Firekeeper's Daughter (eBook)

Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2023
eBook Download: EPUB
2022
560 Seiten
cbj (Verlag)
978-3-641-26489-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Firekeeper's Daughter - Angeline Boulley
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Bewahre das Geheimnis. Lebe die Lüge. Finde deine Wahrheit.
Die 18-jährige Daunis Fontaine hat nie wirklich dazugehört, weder in ihrer Heimatstadt noch in der nahe gelegenen Ojibwe-Reservation. Denn sie ist halb weiß, halb Native American. Daunis träumt von einem Neustart am College, wo sie Medizin studieren möchte. Doch als sie sich plötzlich um ihre Mutter kümmern muss, beschließt Daunis, die eigenen Pläne vorerst auf Eis zu legen. Der einzige Lichtblick ist Jamie, der neue und sehr charmante Spieler im Eishockeyteam von Daunis' Bruder Levi. Daunis genießt seine Aufmerksamkeit und hat sich gerade in ihrem Leben eingerichtet, als sie Zeugin eines schrecklichen Mordes wird. Damit nicht genug, wird sie vom FBI rekrutiert, um undercover zu ermitteln. Widerstrebend willigt Daunis ein und erfährt so Dinge, die ihre Welt vollkommen auseinanderreißen ...

Ein bahnbrechender, fulminanter Krimi über eine Native American, die in einen Mordfall verwickelt wird - direkt nach Erscheinen auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste.

Angeline Boulley, registriertes Mitglied des Sault Ste. Marie Tribes der Chippewa Indians, ist eine Erzählerin, die über ihre Ojibwe-Gemeinschaft auf Michigans Oberer Halbinsel schreibt. Vor ihrer Karriere als Autorin war sie als Direktorin für das Office of Indian Education am U.S. Department of Education tätig. Sie lebt im Südwesten von Michigan, aber ihr Zuhause wird immer auf Sugar Island sein. Ihr Debütroman »Firekeeper's Daughter« schaffte es auf Anhieb auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste.

KAPITEL 2


Lilys Jeep hält mit quietschenden Bremsen in der Auffahrt. Meine beste Freundin trägt wie üblich Schwarz und steigt aus, damit ich auf den Rücksitz klettern kann. Auf dem Beifahrersitz thront Granny June mit unter dem Kinn geknotetem Kopftuch; die dunkelbraunen Augen können kaum über das Armaturenbrett schauen. Bei der winzigen Lily und ihrer Urgroßmutter grenzt es an ein Wunder, dass die beiden die Straße überhaupt erkennen können.

Lily ist meine beste Freundin, seit sie in der sechsten Klasse herzog, um bei ihrer Granny June zu leben. Optisch sind wir das totale Gegenteil, und zwar nicht nur wegen unseres Größenunterschiedes. Ich bin so blass, dass mich die anderen Nish-Jugendlichen früher Ghost genannt haben, und einmal hörte ich, dass mich jemand als »diese ausgeblichene Schwester von Levi« bezeichnete. Als Lily noch bei ihrem Zhaaganaash-Vater und seiner Frau lebte, ließen sie sie nicht in die Sonne, damit ihre rötlich braune Haut nicht noch dunkler wurde. Wir haben beide von klein auf gelernt, dass es ein »Akzeptables Anishinaabe Hautfarben-Kontinuum« gibt und dass alle, die im jeweils äußeren Spektrum landen, mit unterschiedlichen Versionen desselben Bullshits klarkommen müssen.

Lilys Lächeln ist mit glänzendem schwarzen Lippenstift nachgezogen. Als sie mein Outfit bemerkt – Jeans und eines von Dads Eishockeytrikots, das mir bis zum Oberschenkel reicht –, wird es noch breiter.

»Lady Daunis in ihrer vornehmsten Robe. Es ist mir eine Ehre, Euch zu fahren.« Sie verbeugt sich.

Ich grinse und habe das Gefühl, als würde ich den Rucksack mit meinen Schulbüchern abnehmen.

»Ich sollte hinten sitzen. So umständlich für dich«, sagt Granny June und sieht zu, wie ich den Fahrersitz vorklappe und meine knapp ein Meter achtzig auf die Rückbank falte. »Sieht aus, als würde ein Baby in den Mutterleib zurückkriechen.« Das sagt sie jedes Mal, wenn wir beide bei Lily mitfahren.

»Niemals, Granny June, du bist die beste Co-Pilotin.«

Man nimmt keinen Gefallen von einer Ältesten an. Macht man einfach nicht.

Wir setzen Granny June auf dem Weg zur Arbeit oft beim Sault Senior Center ab, je nachdem, was es dort zum Mittagessen gibt. Sie hat die monatlichen Menüs der beiden Mittagessenprogramme für Senioren mit denselben Argusaugen im Blick wie eine Bingo-Karte während des Coverall. Wenn Granny June der Meinung ist, dass die Zhaaganaash eine bessere Mahlzeit bekommen, lässt sie sich von Lily im Sault Senior Center im Stadtzentrum absetzen. Ansonsten holt sie ein Van des Tribes ab und bringt sie mit der Fähre zum Mittagessen und Nachmittagsprogramm im Nokomis-Mishomis Elder Center auf Sugar Island.

»Hast du’s getan?« Lily wirft mir im Rückspiegel einen wissenden Blick zu.

»Jep.«

»Hast’n Gummi benutzt?«, fragt Granny June. Wir lachen alle, und als Lily zu schwungvoll um eine Ecke biegt, setzen ihre Reifen noch einen Quietscher obendrauf.

»Nicht das, Granny«, sagt Lily. »Daunis hat ihrer Ma und Grandma erzählt, dass sie nicht auf die University of Michigan gehen wird. Nun ist es offiziell … Lake Superior State University, Baby!« Das schrille Lee-Lee, das sie durch das heruntergelassene Fenster trillert, lässt ein paar Touristen auf dem Gehweg zusammenzucken. Lily hat versucht, mir das Trillern beizubringen, mit dem manche Nish-Frauen Erfolge vermelden, aber es war vergeblich.

Granny June dreht sich zu mir und mustert mich missbilligend. Ich warte auf ihre Aufforderung, mich aufrecht hinzusetzen. Das käme jetzt nämlich von GrandMary.

»Mein Mädchen, manche Boote sind für den Fluss gemacht und manche sind fürs Meer.«

Da hat Granny June wahrscheinlich recht. Ich weiß bloß noch nicht, welches davon ich bin.

Lily wirft mir im Rückspiegel einen mitfühlenden Blick zu. In der Wissenschaft besteht ein Gemisch aus zwei oder mehr Komponenten, die sich nicht chemisch miteinander verbinden. Wie Essig und Öl. Lily weiß, wie ich mich fühle: traurig, dass ich nicht in Ann Arbor sein werde, gleichzeitig froh, das erste Semester zusammen mit ihr verbringen zu können. Obwohl beide Gefühle unabhängig existieren, wirbeln sie in mir umher.

Wir fahren an den Souvenirläden vorbei. Auf der anderen Straßenseite liegt die Flusspromenade, dort beobachtet eine Touristengruppe, wie ein dreihundert Meter langes Frachtschiff durch die Soo Locks, die Schleusenanlage auf dem Saint Marys River, manövriert.

Ich weiß noch, wie wir letzten Herbst ins Zentrum von Ann Arbor gefahren sind und die Uni-Führung mitgemacht haben. GrandMarys Enthusiasmus war das krasse Gegenteil von Moms nervenden Fragen zur Kriminalitätsrate. Uncle David – der sich selten gegen meine Mutter stellte – beharrte darauf, dass ich meinen Abschluss weit weg von zu Hause machen musste. Für mich stand die University of Michigan für mehr als nur Bildung. Sie war die Freiheit von dem Gerede, das mich mein ganzes Leben lang umgeben hat.

Daunis Fontaine? War ihr Vater nicht dieser Eishockeyspieler, Levi Firekeeper? Einer der wenigen Indianer von Sugar Island, die was draufhaben.

Ich weiß noch, als er Grace Fontaine geschwängert hat. Das reichste weiße Mädchen in der Stadt.

Hat er sich nicht bei einer Party auf Sugar Island volllaufen lassen und anschließend sein Auto zu Schrott gefahren, in dem sie saß?

Was für ein Jammer, dass er sich bei dem Unfall beide Beine gebrochen hat! Ausgerechnet als die Talentscouts kamen, um sich umzusehen. Es war das Ende seiner Eishockeykarriere.

Mary und Lorenzo haben ihre Tochter zu Verwandten nach Montreal geschickt, doch als sie mit einem drei Monate alten Mädchen zurückkam, war Levi bereits mit einer anderen verheiratet und hatte Levi Jr.

Ich habe gehört, die schüchterne Grace soll ihren Eltern Kontra gegeben haben, als sie das kleine Mädchen von Levi und diesen Indianer-Verwandten fernhalten wollten.

Oh, und dann gab es diese schreckliche Tragödie …

Wir kommen an einer Werbetafel vorbei, die normalerweise für das Superior Shares Casino and Resort wirbt, aber im letzten Monat hat der Sugar Island Ojibwe Tribe seine registrierten Mitglieder ermuntert, bei der heutigen Tribal Council Election den neuen Stammesrat zu wählen.

Letzte Nacht hat jemand das L übersprüht, nun steht da VOTE! IT’S YOUR TRIBAL ERECTION.

»Für eine Erektion würde ich glatt wählen gehen«, bemerkt Granny June. Lily und ich fangen wieder an zu kichern.

Danach wettert sie los, dass es keinen Unterschied mache, wer gewählt wird, weil die Gewinner sowieso nur für sich selbst sorgen würden und nicht für die Mitglieder des Tribes.

»Aber wenn ich sterbe, müsst ihr mir versprechen, dass der Tribal Council bei meiner Beerdigung den Sarg trägt« – sie legt eine theatralische Pause ein – »dann können sie mich noch ein letztes Mal herablassend behandeln.«

Ich stimme in Granny Junes Lachen ein. Wie üblich schüttelt meine beste Freundin nur den Kopf.

»Teddie hätte sich aufstellen lassen sollen«, sagt Lily. »Sie hätte da mal richtig aufgeräumt.«

Meine Tante Teddie ist die klügste Person, die wir kennen. Sie ist so krass. Ein paar aufrührerische Mitglieder wollen, dass Sugar Island seine Unabhängigkeit von den USA erklärt. Falls sie Auntie je für ihren unausgegorenen Plan gewinnen können, wird vielleicht sogar was aus der Operation Abspaltung.

»Aber Auntie sagt, sie kann als Tribal Health Director in der Gesundheitsversorgung mehr bewirken«, widerspreche ich.

Granny June mischt sich ein. »Sie würde nie gewinnen, ebenso wenig wie ich. Teddie sagt, was Sache ist. Aber die Wähler hören lieber hübsche Lügen als hässliche Wahrheiten, hey?«

Lily nickt, dabei darf keine von uns beiden an einer Tribal Election teilnehmen, weil wir keine registrierten Mitglieder sind.

»Wisst ihr was«, sagt Granny June. »Starke Ojibwe-Frauen sind wie die Flut und erinnern uns an Naturgewalten, die zu stark sind, um sie zu bändigen. Schwache Menschen fürchten diese Stärke. Sie werden nie eine Nish kwe wählen, vor der sie Angst haben.«

Nun bin ich diejenige, die die Wahrheit meiner Ältesten nickend bestätigt.

Als wir das Sault Senior Center erreichen, wendet Lily ihre einzigartige Methode von Parallelparken an und fährt mit der Nase voran in die Parklücke, bis sie die hintere Stoßstange des Autos vor ihr antippt. Wir steigen beide aus, um Granny June aus dem Jeep zu helfen. Sie bleibt kurz stehen, bevor sie ins Zentrum hineingeht.

»Teddie und ich haben unsere Leichen im Keller. Haben mit zu vielen von ihren Männern geschlafen.« Sie reckt trotzig das Kinn. »Na ja, das und unsere Straftaten.« Lily und ich sehen uns mit großen Augen an, als Granny uns zum Abschied zuwinkt.

Als wir wieder im Jeep sitzen, lachen wir los.

»Heilige Scheiße«, sagt Lily. »Ich weiß ja, dass Granny June eine Vergangenheit hat, aber meinst du, es stimmt, dass Teddie Straftaten auf dem Kerbholz hat?« Sie fährt rückwärts, bis sie die Stoßstange des Autos hinter uns berührt, und fädelt sich wieder in den Innenstadtverkehr ein.

»Auntie behauptet, diese ganzen Geschichten über ihre ›Jugendsünden‹ seien Quatsch.«

»Wenn wir schon bei Sünden sind – bleibt es bei morgen?«, fragt Lily, als wir auf die Satelliten-Reservation des Tribes auf dem Festland...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2022
Übersetzer Claudia Max
Sprache deutsch
Original-Titel Firekeeper's Daughter
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
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ISBN-10 3-641-26489-8 / 3641264898
ISBN-13 978-3-641-26489-5 / 9783641264895
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