Victor Flec - Jagd durch die Stadt der Geister (eBook)

Band 1
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2021 | 1. Auflage
336 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0344-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Victor Flec - Jagd durch die Stadt der Geister -  Angela Kirchner
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Geister, Gangster und ganz viel Humor: Ein spannendes Abenteuer in einer originellen Geisterwelt mit zwei unvergesslichen jungen Helden. Ab 10 Jahren. Victor Flec hat Glück: Er lebt in einer der wenigen Städte, die ein echtes Ghostend, also ein Geisterviertel, besitzen! Und seine Freundin Ciel Moon ist sogar unter den Geistern aufgewachsen. Mit den Spukgestalten aus Filmen haben die zwar nichts zu tun, aber Victor findet sie irre aufregend. Zu aufregend vielleicht? Denn leider kommt er ausgerechnet dem berüchtigten Gangster-Geist Llex Cordicio in die Quere und muss nun einen mysteriösen Auftrag für ihn erledigen. Bald wird klar: Nicht nur Vic ist in Gefahr, sondern die ganze Welt ... Überraschend, witzig und mit einer Prise Magie!

Angela Kirchner, Jahrgang 1982, ist gelernte Buchhändlerin und inzwischen als Autorin und Texterin tätig. Wie Maries Sparkles springen ihre bunten Ideen über die Buchseiten und verzaubern alle Leser*innen. Sie lebt mit ihrer Familie in Unterfranken.

Angela Kirchner, Jahrgang 1982, ist gelernte Buchhändlerin und inzwischen als Autorin und Texterin tätig. Wie Maries Sparkles springen ihre bunten Ideen über die Buchseiten und verzaubern alle Leser*innen. Sie lebt mit ihrer Familie in Unterfranken.

1 Victor


Victor Flec stand vor Staunen der Mund offen.

Seit er die U-Bahn verlassen hatte, glotzte er ganz und gar unbefangen jeden an, der an ihm vorüberlief und ihm nicht verbot zu glotzen. Eigentlich war dieses Verhalten sonst nicht unbedingt Victors Art, jedenfalls solange es nicht um Geister ging. Aber hier stand er nun, mitten im Ghostend, und war umgeben von diesen wunderlichen Wesen. Der helle Wahnsinn!

Inzwischen war er bestimmt zehnmal hier gewesen, wenn nicht sogar öfter. Immerhin lag der Umzug mit seiner Familie in diese Stadt bereits ein halbes Jahr zurück, und noch dazu jobbte Victor bei einem Geist. Trotzdem überkam ihn jedes Mal aufs Neue diese unbändige Faszination, sobald er einen Fuß ins Geisterviertel setzte.

Jahrelang hatte er davon geträumt, wie es wohl sein würde, durchs Ghostend zu schlendern. Wie es sich anfühlen würde, diesen bunten Mischmasch aus Kulturen mit eigenen Augen betrachten zu können, und wie vielen Geistern er unterwegs begegnen würde. Auf dem Dorf, wo er mit seinen Eltern und Geschwistern bisher gelebt hatte, gab es nämlich kein Viertel, das von Geistern bewohnt wurde. Dort gab es ja nicht mal Geister. Genau genommen fand man die nur an wenigen Orten auf der Erde. Das Ghostend war das größte von sechs Geistervierteln weltweit – und deshalb eine besondere Attraktion.

Hier gab es kleine Geister mit runden Körpern, die gemütlich durch die Sonne flanierten, und große Geister mit schmalen Körpern, die dasselbe taten. Es gab junge Geister, alte Geister, hübsche, weniger hübsche, sportliche und weniger sportliche. Manche von ihnen trugen moderne Klamotten, doch der überwiegende Teil kleidete sich im Stil längst vergangener Jahrhunderte. Einer hatte sogar ein Kettenhemd an. Ein echtes, massives Kettenhemd! Okay, er trug Turnschuhe dazu und eine Baseballcap statt eines Ritterhelms, dennoch starrte ihm Victor begeistert hinterher.

Allen Geistern gemein waren die schneeweißen Haare und eine mehr oder weniger bläulich schimmernde Haut. Selbst Augäpfel und Iris leuchteten in diesem lichten Blau. Grund dafür war eine Art blauer Glibber, der Muskeln, Sehnen und Blut im Körper der Geister ersetzte. Victor hatte vor seinem Umzug darüber gelesen. Genauer gesagt hatte er jede noch so kleine Information, über die er gestolpert war, in sich aufgesogen wie ein Schwamm.

Der Kettenhemd-Typ bog um eine Ecke, und im nächsten Moment wurde Victors Aufmerksamkeit von einer Geisterfrau angezogen, die wie ein kleines Mädchen barfuß über den Gehweg hüpfte und dabei vergnügt kicherte. Ab und zu hielt sie an, um mit den Fingern über eine Hauswand zu fahren oder über die raue Rinde einer der Mammutbäume, die überall im Ghostend wuchsen. Ihr merkte man die Freude über ihr zweites Leben auch nach all der Zeit noch besonders an. Sie genoss es richtig, wieder einen Körper zu besitzen, wieder Dinge berühren zu können – zumindest die meiste Zeit über –, und es schien sie nicht sonderlich zu interessieren, wie es überhaupt dazu gekommen war. Warum sollte es? Wahrscheinlich würde das sowieso nie jemand herausfinden.

Die Geister lebten nun schon seit fünfzig Jahren auf der Welt, und nach wie vor hatten weder die Menschen noch die Geister selbst den Hauch einer Ahnung, wie sie eigentlich hierhergekommen waren. Fest stand, dass sich an einem schönen Augusttag des Jahres 1969 an unzähligen Orten dieser Welt urplötzlich Tausende Geister materialisiert hatten. Der später durchgeführten offiziellen Zählung nach waren es 20453 gewesen. Ob sie aus dem Himmel, der Hölle oder von einem ganz anderen Ort gekommen waren? Das wusste niemand. Geblieben waren sie trotzdem, eine andere Möglichkeit hatte es ja ohnehin nicht gegeben.

Es kursierten unzählige Theorien über dieses Phänomen, aber keine wollte so richtig passen. Man hatte es auf extreme Sonnenwinde geschoben, auf eine unvorhergesehene Überlastung der Stromnetze, auf einen Dimensionsriss, man hatte Aliens, eine Umkehr des Erdmagnetfeldes und noch vieles mehr dafür verantwortlich gemacht – alles war nach kurzer Zeit widerrufen worden. Also wurden eigene Forschungseinrichtungen gegründet. In denen suchte man jetzt schon seit einem halben Jahrhundert weiter nach Ursachen, bisher allerdings ohne nennenswerte Ergebnisse. Da Menschen jedoch immer nach einer Erklärung für eigentlich unerklärliche Ereignisse lechzen, einigte man sich Jahre später darauf, dass die Geister aus der sogenannten Lücke stammten. Das klang hübsch und ein bisschen geheimnisvoll und passte im Grunde auf alles. Den Zwischenfall der geöffneten Lücke hatte man wenig geistreich »Das Phänomen« getauft.

Als das geklärt war, hatte man die Geister über den gesamten Erdball verteilt. 5638 von ihnen waren hier im Ghostend gelandet, den Rest hatte man in anderen Städten untergebracht. Anfangs hatte das überall zu Reibereien geführt, denn niemand wollte das Risiko eingehen, solch unbekannte Wesen innerhalb der eigenen Stadtmauern zu beherbergen. Doch als den Verantwortlichen aufging, dass sich mit den Geistern Geld verdienen ließ, und man ihnen obendrein zusicherte, dass die Geister in streng abgeriegelten Vierteln wohnen sollten, hatten sie die Tore mehr oder weniger bereitwillig geöffnet. Wer sagt schon nein zu Geistern, die bereits zu Lebzeiten so berühmt gewesen waren, dass man sie auch heute noch sofort wiedererkannte. Leute wie Julius Cäsar oder Aristoteles beispielsweise, oder die ägyptische Pharaonin Nofretete.

Jedenfalls lebten seit diesem Tag knapp zwanzigtausend Geister unter den Menschen – wobei leben eigentlich die falsche Bezeichnung war. Sie existierten. Denn wer lebt, kann sterben. Die Geister, die zurückgekommen waren, starben nicht. Sie waren eine Kuriosität ohnegleichen.

Genau aus diesem Grund stand Victor Flec jetzt also zum x-ten Mal still wie eine Statue am Ausgang der U-Bahn-Station und … na ja, glotzte. Wenn er Geld bekommen hätte für jeden Geist, den er so intensiv begaffte, wäre er innerhalb eines Tages zum reichsten Jungen der Stadt geworden. Aber er bekam keins. Trotzdem gefiel ihm diese Beschäftigung dermaßen gut, dass er gar nicht daran dachte, damit aufzuhören. Zumindest so lange nicht, bis das Handy in seiner Tasche zu klingeln begann.

Er fummelte es hervor, nahm das Gespräch an, ohne nachzusehen, wer ihn anrief, und nuschelte etwas wie »Hmpf«.

»Victor!«, bellte Ciel Moon am anderen Ende in die Leitung, und Victor zuckte erschrocken zusammen. Ciel war seine beste Freundin, ehrlich gesagt auch seine einzige. Und obwohl er sie erst vier Monate kannte, wusste er inzwischen sehr gut, wie sie sich anhörte, wenn sie sauer war. Und im Moment war sie sauer.

»Verdammt, wo bleibst du denn?«, pflaumte sie ihn weiter an. »Hast du dich verlaufen? Ich hab dir doch genau aufgeschrieben, wo du langgehen musst.«

Victor schüttelte heftig den Kopf, während er einer Gruppe Geistergreise nachblickte, die mit ihren Rollatoren seelenruhig durch die Gegend rollerten. Dann fiel ihm ein, dass Ciel das ja gar nicht sehen konnte, und er sagte stattdessen: »Nein, nein. Ich bin auf dem Weg. Ich musste nur noch kurz …« Den Rest des Satzes ließ er in einem Schwall unverständlichen Gemurmels untergehen.

Ciel lachte seufzend, und Victor konnte sich bildhaft vorstellen, wie sie dabei die Augen verdrehte. »Hör endlich auf, die Geister anzugaffen, Victor, und beeil dich!« Nach einer kurzen Pause fügte sie »Okay?« hinzu und legte wieder auf.

Grummelnd warf Victor einen Blick auf die Uhr. Zehn nach zwei am Nachmittag. Das hieß, er lungerte nun schon über eine halbe Stunde hier herum.

»Mist!«, murmelte er.

Eigentlich hätte er längst bei einem Laden namens Franklins phantastische Spielhöhle sein sollen, um dort gemeinsam mit Ciel eine Truhe abzuholen. Albert hatte das gute Stück vor kurzem bei einem Kartenspiel gewonnen und wartete bestimmt schon sehnsüchtig darauf, seinen neuesten Schatz in die Arme schließen zu können.

Albert Koch … Noch immer konnte Victor kaum fassen, dass ausgerechnet er im Geschäft dieses berühmten Geistes aushelfen durfte. Als der Alte ihm damals den Job angeboten hatte, war Victor beinahe das Herz geplatzt vor Stolz. Immerhin war Alberts achtsam ausgewählte Antiquitäten der einzige geistgeführte Laden, der nicht im Ghostend lag, sondern ziemlich genau am anderen Ende der Millionenstadt. Ohne sein bis dahin verborgenes Gespür für besondere Dinge hätte Victor wohl nie diese Chance bekommen. Doch falls er weiterhin dort arbeiten wollte, musste er jetzt die Beine in die Hand nehmen.

Er verabschiedete sich von seinem Aussichtspunkt und rannte los. Nach Jacks Westernsaloon hielt er sich rechts, joggte am Zeltlager der mongolischen Nomaden vorbei und erhaschte gerade noch so zwischen zwei ägyptischen Lehmhäusern einen Blick auf den Schrein eines japanischen Shinto-Priesters. Dabei warf er immer wieder einen Blick auf die Uhr. Wenn er und Ciel für den Rückweg die U-Bahn nahmen und die Truhe nicht allzu schwer war, konnten sie es vielleicht sogar noch rechtzeitig schaffen.

Aber natürlich stolperte Victor irgendwo zwischen einer reichverzierten Villa und einem überraschend modernen Doppelhaus über seine eigenen Füße und wäre hingefallen, hätte er nicht im letzten Moment einen Gaslaternenpfahl zu fassen bekommen.

Solche Dinge passierten ihm ständig. Seine Mutter hatte ihm zum zehnten Geburtstag das Kostüm des Marshmallow Man aus dem uralten Film Ghostbusters geschenkt, um ihn vor weiteren Verletzungen zu schützen....

Erscheint lt. Verlag 25.8.2021
Reihe/Serie Victor Flec
Victor Flec
Mitarbeit Cover Design: Tobias Goldschalt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Artefakt • Bote • Die Legende von Greg • Die Mitternachtsstunde • Fantasy • Freundschaft • Gangster • Geheimnis • Geister • Geistergeschichte • Ghostfantasy • Herr der Diebe • Percy Jackson • spanned • Spannung • Tiergeister • Victor
ISBN-10 3-7336-0344-3 / 3733603443
ISBN-13 978-3-7336-0344-1 / 9783733603441
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