Internat der bösen Tiere, Band 5: Die Schamanin (eBook)

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2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Ravensburger Buchverlag
978-3-473-51120-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Internat der bösen Tiere, Band 5: Die Schamanin -  Gina Mayer
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Bist du gefährlich genug für diese Schule? Im Traum erscheint Noël eine weißgraue Wölfin: die legendäre Schamanin. Und sie hat eine beunruhigende Botschaft für ihn: Wenn er nicht in das Boot steigt, das am Ufer auf ihn wartet, wird ein großes Unglück geschehen. Noël traut der Wöfin nicht. Doch schon beim nächsten Flugunterricht auf den Felsen hoch über der Insel wird ihm klar, dass er damit einen folgenschweren Fehler begangen hat ... Entdecke alle Abenteuer im 'Internat der bösen Tiere': Band 1: Die Prüfung Band 2: Die Falle Band 3: Die Reise Band 4: Der Verrat Band 5: Die Schamanin Band 6: Die Entscheidung

Gina Mayer, geb. 1965, studierte Grafik-Design und arbeitete danach als freie Werbetexterin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Seit 2006 hat sie eine Vielzahl an Romanen für Kinder, Jugendliche sowie einige Erwachsenenromane veröffentlicht. Ihre Werke standen auf der Spiegel-Bestsellerliste und wurden in viele Sprachen übersetzt. Gina Mayer lebt mit ihrem Mann in Düsseldorf.

Gina Mayer studierte Grafik-Design und arbeitete als Werbetexterin, bevor sie mit dem Bücherschreiben begann. Inzwischen hat sie viele Romanen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht. Ihre Werke wurden u. a. für den Deutsch-Französischen-Jugendliteraturpreis und den Hansjörg-Martin-Preis nominiert und mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet. Gina Mayer lebt in Düsseldorf.

Noëls Augenlider waren schwer wie Blei. Er brauchte seine ganze Kraft, um sie offen zu halten. Wenn sie erst einmal zufielen, war er rettungslos verloren, das wusste er. Nichts und niemand würde ihn aus dem Tiefschlaf zurückholen.

Noël atmete tief ein, massierte sich die Schläfen und drehte die Schultern nach hinten. Dann ließ er den Kopf im Nacken kreisen. Als er ihn wieder hob, fiel sein Blick auf Willy.

Das Flusspferd stand in der Mitte des Klassenzimmers, sein massiger Kopf hing so weit nach unten, dass er fast auf dem Boden auflag. Die speckigen Flanken hoben und senkten sich in ruhigem Wechsel. Hin und wieder stieß er ein wohliges Schnarchen aus.

Noël spürte, wie seine letzte Willenskraft in der stickigen Luft verflog. Seine Augen fielen zu, sein Kinn sank auf die Brust.

„Noël!“ Ein leichter Tritt traf ihn in die Seite. Er fuhr hoch und sah Rosy, die ihren schwarz-weiß gestreiften Hals zu ihm gedreht hatte und ihn tadelnd anschaute. „Du darfst nicht schon wieder …“

„Rosy und Noël!“ Die Stimme, die sich jetzt in Noëls Bewusstsein bohrte, war leise und heiser.

Noëls Blick schoss zu dem Marabu, der vorne im Raum auf einem Bein stand. Die runden glänzenden Vogelaugen waren auf ihn und Rosy, das Zebra, gerichtet.

„Letzte Warnung“, sagte Mr Ezekweseli. „Bei der nächsten Störung lass ich euch die Stunde wiederholen.“

Der spitze hornfarbene Schnabel des Marabus bewegte sich nicht, während er sprach. Mr Ezekweseli sandte seine Worte direkt in Noëls Kopf.

Im Internat der bösen Tiere, das Noël nun schon seit acht Monaten besuchte, kommunizierte man ausschließlich über die Gedankensprache. Allen, die hier lebten, war diese Fähigkeit angeboren, weshalb sie sich auch die Auserwählten nannten.

Leider musste man die Nutzung der Gedankensprache erst mühsam erlernen und ständig trainieren – und genau das taten sie im Unterricht bei Mr Ezekweseli.

In seiner früheren Schule hatte Noël sich unendlich schwer mit Englisch und Französisch getan. Heute sehnte er sich den Fremdsprachenunterricht fast zurück – Gedankenkommunikation war so viel schwerer.

Seit Wochen beschäftigten sie sich in den Sprachstunden mit den Vorübungen zur Distanzkommunikation – oder Telefonieren – wie die Schüler dazu sagten. Noël hatte lange gebraucht, bis er es geschafft hatte, Anrufe anzunehmen, aber trotz all der Büffelei hatte er bis heute keinen blassen Schimmer, wie man es machte, Auserwählte zu erreichen, die sich gerade nicht im selben Raum befanden.

Zumindest war er nicht der Einzige mit diesem Problem. Keiner in seiner Klasse konnte andere anrufen. Auch die Fortgeschrittenen, die zur selben Zeit im Nebenraum unterrichtet wurden, waren noch nicht so weit.

„Man lernt das eigentlich erst im dritten Jahr“, hatte Noëls Begleittier Kumo ihm erklärt.

Das war einerseits beruhigend, andererseits machte es alles noch viel frustrierender, wenn man wusste, dass man noch so weit vom Ziel entfernt war.

„Dann zeig uns mal die Übung, Noël“, sagte Mr Ezekweseli jetzt.

Der Marabu war das hässlichste Tier, das Noël kannte. Sein Vogelkopf war kahl, auch der Hals war nur von einem dünnen Flaum bedeckt und vor dem Körper baumelte ein großer Hautsack, wie ein riesiger Kropf.

„Äh, also …“ Hilfe suchend blickte Noël Rosy an, deren Nüstern sich weiteten. Das Zebra war genauso ratlos wie er selbst.

„Hast du etwa nicht aufgepasst?“ Die heisere Stimme des Marabus bekam etwas Schnarrendes. Alarmstufe Dunkelorange hieß das. Danach kam Rot und das bedeutete Nachsitzen. Dann musste man am Unterricht der Nachttiere teilnehmen, den Mr Ezekweseli ebenfalls gab. Kein Wesen wusste, wann der Marabu eigentlich schlief.

Noëls Blick fiel auf Gwendolyn, die Haselmaus, die zwischen Willys kleinen Ohren saß und gleichzeitig das linke Vorderbein und das rechte Hinterbein hob. Erstaunlicherweise fiel sie trotz der Verrenkungen nicht um. Dabei zwinkerte sie Noël verstohlen zu. Aber was sollte er mit dem Hinweis anfangen? Er hatte nur zwei Beine, nicht vier.

„Lass den Unsinn, Gwendolyn“, schnarrte Mr Ezekweseli.

Die Haselmaus zuckte zusammen und nun verlor sie doch das Gleichgewicht. Sie plumpste von Willys Kopf und landete direkt vor dem Flusspferd im Rindenmulch, mit dem der Boden ausgelegt war.

Im Klassenzimmer erhob sich prompt ein lautes Wiehern, Piepsen, Zwitschern und Blöken. Nur Willy nahm das Ganze nicht zur Kenntnis.

Mr Ezekweseli hatte schon alles versucht, um das Flusspferd aus seinem Dauerschlaf zu holen. Er hatte Willy in die Nachtklasse geschickt – aber da war das Flusspferd gar nicht erst erschienen, weil es komplett verpennt hatte. Inzwischen ignorierte der Marabu Willy einfach, so wie es die anderen Lehrer bereits seit Langem taten.

Auch Gwendolyn, die sich jetzt wieder aufrappelte, streifte der Sprachlehrer nur mit einem abfälligen Blick.

„Distanzkommunikation beruht auf dem inneren und äußeren Gleichgewicht“, erklärte er. Zur Veranschaulichung zog er sein linkes Bein noch höher nach oben, reckte den kahlen Hals und streckte den hornfarbenen Schnabel zur Zimmerdecke.

„Mach das nach“, forderte er.

Noël, der bisher im Schneidersitz auf dem Boden gesessen hatte, erhob sich. Er hasste Gleichgewichtsübungen, besonders wenn ihn alle dabei anstarrten. Aber Widerspruch war hier zwecklos, das war ihm klar.

Noël schaffte es immerhin, seinen linken Fuß in Kniehöhe zu heben. Doch als er den Blick nach oben richten wollte wie der Marabu, war alles aus. Noël ruderte mit den Armen und kippte erst in Zeitlupe und dann sehr schnell zur Seite.

„Achtung!“ Etwas Kleines, leuchtend Rotes flog durch sein Gesichtsfeld und landete auf Rosys Rücken. „Ups! Grade noch mal gut gegangen“, piepste eine helle Stimme.

„Cedric.“ Mr Ezekweselis Stimme hörte man selten eine Emotion an, aber jetzt vibrierte sie vor Wut, das war unverkennbar. „Ein für alle Mal: Du setzt dich im Klassenzimmer nicht auf den Boden!“

„Geht klar.“ Der winzige knallrote Frosch hopste von Rosys Rücken auf ihren Kopf und schnellte von dort auf einen der Holzbalken, die sich unter der Decke durch den ganzen Raum zogen. „Sorry.“

Obwohl Noël inzwischen auf dem Boden saß, wurde ihm schwindlig. Cedric war ein Pfeilgiftfrosch, wenn Noël auf ihm gelandet wäre, hätte sein Kontaktgift ihn im Handumdrehen gelähmt und vielleicht sogar getötet.

„Ich weiß wirklich nicht, was heute mit euch los ist“, sagte Mr Ezekweseli. „Ihr seid höchst unaufmerksam und undiszipliniert. Zur Strafe werde ich die ganze Klasse …“

Doch nun unterbrach sich der Lehrer. Sein Schnabel klappte ein paarmal auf und zu. „Das ist sehr ungünstig“, sagte er. „Es stört den geplanten Ablauf ungemein.“

Der Marabu telefonierte, das wusste Noël genauso wie die anderen. Und was immer er gerade hörte, passte ihm überhaupt nicht.

„Planänderung“, verkündete er missmutig, als das Gespräch beendet war. „Ich habe gerade erfahren, dass Mrs Shatterton morgen schon ankommt, der Workshop wird vorgezogen.“

„Welcher Workshop?“, fragte Rosy.

Mr Ezekweseli ignorierte sie. „Die Teilnehmer aus dieser Gruppe sind Gwendolyn, Sinka und Noël.“ Sein Schnabel stach in die Luft, als wollte er jemanden aufspießen. „Ihr trefft euch morgen um sechs unten am Fluss.“

„Und dann?“, fragte Noël.

Natürlich gab es auch auf diese Frage keine Antwort. Mr Ezekweselis Schnabel hackte noch einmal ins Leere. Dann machte der Marabu einfach mit dem Unterricht weiter.

„Alle gehen jetzt in die Gleichgewichtsposition“, befahl er. „Stellt euch dabei auf die Hälfte eurer Beine und wendet den Blick nach oben. Tiere ohne Beine richten den Oberkörper auf. – Achtung!“

Noël konnte gerade noch zur Seite springen, als Willy neben ihm mit einem entsetzlichen Krachen zu Boden ging. Das Flusspferd hatte Mr Ezekweselis Anweisung tatsächlich gehört und versucht, zwei seiner stämmigen Beine anzuheben. Es war sofort umgefallen und hatte dabei noch eine Bergziege und einen Flamingo mitgerissen.

Die schwarzen Augen des Marabus starrten ungläubig auf das Durcheinander im Klassenzimmer. Noël mochte den Sprachlehrer wirklich nicht besonders, aber auf einmal hatte er richtig Mitleid mit ihm.

Zwischen den glitzernden Sternen hing eine dünne Mondsichel. Es sah so aus, als hätte sie jemand in den dunklen Himmel gekratzt.

Bis zum Sonnenaufgang um halb sieben war es noch eine knappe Stunde.

Die geheimen Inseln lagen genau auf dem Äquator – deshalb blieb die Tageslänge das ganze Jahr über gleich und auch das Klima veränderte sich nicht.

Noël hauchte in seine klammen Hände und hüpfte von einem Fuß auf den anderen. Er hatte seine Jacke oben im Zimmer gelassen. Später würde er sie nicht mehr brauchen, tagsüber kletterte das Thermometer regelmäßig auf über fünfundzwanzig Grad. Aber im Moment vermisste er sie sehr.

„Ich möchte bloß wissen, warum wir so früh aufstehen mussten“, sagte er.

„Ich auch.“ Sein bester Freund Taiyo, mit dem Noël sich ein Zimmer teilte, gähnte herzhaft. „Erst jagen sie uns ohne Frühstück hier raus und dann dürfen wir uns die Beine in den Leib stehen.“

„Morgen!“ Eine bullige Gestalt löste sich aus der Dunkelheit. Sie stemmte die Vorderarme auf den Boden und...

Erscheint lt. Verlag 30.3.2022
Reihe/Serie Internat der bösen Tiere
Illustrationen Clara Vath
Mitarbeit Cover Design: Clara Vath
Verlagsort Ravensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte ab 10 Jahren • Abenteuer • action • Antolin • Bestseller-Autorin • Böse • Buch • Bücher • Freunde • Für Fans von Animox • Für Fans von Seawalkers • Geschenk • Geschenkidee • Kinder-Buch • Lesen • Literatur • Mut • Mutter • Schule • Sibirien • Tiere • Traum • Wolf
ISBN-10 3-473-51120-X / 347351120X
ISBN-13 978-3-473-51120-4 / 9783473511204
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