Schule der Meisterdiebe (eBook)

Ein Zuhause für die Vergessenen: »Herr der Diebe« trifft auf »Nevermoor« | Abenteuergeschichte für Selbstleser ab 10

****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
304 Seiten
SchneiderBuch (Verlag)
978-3-505-15142-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schule der Meisterdiebe - J. J. Arcanjo
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen


J. J. Arcanjo ist ein portugiesisch-englischer Schriftsteller, der an der Algarve und in Devon aufgewachsen ist. Er hat einen Abschluss in Kriminologie und Psychologie an der Aberystwyth-Universität sowie einen Master in Kreativem Schreiben und Publizieren an der City University, London, vorzuweisen und arbeitet derzeit bei Bloomsbury Publishing. Er hat zwei Kriminalromane für Erwachsene veröffentlicht. Sein Kinderbuchdebüt führt in ein Geheiminternat für Diebe mit besonderen Talenten, die das Herz am rechten Fleck haben.

Gabriel Avery hatte seit Wochen nichts mehr geklaut und seine Fingerspitzen begannen zu jucken. Der Sommer neigte sich schnell dem Ende zu, und jede Woche waren weniger Touristen in Torbridge, was bedeutete, dass es für Gabriel immer weniger gute Gelegenheiten gab. Die paar Urlauber, die noch kamen, blieben nicht lange im Städtchen. Schließlich konnte man nur eine bestimmte Anzahl Fotos von der Hauptattraktion des Ortes machen – einer hässlichen Brücke aus Granitblöcken –, bevor man die Nase voll hatte und weiterzog. Zu Gabriels Glück tröpfelten täglich immer noch einzelne Durchreisende ein, zweifellos unterwegs zu weit entfernten Orten, an denen wunderbare und aufregende Dinge passierten. Gabriel lebte erst seit einem Jahr in Torbridge, doch er hatte bereits jetzt das Gefühl, dass so ziemlich jeder andere Ort spannender sein musste.

Es war früh am Montagmorgen. Gabriel lehnte an der Wand des Bahnhofs und wartete auf den nächsten Zug. Bald würde der Bahnsteig voller Menschen sein, die umstiegen, um nach Norden in Richtung Exeter oder nach Süden Richtung Cornwall zu fahren. Im Moment waren nur zwei Männer in dunklen Anzügen da. Sie wurden von der aufgehenden Sonne angestrahlt, sodass Gabriel sie nicht richtig sehen konnte. Er gähnte. Wahrscheinlich Einheimische. Die Einwohner von Torbridge hatte er noch nie beklaut. Sie würden ihn nur erkennen und sich bei seiner Grandma beschweren. Und nach dem Vorfall neulich war sie ohnehin nicht gut auf ihn zu sprechen. Wenn er darüber nachdachte, war Gabriel nicht sicher, ob sie überhaupt irgendwann gut auf ihn zu sprechen gewesen war, seit sie nach Torbridge gezogen waren.

Es war kurz vor acht, und alle, die aus dem Zug stiegen, waren mürrisch und müde – und das Beste war, dass sie Gabriel keines Blickes würdigten. Das bedeutete, dass er sich wie ein Gespenst mit Geisterfingern zwischen ihnen bewegen konnte. Den Gedanken fand er aufregend. In den letzten Wochen war er so sehr damit beschäftigt gewesen, Grandma in der Villa zu helfen, dass er nicht mehr hier gewesen war, und es hatte ihm richtig gefehlt.

Er fröstelte im frischen Morgenwind und zog die Ärmel seines blauen Pullovers über seine Hände. Kalte Finger waren steif und ungeschickt und zu nichts zu gebrauchen. Er benötigte warme, flinke, zuverlässige Finger. Links von ihm wurden bei Benson’s Café warme Getränke aus einem offenen Fenster verkauft. Der süße Geruch heißer Schokolade und der bittere Duft von Kaffee wehten in dünnen Schwaden zu ihm herüber. Von drinnen hörte er das Brutzeln von Speck, das sich mit dem Zischen und Gluckern der Kaffeemaschine vermischte. Gabriels Magen knurrte. Von meinen Einnahmen kaufe ich mir als Erstes ein Bacon-Sandwich und ein Würstchen-Sandwich für Grandma.

Auf einem der Stehtische neben dem offenen Fenster stand ein zurückgelassener Kaffeebecher. Er dampfte noch. Gabriel wartete, bis die Bedienung drinnen verschwunden war, bevor er sich hinüberbeugte und ihn sich schnappte. Er hasste den Geschmack von Kaffee, aber der heiße Becher war perfekt, um seine steifen Finger zu lockern. Ein paar Minuten später hörte er das leise Rumpeln eines einfahrenden Zugs, und er trat einige Schritte vor, um besser sehen zu können. Er stellte den Becher auf einer Bank ab und beobachtete, wie die Fahrgäste aus dem Zug stiegen.

Gabriel runzelte die Stirn. Der nahende Herbst hatte den Nachteil, dass er sich meist mit Mänteln und Jacken herumschlagen musste, die mehrere Taschen hatten. Er konnte sie nicht alle überprüfen und musste oft raten, wo etwas zu finden war. Im Raten war er mittlerweile ziemlich gut. Und zum Glück hatten heute nicht alle mit der für die Jahreszeit untypischen Kälte gerechnet, die an diesem Morgen in der Luft lag.

Die meisten Fahrgäste blieben auf dem Bahnsteig, um auf ihren Anschlusszug zu warten, einige gingen aber auch zum Café hinüber. Gabriel grinste und nahm eine 2-Pence-Münze aus der Tasche. Er hatte sie schon, solange er denken konnte. Das Besondere an ihr war, dass die eine Seite – Kopf – ganz normal kupferfarben glänzte, während die andere Seite – Zahl – kohlschwarz war. Beinahe als wäre sie verbrannt. Warum, das wusste er nicht. Aber es sah ziemlich cool aus und die Münze war zu einem wichtigen Teil seines Spiels geworden.

Gabriel schnippte die Münze mit dem Daumen in die Luft, fing sie in der Handfläche auf und schnippte sie erneut hoch. Er war gerade dabei, seinen Plan in die Tat umzusetzen, als er eine vertraute Stimme hörte.

»Gabriel Avery, bist du das?«

Gabriel fing die Münze auf, steckte sie schnell in die Tasche und schaute auf. Vor ihm stand Theodora Evans. Ihr Gesicht mit den tiefen Falten und der ungesunden grauen Farbe war vermutlich das Ergebnis von ständigem Stirnrunzeln und jahrzehntelangem Rauchen.

»Guten Morgen, Mrs. Evans«, antwortete Gabriel freundlich.

Nun wurde ihr Gesicht noch düsterer, als es ohnehin schon war. »Was hast du um diese Zeit am Bahnhof zu suchen, hm?« Sie spitzte ihre faltigen Lippen. »Nichts Gutes, möchte ich wetten.«

Gabriel tat so, als würde ihm diese Anschuldigung nichts ausmachen. »Aber nein, Mrs. Evans. Ich bin hier, um für Grandma ein Würstchen-Sandwich zu holen. Die mag sie so gern.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich wollte sie überraschen.«

Für einen kurzen Moment wurde Mrs. Evans’ Gesicht weich. Dann schaute sie ihn streng an. »Ich glaube dir nicht.« Sie beugte sich vor. »Ich weiß, dass du es warst, der letzte Woche die Fleischpastete von meiner Fensterbank entwendet hat, Gabriel Avery. Ich weiß es.«

Gabriel runzelte die Stirn. »Was bedeutet ›entwenden‹, Mrs. Evans?« Natürlich wusste Gabriel genau, was entwenden bedeutete – genau wie jedes andere Wort, das mit Diebstahl zu tun hatte.

Mrs. Evans kam näher und blickte ihn mit ihren wässrig grauen Augen an. »Das heißt, dass du sie gestohlen hast.«

Gabriel trat einen Schritt zurück und hob seinen Pullover und sein T-Shirt, sodass sein magerer goldbrauner Oberkörper zum Vorschein kam. »Sieht dieser Bauch etwa wie der Bauch eines Pastetendiebs aus, Mrs. Evans?«

Verdattert straffte sie die Schultern. »Du hast eine flinke Zunge, Gabriel Avery. Ein bisschen zu flink, wenn du mich fragst. Einem guten, ehrlichen, gottesfürchtigen Jungen kommen solche Lügen nicht so leicht über die Lippen.«

Gabriel ließ sein T-Shirt und den Pullover wieder herunter. »Ich wünschte, ich wäre bei Ihnen gewesen, Mrs. Evans – dann hätte ich den Dieb vielleicht erwischt. Aber leider war ich nicht da.« Natürlich hatte er die Pastete gestohlen. Die Kruste war butterzart und köstlich gewesen, die Füllung hingegen nicht annähernd so gut wie sonst. Nach Gabriels bescheidener Meinung war es sogar Mrs. Evans’ bisher schlechteste Pastete gewesen.

Mrs. Evans schnaubte und verließ den Bahnhof, wobei sie leise vor sich hin schimpfte. Gabriel kramte seine Münze aus der Tasche und wandte sich wieder dem Bahnsteig zu. Vor dem Fenster des Cafés hatten sich bereits ein paar Leute angestellt. Gabriel runzelte die Stirn. Warteschlangen waren schwierig. Wenn einer Person in der Schlange etwas passierte – wenn sie stolperte oder jemand sie anstieß –, blickten die anderen zu ihr hinüber. Und viele Augen erhöhten das Risiko, dass irgendjemand seine verirrte Hand bemerkte. Gabriel schaute nach, ob sich jemand dem Café näherte. Er sah zwei Personen in seine Richtung kommen, doch sie waren zu nah beieinander, um es bei ihnen zu versuchen. Aber hinter den beiden entdeckte er einen silberhaarigen Mann.

Wie wär’s mit dem? Gabriel musterte ihn. Kein Mantel. Lockere Hose. Eine portemonnaiegroße Beule in der linken Hosentasche. Abgelenkt vom Handy. Perfekt.

Gabriel schnippte seine Münze in die Luft und wartete, bis die beiden anderen vorbei waren. Dann steuerte er direkt auf den Mann zu und stieß mit ihm zusammen, sodass seine Schulter die Hüfte des Fremden streifte. Die Münze landete klimpernd auf dem Betonboden.

»Oje, das war meine Schuld«, sagte der Mann, schob sein Handy in die rechte Hosentasche und schenkte Gabriel ein entschuldigendes Lächeln. »Warte, lass mich das machen.«

»Ist schon in Ordnung.« Gabriel tat, als wäre er verlegen. »Es ist nur eine alte Münze.« Doch der Mann hatte sich bereits gebückt und entblößte dabei die dünne schwarze Lederbörse in seiner linken Hosentasche. Im einen Moment war sie noch da, im nächsten nicht mehr. Der Mann richtete sich auf und hielt Gabriels Münze mit dem Kopf nach oben auf der Hand.

»Wo hast du die denn her? Ich habe noch nie eine so lädierte Münze gesehen.«

»Sie ist ein Geschenk«, antwortete Gabriel schulterzuckend. »Von meinen Eltern.« Das stimmte sogar. Die einzigen anderen Dinge, die sie ihm hinterlassen hatten, waren seine honigbraunen Haare und seine bernsteinfarbenen Augen. Beides mochte er nicht besonders. Der Mann ließ die Münze in Gabriels Hand fallen und Gabriel steckte sie ein.

»Na, jedenfalls besser als ein Handy.« Der Mann zog sein Smartphone aus der Tasche. »Diese Dinger sind übel, mein Junge. Spiel du lieber mit Münzen, solange du kannst.«

Gabriel nickte höflich. »Entschuldigung noch mal, dass ich Sie angerempelt habe.« Der Mann klopfte ihm im Weitergehen auf die Schulter und richtete die Augen wieder auf sein Handy.

»Schon gut, mein Junge. Schon gut.«

Gabriel bog um die Ecke, und nachdem er einen Blick über die Schulter geworfen hatte, zog er vorsichtig die schwarze Lederbörse...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2023
Reihe/Serie Meisterdiebe
Meisterdiebe
Sprache deutsch
Original-Titel Crookhaven: The School for Thieves
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Anthony Horowitz • Artemis Fowl • Außergewöhnliche Fähigkeiten • Crookhaven • Diebe • England • Familie • Freundschaft • für Fans von Drachenschule • für Fans von Harry Potter • Geheimnisse • größten Gauner • Inernat • Internat • Kriminalkunst • Lehrer • M.G. Leonard • Nevermoor • Oliver Twist • Rätsel • Robin Hood • Roman mit Spannungshandlung • Schule • Schule für Diebe • Spannungsroman • Taschendieb
ISBN-10 3-505-15142-4 / 3505151424
ISBN-13 978-3-505-15142-2 / 9783505151422
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 5,5 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich