Frau Honig: Frau Honig und die Magie der Worte (eBook)

(Autor)

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2022 | 1., Auflage
224 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65497-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frau Honig: Frau Honig und die Magie der Worte - Sabine Bohlmann
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Eine warmherzige Geschichte zum (Vor-)Lesen, die auch Eltern inspiriert Für Frau Honig gehören Bücher zu den wunderbarsten Dingen der Welt. Nicht so für die Bewohner der kleinen Stadt. Denn hier wird lieber am Computer gesessen, das Lesen von Büchern gilt als Zeitverschwendung. Charly allerdings, ein kleiner Einzelgänger, flüchtet sich in seine Bücherwelt. Und Frau Honig bemerkt schnell, dass der schüchterne Junge eine ganz besondere Gabe hat: Er kann unglaublich gut vorlesen. Ob es Frau Honig mit seiner Hilfe gelingen wird, die Menschen zum Lesen einzuladen und den Buchladen vor der Schließung zu retten? Von den Fans sehnsüchtig erwartet: der vierte Band der Bestseller-Serie. In dieser Serie bereits erschienen: - Und plötzlich war Frau Honig da (1) - Frau Honig und das Glück der kleinen Dinge (2) - Frau Honig und die Schule der Fantasie (Mini-Ausgabe) - Frau Honig - Wenn der Wind weht (3)Begeisterte Leserstimmen: 'Großartige Bücher für Groß und Klein. Voller wunderbarer Worte, fantasiereichen Geschichten und Parallelen zum Alltäglichen. Viele Dinge aus den Büchern nutzen wir jetzt im Alltag. Große Freude beim Lesen und Vorlesen GARANTIERT!' 'Liebevoll erzählte Geschichten, mit vielen Details, Wissenswertes zum Thema Bienen und alle Teile können auch einzeln gelesen werden, da jeder Band die Geschichte einer neuen Familie erzählt. Auch für Erwachsene zu empfehlen.'

Geboren wurde Sabine Bohlmann in München, der schönsten Stadt der Welt. Als Kind wollte sie immer Prinzessin werden. Stattdessen wurde sie (nachdem sie keinen Prinzen finden konnte und der Realität ins Auge blicken musste) Schauspielerin, Synchronsprecherin und Autorin und durfte so zumindest ab und zu mal eine Prinzessin spielen, sprechen oder über eine schreiben. Geschichten fliegen ihr zu wie Schmetterlinge. Überall und zu allen Tages- und Nachtzeiten (dann eher wie Nachtfalter). Sabine Bohlmann kann sich nirgendwo verstecken, die Geschichten finden sie überall. Und sie ist sehr glücklich, endlich alles aus ihrem Kopf rausschreiben zu dürfen. Auf ein blitzeblankes, weißes - äh - Computerdokument. Und das Erste, was sie tut, wenn ein neues Buch in der Post liegt: Sie steckt ihre Nase ganz tief hinein und genießt diesen wunderbaren Buchduft.

In jedem Buch liegt ein Schatz, den es gilt zu finden und auszubuddeln


»Jetzt müssen wir leise sein«, flüsterte Charly, als sie im zweiten Stock waren. »Hier wohnt Frau …« Doch weiter kam er nicht. Die Tür wurde aufgerissen und eine kleine alte Dame, ganz in Schwarz gekleidet, kam heraus.

»Was machst du schon wieder für einen Krach?«, zeterte sie. Dann bemerkte sie Frau Honig. »Und Sie? Wer sind Sie?«

»Das ist Frau Honig, sie wird eine Zeit lang bei uns wohnen.«

»Sag deiner Mutter, dass keine Untermieter gestattet sind. So steht es im Mietvertrag.«

»Oh, ich bin keine Mieterin. Auch keine Untermieterin oder eine Über- oder Obermieterin. Ich bin Gast, denn ich schlafe auf einem Gästebett, und nur Gäste schlafen auf einem Gästebett, meines Wissens. Und als kleines Gastgeschenk habe ich Ihnen Honig mitgebracht.« Frau Honig griff in ihre Tasche und zog ein goldgelbes Glas heraus. »Hier bitte!« Sie streckte es der alten Frau lächelnd entgegen. »Ist gut gegen Entzündungen und Honig stärkt das Herz-Kreislauf-System. Dann ist Ihnen weniger schwindlig.«

»Woher wollen Sie wissen, dass mir schwindlig ist?«

»Sie halten sich mit der einen Hand an der Tür und mit der anderen am Türrahmen fest. Außerdem haben sie zwei kleine blaue Flecke auf der Stirn und auf Ihrem Arm, wohl von Ihrem letzten Sturz.«

Die Frau griff nach dem Honigglas, murmelte etwas, was sich anhörte wie »Grmpf«, und schloss die Tür.

Charlys Augen leuchteten auf. »Sie sind besser als Sherlock Holmes«, flüsterte er anerkennend, als sie die Stufen zum Speicher weiter emporstiegen. Die letzte Treppe war ziemlich steil.

»Das gerade war Frau Schmittchen, die Vermieterin, der gehört das ganze Haus. Die Wohnung neben ihr ist frei, weil sie nicht will, dass jemand sie stört. Mama sagt, dass das unmöglich ist, weil es so viele Menschen gibt, die dringend eine Wohnung bräuchten.«

»Ihr gehört also auch die Buchhandlung, Charly?«

Der Junge nickte. »Frau Schmittchen ist nur am Meckern.«

»Sie ist einsam.«

»Ja, weil sie immer meckert. Wer hält das schon aus?«

»Das ist wie mit dem Ei und der Henne. Was war zuerst da?

War Frau Schmittchen erst einsam und ist dann aus Einsamkeit eine Meckertante geworden? Oder war sie erst eine Meckertante und wurde dadurch einsam? Man weiß es nicht …«

Charly steckte den großen Schlüssel in das Schloss der schweren Speichertür und sie öffnete sich knarzend.

Frau Honig schnappte nach Luft. Ungedämmt reichten die dunklen Holzbalken in die Höhe und formten sich zu einem Spitzdach. Durch vier kleine Dachfenster strahlte die Sonne wie ein Scheinwerfer herein und ließ den Staub tanzen. Die Luft war abgestanden und modrig, doch so musste ein Dachboden riechen, fand Frau Honig. Trotzdem ging sie zu den schrägen Fenstern und öffnete sie.

»Hätte ich das gewusst, hätte ich es mir hier oben gemütlich gemacht. Ein Dachboden fehlt auf meiner Liste noch, na ja, vielleicht beim nächsten Mal«, überlegte sie vor sich hin. Auch auf dem Speicher türmten sich überall Bücher. Außerdem Kisten, Bretter, ein altes Sofa und übereinandergestapelte Stühle.

»Wir benutzen den Dachboden nie. Da kommen immer nur die Bücher hin, die wir nicht mehr verkaufen und auch nicht mehr zu den Verlagen zurückschicken können. Ich glaub, Mama hofft, dass sie sich hier oben in Luft auflösen.«

»Deiner Mama wachsen die vielen Bücher ein wenig über den Kopf, hab ich recht?«

Charly nickte kaum merklich.

»Was könnte man aus den Dingen, die hier rumstehen, alles machen? Und was könnte man aus diesem Raum alles machen?«, überlegte Frau Honig und schritt langsam über den staubigen Boden.

»Frau Schmittchen würde nicht erlauben, dass man sich hier oben aufhält. Sie wohnt ja direkt darunter und hört jeden Schritt. Sie hört für ihr Alter überhaupt noch ziemlich gut.« Charly durchsuchte, während er sprach, die dunklen Ecken des Dachbodens.

Plötzlich raschelte es. Charly fuhr erschrocken zusammen.

»Was ist? Hast du ein Gespenst gesehen?«, fragte Frau Honig amüsiert.

»Da bewegt sich was, hinter den Kartons.«

Das Kindermädchen trat an Charly heran. Sie schnipste kurz mit den Fingern und die eben noch dunkle Ecke wurde heller.

Charly sah Frau Honig verwirrt an.

»Hab nur ein wenig Licht angeknipst, sonst nichts!«, erklärte diese. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Ecke. Aus einem Loch in einer der Kisten guckte ein kleiner plüschiger Kopf heraus.

»Eine Ratte!«, rief Charly erschrocken und machte einen Schritt rückwärts.

Doch Frau Honig sah genauer hin. »Es ist nicht irgendeine Ratte. Es ist eine Leseratte. Sie hat sich durch eine ganze Menge Seiten gefressen«, erklärte sie und zeigte auf einen Haufen Bücher, die durchaus löchrig und etwas angenagt aussahen.

»Eine Leseratte? Die gibt es doch nicht in echt.«

»Jede Buchhandlung hat entweder Leseratten oder Bücherwürmer. Eins von beidem.«

»Aber eine Ratte ist irgendwie …«

»Sag jetzt nichts Falsches! Wer hat denn bestimmt, dass eine Ratte ein nicht so schönes Tier ist wie zum Beispiel eine Katze? Stell dir vor, du bist eine Spinne. Jeder findet dich irgendwie gruselig. Aber wärst du ein Marienkäfer, würde dich jeder auf die Hand nehmen und wäre entzückt. Das ist die Ungerechtigkeit der Welt. Alles hat seinen unsichtbaren Stempel aufgedrückt. Eklig, niedlich, hübsch und hässlich. Schon mal was von inneren Werten gehört?«

»Und diese Ratte …«

»Ist ganz bestimmt die freundlichste und gelehrteste Ratte, die ich je getroffen habe.« Frau Honig nahm die Ratte liebevoll hoch. Diese blinzelte sie neugierig aus ihren schwarzen Knopfaugen an. »Und Sie sind?« Die Ratte fiepte. »Agatha also … Wie bitte? Oho. Dame Agatha Mary Clarissa Christie, Lady Mallowan. Das ist ein schöner Name für eine Leseratte … Wie? … Ach so, nach der berühmten Krimiautorin Agatha Christie.«

Charly fiel die Kinnlade runter. Mit offenem Mund beobachtete er, wie die Ratte anscheinend mit dem Kindermädchen sprach, oder vielleicht war es auch umgekehrt.

»Sie ist sehr belesen, sie hat im wahrsten Sinn mehr Bücher verschlungen als Paul Poppoloppolus. Und ich kannte bisher niemanden, der mehr Bücher als Paul Poppoloppolus gelesen hat.«

Charly sah noch einmal zu der Ratte, die immer noch zurückhaltend an Frau Honigs Hand schnupperte.

»Lady Agatha Christie, wir wollen Sie gar nicht weiter stören, wenn Sie sich hier durch Ihre Bücher beißen. Guten Appetit weiterhin.« Frau Honig setzte den kleinen Nager vorsichtig auf den Boden und die Ratte verschwand, als hätte sie Frau Honigs Aufforderung verstanden, in einem der Löcher in den Büchern. Kurz darauf hörte man ihre klitzekleinen Nagezähne weiternagen.

»Hier ist die Tür!«, rief Charly schließlich erfreut aus, als er sie hinter einem Dutzend Holzkisten entdeckte.

Gemeinsam zogen sie sie hervor.

»Ziemlich staubig.« Charly schrieb das Wort Staub auf die Tür.

»Meinst du, meine Bienen dürfen hier einziehen?«

»Bienen?«

»Ja, ich habe Bienen. Es würde ihnen sicher gut hier oben gefallen und sie sind sehr leise. Frau Schmittchen wird sie nicht hören, das kann ich versprechen. Vielleicht wird sie hin und wieder das Gefühl haben, ein leises Summen zu vernehmen, aber das beruhigt die meisten Menschen eher. Wir könnten eines der Fenster gekippt lassen, dann können sie rein- und rausfliegen, wie es ihnen beliebt.«

»Und wenn Mama oder ich mal was vom Speicher brauchen?«

»Wir richten ihnen eine Ecke ein, in der sie sich nicht gestört fühlen und die Einflugschneise frei bleiben kann. Holst du bitte meinen Bienenkorb? Er steht unten im Laden.«

Charly nickte eifrig und rannte los.

»Jetzt stauben wir mal die Tür ab«, sagte Frau Honig zu sich selbst. Sie holte Luft und pustete sacht auf den Staub. Dieser löste sich, als würde man ihn Stück für Stück vom Holz abziehen, flog in ordentlichen Spiralen durch die Luft und bildete brav einen kleinen Haufen.

»Wie haben Sie das gemacht?« Charly staunte nicht schlecht, als er außer Atem mit dem Bienenkorb in der Tür stand.

»Ich habe gepustet«, antwortete Frau Honig unschuldig. »Danke für den Korb!« Sie nahm ihn entgegen und zog einen weiteren Korb aus dem ersten und dann wieder einen aus dem zweiten. Schließlich wurden es sechs Bienenkörbe. Vier davon hatten auf dem Tisch Platz, zwei stellte Frau Honig einfach auf den Boden. »Die sind für die Müden und die Schüchternen. Die mögen es ganz gern, wenn sie in Bodennähe sind.«

»Die Müden? Die Schüchternen?«

Doch bevor Frau Honig antwortete, trat sie zum Fenster, stellte sich auf die Zehenspitzen und pfiff auf den Fingern. Laut und schrill klang das und kurze Zeit später verdunkelte sich ein wenig der Himmel.

»Vielleicht wird es Regen geben«, vermutete Charly.

»Vorher regnet es eher Bienen!« Frau Honig trat zurück und lächelte Charly mit einem breiten Lächeln an.

Da begann es zu summen und zu surren. Eine große dunkle Wolke flog zum Dachfenster. Sie war aber zu dick, um in die kleine Luke zu passen, und konnte sich wohl auch nicht dazu überwinden, den Bauch einzuziehen.

Frau Honig sah Charly an und verdrehte die Augen. »Wenn die Chaotischen nicht immer vorausfliegen würden, wäre alles ein wenig leichter.«

Die Wolke nahm ein paarmal Anlauf und versuchte es mit Schwung. Doch auch auf diese Art schaffte sie es nicht, sich durch das Fenster zu quetschen.

Charly guckte...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2022
Reihe/Serie Frau Honig
Frau Honig
Illustrationen Joëlle Tourlonias
Zusatzinfo mit sw-Illus
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Achtsamkeit • Bestseller • Bienen • Buchhandlung • Ein Mädchen namens Willow • Familie • Familien-Buch • Geschenk Mädchen • Glück • Kinder-Erziehung • Kindermädchen • Kindheit • Mary Poppins • Nanny • Ratgeber • Vorlesen
ISBN-10 3-522-65497-8 / 3522654978
ISBN-13 978-3-522-65497-5 / 9783522654975
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