Die drei ??? Das weiße Grab (drei Fragezeichen) (eBook)
144 Seiten
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
978-3-440-50459-8 (ISBN)
Ausgerutscht!
»Vorsicht!«, rief Peter. Das Auto schlitterte zur Seite und die weiße Schneewand schien unaufhaltsam auf den Zweiten Detektiv zuzurasen.
Trotz seiner Müdigkeit reagierte Bob blitzschnell. Er ging vom Gas und steuerte gegen. Wie Irrlichter huschten die Scheinwerfer des VW Käfers über die an den Straßenrand gefrästen Schneehaufen. Doch durch Bobs abruptes Lenken schlingerte das Auto nun in die andere Richtung, geriet auf die Gegenspur und begann sich zu drehen, sodass die Schneemauer an der Abgrenzung der Straße sich jetzt bedrohlich vor Justus’ Seitenfenster aufbaute.
»Achtung, Bob!«, schrie der Erste Detektiv.
»Mist!« Wild kurbelte Bob am Steuerrad. Ein Unfall war kaum noch zu vermeiden. Das Auto fing sich ein wenig und Bob gab Gas, um es wieder auf den Fahrstreifen zu bekommen. Doch das war ein Fehler: Die Hinterreifen drehten durch und spritzten wie eine Eisdüse den Schnee in die Luft. Der VW schwenkte nach links aus. Eine Sekunde später drückte sich der Wagen frontal in einen riesigen Schneehaufen hinein und blieb darin stecken. Den Motor hatte Bob bei der Aktion abgewürgt.
Plötzlich war alles ganz still. Vor den drei ??? glimmte milchiges Licht, das die in den Schnee gepressten Frontscheinwerfer erzeugten. Justus drehte sich um. Hinter ihnen war alles in den roten Schein der Rückleuchten getaucht, der die Schneeflocken wie feurige Sterne tanzen ließ. Der Niederschlag wurde stärker. Justus sah in den grauschwarz verhangenen Himmel über ihnen, der alles in seine Stille tauchte. »Seid ihr okay?«, fragte Bob atemlos. Der Schreck war ihm gehörig in die Glieder gefahren.
Peter war durch den Gurt gerutscht und schob sich ächzend zurück auf den Sitz. »Bis auf ein mittelschweres Schleudertrauma geht es mir gut«, sagte er. »Nein, keine Angst. Alles okay.« Er drehte sich um zur Rückbank. »Und du, Justus?«
»Schon in Ordnung«, sagte der Erste Detektiv und rieb sich den Arm, den er sich an der Seitenwand gestoßen hatte. »Leider hat sich die Verpflegung auf die Reise gemacht. Ausgerechnet das dicke Käsesandwich, das ich mir aufgehoben habe, liegt aufgeklappt im Fußraum.«
»Hoffentlich mit der Käseseite nach oben«, sagte Peter.
»Natürlich mit der Käseseite nach unten«, stellte Justus klar.
»Wir werden bald etwas Ordentliches zu essen bekommen«, beruhigte Bob. »Vor Kurzem haben wir das Ortsschild von Clearwater Springs passiert! Das Hotel ist nicht mehr weit.«
»Das Snow Paradise«, sagte Justus, »die einzige Übernachtungsmöglichkeit in dieser Enklave. Ich hoffe, die sind auf einen sehr hungrigen Magen eingerichtet.«
»Davon gehe ich aus!«, sagte Peter. Er hatte sich um die Reise gekümmert. Denn es war seine Idee gewesen, mit seinen beiden besten Freunden an diesem abgelegenen Ort ein paar Tage im Schnee zu verbringen und eine Skitour zu machen. Fernab von allen Detektivgeschichten, die die drei ??? zu Hause ständig auf Trab hielten. »Aber zuerst müssen wir das Auto wieder flottkriegen. Auch wenn hier fast kein Verkehr ist, stehen wir nicht gerade ungefährlich in der Gegend herum.«
Bob nickte und schaltete sicherheitshalber die Warnblinkanlage an. Dann stieg er aus, um sich den Schaden zu besehen. Peter und Justus folgten ihm. Der Schnee fiel und fiel. Dabei war es fast windstill.
Peter spürte die hohen Berge, die irgendwo im Dunkel aufragten und deretwegen sie gekommen waren. Dann wischte er prüfend mit der Hand durch den Schnee. Pulvriges Weiß ergoss sich über die Kofferraumhaube. »Mit etwas Glück sind nur ein paar Beulen im Blech!«
»Also holen wir unsere Limousine mal aus dem Schlamassel«, sagte Justus und klopfte sich die Schneeflocken vom Pullover. »Am besten, Peter und ich schieben dich raus, Bob!«
Der dritte Detektiv nickte, setzte sich zurück ans Steuer, startete den Motor und legte den Rückwärtsgang ein. Während die beiden anderen sich gegen das Auto stemmten, gab er vorsichtig Gas. Die Reifen drehten leicht durch, fanden dann aber Halt, und langsam rollte der VW auf die Straße zurück.
Nachdem Bob wieder angehalten hatte, beugte sich Justus über die Frontpartie des Autos. »Nur ein kleiner Blechschaden«, stellte er fest. »Die Lichter sind okay. Der Kotflügel ist leicht eingedrückt, aber die Reifen sind frei. Hättest du die Schneeketten aufgezogen, Bob, wäre das nicht passiert!«
»Kann ja keiner ahnen, dass es kurz vor Ankunft noch mal so weit raufgeht und glatt wird!«
Kopfschüttelnd trat Justus an die Fahrertür. »Clearwater Springs liegt auf exakt 2238 Höhenmetern. Die Berggipfel der White Bows gehen bis auf 4000 Meter hoch. Das habe ich euch gestern alles erzählt. Hört ihr mir eigentlich manchmal auch zu?«
»Trotzdem hätte ich die Kontrolle über das Fahrzeug nicht verloren, wenn ich nicht abgelenkt worden wäre«, sagte Bob.
»Abgelenkt?«, rief Peter entrüstet. Er prüfte am Heck des Wagens, ob ihre drei Paar Ski die Rutschpartie gut überstanden hatten. Glücklicherweise ja. Wie die Spitzen eines Zauns ragten sie über das Dach des Käfers. »Wer hat dich abgelenkt? Ich? Weil ich so laut beim Radio mitgesungen habe? Nun schieb die Schuld doch nicht immer auf andere!«
»Dich habe ich doch gar nicht gemeint«, rief Bob. »Steig lieber ein. Sonst passiert noch ein Unfall!«
Als hätte er es geahnt, wurde ein lautes Motorengeräusch hörbar. Eilig sprangen Peter und Justus in den VW. Bob fuhr den Wagen auf die rechte Fahrbahnseite. Grelles Licht blendete sie plötzlich. Als das andere Fahrzeug näher kam, sahen sie, dass es sich um einen Pick-up handelte, der mit einer vorne befestigten großen Schaufel Schnee von der Straße räumte. Als es auf Höhe des Käfers war, blieb das Gefährt stehen.
Das Fahrerfenster wurde heruntergelassen. »Irgendwelche Probleme?« Die Stimme der Frau klang samtig, aber bestimmt. Hinter ihr tauchte der Kopf eines großen, weiß-braun gefleckten Hundes auf, der auf dem Beifahrersitz gesessen haben musste. Er drängte sich neben die Frau und bellte. »Ruhig, Snoopy!«, sagte sie. Der Hund gehorchte und schnüffelte.
Vorsichtshalber zwinkerte Bob Snoopy freundlich zu. »Danke, Madam, keine Probleme«, rief er gegen den Lärm des Motors an, »nur eine kleine Rutschpartie. Wir sind auf dem Weg ins Snow Paradise.«
»Da habt ihr es nicht mehr weit!«, rief die Frau zurück. »Nach ein paar hundert Metern seid ihr da! Ihr könnt es schwer verfehlen. Es gibt nur fünf Häuser in Clearwater Springs. Über der Parkplatzeinfahrt leuchtet ein weißer Stern! Wollt ihr ein paar Tage bleiben?«
Bob nickte. »Wir wollen die Skitour in den White Bows gehen. Wie es aussieht, gibt es ja mehr als genug Schnee!«
»Allerdings! Bei dem Wetter müsst ihr auf Lawinen aufpassen. Bleibt auf der markierten Route. Und meidet vor allem das Weiße Grab!«
»Das Weiße Grab?« Bob runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit?«
»Fragt Walt Duffy vom Tourist-Office … oder, äh, wer eben da ist. Man wird euch alles erklären. Ich muss jetzt weiter, Jungs!« Sie zeigte auf die Straße, die bereits wieder komplett mit frischem Schnee bedeckt war. »Bin schon eine ganze Weile unterwegs.«
Bob bedankte sich für die Auskunft und der Pick-up fuhr ruckartig davon. Justus drehte sich um und sah, wie sich die Rücklichter langsam im Grau auflösten. »Weißes Grab«, murmelte er.
»Das fasziniert dich jetzt, Just, oder?«, sagte Peter provozierend. »Wenn ich dich daran erinnern darf: Wir haben ein paar Tage frei und wollen einfach nur in die Berge! Ich weiß ja, dass dir ein neuer Fall lieber ist, als auf Tourenski durch den Schnee zu stapfen. Aber du hast mir versprochen, dass wir nach den vielen Aufträgen der letzten Zeit ausnahmsweise nicht in ein Abenteuer geraten. Zumindest nicht in ein kriminalistisches! Und genau deshalb habe ich diesen abgelegenen Ort rausgesucht!«
»Das können wir später noch besprechen, Kollegen.« Bob legte den Gang ein und gab vorsichtig Gas. »Jetzt freue ich mich erst einmal aufs Essen und dann auf mein Bett!«
Peter gähnte. »Und ich erst mal! Nach der langen Fahrt! Aber was ich dich noch fragen wollte: Was hat dich denn vorhin abgelenkt, Bob, wenn ich es nicht war?«
»Ich weiß nicht, ob du das jetzt wirklich hören willst, Zweiter. Das Erste, was man von Clearwater Springs sieht, ist eine kleine Kirche. Wahrscheinlich ist sie dir nicht aufgefallen, weil sie auf meiner Seite lag, und Justus hat da noch vor sich hin gedöst. Ich habe sie zunächst auch nur aus den Augenwinkeln gesehen, schemenhaft, als das Scheinwerferlicht sie gestreift hat. Die Zufahrt war geräumt, sodass man einen Moment lang einen guten Blick hatte. Neben der Kirche lag ein Friedhof. Und da war so ein seltsam schwebendes Licht bei einem der Grabsteine, gerade so, als wäre ein Geist unterwegs …«
»Ein Geist?«, unterbrach Peter erschrocken. »Komm mir nicht mit so etwas! Die Fahrt hierher war schon unheimlich genug.«
»Wahrscheinlich war es auch nur ein Mensch mit einer Taschenlampe!«, sagte Bob grinsend.
»Was unternimmt man bei so einem Wetter und überdies um eine solche Uhrzeit mit einer Taschenlampe auf einem Friedhof?«, meldete sich Justus von der Rückbank und fügte ohne Unterbrechung hinzu: »Dritter, dreh sofort um! Wir sollten nach dem Rechten sehen!«
»Nein, das sollten wir nicht!«, rief Peter und befahl entschieden: »Bob, fahr bitte sofort ins Hotel!«
Doch Bob bremste den...
Erscheint lt. Verlag | 15.7.2021 |
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Illustrationen | Silvia Christoph |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre | |
Schlagworte | ab 10 • ab 8 • Bob Andrews • Detektive • Detektivgeschichten • Gebirge • Jungen • Justus Jonas • Kinderbuchreihe • Peter Shaw • Rocky Beach |
ISBN-10 | 3-440-50459-X / 344050459X |
ISBN-13 | 978-3-440-50459-8 / 9783440504598 |
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