Der Club der wütenden Fünf (eBook)

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2022
320 Seiten
cbj (Verlag)
978-3-641-28513-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Club der wütenden Fünf - Nicole Fröhlich
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Fünf Teenager auf der Suche nach Zusammenhalt
Lara ist fünfzehn Jahre alt und wütend. Mit ihrer Großmutter ist gerade ihre letzte Angehörige gestorben, jetzt ist das Mädchen ganz allein. Und wäre das nicht schon schlimm genug, sind die anderen Teenager im Heim auch noch völlig irre. Für Lara steht fest: Sie will so schnell wie möglich in eine Wohngruppe und ihr eigenes Ding machen. Um dafür ihre sozialen Fähigkeiten zu trainieren, steckt die Jugendamtsmitarbeiterin Tina sie in eine schnöselige Pflegefamilie - sehr zu Laras Missfallen. An der teuren Privatschule, an die das Mädchen wechselt, muss Lara ein soziales Projekt, den »Club der wütenden Fünf« besuchen. Zuerst lehnt Lara in ihrer neuen Familie und Schule alles kategorisch ab, doch dann stellt der Club den fünf Jugendlichen eine besondere Aufgabe, die Lara an ihre Grenzen und die Heldin in ihr zum Vorschein bringt ...
Ein berührender Coming-of-Age-Roman über Verlust, Identität, Zusammengehörigkeit und die erste Liebe

Nicole Fröhlich, 1987 in Frankfurt am Main geboren, studierte Soziale Arbeit und ist sehr glücklich darüber, mit Jugendlichen arbeiten zu dürfen. Ihr ganzes Leben hat sie leidenschaftlich geschrieben und den geheimen Traum vom Schriftstellerinnen-Dasein gehegt. Sie absolvierte Kurse im Kreativen Schreiben und erfüllte sich schließlich mit »Der Club der wütenden Fünf« ihren Traum vom ersten eigenen Jugendroman. Mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen lebt sie im Grünen, in der Nähe von Frankfurt am Main.

DER ANGRIFF DES DRACHEN


So, als Erstes legst du bitte dein Handy hier rein.«

»Was ? Nein !«

Ich verschränke die Arme. Der spinnt doch ! Dieses wertvolle Ding besitze ich seit sage und schreibe vierzig Minuten. Das werde ich bestimmt nicht abgeben.

Unbeeindruckt hält Rolf mir einen Schuhkarton mit der krakeligen Aufschrift Handys unter die Nase. Vier Smartphones mit ausgeschalteten Displays liegen bereits drinnen. Schockiert schaue ich in die Runde.

Seit ungefähr drei Minuten sitze ich nun mit vier anderen Jugendlichen im Raum 111. Die Jungs sind in der Überzahl, außer mir gibt es nur ein Mädchen.

Ich versuche, Blickkontakt zu ihr aufzunehmen, doch sie schaut nur auf ihre Füße. Sie hat leicht hervorstehende Augen und abstehende, spitze Ohren. Die langen, dunklen Haare sind zu einem hohen Dutt gebunden, was ihre seltsamen Ohren mehr als nötig betont. Ihre Nase sieht irgendwie knubbelig aus. Sie erinnert mich an einen Troll.

Dann sitzt da noch ein dicker Junge, der nachdenklich aus dem Fenster glotzt. Neben ihm ein großer, dünner Kerl, der seinen Kopf unter einer schwarzen Kapuze versteckt.

Nur der bleiche Typ schaut rüber. Er sitzt mir schräg gegenüber. Seine blauen Augen sind beeindruckend hell, so wie alles an ihm. Seine kurzen Haare schimmern silbern und er scheint kaum so etwas wie Augenbrauen zu besitzen. Als sich unsere Blicke treffen, zuckt er mit den Schultern. Schwächlinge, denke ich und lege mein Smartphone zu den anderen.

»Danke«, sagt Rolf und verstaut den Karton unter seinem Stuhl. »Bekommst du natürlich nach der Stunde wieder.«

Kurz überlege ich, ob es sich lohnen würde, eine Diskussion darüber anzufangen. Der Typ kann doch nicht einfach so unsere Handys konfiszieren ? Noch mal schaue ich die anderen an und verwerfe meinen Gedanken wieder. Von denen kann ich wohl kaum Unterstützung erwarten. Also lehne ich mich zurück und schnaube abfällig. Rolf geht gar nicht erst darauf ein, sondern lächelt mal wieder.

Nach ein paar Sekunden bedrückender Stille klatscht er in die Hände.

»Also Jungs und Mädels, dann heißen wir Lara mal willkommen.«

Dann schaut er mich an. »Herzlich willkommen im Club der wütenden Fünf !«

Rolfs Blick wandert hinüber zu den vier anderen. Offensichtlich wartet er auf eine Reaktion der Gruppe. Bis auf ein leises Geräusch bleibt es still. Jemand schleift mit seinem Schuh über den Boden.

Kurz verdreht Rolf die Augen, dann fährt er fort.

»Lara …«, er kramt einen Zettel aus der Hosentasche und wirft einen kurzen Blick darauf.

»Du wirst in die 9a kommen, das ist dieselbe Klasse, die Gesa besucht.«

Er deutet auf den Troll.

»Die Jungs sind in den Klassen 9b und 9c. Wir treffen uns drei Mal in der Woche. Montags, mittwochs und freitags in der ersten Stunde, in diesem Raum hier. Den Weg kennst du ja jetzt. Zuspätkommen wird nicht toleriert. Wenn du etwas verbockst, wird es deiner Klassenlehrerin Frau Mazur mitgeteilt.«

Zufrieden über seinen Monolog blickt er in die Runde.

»Gesa, magst du mal anfangen, dich vorzustellen ? Und bitte denk daran, so wie beim letzten Mal. Wir nennen kurz unseren Namen, unser Alter und was wir bisher in unserem Leben erreicht haben, auf was wir stolz sind. Etwas, was wir gern teilen möchten.«

Rolf lässt sich auf den Stuhl fallen und nickt Gesa ermutigend zu. Langsam hebt sie den Kopf und sieht zu mir rüber. Ihre dunklen Augen fixieren mich mit einer ungewöhnlichen Intensität. Obwohl ihre Augen ein warmes Braun haben, wirkt ihr Blick unterkühlt. Eiskalter Troll.

»Also … hi«, sagt sie.

Ihre Stimme klingt belegt. Ich warte auf ein Räuspern, aber sie schnalzt nur mit der Zunge. Dann schaut sie wieder desinteressiert auf ihre Schuhe. Erst jetzt fällt mir auf, was für edle Schnürschuhe sie trägt. Ihr schwarzer Lack schimmert im Sonnenlicht, das durch das Fenster fällt. Sehen definitiv teuer aus. Der Rest ihres Outfits wirkt alt und abgenutzt, die Schuhe glänzen so unpassend an ihren Füßen, als wäre sie heute Morgen in ein falsches Leben gestiegen.

»Gesa, Blickkontakt«, ermahnt Rolf.

Sein Kommentar reicht aus. Sofort ist Gesa wieder aufmerksam. Erneut wendet sie sich mir zu und ich bekomme eine Gänsehaut. Das hat sie wirklich drauf, das mit dem Killerblick. Bin heilfroh, dass ich Gesa nicht schon im Heim begegnet bin. Neben ihr hätte ich so was von abgestunken.

»Ich bin Gesa und sechzehn Jahre alt. Ich gehe in die 9a. Ich bin seit einem halben Jahr hier im Club. Auf was ich stolz bin ?«

Wieder schnalzt sie mit der Zunge.

»Ich bin stolz darauf, mir noch nicht die Pulsadern aufgeschnitten zu haben.«

Sie lacht auf. Dabei wirft sie ihren Kopf in den Nacken und massiert mit beiden Zeigefingern ihre Schläfen.

Ich kann kaum glauben, dass ich vor weniger als fünfzehn Minuten noch geglaubt hatte, dass Rolf möglicherweise verrückt ist. Gesa legt die Latte ziemlich hoch. Wenn alle an dieser Schule so drauf sind, dann gute Nacht.

Irritiert schaue ich rüber zu Rolf, der völlig unbeeindruckt von Gesas Darbietung auf dem Stuhl hängt. Er lässt ihre Aussage unkommentiert und schaut sie nur an. Auch die anderen starren gelangweilt in ihre Richtung. Wahrscheinlich sind alle an ihr Verhalten gewöhnt, anders kann ich mir die entspannte Atmosphäre nicht erklären. Zur Krönung gähnt der weiße Typ auch noch.

Fast muss ich lachen, da ergreift der Dicke das Wort. Er sitzt auf dem Stuhl links von Gesa und wirkt nervös. Zumindest deute ich die zunehmenden roten Flecken in seinem Gesicht als ein Zeichen davon. Alles beginnt auf seiner Wange als kleiner Punkt, der sich immer weiter ausbreitet, als hätte man einen Becher rote Farbe umgekippt. Überraschenderweise spricht er selbstsicher. Seine Stimme klingt weich, aber bestimmt. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

»Ich bin Leonard. Aber die meisten nennen mich Leo. Bin auch sechzehn. Ich gehe in die 9c und bin seit zehn Monaten hier im Club.«

Mir fällt auf, dass er ungewöhnlich viel gestikuliert. Mal hebt er die Hände hoch, dann legt er sie auf den Oberschenkeln ab, um kurz darauf wieder mit ihnen in irgendeine Richtung zu fuchteln. Zwischenzeitlich fährt er sich auch noch durchs Haar. Dabei spricht er so ruhig, dass man denken könnte, er versucht, einen Ausgleich zu seinen Bewegungen zu schaffen.

»Auf was ich stolz bin ?«

Er macht eine kurze Pause. Dann legt er seine Hände in den Schoß und spricht weiter.

»Ich bin stolz darauf, nicht mehr zur Therapie gehen zu müssen. Mittlerweile besuche ich nur noch diese Gruppe hier und mir geht es schon viel besser.«

Zufrieden blickt er zu Rolf, als wolle er fragen, ob er es gut gemacht hat. Rolf nickt und spricht den Jungen neben Leonard an.

»It’s your turn, Q.«

Gesa verdreht die Augen und für einen kurzen Moment fühle ich mich ihr verbunden. Wahrscheinlich denken wir das Gleiche: Rolfs Englisch ist einfach nur peinlich.

Und was ist Q eigentlich für ein Name ?

Der Junge im schwarzen Hoodie blickt auf. Jedenfalls vermute ich das, denn das meiste von seinem Gesicht bleibt unter der Kapuze verborgen. Rolf gibt ihm ein Zeichen, daraufhin zieht er sie langsam runter. Dabei geht er so behutsam vor, als hätte er Angst, sie könne zerbrechen, sobald sie auf seinen Schultern landet. Dann sehe ich es. Eine lange Narbe verläuft quer über seinen rasierten Schädel.

»Ich bin Q und gehe in die 9b, mit dem da.«

Er zeigt auf den strahlend weißen Jungen und grinst. Das Alabastergesicht hebt bestätigend das Kinn. Q hat einen dunklen Teint. Im Vergleich zu ihm wirkt der Typ neben ihm richtig krank.

»Ich bin seit einem Jahr hier im Club, ein alter Hase sozusagen. Und stolz bin ich auf vieles. Zum Beispiel, dass ich das hier überlebt habe.«

Er deutet auf seine Narbe.

»Möchtest du Lara erzählen, wie das passiert ist ?«, wirft Rolf ein.

»Ja, klar …« Q dreht seinen Kopf zu mir und blickt mir tief in die Augen. Ich fühle mich unwohl, keine Ahnung wieso. Seine dichten, schwarzen Augenbrauen lassen ihn streng wirken, in Kombination mit den dunklen Bartstoppeln wirkt er um Jahre älter als die anderen.

Mit tiefer, ruhiger Stimme richtet er das Wort an mich: »Weißt du, Lara, es fällt mir jetzt gerade nicht leicht, darüber zu sprechen.«

Er räuspert sich und sucht für einen Moment Gesas Blick. Es dauert kaum länger als eine Sekunde, trotzdem nehme ich es wahr.

Dann spuckt er die Worte nur so aus: »Ich habe mit einem gefährlichen Drachen gekämpft.«

Q formt seine Hände zu Krallen und jault. Das soll wohl ein Drachengebrüll sein oder so. Klingt jedoch eher nach einem weinenden Welpen. Dann klatscht Q in die Hände und lacht. Gesa steht auf, hüpft einen Schritt auf ihn zu und gibt ihm ein High five.

Sehr witzig, du Idiot, denke ich. Sagen tue ich nichts. Warum sagt denn der Sozialarbeiter nichts ?

Als hätte er meine Gedanken gelesen, hebt Rolf seine Stimme und spricht zum lachenden Q.

»Abdul Qadir. Spar dir deine Witze und begrüße unser neues Teammitglied, wie es sich gehört.«

Teammitglied ? Ich will gar nicht zu diesem seltsamen Rudel Irrer gehören.

Ich atme tief ein und aus und schließe meine Augen. Ich denke an den Strand mit dem tosenden Sturm. Spüre den nassen Sand unter meinen Füßen.

Um nicht lächerlich zu wirken, öffne ich meine Augen sofort wieder. Leider befinde ich mich noch immer am selben Fleck. In einem Stuhlkreis mit vier wütenden...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte 2022 • ab 14 • Adriana Popescu • Alex Wheatle • Coming of Age • Cybermobbing • eBooks • Erste Liebe • Freundschaft • Home Girl • Ich war der Lärm, ich war die Kälte • Interkulturalität • Jenny Downham • Jugendbuch • Jugendbücher • Neuerscheinung • Neues Zuhause • Pflegefamilie • Soziale Kompetenz • Trauer und Verlust • Young Adult • Zugehörigkeit
ISBN-10 3-641-28513-5 / 3641285135
ISBN-13 978-3-641-28513-5 / 9783641285135
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