Das Haus am Rande der Magie (eBook)

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2021 | 1. Auflage
200 Seiten
Dragonfly (Verlag)
978-3-7488-5048-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus am Rande der Magie - Amy Sparkes
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Ein fieser Fluch, ein verborgener Schatz und ein Zauberer in Pantoffeln
Taschendiebin Neun stiehlt auf einer ihrer Missionen ein Miniaturhaus von einer Hexe. Es ist so winzig, dass es auf ihre Handfläche passt. Als sie den klitzekleinen Türöffner betätigt, eröffnet sich ihr eine ganz neue magische Welt voller Unmöglichkeiten und verrückter Kreaturen, darunter ein durchgeknallter junger Zauberer und ein Troll in Rüschenschürze. Doch das Haus steht unter einem Fluch, den nur Neun brechen kann ...
Ein kampflustiger Löffel und ein verschwindendes Klo: in diesem magischen Haus geht es drunter und drüber

»Mehr Fantasie kann man zwischen zwei Buchdeckeln wirklich nicht unterbringen.« Andrea Wedan, Buchkultur, 14.10.2021



Amy Sparkes ist eine britische Kinderbuchautorin. Sie wurde in Eastbourne geboren und studierte Englische Literatur und Theologie an der University of Kent. Sie arbeitete für wohltätige Organisationen und im Gesundheitssystem, bevor sie sich ganz dem Schreiben und ihrer Familie widmete. In Großbritannien sind zahlreiche ihrer Bilder- und Vorlesebücher erschienen. Sie lebt mit ihrer Familie in Devon.

KAPITEL 6

Neun rannte durch die gewundenen Straßen, bis sie ein paar verwahrloste Reihenhäuser mit brettervernagelten Fenstern erreichte. Vor dem dritten blieb sie stehen, und ihre Schultern verkrampften sich.

»Elendes Gesindel«, brummelte sie vor sich hin, klopfte an die alte Holztür und knurrte: »Heute keine Erdbeeren.«

Die Tür ging knarzend auf. Ein Arm zwängte sich durch den Spalt und riss Neun grob ins Gebäude. Mit einem Krachen fiel die Tür hinter ihr ins Schloss, während sie versuchte, das Gleichgewicht wiederzufinden. Sie stand in einem dunklen Flur, der nur von einer flackernden Kerze erleuchtet wurde. Von der Decke baumelte ein kurzes, schmuddeliges Seil.

»Mann, Jim, ich hab’s dir doch schon tausendmal gesagt«, schimpfte sie in die Finsternis hinein. »DU SOLLST MICH NICHT ANFASSEN! Es reicht, wenn du die dämliche Tür …«

Eine Hand schnellte aus dem Schatten und zog am Seil.

»… aufmaaachst!« Eine Falltür schwang auf, und Neun verlor den Boden unter den Füßen.

Sie landete unsanft mit dem Hinterteil auf einer alten, metallenen Kohlenrutsche. Die Falltür knallte wieder zu, und sie schlitterte durchs Schwarz, bis sie ins schummrige Nest der Tausend Schätze purzelte.

Mit rasendem Herzen rappelte Neun sich vom feuchten Kellerboden auf. Mary, Annie und Tom, die anderen Elstern, starrten sie von ihren mit Säcken ausgelegten Lagern feindselig an. Neun starrte ebenso feindselig zurück. Von hinten näherten sich weichgelatschte Stiefel.

»Was bisse so spät?«, maulte Zocks ihr ins Ohr. Sein Atem stank nach fauligen Zwiebeln und monatealten Rattenkadavern. Durchaus möglich, dass das seine letzte Mahlzeit gewesen war.

»Was bist du so ekelhaft? Putz dir mal die Zähne«, erwiderte sie, als Zocks sich vor ihr aufbaute.

Der alte, weißbärtige Bandenboss funkelte sie von oben herab an und mahlte mit dem Kiefer. »Du hast hoffentlich was Hübsches für Zocks’ Nest dabei«, presste er hervor.

Neun dachte an die Dame in Scharlachrot und den gescheiterten Überfall. Sie sagte nichts. Sie wusste, dass sie bei Zocks in Ungnade fallen würde, und zwar schneller als ein vom Stein getroffener Spatz vom Himmel.

»Als ob die was dabei hat«, meinte Annie.

»Die bringts nicht mehr«, mischte sich auch Mary ein, die an ihren dreckstarrenden Haaren nuckelte. Sie warf Neun einen gehässigen Blick zu, den diese nur zu gern erwiderte.

»Nutzlos bisse! Dabei teilt Zocks sein Nest mit dir«, fauchte Zocks und deutete mit einer großen Geste auf den kalten, düsteren Keller.

»Ist auch richtig einladend hier«, gab Neun zurück. Sie schaltete auf Durchzug, damit sie Zocks’ Genörgel nicht hören musste, und sah sich um. Jede Ecke und jeder Winkel stand voll mit seinen skurrilen Schätzen. An krummen Nägeln im Deckenbalken baumelten zusammengeschnürte Hasenpfoten, kaputte Medaillons, angelaufene Ketten und eine angeknackste, aber funktionierende Taschenuhr. Das Kerzenlicht tänzelte immer wieder über Trinkkrüge, die wie Gesichter geformt waren und sie aus den Nischen angrinsten wie hässliche Wasserspeier.

Und dort, auf einem Regal zwischen weiteren alten Krügen, schimmerte ihre kleine Spieldose. Mehr hatte sie nicht bei sich gehabt, als Zocks sie aufgegabelt hatte.

Das war ihre früheste Erinnerung: Mit ungefähr drei Jahren hatte sie frierend und allein vor einer Tür gestanden. Sie wusste nicht, wer sie dort zurückgelassen hatte oder warum, aber sie erinnerte sich noch an die wunderschöne, makellose Spieldose. In ihrer winzigen Hand hatte sie damals viel größer gewirkt.

Bestimmt hatte Zocks sie nur wegen der Spieldose bei sich aufgenommen. »Neun« hatte er sie gerufen, sie an der Hand gefasst und mit sich fortgezogen. Ihren richtigen Namen kannte sie nicht, denn hier im Nest war sie bloß das neunte Findelkind, das Zuflucht gefunden hatte. Und ihr Schatz – der einzige Gegenstand auf der Welt, der ihr etwas bedeutete – war sofort in Zocks’ Besitz übergegangen. Neun verscheuchte die Gedanken an die Vergangenheit und schielte sehnsüchtig auf die Spieldose. Es juckte ihr in den Fingern, sie wieder in Händen zu halten.

Erneut ertönte die grollende Stimme des Alten. »Zocks will doch nur Geschenke oder Kröten von seinen Kinders. Wir sind hier auf uns allein gestellt, nichtsnutzige Elstern!«

Neun verdrehte die Augen und machte es sich auf dem klammen Boden bequem. Das konnte noch ein Weilchen dauern.

Zocks warf die Arme hoch und ließ sie resigniert wieder gegen seinen Körper fallen. »Was tut Zocks immer sagen?«

»Das Leben schenkt dir keine Erdbeeren«, antworteten Neun und die anderen Elstern im Chor.

»Das Leben spuckt auf euch!«, fuhr Zocks fort, zeigte mit dem Finger auf sie und kletterte auf eine Teekiste.

Oh Mann! Nicht auch noch die Teekiste.

»Wenn Zocks euch nicht …«, murmelte Neun.

»Wenn Zocks euch nicht aufgenommen hätte«, erklärte Zocks.

»Würdet ihr alle …«

»Würdet ihr alle auf der Straße sitzen!«

»Keine Freiheit …«

»Keine Freiheit, kein Leben.«

»Kein gar nichts«, sagte Neun und starrte mit leerem Blick in den Keller.

»Kein gar nichts!«, beendete Zocks seine Tirade und machte eine so ausladende Triumphgeste, dass er prompt von der Kiste kippte.

Tom unterdrückte prustend ein Lachen, doch Neun sah den alten Mann nur finster an. Sie hasste Zocks. Aber wenn er nicht gewesen wäre … Sie wollte es sich gar nicht erst ausmalen. So sehr es sie auch ärgerte, sie war ihm etwas schuldig.

Sie stapfte in ihre Ecke, die versteckt hinter ein paar klapprigen Holzkisten lag. Obwohl sie Zocks und die anderen brauchte, war sie trotzdem lieber allein. Allein war es schöner, sicherer.

Als sie am Regal vorbeilief, strich sie mit der Hand daran entlang und nahm die kleine Spieldose an sich. Sie würde sie zurückstellen, bevor er sie vermisste. Neun sank auf ihr zerschlissenes Bett aus alten Säcken und spürte die vertraute Kälte des Steinbodens durch den Stoff kriechen. Sie betrachtete die Spieldose und hätte am liebsten an der winzigen Kurbel gedreht, um die lieblich klimpernde Melodie zu hören. Die Melodie, die ihr zuflüsterte, dass sie früher – möglicherweise – mal geliebt worden war.

Aber das ging nicht. Nicht, ohne erwischt zu werden. Sie starrte düster hinüber zu Zocks. Heutzutage konnte sie der Dose nur lauschen, wenn er sie benutzte. Ihr Rücken prickelte vor Wut.

»Mein Leben läuft bestens«, sagte sie zähneknirschend zu sich selbst und wünschte, die Worte würden in Erfüllung gehen.

Doch sie wusste genau, dass der Wunsch nichts ändern konnte. Aber etwas anderes konnte es … Das Haus. Der Fluch. Der leuchtende rote Ball mit dem Juwel …

NEIN. Sie wollte nie wieder an diesen albernen Ort zurück.

Müdigkeit drang in jeden ihrer Knochen, in jeden ihrer Muskeln. Sie holte Das Geheimnis im Wolfenmoor aus ihrer Umhängetasche. Dabei hatte sie eigentlich gar keine Lust zu lesen. Sie legte sich auf die Seite, zog sich die dünne graue Decke über die Schultern und rollte sich schützend um die Spieldose zusammen.

Bleischwerer Schlaf übermannte sie. Ihre Träume waren wild und kunterbunt. Sie schlich durch einen dunklen Gang auf den schwebenden roten Ball zu und streckte die Hand danach aus. Sie kam näher … immer näher … wollte ihn anfassen … Doch da verpuffte das Juwel zu einer roten Rauchwolke. In der Ferne hörte sie eine Frau lachen …

Ruckartig wachte sie auf, das Echo des Gelächters noch im Ohr. Sie schaute nach unten und entdeckte die Spieldose in ihrer Hand. Panik ergriff sie. Wenn Zocks merkte, dass sie nicht mehr da war … Plötzlich war sie hellwach, warf die Decke zurück und kam schwankend auf die Beine.

Leise huschte sie durch den Keller zu dem Regal mit dem billigen Plunder. Sie drückte ihren Schatz noch einmal fest an sich, bevor sie ihn zurückstellte.

»Fass die nie wieder an«, knurrte Zocks.

Neun erstarrte und spähte in seine Ecke. Er lag ausgestreckt auf seinem armseligen Lager aus Laken, gepolstert mit Wolle, Stofffetzen und Flöhen. »Du warst immer eine miese Elster. Das ist das einzigste Wertvolle, das Zocks je von dir gekriegt hat. Gibs her.«

Neun biss die Zähne zusammen. Sie nahm die Spieldose, ging zu dem alten Mann und drückte sie ihm verdrossen in die offene Hand.

Mit einem Ruck packte er sie vorn an der Jacke und zog sie zu sich hinunter. »Das is meine. Pfoten weg.«

Neuns gesamter Körper stand unter Strom. Wütend starrte sie Zocks an und zwang sich, nicht zu blinzeln. Zum Glück konnte er ihr rasend schnelles Herz nicht hören. Sie durfte niemals Schwäche vor ihm zeigen. Niemals.

Diesen Fehler hatte sie ein einziges Mal gemacht. Als sie noch klein gewesen war. Sie hatte geweint, weil Zocks mit seinen schmutzigen Fingern an der winzigen Kurbel der Spieldose gedreht hatte. Zocks hatte ihr ein paar blaue Flecke verpasst, damit sie aufhörte. Damit sie ein dickes Fell bekam. Es war ihm gelungen. Seitdem hatte sie keine Träne mehr vergossen.

»Zocks hat mehr als genug Elstern, die ihn bei Laune halten«, fauchte er durch die schwarz verfärbten Zähne.

»Mehr als genug«, murmelte Mary in der Dunkelheit.

»Er kann auch ohne eine Neun. Aber du bist ohne einen Zocks nach ner Woche...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2021
Reihe/Serie Das Haus am Rande der Magie
Das Haus am Rande der Magie
Illustrationen Simona M. Ceccarelli
Übersetzer Jennifer Michalski, Katrin Segerer
Sprache deutsch
Original-Titel The House of the Edge of Magic
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Britischer Humor • bücher kinder • Diebe • Diebin • Eine Reihe betrüblicher Ereignisse • Fantasy Kinderbuch • Fantasy Kinderbücher • Fuchsbau • Haus • Hexe • Kinderbuch 10 Jahre • Kinderbuch ab 10 • Kinderbuch Abenteuer • Kinderbuch britisch • Kinderbuch England • Kinderbücher • kinderbücher 10 jahre • kinderbücher 4. klasse • kinderbücher 9 jahre • kinderbücher fantasy • Kinderbuch fantastisch • Kinderbuch Fantasy • Kinderbuch Hexe • Kinderbuch Humor • Kinderbuch lustig • Lemony Snicket • Magie • Magisches Haus • Malamander • Schlimmes Ende • Zauberei • Zauberer • Zauberhaus
ISBN-10 3-7488-5048-4 / 3748850484
ISBN-13 978-3-7488-5048-9 / 9783748850489
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