Alva und das Rätsel der flüsternden Pflanzen (eBook)

Abenteuerliche Reise und spannende Freundschaftsgeschichte
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
320 Seiten
Thienemann Verlag GmbH
978-3-522-61126-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Alva und das Rätsel der flüsternden Pflanzen -  Yarrow Townsend
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Geheimnisvolle Reise eines besonderen Mädchens, das mit Pflanzen kommuniziert, für Kinder ab 10 Jahren. Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Alva mit ihrem Pferd in einer Holzhütte am Fluss. Sie hat eine besondere Gabe: Alva versteht die Pflanzen und kann sogar Medizin aus ihnen herstellen. Doch als immer mehr Menschen krank werden, geraten die Pflanzen in den Verdacht, die Krankheit auszulösen. Sie sollen vernichtet werden. Alva will unbedingt die Wahrheit herausfinden und macht sich mit dem Heilpflanzenbuch ihrer Mutter auf eine Reise ins Ungewisse. Und sie ist nicht allein. Zusammen mit Idris und Ariana muss sie einen reißenden Fluss und endlose Wälder bezwingen. Aus der anfänglichen Schicksalsgemeinschaft werden echte Freunde und gegen alle Widerstände gelingt es ihnen, eine geheime Verschwörung aufzudecken und das lebenswichtige Heilmittel zu beschaffen.

Yarrow Townsend spent most of her childhood in the woods, pretending to be characters from books. She especially liked the ones where children had to survive on their own. In 2009, she went to Oxford to study English and French Literature, and discovered that the Botanic Garden was the perfect place to revise for exams. After university, she became an English teacher where she especially enjoyed taking children outside to write stories. Since then, Yarrow has found herself in jobs that usually involve getting muddy, like working with rescue horses, and learning how to use chainsaws and tractors at the RSPB. She now lives on a narrowboat and travels around the canals of England looking for more opportunities to get muddy (and somewhere to keep her own sheep).

Die Bewohner hätten das Dörfchen Thorn Creek schon längst aufgeben sollen. Es war ein unangenehmer, feuchtkalter Ort, eine Ansammlung von Holzhäusern, die sich an die Ufer eines Flusses klammerten, als hätten sie Angst, in seine schlammbraunen Strudel zu stürzen oder aber vom Wald verschlungen zu werden. Die sumpfigen Wälder und wilden Moore, die das Dorf umgaben, waren so gefährlich, dass Kinder dort besser nicht hätten spielen sollen. Die Winter waren hier lang und die Sommer klamm, und niemand im Dorf freute sich auf die kurzen düsteren Wintertage, an denen der Nebel vom Fluss heraufquoll und man sogar mit zwei Pullovern übereinander fror. Tage, an denen man nicht viel anderes tun konnte als Feuerholz zu stapeln und Fallobst aufzusammeln.

Niemand außer Alva Carson.

Alva war zwölf Jahre alt, hatte dunkelbraunes Haar, von Brombeerdornen zerkratzte Hände und einen entschlossenen Zug um den Mund. Sie trug eine Jungshose, tagein, tagaus dieselbe, eine Wachsjacke, die nach Bienenwachs und Holzfeuer roch, und ein paar dicke Lederstiefel. Sie wohnte in einem alten, heruntergekommenen Holzhäuschen, das ein Farmer eine Zeit lang als Holzschuppen benutzt hatte. Es stand am Rand des Dorfes, im Schatten des Waldes, inmitten eines verwilderten Gartens mit vielen Schlehensträuchern und Apfelbäumen. Alva hatte schon früher darin gewohnt, mit ihrer Ma, aber seit Ma tot war, lebte sie dort alleine und ganz auf sich gestellt. Sie kümmerte sich um den Garten, und der Garten kümmerte sich um sie. Alva fand, dass sie niemand anderen brauchte.

An jenem trübgrauen Nachmittag stand sie mitten in den kniehohen Brennnesseln und spähte ins Unterholz. Es war der 1. September, und es roch bereits nach Herbst. Dicke Nebelbänke legten sich über den Fluss, und der Beinwell und die Farne am hinteren Ende des Gartens waren von Spinnennetzen überzogen, an denen glitzernde Tautropfen hingen. Die Pflanzen flüsterten Alva zu, ihre leisen Stimmen durchdrangen das Gewirr der Blätter und Stängel.

Nimm von den Stängeln!, rief der Sauerampfer.

Du brauchst mehr als nur zwei Blätter!, riet die Schafgarbe.

Nein, nur ein bisschen was von der Spitze!, widersprachen die Brennnesseln.

»Ich weiß, wie man die Salbe macht«, sagte Alva, während sie Brennnesselstängel auswählte und mit ihrem Messer behutsam abschnitt. Sie fing die fallenden Stängel auf, zupfte die Blattspitzen ab, bevor sie ihr die Haut verbrennen konnten, und stopfte sie in ihre Taschen. Ihr Pferd Captain war am Verandageländer angebunden und ließ den Kopf hängen. Sein Huf war faulig, und Alva musste ihm einen Breiumschlag machen, damit es nicht noch schlimmer wurde.

Vogelmiere!, raunte das Silberblatt mit seinen schimmernden, mondrunden Schoten.

Seggen!, schrie das Purpurleinkraut.

»Hmm«, brummte Alva. Sie schob sich quer durch die Brennnesseln und mitten ins Brombeerdickicht hinein, und die Ranken griffen nach ihrer Wachsjacke und krallten sich an ihrer Hose fest. »Vielleicht. Wir werden sehen. Entschuldigt bitte«, sagte sie und löste die Ranken vom Stoff ihrer Kleidung. »Ihr wisst, dass ich etwas Wichtiges vorhabe.« Sie schlug den Weg ein, der zwischen den knorrigen alten Apfelbäumen zum Fluss hinunterführte. »Brennnesseln, Beinwell, Ton. Das ist alles, was ich brauche.«

Beinwell hilft immer, brüstete sich der Beinwell stolz.

Unten am Wasser wischte sich Alva mit dem Ärmel einen Tautropfen von der Nase und schnitt ein paar Beinwellblätter ab. Sie kannte sie gut: Breit und grün waren sie, mit einem zarten Pelz aus feinen Härchen. Im Sommer schmückte sich die Pflanze mit Glöckchen, die mal rosa, mal weiß und mal violett waren. Doch es waren immer nur die Blätter, die sie für ihre Heilmittel gegen Entzündungen und Prellungen verwendete. Einmal hatte Alva einen Spatz mit Wundbrand am Bein gesund gepflegt, indem sie ein einzelnes Beinwellblatt in Honig eingeweicht und wie einen Verband um das Beinchen gewickelt hatte, so wie Ma es ihr gezeigt hatte. Alva hatte den Vogel mit Haferbrei gefüttert, bis er eines Tages weggeflogen war.

Beinwell half immer.

Beim dritten Mal klappt es, sagte die Pflanze.

Alva biss sich auf die Lippen. »Hoffentlich!«, sagte sie. Captains Huf hatte sich in diesem Sommer schon dreimal entzündet, und Alva hatte ihm Breiumschläge gemacht, so wie sie es gelernt hatte. Beim ersten Mal hatte sie einen wahren Berg von Sauerampfer in die Mischung gegeben. Und letzten Monat einen Klumpen Honig aus dem Bienennest im Apfelbaum. Das hätte das Übel eigentlich beseitigen müssen.

Nicht die da! Die sind nicht gut genug! Mehr Sauerampfer!, sagte die Schlehenhecke.

Mehr Schafgarbe!, riefen die Ringelblumen.

»In Ordnung, ich höre euch doch zu!«, gab Alva zurück.

Sie schob sich die feuchten Strähnen aus den Augen und betrachtete im schwachen Zwielicht die Beinwellblätter. Sie waren kleiner als sonst und hatten schwarze Flecken. Alva versuchte, die Flecken mit dem Finger wegzureiben, doch sie schienen eingewachsen zu sein.

Schlechte Blätter, grummelte das Moos unter den Apfelbäumen.

Sie sind gut genug!, widersprach der Beinwell.

Was du jetzt brauchst, ist etwas Kiefer, flüsterte der Beifuß.

Kiefernsaft und Harz und Teer!, rief der Garten im Chor.

»Kiefernteer, so was«, murmelte Alva, die immer noch über den Beinwell grübelte. Sie steckte die Blätter in die Tasche und kehrte zum Haus zurück. Captain hatte den Kopf gehoben, um die Hecke zu betrachten, die den Garten gegen den Weg abschirmte, und schnupperte an der Luft.

»Schlag dir die Brombeeren aus dem Kopf«, sagte Alva zu ihm und kraulte ihn hinter den Ohren, wie er es gernehatte. Dann hob sie den kranken Huf an. Captain wehrte sich ein bisschen, doch Alva machte »Pscht!« und tätschelte sanft seine Flanke, bevor sie sich den Huf ansah. Er stank ganz furchtbar, und hinten am Ballen trat Flüssigkeit aus. Sie zog das Blätterbündel aus ihrer Tasche und versuchte die Blätter ohne schwarze Flecken herauszufischen, während Captain begeistert an ihnen roch.

Kiefer wäre besser, murmelte der Beifuß.

»Zuerst probieren wir mal meine Idee aus«, sagte Alva und zog unter der kleinen Bank auf der Veranda einen Steinmörser hervor. Sie warf die Blätter in den Mörser und zerstampfte sie mit dem Stößel zu Brei. »So«, meinte sie, als sie den grauen Ton dazugab und zusah, wie er grün wurde, genau wie es sein sollte. »Das reicht. Die Blätter sind in Ordnung, sie haben einfach schon ihre besten Zeiten hinter sich, das ist alles.«

Hmm, machten die Sauerampferstauden zu ihren Füßen.

Tatsächlich?, fragte der Beifuß.

Alva biss auf ihren Lippen herum. »Es wird schon richtig sein«, sagte sie und rührte die Mischung ein letztes Mal um. Sie hob Captains Huf hoch, bestrich ihn mit der grünen Salbe und umwickelte ihn mit einem Stück sauberem Leinen. Es stimmte, die Salbe sah schon ein bisschen dunkler aus als vorhin.

Dann setzte sie Captains Huf ab und rieb ihre Hände an der Hose sauber. »Wenn du das nächste Mal abhaust, dann halte dich vom Dorf fern«, ermahnte sie das Pferd. »Zu viele Glasscherben, zu viele Nägel, zu viel Ärger. Ich brauche dich, ich kann dich nicht entbehren.«

Captain senkte den Kopf, um an seinem Huf zu schnuppern, und schnaubte.

Alva zog eine Augenbraue hoch. »Ich finde, die Salbe sieht gut aus. Es wird dir im Handumdrehen besser gehen.«

Hinter ihrem Rücken hörte sie die Pflanzen flüstern, es klang wie eine Brise, die durch das Schilf strich.

»Ich habe doch schon gesagt, dass ich euch gehört habe!«, sagte sie verärgert.

Kiefernholzteer, sangen die Pflanzen im Chor.

Kiefernholzteer und Asche, koche es, bis es klebt!, riet der Efeu.

Alva warf ihnen einen verächtlichen Blick zu. »Nein, habe ich gesagt.« Sie wischte sich abermals einen Tropfen von der Nase und steckte ihr Messer wieder ein. »Captain wird bald gesund«, sagte sie. »Mein Kaffee ist schon fast angebrannt, und ich muss auch noch Karotten für das Abendessen ernten. Ich ziehe jetzt nicht los und suche Kiefern. Ich weiß, was ich tue.«

Insgeheim aber wusste sie, dass der Efeu recht hatte. Viele, viele Jahre lang hatte er den Garten bewacht, seine kräftigen Wurzeln waren mit dem Fundament des Hauses fest verwachsen.

Beinwell genügt nicht, warnte der Efeu. Kiefern, oder er wird an der Entzündung sterben. Kiefern, dort draußen, auf der anderen Seite des Dorfs. Kiefern aus dem Grenzwald.

Mit zusammengekniffenen Augen schaute Alva nach Thorn Creek hinüber. Ein gewundener Pfad schlängelte sich vom Fluss zu einer Ansammlung dunkler, regennasser Holzhäuser hinauf, zwischen denen gepflasterte Straßen verliefen. Die Straßenlaternen brannten bereits, und rings um das Wirtshaus und die Kirche versammelten sich Schatten und schwebten durch den Nebel. Eine Reihe dunkler Kiefern überragte das Dorf. Die Härchen auf Alvas Armen stellten sich auf. Ihre Füße fühlten sich bleischwer an.

Du hast Angst, stellte der Beifuß fest.

»Ich habe keine Angst«, widersprach Alva, doch ihr Magen hatte sich regelrecht verknotet. Wenn sie ins Dorf musste, ging das nie gut aus.

Alva stapfte ins Haus und verriegelte die Tür. Aus der Kanne, die am Feuer stand, schenkte sie sich einen Becher Eichelkaffee ein und setzte sich in den selbst gebauten Sessel, um sich am Feuer die Füße zu wärmen. Von ihren Stiefeln stieg der Wasserdampf in feinen Spiralen auf. Ab und zu...

Erscheint lt. Verlag 27.8.2022
Illustrationen Torben Kuhlmann
Übersetzer Cornelia Panzacchi
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Abenteuer-Roman • Die Mississippi-Bande • Freundschaft • Garten • Geschenk • Gewächshaus • Heilkräuter • Kinderbuch • Kräuter • Mädchen • Natur • Naturheilkunde • Outdoor • Pflanzen • Pflanzenmedizin • Reise • Roadmovie • Schatzsuche • Wälder
ISBN-10 3-522-61126-8 / 3522611268
ISBN-13 978-3-522-61126-8 / 9783522611268
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