Die dunkle Stunde des Jägers (eBook)

Emotional packendes Steinzeit-Abenteuer
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2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Thienemann Verlag GmbH
978-3-522-62197-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die dunkle Stunde des Jägers -  Davide Morosinotto
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Mitreißende Abenteuer- und Freundschaftsgeschichte mit spannendem Setting in der Steinzeit. Brillant erzählt von Bestseller-Autor Davide Morosinotto Seit Stunden schon durchstreift Roqi die Wildnis. Er muss herausfinden, worin seine größte Stärke besteht. Denn nur wer besondere Fähigkeiten besitzt, darf an der Großen Jagd teilnehmen. Tatsächlich gelingt Roqi etwas Außergewöhnliches: Er tötet ein riesiges Tier. Doch dieses Talent scheint ihm kein Glück zu bringen. Als ein Feuer im Wald ausbricht, verliert Roqi alles, was ihm lieb und teuer ist. Ein harter Kampf ums Überleben beginnt ...

Davide Morosinotto wurde 1980 in Norditalien geboren. Bereits mit 17 Jahren schrieb er seine erste Kurzgeschichte. Seitdem hat er über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht. Sein Kinderbuch 'Die Mississippi-Bande' wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Für sein Jugendbuch 'Shi Yu' wurde er mit dem 'Premio Strega', dem wichtigsten Literaturpreis Italiens ausgezeichnet. Davide Morosinotto lebt als Autor, Journalist und Übersetzer in Bologna.Fabio Visintin, geboren 1957 in Italien, machte sich als Comiczeichner einen Namen, bevor er sich dem Illustrieren von Kinder- und Jugendbüchern widmete. Er lebt als Autor und Illustrator in Venedig.

EINS

Die Welt endete an dem Tag, an dem ich den Herrn des Waldes tötete.

Es war Ama, die ihn als Erste entdeckte. Sie war die Älteste von uns und auch die Schnellste, deshalb führte immer sie unsere Jagdexpeditionen an. Ich dagegen musste ganz hinten gehen, tausend Schritt hinter den anderen, zusammen mit Hona, Amas kleiner Schwester (die drei Jahre jünger war als wir).

Hona machte viel Krach, und Krach ist schlecht: Er vertreibt die Tiere, die wir essen, und lockt jene an, die uns essen wollen. Er blockiert die Botschaften des Stammes.

Deshalb liefen wir beide allein durch eine Ebene voller Klingengras. Das Gras war gelb und ausgedörrt, da es beinahe einen Monat lang nicht geregnet hatte, und die Halme waren so hoch, dass wir kaum über sie drüberschauen konnten.

Hona blieb stehen, riss ein paar Halme aus und bedeutete mir durch Zeichen: »Lass uns daraus Seile flechten.«

Ich schüttelte den Kopf und schob sie weiter, zu einem Klingengrasbüschel, dessen Halme schon alle abgerissen worden waren. Ocho, der die Gabe der Seile besaß, hatte bereits die brauchbarsten Halme gefunden und mitgenommen.

Gleich darauf zeigte ich mit meinem Wurfstock auf ein paar Pusteblumenpflanzen. Großmutter Chila könnte daraus eine Medizin für meine Mutter machen, die ständig Bauchschmerzen hatte.

»Pflück sie!«, bedeutete ich Hona.

Mit Zeichensprache antwortete sie: »Warum? Wenn die anderen sie nicht mitgenommen haben, heißt das, dass sie zu nichts nütze sind.«

Ich erklärte ihr, dass die anderen die Pflanzen nur deshalb stehen gelassen hatten, damit wir sie mitnahmen.

Oh, wie ich es hasste, immer der Letzte der Gruppe zu sein! Schließlich war ich genauso alt wie die anderen. Doch sie alle hatten ihre Begabung bereits entdeckt. Bei einer Feier im Beisein aller war diese Gabe von Yabo von den Geistern, dem Schamanen des Stammes, besiegelt worden. Das bedeutete, dass die anderen nun keine Kinder mehr waren und sich auf das Leben als Erwachsene vorbereiteten. Dieses neue Leben würde beginnen, sobald sie an einer Großen Jagd teilgenommen hatten.

Ich dagegen war noch ein Kind, denn ich hatte keine Gabe. Das Alter spielte keine Rolle: Ein Junge ohne Gabe musste stets hinten gehen, bei den Kleinen.

Irgendeine besondere Begabung musste ich aber doch haben! Schließlich hatten alle eine. Doch soviel ich auch darüber nachdachte, ich kam einfach nicht darauf. Ich konnte ziemlich schnell Seile flechten, aber bei mir wurden sie nie so fest und stabil wie bei Ocho, der tatsächlich die Gabe der Seile besaß. Und ich war durchaus in der Lage, Feuer zu machen, nur dauerte es bei mir ungefähr dreimal so lange wie bei Beri, der erwiesenermaßen die Gabe des Feuers hatte.

Ama hatte die Gabe der Geschichten, Cato die des Steins. Aber was war mit mir?

Ich war noch in Gedanken vertieft, als mich eine Botschaft von Ama erreichte. Die Botschaft war wie ein Bild: Es zeigte mir die anderen, wie sie sich in einen Breitkronenwald hineinschlichen, dort in Richtung Sonnenuntergang liefen und sich plötzlich einem großen Blattfresser gegenübersahen.

Ich drehte mich zu Hona um und raunte: »Hast du es auch gesehen?«

»Was?«, fragte sie in Zeichensprache, indem sie die Finger einer Hand hin und her schüttelte.

»Die Botschaft.«

Sie verneinte. Das überraschte mich nicht, ich wusste, dass die Kleinen die Botschaften meist nicht mitbekamen, sie waren noch nicht in der Lage, so zu denken wie der Stamm. Hona fragte mich, was ich gesehen hatte, und ich bog meine Hand nach unten und krümmte gleichzeitig zwei Finger.

Das Zeichen des Blattfressers.

Hona strahlte, als hätte ich ihr etwas ganz Wunderbares verraten, und gemeinsam rannten wir los, zwischen den harten, messerscharfen Grashalmen hindurch. Wir erreichten den Breitkronenwald, der genauso aussah wie in der Botschaft, und …

»Still!«, signalisierte Ama.

Sie sprang hinter einem Baum hervor, dessen Stamm so dick war, dass sie ihn mit den Armen nicht hätte umfangen können. Ich hatte nicht gesehen, dass sie sich dort versteckt hatte, wich überrascht zurück und trat mit der Ferse auf einen trockenen Zweig.

»Roqi ist so ungeschickt wie immer«, signalisierte Cato grinsend. »Er macht mehr Lärm als ein wühlender Grunzer.«

Ama erwiderte nichts darauf, doch ich sah ihr an, dass sie sich ärgerte.

Ama war wunderschön, die Schönste von allen. Eigentlich gab es im Stamm ja auch nur zwei Mädchen, sie und Hona, doch selbst wenn bei uns tausend Mädchen gelebt hätten, wäre Ama immer noch die Schönste von ihnen gewesen.

Sie war die Tochter von Paraqui, unserem Häuptling, und von Aqe, die Geschichten erzählte. Ama hatte dieselbe Gabe wie ihre Mutter, deshalb sang sie manchmal abends am Feuer. Ich könnte ihr bis in alle Ewigkeit zuhören.

Sie hatte dunkles Haar und große mandelförmige Augen und trug nur Ledersandalen und einen Lendenschurz, der sich mit seiner hellen Farbe stark von Amas dunkler und jetzt, nach dem Laufen, schweißglänzender Haut abhob.

»Große Schwester, ist wirklich ein Blattfresser hier?«, fragte Hona in Zeichensprache.

»Komm«, sagte Ama zu ihr und bedeutete mir mit einem Blick, dass ich mitkommen dürfe, falls ich das unbedingt wolle. Also folgte ich ihnen.

Es war ein wirklich großer Blattfresser, zweieinhalbmal so hoch wie ein erwachsener Mann. Er lief auf allen vieren und stützte sich vorn auf den Handgelenken ab, um die unglaublich langen Krallen nicht abzunutzen. Er hatte ein langes graues Fell und winzige Augen und Ohren. Seine dicke schwarze, feuchte Nase ragte wie ein Pilz aus dem Pelzgewirr der Schnauze.

Extrem langsam bewegte er sich quer über die Lichtung auf eine große Breitkrone zu. Vor ihrem Baumstamm hockte er sich auf die Hinterbeine, stützte sich mit dem Schwanz ab, um nicht umzukippen, und zog mit einer Vorderpfote einen Zweig zum Maul. Mit der langen dunklen Zunge, die wieder und wieder aus dem Maul herausschnellte, riss er Blatt um Blatt fein säuberlich ab.

»Wie schön er ist!«, bedeutete mir Hona. »Er ist der Herr des Waldes.«

Ich war mit ihr einer Meinung. Blattfresser sind gewaltig und schön, und dieser hier war wirklich herrlich anzuschauen.

»Er ist nicht der Herr des Waldes«, widersprach Cato. »Das hier ist nur ein dummer Blattfresser.«

»Er ist nicht dumm«, protestierte Hona.

»Doch, ist er. Eines der dümmsten Tiere der Welt.«

»Das ist nicht wahr!«

»Nein? Dann pass mal auf!«

Cato nahm aus seiner Tasche einen spitz zulaufenden Stein, den er sicherlich aufgehoben hatte, um später eine Messerklinge oder etwas Ähnliches daraus zu machen. Er warf damit nach dem Tier und traf es genau am Kopf. Wir konnten sogar den Aufschlag hören.

Der Blattfresser hörte zu fressen auf und kratzte sich mit einer Pfote am Ohr. Er sah wie unser Schamane Yabo von den Geistern aus, wenn er über irgendein schwerwiegendes Problem nachdenkt, und wirkte dabei sehr komisch.

Ocho musste lachen. »Was für ein dummes Tier. Gibst du mir auch einen Stein, Cato?«

Dieser nickte und reichte ihm einen Stein. Ocho zielte und traf den Blattfresser an der Nase.

Das riesige Tier bäumte sich auf und stieß einen Schrei aus. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter.

»Wisst ihr, was mein Vater sagt?«, bedeutete uns Cato in Zeichensprache. »Dass man Blattfresser einfach so töten kann, indem man sie mit Steinen bewirft. Sie begreifen nicht, was los ist, deshalb laufen sie nicht weg. So dumm sind sie!«

»Jetzt will ich es versuchen«, signalisierte Beri.

Rotierend flog sein Wurfstock durch die Luft, traf den Blattfresser aber nur auf dem dicken Hintern. Das Tier merkte es nicht einmal.

»Dummkopf«, erwiderte Cato. »Ich habe gesagt: mit Steinen. Was soll ihm dein kleiner Wurfstock schon anhaben können?«

Hona drückte meine Hand. »Er ist der Herr des Waldes, sie sollten ihm nicht wehtun.«

Ich fand, dass sie eigentlich recht hatte, doch ich wusste auch, dass ich, Roqi, der Letzte der Gruppe, es niemals schaffen würde, sie zum Aufhören zu bewegen.

»Können wir weitergehen?«, bedeutete ich Ama trotzdem.

Sie verneinte. »Wir vier müssen uns auf die Große Jagd vorbereiten«, sagte sie. »Seit vielen Monden suchen wir nach einem Giganten … Eines Tages werden wir ihn finden und dann müssen wir bereit sein. Überleg mal, was die Erwachsenen sagen werden, wenn wir mit einer derartig großen Beute zum Lager zurückkehren.«

»Das Fleisch des Blattfressers ist hart und schmeckt nicht gut«, wandte ich ein.

»Aber die Leber ist köstlich und das Herz auch«, erwiderte Ama. »Wir können das Mark aus den Knochen saugen, und aus seinen Sehnen können wir Seile flechten …«

Lächelnd reichte Cato ihr einen Stein. Ama wog ihn in der Hand und kniff ein Auge zu, um besser zu zielen. Ein ausgezeichneter Wurf, der Stein traf den Blattfresser ebenfalls am Kopf.

»Sehr gut, Ama«, gratulierte Ocho ihr. »Du bist eine hervorragende Jägerin,...

Erscheint lt. Verlag 29.9.2022
Sprache deutsch
Original-Titel L'ultimo cacciatore
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Abenteuerroman • Bestseller • Freundschaft • Höhlen • Jagd • Jäger • Jugendbücher ab 12 • Liebesgeschichte • Mammut • Natur • spannend • Stamm • Steinzeit • Steinzeitmenschen • Survival • survival of the fittest • Tiere • Überleben
ISBN-10 3-522-62197-2 / 3522621972
ISBN-13 978-3-522-62197-7 / 9783522621977
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