Stella Greene und Wesley Clarke können sich nicht ausstehen. Nicht nur, dass sie erbitterte Rivalen sind, wenn es darum geht, die besten Noten einzufahren, auch bei abfälligen Bemerkungen und dreckigen Tricks stehen sich die beiden in nichts nach. Und um Stufenbester zu werden und das damit verbundene Stipendium einzusacken, sind ihnen alle Mittel recht. Was Stella und Wes jedoch nicht ahnen: Sie haben mehr gemeinsam als sie denken. Beide sind Fans einer beliebten TV-Serie und beginnen, anonym miteinander zu chatten - ohne zu wissen, wer auf der anderen Seite ist. Während sich die beiden online immer näher kommen und auch im echten Leben ein Schulprojekt Stella und Wes dazu zwingt, mehr Zeit miteinander zu verbringen, müssen beide erkennen, dass sie einander besser verstehen als irgendjemand sonst ...
Meredith Tate wuchs in Concord, New Hampshire, auf, wo sie ihre zwei großen Leidenschaften entdeckte - das Schreiben und das Reisen. Nachdem sie ihren Master in Sozialer Arbeit an der University of New Hampshire gemacht hatte, arbeitete sie mehrere Jahre in Boston, bevor sie sich dazu entschloss, ihrem wahren Traum nachzugehen und Autorin zu werden. Derzeit lebt sie mit ihrem Mann und ihrem verwöhnten Hund in Houston. Wenn sie nicht schreibt, widmet sie sich der Fotografie, spielt Klavier, probiert neue Rezepte aus oder verfolgt ihr Ziel, alle Kontinente der Welt zu sehen - vier geschafft, drei stehen noch aus!
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Stella
Im Cornerview Zoo gibt es einen Orang-Utan, der berühmt-berüchtigt dafür ist, mit seiner Kacke um sich zu werfen. Es ist schon fast eine Art Challenge – wer Orange, den Orang-Utan, mitten im Wurf erwischt, postet das Foto auf der Facebook-Seite des Zoos. Manchmal wählen sie dann einen der Beiträge aus und derjenige gewinnt eine Wasserflasche oder so.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Vortrag von Orang-Utan Orange sinnreicher wäre als die Kacke, dir mir hier gerade entgegengeschleudert wird, von Wesley Clarke höchstpersönlich.
Wesley lehnt im Rhetorikkurs vor unserer Klasse am Rednerpult und auf seinem zerknitterten grünen T-Shirt prangt ein gigantischer Charizard. »Um meine Argumentation abzuschließen, möchte ich noch einmal wiederholen, dass Schuluniformen Kreativität und individuelle Ausdrucksmöglichkeiten unterdrücken. Wie kann ich mich aufs Lernen konzentrieren, wenn meine Kleidung mich dermaßen einschränkt?« Mehrere Leute klatschen zustimmend Beifall. Ich behalte meine Hände demonstrativ auf dem Schoß.
Der Rest seines Teams grinst auf der anderen Seite des Zimmers hämisch, weil alle glauben, der verdammte Wesley Clarke hätte die Debatte im Sack, einfach nur, weil er der verdammte Wesley Clarke ist. Newsflash: Wenn du der Erbe einer großen lokalen Süßigkeitenfirma bist und Partys in deinem riesigen Spielzimmer mit Tischtennisplatte und altmodischem Pac-Man-Automaten schmeißt, dann halten dich im Prinzip alle für einen Gott.
»Genauso, wie alle Schüler:innen das Recht haben, sich in ihrer Lernumgebung wohlzufühlen, haben auch alle Schüler:innen das Recht, sich in dem wohlzufühlen, was sie anhaben.« Selbst Ms Hatley nickt.
»Ich dachte, die Genfer Konvention verbietet diese Art von Folter«, grummele ich leise vor mich hin.
Dahlia kichert neben mir. »Er schlachtet es echt ganz schön aus.«
Mir ist schon klar, dass Wesley ins Anti-Uniformen-Team gelost wurde, aber in einem zerrissenen Pokémon-T-Shirt und Surfshorts in der Schule aufzulaufen, ist dann doch ein bisschen übertrieben. Ich verschränke die Arme und lehne mich auf meinem Stuhl zurück.
»Deine Argumentation am Anfang hat ihn fertiggemacht«, versichert Dahlia mir. »Wir gewinnen das Ding.«
Ich wünschte, sie hätte recht. Aber alle wissen, dass das Anti-Uniformen-Team an staatlichen Schulen immer gewinnt. Und, okay, hier kommt mein großes, dunkles Geheimnis: Ich bin total mies in Rhetorik.
»Stell dir vor, du würdest in dem Wissen aufwachsen, dass du deine ganze Schulzeit über genauso gut durchfeiern kannst und am Ende trotzdem reich und erfolgreich sein wirst, weil du mit Nachnamen Clarke heißt.«
»Ich weiß nicht.« Dahlia neigt den Kopf zur Seite und ihre dunklen Locken hüpfen dabei. »Er ist schon ziemlich schlau.«
»Er ist reich und kann ein paar vernünftige Wörter aneinanderreihen. Das macht ihn noch lange nicht schlau.«
»Er hat letztes Jahr im Geschichtskurs ziemlich gut abgeschnitten. Er hat zig Fakten zu irgendeiner Schlacht aus dem Hut gezaubert, von der vorher noch nicht mal Mr Bridges was gehört hatte.«
Ich tue, als müsste ich würgen. »Okay, er ist gut in Geschichte. Wen interessiert’s?« Es ist ein Kinderspiel, überall nur Einsen zu kriegen, wenn man private Nachhilfe für die Uni-Aufnahmetests kriegt und nach der Schule nicht in der Eisdiele arbeiten muss. »Ich sage ja nur …«
»Hey, ihr zwei.« Ms Hatley wirft uns einen warnenden Blick zu. Sie zwingt die gegnerische Seite immer, während der Argumentation des anderen Teams in der ersten Reihe zu sitzen, aber auf den Anblick von Wesleys arrogantem Gesicht aus nächster Nähe hätte ich gut verzichten können. Warum finden ihn bloß alle so heiß? Okay, na gut, irgendwie verstehe ich es ja – mit seinen Wangenknochen könnte er wahrscheinlich Diamanten schleifen. Aber das würde ich natürlich niemals zugeben. Heimlich schalte ich unter dem Pult mein Handy ein – noch fünfzehn Minuten, bis es klingelt.
Captain Jill begrüßt mich auf meinem Sperrbildschirm, das typische Gewehr über ihrer Schulter. Ich habe ein Paar Ohrringe mit dem Wappen auf ihrer Jacke: die Happening, umschlossen von einem vierzackigen goldenen Stern. Ich hab sie mir letztes Jahr auf der Sci-Con gekauft – wobei mir wieder einfällt, dass ich noch ein Paar Captain-Jill-Stiefel für den Cosplay-Wettbewerb in diesem Jahr brauche. Dieses Sci-Con-Ticket hat mich praktisch eine Niere, meinen linken Arm und das Blut meines Erstgeborenen gekostet, deshalb laufe ich da garantiert nicht in irgendeinem Outfit auf, das nicht preiswürdig wäre.
Dahlia schaut zur anderen Seite des Zimmers und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Ich folge ihrem Blick und bleibe an Brandon Nguyen hängen, Wesleys bestem Freund, der ihr Lächeln erwidert. Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her.
Ich weiß, dass das total klischeemäßig ist, aber Dahlia ist seit dem Kindergarten meine beste Freundin. Wir waren zusammen im Kinderturnen und beide echt erbärmlich, weil wir noch nicht mal geradeaus radschlagen konnten. Dahlias erster Schwarm war Luke, ein Typ, der in der vierten Klasse mal tierisch angebrüllt wurde, weil er aus dem kompletten Klassenvorrat Gummikitt Handschuhe gemacht hat. Ganz offensichtlich hat sich ihr Geschmack in Sachen Typen keinen Deut verbessert. Von mir kriegt jedenfalls niemand ein Gütesiegel, der auch nur im Entferntesten etwas mit Wesley Clarke zu tun hat.
»Das hier sollten die besten Jahre unseres Lebens sein – kein Militäreinsatz«, fährt Wesley fort. Gestern Abend hat er doch tatsächlich die Dreistigkeit besessen, in seiner Instagram-Story zu posten, wie er sich mit ein paar Jungs aus der Leichtathletikmannschaft bei Brandon zu Hause mit Brettspielen und gepimpten Milchshakes amüsiert, während ich gearbeitet und mich ernsthaft auf diese Debatte vorbereitet habe. Eigentlich ist es eine Beleidigung, dass ausgerechnet er mein größter Konkurrent ist – hier und im Kampf um den Titel des Valedictorian, des Abschiedsredners unserer Schule.
»Schauen wir uns doch beispielsweise einmal Stella Greene an.« Wesley gestikuliert in meine Richtung. Ich erstarre. »Sollte die Schule wirklich ein Ort sein, an dem ein Mensch so verkrampft und unfroh aussieht?« Gelächter schallt um mich herum. »Nein. Das sollte sie nicht.«
Hitze kriecht meine Wangen hinauf und ich spanne den Kiefer an. Das hat er gerade nicht wirklich gesagt.
»Okay, okay.« Ms Hatley schießt Wesley einen warnenden Blick zu. »Bleiben Sie beim Thema, bitte.«
»Kurz und gut: Genau das ist der Grund, warum die Gene Connolly Memorial High School keine Schuluniformpflicht einführen sollte.« Wesley verbeugt sich, begleitet vom Jubel und Applaus der restlichen Klasse. Sein Blick fängt meinen ein und er zwinkert mir zu. Meine Hände verkrampfen sich in meinem Schoß. Der Typ hat echt Nerven.
»In Ordnung, beruhigen Sie sich wieder.« Ms Hatley winkt mit einer Hand. »Wir haben noch fünf Minuten. Stella, Wesley, zurück ans Rednerpult für Ihre Schlussbemerkungen.«
Ich hieve mich von meinem Stuhl hoch und halte die ganze Zeit Blickkontakt mit Wesley, während ich mich vor die Klasse stelle und mich so verkrampft an meinen Karteikarten festkralle, dass sie total verbiegen. Mein Herz hämmert mit jedem meiner Schritte. Wenn ich von den Karten ablese, kann nichts passieren. Vielleicht waren der karierte Rock und die Bluse ein bisschen zu viel des Guten, aber ich musste schließlich zeigen, dass ich meine Aufgabe ernst nehme. Dahlia nickt mir zu und drückt mir beide Daumen.
Dieses Projekt sollte mir eigentlich total egal sein. Es hat überhaupt keinen Einfluss auf meinen Notendurchschnitt. Aber allein der Gedanke, gegen Wesley Clarke zu verlieren, bringt mein Blut zum Kochen. Ich lege meine Karteikarten auf das Rednerpult ihm gegenüber.
»So unterhaltsam deine Argumente auch sind, Wesley«, ich zwinge mich zum flüchtigsten Anflug eines Lächelns – mehr bringe ich nicht zustande – und richte den Blick auf meine erste Karte, »logisch sind sie nicht. Statistiken belegen, dass Schuluniformen eine positivere, äh … Lernumgebung begünstigen, weil sie fairere Grundverhältnisse schaffen. Sie lassen einige der Barrieren verschwinden, die durch Faktoren wie den sozioökonomischen Status entstehen.«
Wesley erhebt einen Zeigefinger. »Aber sie erschaffen Barrieren, indem sie individuelle Ausdrucksmöglichkeiten einschränken.«
»Wenn du mit individuellen Ausdrucksmöglichkeiten meinst, dass du in Badehose in der Schule aufkreuzen kannst, dann sicher, klar. Allerdings sind draußen heute nicht mal null Grad.«
Ein paar der anderen kichern.
»Ich verfechte die Theorie, dass wir von Berufs wegen sowieso für den Rest unseres Lebens bestimmte Kleidung tragen müssen«, erwidert er. »Warum jetzt schon damit anfangen, obwohl das hier die Zeit sein sollte, in der wir unsere wahre Identität entdecken und lernen sollten, wir selbst zu sein?« Ein paar Leute nicken zustimmend.
»Na, und ich verfechte die Theorie, dass die Schule im Moment unser Beruf ist, ähm, und dass man sich für den Job kleiden sollte, den man gerne hätte, nicht für den Job, den man bereits hat. Allerdings muss ich zugeben, du hast das Outfit für ein Leben als Gammler absolut perfektioniert.«
Er lehnt sich näher zu mir. »Ein Gammler mit demselben Notendurchschnitt wie du.«
»Du hast nicht denselben Notendurchschnitt wie ich.«
Ms Hatley versteift sich sichtlich. »Lassen Sie uns einfach …«
»Soweit ich weiß, liegen...
Erscheint lt. Verlag | 14.6.2022 |
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Übersetzer | Doris Attwood |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Shipped |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | 2022 • ab 14 • becky albertalli • Candy Jar • eBooks • Erste Liebe • Fanfiction • Hassliebe • Highschool • Jenny Han • Jugendbuch • Jugendbücher • Liebesroman • Neuerscheinung • Pubertät • Rainbow Rowell • Romance • Romantische Komödie • romcom • Sophie Gonzales • Young Adult |
ISBN-10 | 3-641-28458-9 / 3641284589 |
ISBN-13 | 978-3-641-28458-9 / 9783641284589 |
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