Holunderweg: Ferienzeit im Holunderweg (eBook)
128 Seiten
Gabriel Verlag
978-3-522-63072-6 (ISBN)
Martina Baumbach wurde 1969 geboren. Mit ihrer Familie lebt sie in München. Für ihr Erstlingswerk bekam sie das Literaturstipendium der Stadt München, für »Die Tierwandler - Unser Lehrer ist ein Elch« wurde sie in der Kategorie 6-10 Jahre mit dem Leipziger Lesekompass 2021 ausgezeichnet.
Endlich Ferien! – Und ein Urlaub, der ins Wasser fällt
Der letzte Schultag vor den großen Ferien ist vermutlich der längste im ganzen Jahr. Die Zeit, bis mittags endlich der Gong läutet, zieht sich so zäh wie Kaugummi. Doch vor einer Stunde ist es dann doch passiert: die Sommerferien haben begonnen.
Die Sonne steht hoch über dem Holunderweg und das Thermometer zeigt siebenundzwanzig Grad – das perfekte Sommerferienwetter! Ida, Ella, Lennart, Malte und Bruno sitzen im schattigen Gras hinterm Radschuppen. Mümmel und Krümel wuseln durch ihr Sommergehege und knabbern fleißig am Löwenzahn. Dass seit heute Mittag Ferien sind, kümmert die beiden Kaninchen scheinbar nicht.
»Sechs unendliche Wochen keine Schule und alle Zeit der Welt«, schwärmt Ida und streckt sich zufrieden auf der Wiese aus.
»Fünfundvierzig Tage«, sagt Ella, weil es sich so noch viel länger anhört. »Ich hab’s im Kalender gezählt.«
»Über tausend Stunden«, behauptet Bruno, der es wissen muss, weil er in Mathe ein absolutes Supergenie ist.
»Und wie viele Minuten?«, fragt Malte, der als Erstklässler natürlich noch nicht so gut rechnen kann.
»Stopp!«, ruft Lennart und tut so, als würde er sich die Ohren zuhalten. »Das ist für den ersten Ferientag genug Mathe.«
»Der erste Ferientag ist erst morgen«, verbessert ihn Ella.
»Heute«, beharrt Lennart. »Wir haben seit heute Mittag Ferien. Oder nicht?«
Malte und Bruno stimmen ihm zu.
»Morgen«, widerspricht auch Ida. Als Ellas beste Freundin ist sie natürlich auf ihrer Seite. »Einen Ferientag erkennt man daran, dass von morgens bis abends keine Schule ist!«
»Da ist ja die Sommerferienbande«, sagt Hausmeister Kuse. Er legt seinen Gartenschlauch zu den Beeten und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Als Hausmeister bekommt er leider weder hitzefrei noch Ferien. »Vermisst ihr die Schule schon?«
»Kein bisschen«, antwortet Ella und macht ein Gesicht, als hätte er gefragt, ob sie Schmuddelwetter vermisst.
»Ich hätte es keine Sekunde länger ausgehalten«, stöhnt Lennart. Dabei wollte er Frau Kusell, seine Lehrerin, vorhin zum Abschied am liebsten umarmen. Doch vor der ganzen Klasse wäre das natürlich megapeinlich gewesen.
»Und ist es erlaubt, nach den Zeugnissen zu fragen?«, erkundigt sich Herr Kuse grinsend. Das ist nämlich sozusagen Tradition bei ihm, dass er den Kindern aus dem Haus, also den Schulkindern, ein kleines Zeugnisgeld gibt.
»Alles paletti«, meint Bruno und wirft die Arme wie ein Muskelmann in die Höhe. Er muss nämlich kaum lernen, weil er irgendwie von alleine schlau ist.
»Ich soll im Unterricht nicht so viel tuscheln«, kräht Lennart, als wäre er darauf besonders stolz. »In Sport hab ich eine Eins, in Mathe eine Drei und den Rest weiß ich nicht mehr.«
»Mama ist mit meinem Zeugnis zufrieden«, sagt Ella beiläufig. Dass sie fast nur Einser und Zweier hat, sagt sie nicht, weil das vielleicht angeberisch klingt.
»Ich soll ordentlicher schreiben«, seufzt Ida genervt. »Dabei hab ich in Deutsch eine Zwei.«
Malte ist der Einzige, der noch keine Noten hat. Klar, das ist in der ersten Klasse so. »Bei mir heißt es Malte sollte sich noch öfter melden«, sagt er und verdreht genervt die Augen. »Aber ich kann schon richtig gut lesen.«
»Na, wenn ihr so fleißig wart …«, sagt Herr Kuse. Er fischt seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und drückt jedem zwei Euro in die Hand. »Dann habt ihr euch ein Eis verdient.«
»Echt, wir waren so was von fleißig«, tönt Bruno so ernst, dass alle lachen müssen.
»Wie wär’s dann mit einem Ferienanfangsfest heute Abend im Hof?«, schlägt Herr Kuse vor.
Weil das auf alle Fälle ein Grund zum Feiern ist und weil sie im Holunderweg einfach so gerne feiern, stimmen alle begeistert zu.
»Heute Abend um acht … Grillfest mit Wasserschlacht!«, reimt Bruno gackernd.
In diesem Moment taucht Lilly auf. Mit ihrem Papa, Herrn Rosenbaum, im Schlepptau hopst sie den Gehweg entlang. »Nur noch einmal schlafen, dann fahren wir ans Meer!«, kräht sie schon von Weitem.
Als Herr Rosenbaum von der Idee mit dem Ferienanfangsfest hört, entschuldigt er sich. »Tut mir leid, wir müssen noch richtig viel packen und früh ins Bett«, erklärt er. »Wir wollen morgens frühzeitig los.« Womit er meint, dass sie unmöglich auch noch Zeit für ein Fest haben. Er winkt kurz und verschwindet im Haus.
»Dass man in den Ferien immer wegfahren muss!«, mault Ida ihm hinterher. »Man kann doch auch mal zu Hause bleiben.«
Die anderen sehen sie verblüfft an.
»Freust du dich denn nicht aufs Meer?«, fragt Ella, die gerne verreisen würde. Aber sie waren in den Pfingstferien schon auf Korsika und zwei Urlaube sind viel zu teuer. Außerdem haben Eltern sowieso nicht so viel frei wie Kinder.
»Na ja, eigentlich freu ich mich schon«, meint Ida. »Aber jetzt haben wir Ferien und können doch nichts zusammen unternehmen, weil wir wegfahren.«
Die anderen nicken, denn das ist das einzig Dumme an Ferien.
»Wir sollten einfach alle zusammen in den Urlaub fahren«, sagt Ella grinsend, um Ida aufzumuntern. »Alle drei Familien zur selben Zeit an denselben Ort.«
»Au ja, wir mieten einen ganzen Campingplatz für uns!«, bestätigt Bruno.
»Oder ein Haus wie den Holunderweg 7«, meint Malte. »Bloß in Spanien oder in Brasilien.«
»Oder ich streike und bleib hier«, brummt Ida. Sie grinst gequält und hakt sich bei Ella unter. Fast wünscht sie sich, dass der Urlaub ausfällt, weil am Strand eine Quallenplage ausbricht oder ein Sandsturm. Aber so was soll man gar nicht denken.
»Ich will aber ans Meer!«, jammert Lilly. »Ich hab doch Ferien!«
Das hört Klein-Olli, der eben an der Hand seiner Mama, Nina Süßmilch, aus dem Haus trippelt. »Olli will auch Ferien haben«, hört man seine Stimme hinter einem riesigen aufblasbaren Delfin, den er im Arm hält.
Lilly verdreht die Augen. »Dafür bist du noch viel zu klein«, erklärt sie, dabei ist sie nur zweieinhalb Jahre älter als er. »Ferien bekommt man erst im Kindergarten.«
Als Klein-Olli eine Schnute zieht, tröstet ihn Nina Süßmilch. »Wir gehen jetzt ins Freibad«, meint sie und packt ihn ins Auto. »Das ist wie Ferien.«
Klein-Olli drückt zufrieden seinen Delfin an sich und winkt, als sie davonfahren.
»Ich will auch einen aufblasbaren Delfin«, murmelt Lilly und winkt hinterher.
Den Ferienanfang feiern sie dann aber doch, und zwar nachmittags im Venezia, ihrer Lieblingseisdiele am Marktplatz. Schließlich müssen sie das Zeugnisgeld von Herrn Kuse auch ausgeben.
An der Eistheke stehen eine Menge Leute an. Andrea, der Besitzer der Eisdiele, hat an so einem Tag alle Hände voll zu tun. Als er hört, dass Ida, Lennart und Lilly nach Italien ans Meer fahren, schnalzt er vergnügt mit der Zunge. »Ah bella!«, sagt er. »Italienisches Eis in Italia ist das allerbeste!«
»Dein Eis ist das allerbeste«, versichert Ida.
»Grazie!« Andrea lacht und gibt ihnen auf ihre Waffeln noch eine Extrakugel gratis zum Ferienanfang dazu.
Danach ist es höchste Zeit für Ida, Lennart und Lilly, ihre Koffer zu packen.
Abends, als Idas, Lennarts und Lillys Papa gerade den Gepäckträger auf das Autodach montieren will, stößt er plötzlich einen lauten Schrei aus. Es schallt von der Straße durch die offene Haustür und ins Treppenhaus hinein. Ida, Lennart, Lilly und Frau Rosenbaum kommen sofort angelaufen, um zu sehen, was passiert ist. Sogar Herr Schlussnuss streckt einen Moment neugierig den Kopf aus dem Fenster.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht steht Herr Rosenbaum etwas schief und gebückt vor dem Auto.
»Verdammt und zugenäht!«, jammert er und stützt die Hand in den Rücken. »Verflucht, tut das weh! … so ein ausgemachter Mist! … verflixt nochmal!«
»Aber Papa!«, ruft Lilly entsetzt, denn so viele Schimpfwörter hintereinander hat sie noch nie aus seinem Mund gehört. Es muss wirklich schlimm wehtun.
Nur mit Mühe humpelt er auf Frau Rosenbaum und Lennart gestützt zurück ins Haus. Im Wohnzimmer legt er sich laut stöhnend in Zeitlupe aufs Sofa.
»Hoffentlich ist es nicht die Bandscheibe«, keucht er. »Sonst lieg ich eine Weile flach.«
»Ruh dich erst mal aus«, sagt Frau Rosenbaum und schiebt ihrem Mann vorsichtig eine Wärmflasche in den Rücken. »Dann sehen wir weiter.«
»Mein armer, armer Papa«, flüstert Lilly immerzu. Sie hat ihren Kuschelhasen an seine Wange gelegt und streichelt Papas Hand.
»Papa hat bestimmt nur einen Hexenschuss, Spätzchen«, erklärt Lillys Mama. »In ein paar Tagen ist alles wieder gut.«
»Ob Bandscheibe oder Hexenschuss«, seufzt Herr Rosenbaum. »So kann ich nicht im Auto sitzen. Ich fürchte, unser Urlaub fällt ins Wasser.«
»Klar fällt er ins Wasser«, witzelt Lennart. »Wir fahren ja ans Meer.« Doch keinem ist zum Lachen zumute.
Ida fühlt sich ganz elend. Hätte sie sich bloß nicht gewünscht, dass der Urlaub ausfällt.
»Hexenschuss!«, schmollt Lilly. »Das ist aber eine blöde Hexe, versaut uns den ganzen Urlaub.«
»Versaut sagt man nicht«, sagt Lillys Mama streng.
Ida atmet erleichtert auf. Wenn Mama sich in so einer Situation um Lillys gute Manieren kümmert, steht es um Papa bestimmt nicht ganz so schlimm.
»Papa durfte auch schimpfen«, verteidigt sich Lilly trotzig.
»Stimmt«, gibt Lillys Papa klein bei und versucht zu lächeln.
»Bleiben wir jetzt zu Hause?«, fragt Ida zögernd.
»Och...
Erscheint lt. Verlag | 25.11.2021 |
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Reihe/Serie | Holunderweg | Holunderweg |
Illustrationen | Verena Körting |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Kinder- / Jugendbuch ► Vorlesebücher / Märchen | |
Schlagworte | Familie • Ferien • Ferienabenteuer • Ferien im Möwenweg • Jungen • Kinderbuch ab • Mädchen • Möwenweg • Sommer • Vorlesen |
ISBN-10 | 3-522-63072-6 / 3522630726 |
ISBN-13 | 978-3-522-63072-6 / 9783522630726 |
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