unter seinem Liegestuhl bewegte, in dem er eben noch so gemütlich und nichtsahnend gelegen hatte. Im Schatten des gelben, gedimmten Verandalichts war es nicht richtig zu erkennen, und das, was er zu erkennen glaubte, wollte er lieber nicht wahrhaben. Mit der Taschenlampen-App seines Smartphones leuchtete er den Schatten aus. Nun sah er deutlich ein kleines, zappelndes Nagetier, das sich im Todeskampf hin und her wand, piepte und quiekte, weil es soeben von einer gigantischen Spinne getötet wurde, die etwa dreimal so groß war wie ihre Beute.
»Uäähhh!«, stieß Marcel unwillkürlich aus.
Für einen Moment überlegte er, ob er das Nagetierchen retten könnte. Aber erstens traute er sich nicht an die riesige Spinne heran, die seiner Schätzung nach bestimmt an die zwanzig Zentimeter maß. Und zweitens war es eh zu spät. Das höchstens sechs Zentimeter lange Nagetier rührte sich nicht mehr.
In dem Moment trat Marcels Vater auf die Veranda. Er sah seinen Sohn in der Hocke unter den Liegestuhl leuchten.
»Was tust du da?«, fragte er.
Als Marcel es ihm erklärte, hockte sich Gunnar ebenfalls hin und rief aus: »Du meine Güte! Was für ein seltenes Motiv!«
»Was?«, fragte Marcel verwirrt.
Doch sein Vater war schon aufgesprungen und ins Wohnzimmer gerannt, um wenig später mit der Kamera in der Hand wiederzukommen.
»Ist es noch da?«, fragte er aufgeregt.
Marcel nickte. »Die Spinne läuft immer wieder um die Maus herum.«
»Das ist keine Maus, sondern ein Zwergbilchbeutler«, erläuterte sein Vater. »Und die Riesenkrabbenspinne führt gerade ihren Siegestanz aus.«
Die Riesenkrabbenspinne trägt im deutschsprachigen Raum diesen Namen, weil sie der Krabbenspinne sehr ähnelt. Dabei ist sie viel größer als diese und nicht mit ihr verwandt. Im englischen Sprachraum nennt man sie – übersetzt – Jägerspinne. Denn um Beute zu fangen, legt sie kein Spinnennetz an, sondern spürt das Beutetier auf, packt es und erlegt es mit einem giftigen Biss.
Die Riesenkrabbenspinne ist sehr anpassungsfähig, weshalb Menschen sie oft antreffen können, allerdings hauptsächlich in den Tropen und Subtropen.
Riesenkrabbenspinnen sind vor allem nachtaktiv, können sich sehr gut verstecken und schnell laufen, und zwar vorwärts sowie rück- und seitwärts gleich schnell. Außerdem können sie selbst an sehr glatten Flächen emporklettern.
Die Riesenkrabbenspinne fertigt keine Netze an. Ihre Spinnenseide benutzt sie nur zum Eierlegen und um Beutetiere festzukleben oder zu fesseln. Manchmal dichtet sie mit der Spinnenseide auch einen Unterschlupf ab, zum Beispiel zum Schutz vor Wasser, oder sie nutzt die Seide zum Darüberlaufen, wie Seiltänzer.
Die größte Art hat eine Körperlänge von nur 4,6 Zentimetern, aber eine Beinspannweite von 30 Zentimetern, ist also so lang wie ein übliches Schullineal! Ihre Bisse sind für Menschen schmerzhaft, aber nicht gefährlich.
»Siegestanz?«, wiederholte Marcel, während sein Vater bäuchlings auf die Spinne zurobbte und den Motor seines Auslösers nur so surren ließ.
»Sie spinnt ihre Beute nicht ein, sondern befestigt sie im Laufe dieser tanzartigen Bewegungen am Untergrund. Normalerweise frisst sie nur Insekten, zum Beispiel Schaben. Dass sie ein Possum angreift, ist äußerst selten und ungewöhnlich.«
Der Kameramotor surrte weiter.
»Ein Possum? So wie der Fuchskusu gestern?«
»Dies ist ein kleines Possum«, betonte sein Vater. »Davon gibt es in Tasmanien nur zwei Arten: Zwergbilchbeutler und Dickschwanz-Schlafbeutler. Der Fuchskusu gestern gehört zu den größeren Arten.«
»Na schön«, kommentierte Marcel. »Ich geh ins Haus, um meine Frikadelle zu essen. Hier draußen ist mir der Appetit vergangen.«
Sein Vater stutzte.
»Moment mal! Frikadelle? Die sind für morgen!«, stellte er klar.
»Na, bevor wir die mitnehmen, muss man ja erst mal probieren!«, konterte Marcel.
Sein Vater schmunzelte. Und schoss noch ein paar Fotos von dem schaurigen Todeskampf.
Von der Vorderseite des Hauses hörte Marcel Schritte – seine Mutter und seine Schwester kehrten vom Strand zurück.
Julia lief gleich auf Marcel zu und fragte: »War der Fuchskusu wieder da?«
Marcel schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ein anderes, kleines Possum.«
»Echt?«, sagte Julia entzückt. »Kleiner als das gestern? Wie süüüüß. Ich hole gleich Früchte!«
»War…te!«, wollte Marcel sie zurückhalten.
Doch Julia war schon in die Küche gestürmt und sauste kurz darauf mit ein paar Stückchen Melone in den Händen durchs Wohnzimmer auf die Veranda, ohne dass Marcel eine Chance gehabt hätte, ihr mitzuteilen, was sich dort abspielte.
Eine halbe Minute später stieß sie einen spitzen Schrei aus.
Ihre Mutter kam ins Wohnzimmer gerannt und fragte erschreckt: »Was ist passiert?«
»Julia hat das Possum gesehen«, antwortete Marcel grinsend.
Er weihte seine Mutter ein.
»Na«, kommentierte Maria. »Das geht ja noch. Ich hoffe, auf eurem Ausflug morgen bleibt ihr von schrecklichen Begegnungen verschont. Wollt ihr wirklich mit Papa mitfahren?«
»Mitfahren?«, wiederholte Marcel entgeistert. »Wir fliegen! Mit einem Hubschrauber! Denkst du, das lasse ich mir entgehen? Ich bin noch nie mit einem Hubschrauber geflogen!«
»Ich weiß.« Seine Mutter seufzte. »Aber immer, wenn ihr fort seid, mache ich mir große Sorgen.«
»Na hör mal«, versuchte Marcel, die Befürchtungen seiner Mutter zu...
Erscheint lt. Verlag | 11.10.2023 |
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Reihe/Serie | Dangerzone | Dangerzone |
Illustrationen | Stefani Kampmann |
Zusatzinfo | 16 s/w Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer Abenteuerserie • action • Australien • Bücher für Jungs ab 10 • Fotografie Fotografieren Tierfotografie • Gefahr gefährliche Tiere • Kinderbuch ab 10 • Level 4 • Spannung • Survival • Tasmanien • Überleben |
ISBN-10 | 3-7336-0550-0 / 3733605500 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0550-6 / 9783733605506 |
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