Woodwalkers & Friends. Zwölf Geheimnisse (eBook)
224 Seiten
Arena Verlag
978-3-401-80963-2 (ISBN)
Katja Brandis, geb. 1970, studierte Amerikanistik, Anglistik und Germanistik und arbeitete als Journalistin. Sie schreibt seit ihrer Kindheit und hat inzwischen zahlreiche Romane für junge Leser*innen veröffentlicht. Sie lebt mit Mann, Sohn und zwei Katzen in der Nähe von München. www.katja-brandis.de
Katja Brandis, geb. 1970, studierte Amerikanistik, Anglistik und Germanistik und arbeitete als Journalistin. Sie schreibt seit ihrer Kindheit und hat inzwischen zahlreiche Romane für junge Leser*innen veröffentlicht. Sie lebt mit Mann, Sohn und zwei Katzen in der Nähe von München. www.katja-brandis.de
Nussige Weihnachten
Holly, Rothörnchen
Die Geschichte spielt in Hollys Waisenhaus-Zeit.
Graues Weihnachten sollte verboten werden, dachte Holly trotzig. Das Problem ist – niemand hört auf mich.
Am liebsten wäre sie Mr Tambin, dem immer so fürchterlich beschäftigten Heimleiter, als Hörnchen auf den Kopf gesprungen und hätte ihn so lange an den Ohren gezogen, bis er um Gnade winselte und ihnen das bunteste, schönste Weihnachten versprach, das sie sich vorstellen konnten. Doch es durfte auf keinen Fall jemand wissen, dass sie eine zweite Gestalt hatte, also fielen solche Stunts aus. Wie lange war es eigentlich her, dass sie sich zuletzt verwandelt hatte?
Nur noch drei Tage bis Weihnachten, und draußen regnete es, was die Straßen, flachdachigen Unternehmensgebäude und Motels rund um das Waisenhaus noch trostloser aussehen ließ. Drinnen hatte Mrs Lomack schon an Nikolaus ein paar Tannenzweige aufgehängt, kombiniert mit roten Kerzen aus Pappe. Diese Deko blieb normalerweise bis zum Januar hängen. Mittlerweile waren die Tannenzweige so vertrocknet, dass man sie auf keinen Fall anfassen durfte, sonst bekam man einen Schauer von Nadeln in den Kragen. In der Schule sah es etwas hübscher aus, aber die immer gleichen Weihnachtslieder, die in der Pause durch die Lautsprecher kamen, fühlten sich an wie ein Dauerregen, der ihr Fell durchtränkte.
»Was passiert hier eigentlich an Weihnachten?«, wagte Holly schließlich Mrs Lomack zu fragen, die wie üblich in Grau und Schwarz gekleidet war und damit perfekt zu diesem Winter passte. Zurück kam wie üblich ein missbilligender Blick. Holly wusste längst, dass Mrs Lomack sie nicht leiden konnte, weil sie ihr viel zu quirlig, zu laut, zu wild war. Sie hatte mal gehört, wie diese Frau Eichhörnchen »Ratten der Bäume« genannt hatte, das sagte ja wohl alles.
»Ihr dürft ausschlafen!« Mrs Lomack klang, als würde sie einen Lottogewinn verkünden. »Am Weihnachtsmorgen gibt es erst um neun Uhr Frühstück und für alle einen heißen Kakao.«
»Ah«, sagte Phil, der zufällig mitgehört hatte. Er war groß, dünn und blass. Weil er schon dreizehn Jahre alt war, hatte er jede Hoffnung aufgegeben, irgendwann mal adoptiert zu werden. »Also könnte man sagen, es passiert nichts. So wie üblich.«
»Wir Betreuer haben alle unsere eigenen Familien, ihr könnt nicht erwarten, dass wir die ganzen Feiertage hier sind«, sagte Mrs Lomack spitz. »Philipp, dein Hemd ist ja völlig verknittert, bitte bügele das unbedingt vor dem Abendessen!«
»Ja, Mrs Lomack«, erwiderte Phil mechanisch, während ihre Erzieherin sich zum Gehen wandte. Er war schon lange hier und hatte sich etwas zu gut ans Gehorchen gewöhnt.
Fressen Sie Bisonkacke, und trinken Sie Klowasser, Mrs Lomack!, ergänzte Holly in Gedanken und schnitt eine absolut grauenhaft-furchtbare Grimasse in Richtung des sich entfernenden Rückens.
Phil sah es und musste grinsen. Obwohl sie eigentlich nicht befreundet waren, ergab es sich irgendwie, dass sie zusammen zum Aufenthaltsraum gingen. »Kannst du dich noch an Weihnachten mit deinen Eltern erinnern?«, fragte er plötzlich. »Du bist ja schon eine Weile hier.«
Holly musste schlucken. Konnte es wirklich sein, dass sie schon seit drei Jahren hier lebte? »Ja, seit mein Vater gestorben ist. Klar kann ich mich erinnern, für immer und immer werde ich mich daran erinnern«, sagte sie und fühlte, wie etwas sie ins Herz stach.
Im letzten Jahr seines Lebens waren ihr Papa und sie zu zweit als Rothörnchen durch den Wald getobt, hatten sich selbst und andere Tiere mit Schnee beworfen und jede Menge Spaß gehabt. Danach hatten sie sich daheim mit einer warmen Karamell-Milch aufgewärmt und Nussplätzchen gebacken. Selig hatte Holly sich abends unter ihre grün-lila-orangefarbene Decke gekuschelt und gewusst, dass sie am nächsten Tag ihr Geschenk auspacken würde und er seines. Mehr als eins ging nicht, weil ihr Papa mit seinen Abendschichten bei einer Burger-Braterei nicht viel verdiente. Aber wozu brauchte man denn mehr als ein Geschenk? Es war viel wichtiger, sich in den Arm zu nehmen.
»Weißt du, was – wenn diese beknackten Auspuffwolken nichts mit uns zu tun haben wollen, organisiere ich uns diesmal selbst eine Weihnachtsparty«, entfuhr es Holly.
Phil blickte sie skeptisch an. »Du weißt, dass wir alle bestraft werden, wenn einer … oder eine … Mist baut.«
Holly fühlte, wie sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. »Wenn wir sowieso alle bestraft werden, dann soll es sich doch wenigstens lohnen, oder? Außerdem sind Weihnachtspartys kein Mist!«
»Was genau hast du vor?«, fragte Phil besorgt.
»Also erst mal brauchen wir Nussplätzchen«, sagte Holly. »Eine Menge Nussplätzchen.«
»Okay. Ich weiß, wie die gehen«, meinte Phil nach kurzem Nachdenken. Sehr gut – das hieß wohl, dass er dabei war bei dem Plan. »Aber wir haben keine Zutaten, und ich darf allein die Küche nicht benutzen. Mr Gambrini brauche ich gar nicht erst zu fragen.«
Das stimmte. Ihr Koch war nicht nur ziemlich faul – am liebsten kochte er, indem er Dosen öffnete und alles zusammenschüttete –, sondern auch ziemlich launisch. Wenn er morgens mit seiner Frau gestritten hatte, war er den ganzen Tag über mies drauf und redete kaum ein Wort.
»Hm«, sagte Holly und fummelte an einer aufgeribbelten Stelle ihres Pullovers herum. »Uns wird was einfallen. Erst mal fragen wir die anderen, wer mitmachen mag. Du im Jungsschlafsaal, ich bei den Mädchen. Aber vorsichtig!«
»Keine Sorge, Frederick wird nichts mitbekommen«, versprach Phil.
Frederick war bekannt dafür, dass er an die Erzieherinnen petzte, wenn jemand, wie es hieß, »vom Pfad der Tugend abwich«. Dafür bekam er manchmal ein Stück Schokolade oder ein wohlwollendes Lächeln von Mrs Lomack, die sonst meistens aussah, als hätte sie gerade Zitronensaft getrunken.
Als Erstes quatschte Holly Melina an, deren Beine verkrümmt waren, weil ihre Eltern sie früher gezwungen hatten, Tag und Nacht in einem viel zu kleinen Bettchen zu liegen. Sie konnte zwar nur auf Krücken laufen, hatte aber geschickte Hände.
»Ein lustiges Weihnachten? Oh ja, sehr cool«, sagte Melli sofort, sie klang sehnsüchtig. »Ich könnte Geschenke basteln. In einem der Abstellräume ist noch bunte Wolle, daraus könnte ich Armbänder flechten.«
Ein paar der anderen Mädchen waren auch gleich begeistert und hatten Ideen für Geschenke oder Spiele, mit denen man Spaß haben konnte. Doch dann kam Samantha herein und hörte leider mit. »Was quatscht ihr da von einer Weihnachtsparty? Seid ihr bescheuert? Das gibt nur Ärger.«
Samantha war richtig hübsch mit ihren langen blonden Locken, nur ihre Pickel trieben sie vor Besuchstagen zur Verzweiflung. Weil sie keine Schminke kaufen durfte, hatte sie zuletzt versucht, sich das Gesicht mit Mehl zu pudern, wodurch sie leider ein bisschen wie eine Schneeeule ausgesehen hatte. Sie war fest entschlossen, bald adoptiert zu werden. Wen sie dabei als Konkurrenz sah, der hatte es nicht leicht.
»Du bist doch eine gute Schauspielerin, vielleicht könntest du unsere Erzieher nachmachen?«, fragte Holly. »Oder dir eine andere waldige Vorführung ausdenken?« Sie tat einfach so, als hätte sie die bescheuerten Einwände nicht gehört.
Es dauerte keine dreißig Sekunden, bis Samantha einknickte. »Na gut, ich bin dabei. Es gibt ja Plätzchen, hast du gesagt?«
»Es wird einen Plätzchenstapel geben, der mindestens so hoch ist wie eine dreijährige Pinie«, versicherte ihr Holly. »Oder sogar noch höher!«
Sie hatte keine Ahnung, wie sie den organisieren sollte. Doch die Lösung kam schon auf sie zu, mit großen Schritten und Schuhgröße 46. »Hier, bring den für mich zur Post«, befahl der Heimleiter und drückte ihr einen braunen Umschlag in die Hand. Mr Tambin war ein fast kahler Mann mit Strickjacke, der es irgendwie schaffte, immer gestresst zu wirken. »Und zwar gleich, wenn ich bitten darf.«
»Klar – ich mache es nicht nur gleich, sondern sofort«, sagte Holly und wippte auf den Zehenspitzen. Perfekt. Das Postamt war genau neben dem Supermarkt. Sofort zischte sie los zu einer Einsatzbesprechung mit Phil.
»Perfekt«, sagte auch er. »Übrigens wollen von den Jungs ganz viele mitmachen. Pepe meint, er kann Akrobatik, und Sergej will auch irgendwas zeigen, er wollte...
Erscheint lt. Verlag | 16.9.2021 |
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Illustrationen | Claudia Carls |
Verlagsort | Würzburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Animox • Blauer Engel • Carag • Ferien • Freunde • Freundschaft • Gestaltwandler • Internat • Katja Brandis • Kurzgeschichten • Puma • Schule • Seawalkers • Sonderband • Tiere • Umweltschutz • Warrior Cats • Wolf • Woodwalkers • zweite Staffel |
ISBN-10 | 3-401-80963-6 / 3401809636 |
ISBN-13 | 978-3-401-80963-2 / 9783401809632 |
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