Geisterschule Blauzahn - Lehrer mit Biss (eBook)

Witziges Gruselabenteuer ab 8

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
176 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-44105-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geisterschule Blauzahn - Lehrer mit Biss -  Barbara Rose
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Türen auf für das Geisterinternat Freddy kann sein Glück noch gar nicht fassen: Ihm wird tatsächlich ein kostenloser Platz im Internat Blauzahn angeboten! Was er nicht ahnt: Dort werden eigentlich nur magische Wesen aller Art unterrichtet - also Vampire, Poltergeister, Werwölfe ... Sie lernen dort, wie man den Menschen so richtig Angst einjagt. Doch die Schule hat Nachwuchsprobleme und so hat Direktor Graf Blauzahn zähneknirschend zugestimmt, Menschenkinder aufzunehmen. Nicht jeder ist mit dieser Veränderung einverstanden - irgendjemand will Freddy loswerden. Und das mit allen Mitteln!

Barbara Rose hat lange als Journalistin gearbeitet, sich Geschichten fürs Fernsehen ausgedacht und Sendungen im Radio moderiert. Heute schreibt sie vor allem Bücher für Kinder und Jugendliche. Sie lebt mit ihrer Familie in Stuttgart.

Barbara Rose hat lange als Journalistin gearbeitet, sich Geschichten fürs Fernsehen ausgedacht und Sendungen im Radio moderiert. Heute schreibt sie vor allem Bücher für Kinder und Jugendliche. Sie lebt mit ihrer Familie in Stuttgart.

2.
SCHNELL WEG!


Noch nie in seinem Leben hatte Freddy seine Tante Liz so glücklich gesehen. Als er ihr beim Abendessen den Brief unter die Nase hielt, strahlte sie.

»Was für eine wunderbare Chance für dich«, meinte sie zu Freddy. »Urgroßonkel Cornelius wäre stolz auf dich. Er hat selbst eins der besten Knabeninstitute besucht.« Sie schnüffelte ein bisschen. »Ich weiß zwar nicht, wie ich es künftig ohne dich schaffen soll. Wer zündet die ganzen Kerzen an? Wer besorgt neue Grablichter? Und mit wem soll ich dann am Abend unseren schönen Familienstammbaum durchgehen?«

»Soll ich lieber hierbl…«, setzte Freddy an, denn er hätte zwar lieber heute als morgen das gruftige Haus verlassen, doch irgendwie hatte er Tante Liz auch gern und wollte sie nicht einfach so im Stich lassen.

Aber da unterbrach sie ihn schon: »Auf gar keinen Fall sollst du hierbleiben!« Sie machte eine wegwischende Handbewegung. »Das hätten deine liebe Mutter und dein Onkel Bob, Gott hab sie selig, nie gewollt! Alle männlichen Familienmitglieder haben über die Jahrhunderte durchweg ordentliche Schulen besucht. Wir sollten uns später noch einmal den Familienstammbaum ansehen. Du weißt doch, Freddy: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!«

Freddy rollte die Augen. Nicht schon wieder, dachte er bei sich. Denn auch das war eine der seltsamen Gewohnheiten seiner Tante: mindestens zweimal pro Woche ging sie mit ihm die Listen seiner zahlreichen Verwandten und deren Abstammung durch. Langweilig wie Knäckebrot!

Freddys spannendste Frage jedoch, ob sie die Bewerbung für die neue Schule geschickt hatte, blieb unbeantwortet.

»Kost und Logis sind frei«, freute sich Tante Liz und kniff Freddy in die Wange. »Das heißt, ich muss dich nicht mehr durchfüttern. Frisst mir sowieso die Haare vom Kopf, Kindchen. Und auf dem Dachboden ist dann Platz für andere Dinge.«

Freddy dachte kurz nach, was sie dort wohl unterbringen wollte. Bisher schlief Freddy da oben. Zusammen mit einem keifenden Marder und einer stinkenden Mäusefamilie.

Er wohnte neben alten Kartons mit Onkel Bobs alter Kleidung und staubigen Büchern. Sein Bett war eine zerfledderte Matratze, Onkel Bobs abgenutzter Wintermantel diente als Zudecke. Dabei hätte es im Haus durchaus noch ein Zimmer gegeben. Aber darin wohnte Onkel Bob. Genauer: die Urne mit seiner Asche. Tante Liz hatte sie auf Bobs wuchtigem Schreibtisch drapiert und saß nun jeden Tag im Stuhl davor und hielt mit Bobs Überresten Zwiesprache. Im ganzen Raum standen Fotos von Onkel Bob, vor denen dunkelrote Grableuchten brannten. Tag und Nacht. Im Haus sah es aus, als wäre jeden Tag Halloween.

So war der Dachboden zu Freddys Raum geworden. Jede Nacht stöhnte, schepperte und rumpelte es unter dem Gebälk, als würde sich ein waschechter Geist dort herumtreiben. An Schlaf war kaum zu denken. Jeden Morgen schrubbte Freddy eine Viertelstunde an sich herum, um den alten Mief loszuwerden. Doch das Waschen und Abrubbeln war meist vergeblich. Er roch immer noch wie ein muffiger Kleiderschrank, was Freddy den Spitznamen Mottenkugel eingebracht hatte.

Freddy seufzte und griff nach der Leberwurst, um sich ein Brot zu schmieren. Tante Liz sah ihn entgeistert an.

»Nur ein Teelöffelchen voll, Freddy. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Außerdem will Walter auch noch seinen Anteil.« Sie riss Freddy die Wurst aus der Hand.

Freddy blieb keine Zeit zum Protestieren. Es hätte sowieso nichts genutzt. »Kann ich denn jetzt noch etwas von dem Gulasch haben?«

Tante Liz sah ihn mitleidig an. »Tut mir so leid, mein Junge. Aber das habe ich vorhin meinem kleinen Katerchen gegeben.« Sie hob Walter hoch und tupfte ihm liebevoll den prallen Bauch. »Er hat immer so einen guten Appetit, das Kerlchen.«

Freddy stöhnte. Für ihn gab es jetzt nur noch einen Klecks ranzige Margarine.

»Ich geh ins Bett«, murmelte er mit knurrendem Magen.

»So ist es recht. Tu das, mein Junge«, gab Tante Liz zurück. »Geh mit den Hühnern schlafen und steh mit den Hähnen auf.«

Freddy wusste zwar, dass sich seine Tante auf ihre Weise um ihn bemühte. Trotzdem war dieser Abend der Moment, in dem Freddy begann, die Tage zu zählen. Die Tage, bis er endlich nicht mehr in seine alte Schule gehen musste. Hier hatte er sich nie richtig wohlgefühlt Und sein Zuhause, wenn man den Dachboden und das Halloween-Haus überhaupt so nennen konnte, war auch nicht wirklich schön. Freddy musste alle Arbeiten im und rund ums Haus erledigen. Er spülte, kehrte und ging einkaufen. Tante Liz hatte seit Jahren kaum mehr Tageslicht gesehen. Geschweige denn Menschen! Und Freddy hielt es jetzt auch nicht mehr aus. Er sehnte sich regelrecht danach, ins Internat Burg Blauzahn zu kommen.

In den Wochen bis zur Abfahrt radelte Freddy täglich zur Pimpelhauser Bibliothek. Er wollte alles über die Burg Blauzahn herausfinden. Doch so sehr er auch in alten Schinken blätterte … er fand nichts. Keinen Hinweis. Keine Eintragung. Kein Bild oder Foto. Dafür malte er sich alles in Gedanken umso schöner aus. Die ganzen Sommerferien über träumte er von einer Burg voller fröhlicher Schüler. In Freddys Träumen hatte hier jeder sein eigenes Himmelbett. Wie es sich für so eine Burg gehörte. Freddy stellte sich einen großen Park vor mit Fußball- und Tennisplatz, mit eigenem Schwimmbad und viel Platz zum Toben. Und bestimmt würde er hier jede Menge coole Freunde finden. Niemand würde ihn mehr Mottenkugel nennen. Ganz sicher!

Und endlich war es so weit:

»Hier ist das Geld für den Bus«, flötete Tante Liz am letzten Augusttag. Sie drückte Freddy die genau abgezählten Münzen in die Hand. Wegen der Hitze und dem dicken schwarzen Kleid hatten sich kleine Schweißperlen auf ihrem Gesicht gebildet. Unwirsch wischte sie diese mit der Handfläche weg. »Ich war immer gut zu dir, Freddy. Aber mehr kann ich dir nun wirklich nicht geben.«

Gemeinsam warteten Tante Liz und Freddy im Eingang des Hauses in der Bibbergasse 7. Die Bushaltestelle lag genau gegenüber. Tante Liz hatte es sich nicht nehmen lassen, Freddy zu winken. Dafür hatte sie extra einen breiten Spitzenrand um ein älteres Stofftaschentuch geklöppelt. Und sie hatte das größte Foto, das sie von ihrem verstorbenen Mann finden konnte, nach draußen geschleppt. Eine Aufnahme, die Onkel Bob in vollem Ausmaß zeigte. In einem antiken Rahmen mit echtem Gold. Dafür hatte Tante Liz ihr ganzes Erspartes ausgegeben, während Freddy nicht mal Schuhe in seiner Größe bekam.

»Sogar das feine weiße Hemd deines Onkels habe ich dir eingepackt, Junge«, säuselte Tante Liz. »Und eine frische Unterhose.«

Sie angelte die Plastiktüte, die Freddy statt eines Koffers ins Internat mitnahm, vom Boden. Willst du auch nach dem Tod gut liegen, nimm Särge von der Firma Siegen stand mit schwarzer Schrift darauf. Freddy war das wurstegal, er hatte sich einfach den nächstbesten Beutel geschnappt, denn einen Koffer gab es nicht.

»Pass schön auf, Freddy, dass nichts schmutzig wird. Und zieh dich im Bus gleich um. Du weißt, der erste Eindruck zählt«, betonte Tante Liz. Theatralisch wischte sie sich ein paar Tränen aus den Augen. Man konnte ja nie wissen, ob nicht Nachbarn zusahen. Die sollten unbedingt merken, wie herzzerreißend sich dieser Abschied gestaltete. Und was für ein guter Mensch Tante Liz doch war. Auch wenn die Nachbarn sie alle für ein bisschen verrückt hielten. Und tief in ihrem Herzen war sie tatsächlich ziemlich betrübt darüber, dass Freddy sie verließ. Aber sie wollte ihm auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen machen. Und sie hatte ja noch ihren Mann und Walter!

»Danke für alles.« Freddy nahm seiner Tante die Tüte aus der Hand. »Vielleicht komme ich in den Ferien …«

»Vielleicht. Vielleicht hast du mich aber auch bald vergessen.«

Tante Liz hielt sich das Foto vors Gesicht und streichelte ihrem Mann den Arm mit dem eintätowierten Matrosen. Freddy betrachtete ihn nachdenklich. Weil Onkel Bob in seinen letzten Jahren ordentlich zugelegt hatte, sah der Matrose eher aus wie ein Rumfass mit Armen. Oder eine laufende Pellwurst. Das wäre ihm beinahe herausgeplatzt, aber Freddy schluckte den Gedanken runter. Glücklicherweise klapperte da der Pimpelhauser Bus um die Ecke. Mit quietschenden Reifen hielt er an der Haltestelle, die Tür öffnete sich. Freddy winkte, stieg ein und hielt dem Busfahrer das abgezählte Geld hin.

»Einmal zum Bahnhof«, erklärte er.

Der Busfahrer zwinkerte Freddy zu. »Raus aus Pimpelhausen, kann ich voll verstehen. Du hast es gut.«

Durchs Fenster beobachtete Freddy, wie Tante Liz auf dem Absatz umdrehte, im Haus verschwand und die Tür schloss. Die Welt blieb wieder draußen.

Freddy ließ sich auf einen Sitz fallen. Sein Magen fühlte sich auf einmal an, als hätte er mehrere Packungen Brausepulver geschluckt. Es prickelte und kribbelte überall. Ob das an der Aufregung lag? Oder vielleicht doch nur daran, dass es kein Brot fürs Frühstück gegeben und Freddy deshalb nur einen runzeligen Apfel bekommen hatte? Er nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, die er schnell noch eingepackt hatte. Danach ging es seinem Magen etwas besser.

Interessiert sah Freddy aus dem Fenster. Gerade fuhr der Bus an der Metzgerei Ziegenfuß vorbei, in der er für Tante Liz immer die Leberwurst kaufte. Danach klapperte der Bus ein Stück an Freddys alter Schule entlang. Freddy wandte den Kopf ab, er wollte sie gar nicht mehr sehen. Lieber blickte er zur Frontscheibe hinaus, wo langsam der Bahnhof in Sichtweite kam....

Erscheint lt. Verlag 20.10.2021
Reihe/Serie Die Geisterschule-Blauzahn-Reihe
Die Geisterschule-Blauzahn-Reihe
Illustrationen Barbara Fisinger
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Freundschaft • Geistergeschichte für Kinder • Geisterschule • Geschenkbuch • Grusel • Gruselgeschichte • Gruselgeschichte für Kinder • Halloween • Harry Potter • Humor • Internat • Internatsgeschichte • Kaiblinger • Kinderbuch ab 8 • Kobold • Lesespaß • lustig • Monster • Scary Harry • Schullektüre • Ungeheuer • Vincent • Witz • Zauberschule
ISBN-10 3-423-44105-4 / 3423441054
ISBN-13 978-3-423-44105-6 / 9783423441056
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