Godland (eBook)

Dein ewiges Leben hat einen Preis | Climate Fiction
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
336 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0534-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Godland -  Martin Schäuble
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Wenn die KI unser Leben kontrolliert: Spannung pur für alle Fans von Climate Fiction ab 14 Jahren Es ist die Zeit nach den Klimakriegen: Die Reichen haben sich ins virtuelle Godland hochladen lassen. Yolanda und ihre Freunde sind als echte Menschen für die Superrechner weit draußen im Ozean zuständig. Als Lohn winkt ihnen nach zwanzig Dienstjahren ebenfalls das virtuelle Paradies. Bis dahin wird ihr Leben von der KI Godmother bestimmt: Sie überwacht, befiehlt und bestraft. Aber sie sorgt sich auch um das Wohlergehen und das soziale Gefüge. Für Yolanda ist sie fast wie eine Mutter. Doch als Godmother sie zu einer furchtbaren Lüge zwingt, keimen Zweifel in Yolanda auf: Ist das ganze System nur ein Fake? Ein packender Roman von Martin Schäuble über die Verführung digitaler Welten, die Macht künstlicher Intelligenz und die Notwendigkeit des Widerstands Vom Autor von »Die Scanner« (unter dem Namen Robert M. Sonntag), »Sein Reich« und »Cleanland« Das sagen unsere Testleser*innen: »Ich finde, dass das Buch eines der besten ist, die ich je gelesen habe. Es hat mich so gefesselt, dass ich es an einem Tag durchgelesen habe.« Jacob, 13 Jahre »Noch nie hat mich eine Geschichte so in ihren Bann gezogen. Ich konnte mir alles total bildlich vorstellen. Ein super Buch!« Lisia, 12 Jahre »Eine spannende Geschichte, die auf erschreckend gefühlsergreifende Weise aktuellste Themen aufnimmt. Schäubles Erzählstil trägt einen durch die Seiten, so dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann.« Judika, 17 Jahre

Martin Schäuble ist für seine kritischen Jugendbücher bekannt, die von der Presse hochgelobt wurden und vielfach als Schullektüre eingesetzt werden. Nach »Endland« bei Hanser veröffentlichte er bei FISCHER SAUERLÄNDER die Dilogie »Die Scanner«/»Die Gesannten« sowie »Sein Reich«, »Cleanland«, »Godland« und »Alle Farben grau«. Als promovierter Politikwissenschaftler verfasst er auch Nahost-Sachbücher. 

Martin Schäuble, geboren 1978, ist für seine kritischen Jugendbücher bekannt. Bei Fischer KJB ist sind von ihm bereits »Sein Reich« und »Cleanland« sowie unter dem Pseudonym Robert M. Sonntag die Dilogie »Die Scanner/Die Gesannten« erschienen. Bei Hanser veröffentlichte er den vielbeachteten Titel »Endland«. Als Sachbuch-Autor schrieb er mehrfach ausgezeichnete Titel zum Nahost-Konflikt (u.a. »Black Box Dschihad«).

1


Ich will euch nicht langweilen, daher die Kurzfassung: Die Erde ist am Arsch: zu wenig sauberes Wasser, zu viel Müll, Dürre, Starkregen, kaum noch gesundes Essen, dreckige Luft, keine Natur. Kennt ihr ja alles. Ich bin auch gleich fertig.

Temperatur und Meeresspiegel sind enorm und schneller gestiegen, als jede Forscherin berechnet hatte. Mörderische Kriege folgten. Die Menschen kämpften nicht mehr um Erdöl wie in früheren Schlachten, sondern um den letzten Tropfen Trinkwasser. Flüchten konnte keiner mehr. Wohin denn auch?

Und hier hört die Kurzfassung schon auf.

Zumindest für die Hochgeladenen.

Also für alle, die per Upload nach Godland geflohen sind, oder besser gesagt: für all die, die sich verpisst haben. Wer genug Geld hatte, verließ das irdische Chaos, verabschiedete sich von seinem Körper und lebte digital weiter.

Geräte scannten ihre Gehirne, die Rechner speicherten das Bewusstsein. Nun simulieren Prozessoren ihr digitales Leben. In Godland lebt jeder ohne Trinkwasser, und das ewig.

Seither feiern die Hochgeladenen mit ihrem Avatar die Unsterblichkeit.

Sie sind godline.

Leute wie ich sind die Angepissten.

Ich heiße Yolanda, bin fünfzehn Jahre alt.

Und ich gehöre zu den Zurückgeblieben – im echten Leben.

Wir sind die Analogen.

Wir arbeiten auf Serverinseln mitten im Pazifik, kümmern uns um die Supercomputer tief unter uns, im eiskalten Wasser.

Hier bespielen die Superrechner für alle Hochgeladenen die virtuellen Welten.

Dort ist Party und alles, wovon man träumt.

Einen Upload für uns Analoge gibt es erst nach zwanzig Jahren Dienst auf der Serverinsel. Und dieser Dienst ist die Hölle, weil …

Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep.

Na perfekt. So klingt unser Alarm.

Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep.

Wenn ich nicht in zwei Minuten an der Meldestelle bin, gibt es Ärger. Und Strafen. Die schlimmste von allen: noch mehr Dienstjahre, noch mehr echtes Leben.

Ich drücke die rostige Tür meiner Schlafkoje auf. Vor mir steht mein Vater. Seine Koje liegt gegenüber von meiner.

Dad reibt sich den Schlaf aus den Augen. Sein Schutzanzug ist zu eng, und der Reißverschluss findet keinen Weg vom Bauchnabel zum Hals. Ich kann ihm nicht helfen, muss erst mal meine Stiefel finden. Da spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich mag es nicht, wenn mich jemand ohne zu fragen anfasst.

Mit einem gezielten Tritt nach hinten wäre das Problem gelöst. Doch bei der Hand auf meiner Schulter fehlt ein Finger. Die Hand gehört zu Tian, und ihm verzeihe ich alles. Fast alles. Er ist mein großer Bruder. Nicht echt jetzt, aber gefühlt schon.

Tian und ich sind mit dem gleichen Evakuierungsschiff vor zehn Jahren hier angekommen. Wir waren zusammen in der Schule in den unteren Decks der Serverinsel, wo Godmother uns unterrichtet hat.

»Lass mich mal durch«, nuschelt Tian verschlafen und schiebt mich zur Seite. Deswegen die Hand auf meiner Schulter.

Tian sieht so verpennt aus wie mein Vater. Offenbar war ich die Einzige hier, die hellwach in der Koje lag und nicht schlafen konnte.

Tian steht vor meinem Dad und spricht auf ihn ein: »Bauch einziehen und mal gerade hinstellen!«

Es ist nicht leicht, mit der Stimme gegen das Wiiiiieeeeep Wiiiiieeeeep Wiiiiieeeeep anzukommen.

Dad gehorcht. Auch er will später keinen Stress. Wer bei der Meldestelle den Schutzanzug nicht korrekt trägt, bekommt Ärger und Strafen.

So wie die zu spät Gekommenen.

Tian zieht den Reißverschluss meines Vaters nach oben. So sehr der Bauch spannt, das Material hält, und das grenzt schon fast an ein Wunder.

Ich mache meinem Vater keinen Vorwurf. Er ist krank. Sein Stoffwechsel funktioniert nicht so richtig. Obwohl wir zu wenig essen, nimmt er zu.

»Danke, Tian«, sagt Dad. »Und wenn du …«

Doch Tian ist schon weg.

»Alles klar?«, frage ich meinen Vater und schnalle seine Schutzstiefel fest. »Komm!«

Dad stolpert über eines der Rohre, die hier überall sind, fliegt aber nicht hin. In vielen davon sind Leitungen verlegt. Die ganze Technik der Serverinsel ist mit den Superrechnern tief unten im Meer verbunden. Und die wiederum sind vernetzt mit anderen Serverinseln auf dem Ozeangrund.

Ich ziehe Dad hinter mir her, vorbei an den Schlafkojen der anderen. Es wird höchste Zeit. Am Ende des Ganges stehen noch fünf Leute von meinem Deck an der Schleuse.

Sie drängeln und drücken, als wüssten sie es nicht besser. Durch jede Schleuse kommen wir nur einzeln durch!

Und es gibt für jeden verdammten Raum und jeden verdammten Gang eine verdammte Schleuse.

Tian ist schon auf der anderen Seite. Endlich bin ich dran.

Ein ernster Blick in die Kamera.

Piep.

Einen Finger auf den Sensor drücken.

Piep.

Ruhig stehen bleiben für die elektromagnetische Abtastung des Körperscanners.

Piep.

Die Schleuse aus Panzerglas lässt mich durch.

Kaum hat es Dad auch geschafft, laufen wir an den Waschräumen vorbei, an der Ausrüstungskammer und an der Kantine.

Erst in fünf Stunden ist Frühstück, und mein Magen knurrt schon jetzt. Ich bin immer hungrig, so richtig satt werde ich nie. Wir essen Algen, Fisch und an guten Tagen das Laborzeug.

»Der Hunger treibt’s rein«, sagt mein Vater immer.

Ich hasse diesen Spruch. Aber es stimmt leider. Der Hunger befördert das schleimige Zeug durch die Speiseröhre in den Magen. Nur essen kann ich das nicht nennen, vielleicht verschlingen oder runterwürgen oder eben: reintreiben.

Vor ein paar Jahren hatten wir eine volle Vorratskammer hinter der Kantine. Ich erinnere mich an echte Gurken, an Äpfel, an Dosen mit roten Bohnen und Mais. Immer wieder kam ein Schiff und brachte etwas. Irgendwann kam keines mehr, und niemand konnte mir sagen, wieso.

Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep.

Ich stehe mit Dad endlich im Treppenhaus, hier tropft das Meerwasser an manchen Stellen schon durch die Ritzen. Die rote Farbe blättert vom Metall ab.

In unseren Kojen und den anderen Räumen bessern wir so etwas aus. Im Treppenhaus stört es uns nicht so sehr. Untergehen wird diese schwimmende Insel deswegen nicht. Zumindest behauptet das mein Vater immer. Unseren regelmäßig stattfindenden Wir-saufen-nicht-ab-Dialog kenne ich auswendig.

Dad, platzen die Wände hier nicht auf?

Nein.

Reißt das Metall irgendwann?

Nein.

Aber es tropft immer mehr Wasser rein, oder?

Kann sein.

Machst du dir keine Sorgen?

Ich schwöre dir, da passiert nichts.

Das beruhigt mich natürlich wahnsinnig.

Vom Treppenhaus geht es drei Etagen nach unten – ein weiteres Deck mit Analogen wie wir, das Deck mit dem früheren Kindergarten und der alten Schule und das Wartungsdeck voller Maschinen und Generatoren.

Egal, was bei der Meldestelle von uns verlangt wird, Hauptsache, es ist nichts im Wartungsdeck passiert. In dem Dreckloch hat Tian bei einem Einsatz einen Finger verloren.

Gern schrubbe ich stattdessen mitten in der Nacht das Freideck oder putze die Solarzellen blank für den nächsten Sonnentag.

»Yolanda?« Die Stimme meines Vaters reißt mich aus den Gedanken.

Dad hat mich überholt und steht im Treppenhaus auf den Stufen nach oben. Er winkt mich zu sich. »Wir müssen uns beeilen!«

Sehr lustig – er hat doch die ganze Zeit getrödelt, nicht ich!

Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep. Wiiiiieeeeep.

Über uns sind noch weitere Decks, alle über dem Wasser. Nur manchmal, bei starkem Wellengang, wird die ganze Insel vom Pazifikwasser zugeschüttet. Bei heftigen Unwettern ist das so.

Auf das Freideck dürfen wir dann nicht, das wäre zu gefährlich. Und keiner will schließlich vor dem Ende der Dienstzeit vom Deck gespült werden und ertrinken.

Wer vor seinem Upload stirbt, kann nicht hochgeladen werden. Ist logisch.

In den Decks über uns sind die Trainingshalle, das Kontrollzentrum und das Wichtigste überhaupt: die Himmelspforte.

Wir nennen diesen Ort so, weil dort die Uploads stattfinden. Zugang hat nur, wer seine Dienstzeit geschafft hat. Wer durch die Schleuse der Himmelspforte tritt, der geht godline.

Jedes Mal, wenn ich zum Freideck will, stapfe ich die Treppen an der Schleuse zur Himmelspforte vorbei. Tian meinte mal, das ist extra so. So werden wir ständig daran erinnert, wieso es sich lohnt, alle Regeln zu befolgen.

Die Himmelspforte ist der Grund, weshalb ich jeden Morgen aufstehe und an die Arbeit gehe. Nur sie führt nach Godland.

Dad will davon nichts wissen. Er hat die Himmelspforte einmal »das Tor zur Hölle« genannt. Na ja, er hat seine Gründe, aber dazu später mehr. Natürlich erhielt er sofort eine Bestrafung für die Höllen-Bemerkung.

Jetzt schnauft Dad vor mir die Stufen hoch, schleppt seinen viel zu schweren Körper voran. Endlich tritt er durch die Schleuse der Trainingshalle, ich folge ihm.

Diese Halle ist auch die Meldestelle bei jedem Alarm. Im Fall der Fälle passen alle von der Serverinsel in diesen Raum. Ich sehe aber nur die Leute von unserem Deck, also Deck A. Die zehn Leute von Deck B tauchen nicht auf.

Tian versucht, mich mit einem Lächeln aufzumuntern. Er steht neben Mauro, Aidan und Silver. Aidan und Silver sind fünfzehn, wie ich. Tian und Mauro sind zwei Jahre älter. Ich stelle mich zu ihnen, nicht weil es sein muss, das hat sich so ergeben.

Mein Vater drückt sich zwischen...

Erscheint lt. Verlag 22.2.2023
Zusatzinfo 2 s/w Abbildungen
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte action thriller • A.I. • Climate-Fiction • Die Scanner • digitale Welten • Dystopie • Erebos • Ewiges Leben • Freiheit • Jugendbuch Thriller • jugendroman ab 12 • KI • Klimakrieg • Klimawandel • Künstliche Intelligenz • Neal Shusterman • near-future • Robert M. Sonntag • Schullektüre Deutsch • Scythe • Spannende Geschichten für Jungs • spannendes Jugendbuch • technologische Überwachung • Umweltkatastrophe • Unterrichtsmaterialien • Ursula Poznanski • Virtuelle Welten • Widerstand
ISBN-10 3-7336-0534-9 / 3733605349
ISBN-13 978-3-7336-0534-6 / 9783733605346
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