Hedda Ambris und die Meister der Wirklichkeit (eBook)

Magisches Abenteuer über einen geheimen Buchclub für Kinder ab 10 Jahren
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Dressler Verlag GmbH
978-3-98642-013-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hedda Ambris und die Meister der Wirklichkeit -  Franziska Lagemann
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Hedda hasst lesen! Aber ausgerechnet sie wird in den hochgeheimen Kreis der Reader Society aufgenommen, ein Geheimbund magischer Leser. Sie müssen die verfeindeten magischen Schreiber aufhalten, die mit ihren Geschichten die Wirklichkeit verändern. Eigentlich die coolere Fähigkeit, findet Hedda, bis eines Tages Monster in London auftauchen, die Angst und Schrecken verbreiten. Offenbar treibt ein böser Meisterschreiber sein Unwesen. Sofort beginnt die Jagd nach ihm. Doch dann entdeckt Hedda, dass jemand ganz anderes ein fieses Spiel treibt und es dabei nicht nur auf den Meisterschreiber abgesehen hat.

Franziska Lagemann kommt aus der Nähe vom Schwarzwald und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Frankfurt studiert. Sie lebt in London, wo sie als freiberufliche Theatertechnikerin arbeitet.

Franziska Lagemann kommt aus der Nähe vom Schwarzwald und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Frankfurt studiert. Sie lebt in London, wo sie als freiberufliche Theatertechnikerin arbeitet.

EINS


Fast alles in meiner Familie begann mit einem Buch. Der ehrenwerte Sir Charles Ambris, mein Urururururgroßvater väterlicherseits, war der persönliche Bibliothekar der königlichen Familie und wurde zum Ritter geschlagen, weil er Queen Victoria eine furchtbar wertvolle Enzyklopädie aus Frankreich beschaffte. Mein Urururururgroßvater mütterlicherseits, der großartige Kapitän Olsen, fand einmal das Tagebuch von einem Piraten und lernte davon nicht nur alle Tipps und Tricks der Seefahrt, sondern auch ein paar nützliche Ortsangaben zu versteckten Schätzen. Meine Eltern lernten sich kennen, weil sie in einem Antiquariat nach der gleichen Dickens-Erstausgabe griffen. Mein Bruder Kris las als Kind am liebsten Sherlock Holmes und schrieb jetzt nur Bestnoten in seinem Forensikstudium. Meine Schwester Freya begann mit gerade siebzehn schon ihren dritten Studiengang, weil sie alles interessierte, worüber sie je in einem Lexikon gestolpert war.

Die Geschichte von Hedda Ambris dagegen, die war besser als das alles zusammengenommen! Da gab es magische Erdbeben, unglaubliche Verfolgungsjagden, waschechte Yetis, supergeheime Geheimorganisationen und die Bedrohung der gesamten Wirklichkeit!

Und ganz ehrlich? So und nicht anders wollte ich es haben. Denn Hedda Ambris, das war ich: das jüngste von drei Kindern in einem Haus voller Bücher. Und die, die Lesen nicht ausstehen konnte.

Das eine Kind, das lieber durch den Garten rannte, das nach einem Haustier bettelte und unbedingt mit dem Schiff auf die Osterinseln segeln wollte.

Nicht, dass ich das mit dem Lesen nicht versucht hätte! Ich hatte Die Schatzinsel angefangen und war nach dem ersten Kapitel lieber in den nächsten Park gerannt, um Piratin zu spielen und mit meinen Freundinnen und Freunden die Schaukel zu kapern. Ich hatte Die Weihnachtsgeschichte in die Hand genommen und nach zwei Seiten schon wieder weggelegt, um stattdessen mit einem Bettlaken durch unser Anwesen zu spuken und meine Geschwister zu erschrecken. Bei Sherlock Holmes hatte es nur bis zum Text auf der Rückseite gereicht, bis meine Finger kribbelten und ich einen Detektivclub gründete, mit dem ich erfolgreich die entlaufene Katze unserer Nachbarin wiederfand. Warum sollte ich über lauter tolle Abenteuer lesen, wenn ich sie selbst erleben konnte?

Anders als meine Geschwister hatte ich auch nie Lust gehabt, in den Buchclub meiner Eltern einzutreten. Aber da wusste ich natürlich auch noch nicht, was dort auf mich warten würde.

Die Reader Society war kein normaler Buchclub – die Society war alt, ehrwürdig und ein bisschen verschroben, so wie die Büchersammlung meiner Familie. Unser hochgelobter Vorfahre Sir Charles Ambris war eines der Gründungsmitglieder gewesen, aber nicht einmal von ihm abzustammen war genug, um der Society automatisch beizutreten. Kris und Freya waren beide nicht aufgenommen worden, obwohl sie definitiv das Lesefieber unserer Eltern geerbt hatten. Ich selbst verband mit der Reader Society vor allem die Tatsache, dass sie sich im Lesesaal trafen, das einzige Zimmer im Haus, das immer verschlossen war. Um den von innen zu sehen, hätte ich es vielleicht in Betracht gezogen, für einen Tag dem Buchclub beizutreten, doch kein bisschen länger.

An meinem dreizehnten Geburtstag lernte ich endlich, was wirklich dahintersteckte. Das Buch, mit dem bei mir alles anfing, war zwar eines der langweiligen Sorte, aber was damit begann, das kommt jetzt.

Bücher zum Geburtstag waren bei uns so selbstverständlich wie Tee mit Milch zum Frühstück, aber meine Eltern hatten irgendwann widerwillig eingesehen, dass auch die sorgfältigst ausgewählten Werke bei mir nur Staub sammeln würden. Ich hatte noch nicht einmal die berühmte Agent Danger-Reihe angerührt, die dem Hörensagen nach tausende junge Lesemuffel in sechsunddreißig Sprachen geheilt hatte. Stattdessen bekam ich ordentliche Geschenke wie Fahrräder und Chemiebaukästen und aufleuchtende Globusse. Zu meinem Leidwesen schienen sie den dreizehnten Geburtstag allerdings als zu wichtig zu erachten, um ihn ohne ein Buch verstreichen zu lassen. Es lag direkt an meinem Platz, als ich ins Esszimmer zum Frühstück kam, nur mit einer losen Schleife versehen und nicht einmal richtig eingepackt. Ich ignorierte es, während ich die Glückwünsche meiner Familie entgegennahm und mein Rührei verdrückte. Dann war mein Teller leider leer, und ich musterte es genauer. Auf den zweiten Blick erklärte sich das Ganze, denn Kris und Freya hatten beide das gleiche Buch zu ihrem dreizehnten Geburtstag bekommen. Genau genommen, dasselbe.

Ich musterte es skeptisch, während Freya mit einem leisen Schnauben ihre Müslischüssel von sich weg schob.

»Was ist das?«, fragte ich und verzog das Gesicht.

Freyas Augen hatten damals geleuchtet, als sie ihren üblichen Bücherstapel zum Geburtstag bekommen hatte und sie hatte ihn noch vor dem Essen ausgepackt, aber selbst sie hatte nur die Stirn gerunzelt, als sie dieses Buch ganz unten entdeckt hatte. Kris hatte darüber laut gelacht, und sie hatte es ihm fast an den Kopf geworfen. Er selbst hatte an seinem dreizehnten Geburtstag nach einer halben Stunde Lesen nur gegrummelt, was für ein langweiliger Mist das Ganze war. Sein Gesicht hätte ich auch gerne gesehen, aber er war inzwischen ausgezogen und würde erst später vorbeikommen.

»Du wirst doch wenigstens wissen, wie ein Buch aussieht«, bemerkte meine Mutter trocken hinter ihrer Zeitung. »Es ist ein Familienerbstück.«

»Das unglaubliche Leben des Sir Charles Ambris«, las ich laut. Die letzten beiden Male hatte ich mir nicht die Mühe gemacht, den Titel zu lesen, denn die Reaktionen meiner Geschwister hatten mich genug unterhalten.

»Ist das ein Scherz? Ich weiß längst alles über ihn. Das geht in diesem Haus gar nicht anders.«

Das Haus hatten wir von ihm geerbt, genauso wie die Reader Society und die vornehme Ambris-Blässe, wie mein Vater zu sagen pflegte.

»Wirklich?«, fragte mein Vater und hob die Augenbrauen, während er Speck auf seine Gabel spießte. Geburtstage waren bei uns immer sehr nüchterne Angelegenheiten.

»Dann lies uns doch etwas über Sir Charles vor. Über sein Porträt hier zum Beispiel.«

Er wies auf das große Bild, das hinter dem Kopfende des Esstisches an der Wand hing. Sir Charles war darauf mit ernstem Blick, dicker Brille und umgeben von Bücherstapeln abgebildet. Spannend war daran nur, dass meine Eltern fast originalgetreue Kopien seiner Brille trugen.

Ich verdrehte die Augen. Mein Vater hatte mich jahrelang mit den Taten von Sir Charles gelangweilt, sodass ich quasi alles über ihn im Schlaf aufsagen konnte. Von der besonderen Tinte, die er benutzt hatte, über sein neues Katalogisierungssystem bis hin zu der Frage, wie er am liebsten seine Frühstückseier aß. Ich brauchte nun echt kein Buch mehr darüber.

»Die Geschichte hast du mir doch tausend Mal erzählt!«, sagte ich.

»Dann weißt du ja, was dich erwartet«, sagte mein Vater und deutete auf das Buch. »Schlag Seite einhundertdrei auf.«

»Einhundertfünf, Liebling«, sagte meine Mutter, ohne von ihrer Zeitung aufzusehen. Ich hatte keine Ahnung, was ihr Plan war, blätterte aber fügsam zu der Seite und begann laut zu lesen.

»Sir Charles amüsierte sich prächtig über das Ergebnis der langen Stunden mit dem königlichen Hofmaler (den die Königin ihm geschickt hatte, weil sie so zufrieden mit seinen Diensten als Bibliothekar war), dass er das Bild nicht einfach vorführen wollte.« Ich verzog das Gesicht über die unnötige Prahlerei, und Freya stöhnte auf, als bereitete der Text ihr körperliche Schmerzen. So hatte sie auch gestöhnt, als unsere Eltern sie dazu überredet hatten, trotz Kris’ Gelächter in dem Buch zu lesen. Außerdem kannte ich die Geschichte über das Porträt schon längst.

»Nein, er nutzte die gruselige Eigenschaft seines Abbildes, um mögliche Diebe und Langfinger im Speisesaal des Familienhauses einzuschüchtern«, fuhr ich fort.

Plötzlich wurde mir anders. War irgendwas mit dem Frühstück gewesen? Mir war warm, ein wenig schwindelig, und ich hatte das Gefühl, dass sich die Wände bewegten, während der Frühstückstisch vorbildlich still blieb. Schnell klappte ich das Buch zu und sah auf – direkt in die lächelnden Gesichter meiner Eltern.

Der Blick meines Vaters wanderte zufrieden zur Wand, wo das Porträt von Sir Charles hang. Hätte hängen sollen. Vor Schreck wäre mir fast die Luft weggeblieben. Es war weg!

»Was … Wie?«, rief ich. »Was habt ihr mit dem Bild gemacht? Es ist weg!«

»Hängt wahrscheinlich im Lesesaal, wie schon immer«, bemerkte Freya irritiert und nahm mir das Buch aus der Hand. Sie schlug die gleiche Seite auf und überflog sie rasend schnell.

»Leute vom Silberbesteckklauen abhalten. Das ist doch lächerlich.«

Ich warf einen Blick auf die nackte Wand und wunderte mich, warum mir das Bild dort nicht von Anfang an seltsam vorgekommen war. So wie es sich jetzt anfühlte, war der Raum … richtig.

»Oh, Einbrecher einschüchtern wollte Sir Charles tatsächlich«, sagte mein Vater und wirkte unnatürlich beschwingt dabei. »Aber eben nicht hier, sondern im Lesesaal. Gut gemacht, Hedda.«

Ich hatte noch immer keine Ahnung, was los war oder was genau ich gut gemacht haben sollte.

»Weil sie einen Satz ohne Stottern vorgelesen hat?«, fragte Freya spöttisch.

Meistens ließen meine Eltern ihr solche Kommentare durchgehen, wahrscheinlich, weil es um meine Lesefaulheit ging und sie die selber nicht verstanden. Heute jedoch nahmen sie mich fast sofort in Schutz, und ich hatte nicht das Gefühl, dass es an meinem Geburtstag lag.

»Wir sind...

Erscheint lt. Verlag 2.2.2023
Mitarbeit Cover Design: Isabelle Hirtz
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte ab 10 • Abenteuer • Anderssein • Bibliophil • Buchclub • Bücher für Mädchen • Bücherliebe • Fantasy • Freundschaft • Gabe • Geheimagenten • Geheimbund • Geheimnis • Kinderbuch • LESEMUFFEL • London • Magie • Nevermoor • Phantastik • Roman • selber schreiben • Spannung • Talent • Tintenherz
ISBN-10 3-98642-013-4 / 3986420134
ISBN-13 978-3-98642-013-0 / 9783986420130
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