RAVNA - Tod in der Arktis (eBook)

Nordic All-Age-Thriller. Nominiert für den Glauser Preis 2022 und den Buxtehuder Bullen 2021
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2021 | 1. Auflage
464 Seiten
cbj Kinder- & Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-23166-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

RAVNA - Tod in der Arktis -  Elisabeth Herrmann
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Ein Mord in der Arktis, uralte Geheimnisse und eine starke Heldin zwischen Tradition und Moderne
Vardø, eine kleine Stadt weit über dem Polarkreis in der Arktis. Der Mord am reichen norwegischen Waldbesitzer Olle Trygg verstört alle, auch Ravna Persen, gerade frisch als Praktikantin bei der örtlichen Polizeidienststelle gelandet. Ravna hat keinen leichten Stand bei ihren Kollegen: Sie ist eine blutige Anfängerin, sie ist eine Frau und ... sie ist Samin. Keiner nimmt sie ernst, als sie am Tatort glaubt, Hinweise auf einen samischen Hintergrund der Tat zu finden - einen Strich in der Erde. Als kurz darauf der umstrittene Kommissar Rune Thor eintrifft, um den Fall zu übernehmen, spitzen sich die Konflikte zu. Doch Ravna weiß durch ihre Urgroßmutter Léna viel über die Geheimnisse der Samen - und darüber, dass der Strich auf ein uraltes Ritual hindeutet, mit dem die Wanderseelen der Toten daran gehindert werden sollen, in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Wer immer die Tat begangen hat, muss dieses Geheimnis kennen.

Elisabeth Herrmann fesselt ein großes Publikum mit ihren mitreißenden und atmosphärischen Thriller. Leser*innen erwarten starke Heldinnen, dunkle und mystische Fälle und intelligente Hochspannung. Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.

Alle Bände der RAVNA-Reihe:
Tod in der Arktis (Band 1)
Die Tote in den Nachtbergen (Band 2)
Arktische Rache (Band 3)

Elisabeth Herrmann wurde 1959 in Marburg/Lahn geboren. Nach ihrem Studium als Fernsehjournalistin arbeitete sie beim RBB, bevor sie mit ihrem Roman »Das Kindermädchen« ihren Durchbruch erlebte. Fast alle ihre Bücher wurden oder werden derzeit verfilmt: Die Reihe um den Berliner Anwalt Joachim Vernau sehr erfolgreich vom ZDF mit Jan Josef Liefers. Elisabeth Herrmann erhielt den Radio-Bremen-Krimipreis, den Deutschen Krimipreis und den Glauser für den besten Jugendkrimi 2022. Sie lebt mit ihrer Tochter in Berlin und im Spreewald.

1.

Montag, 25. November 2019, Mortensnes/Varangerfjord, Arktis.

Sonnenaufgang: 9:59 Uhr, Sonnenuntergang 11:33 Uhr

Tageslänge: 1 Stunde 34 Minuten

Eine Schneeflocke.

Sie war winzig, fast noch ein Kristall. Sie schwebte hinunter aus dem grauen Himmel, tanzte über die Felsen und wurde dann vom Sog des Meeres erfasst, bevor sie, zwei Fuß über dem bemoosten Grund, verschwand.

Cahki, dachte Ravna, die sie beobachtet hatte. Passt das zu ihr? Klein, etwas Eis … nein. Wir Samen kennen über zweihundert Wörter für Schnee. Grauer Schnee. Von Rentieren gestampfter Schnee. Schnee, der in den Fellen der Hunde hängen bleibt. Nasser Schnee im Frühling. Gefrorener Schnee auf Bäumen. Aber die erste Flocke, die den Winter ankündigt und die Polarnacht und die Lichter der Götter am Firmament – welchen Namen geben wir ihr?

»Hallo?«

Ein Hieb in den Rücken. Mikkel tauchte vor ihr auf. Das verschlagene Glitzern in seinen Augen verriet, dass er nur auf diesen Moment gewartet hatte.

»Schläfst du? Hier.«

Er hielt ihr die Rolle mit dem Absperrband entgegen. Der Schlag hatte wehgetan, und eine Sekunde lang fragte sich Ravna, wie der Schnee heißen würde, mit dem sie ihm gerne eine Abreibung verpassen würde.

»Aufspannen. Von da«, er deutete auf den Bärenstein, einen riesigen Felsbrocken, »bis da.« Ein windschiefer Zaun, der das Plateau vom Tal trennte.

Sie griff nach dem Band und Mikkel stapfte wieder davon.

Es war kalt. Nur ein paar Grad über null. Was verdammt noch mal mache ich hier?, fragte sie sich und sah hinüber zu den Polizisten, die sich über den Toten beugten.

Du beißt die Zähne zusammen und stehst das durch, hörte sie die Stimme ihrer Schwester Inga im Kopf. Es sind doch nur sechs kurze Wochen. Danach kannst du drei Jahre auf die Polizeischule in Oslo. Großstadt, Baby! Glitzernde Lichter, Bars und Restaurants. Und vor allem andere Typen als der fette Mikkel, der dich schon in der Grundschule gemobbt hat.

Der Wind holte tief Luft und blies eine Böe über den Varangerfjord. Das graue Wasser kräuselte sich, ein paar matte Wellen schwappten ans Ufer. In der Ferne des Nordens das große Nichts. Die Einsamkeit der Arktis. Mortensnes. Schon immer ein ganz besonderer Platz mit Opferstätten, Steinkreisen und Labyrinthen. Walfänger, Händler und Fischer hatten sich hier seit Anbeginn der Zeiten getroffen. Wilde Rentiere, Bären und Wölfe. Ein breiter, sanft abfallender Hang, der einen überwältigenden Blick auf das Meer zur einen und die Felsen zur anderen Seite bot. An dieser Stelle war der Fjord schon fünf Kilometer breit. Das andere Ufer war nur noch schemenhaft zu erkennen. Bei Kiby verbreiterte sich das Wasser noch mehr und wurde Teil der Barentssee, des Eismeeres. Möwen kreischten. Die Fahnen vor dem Museumsbau an der Straße knatterten im Wind.

Das weite Gelände war zum Kulturerbe erklärt worden, es lag an der schmalen Küstenstraße, die erst hundert Kilometer weiter oben in Vardø enden würde: in der letzten Stadt vor dem Nordpol.

Von dort näherte sich ein Campmobil, bog ab, fuhr auf den Parkplatz vor dem Museum und hielt an. Die Türen öffneten sich, ein Ehepaar in Wanderausrüstung stieg aus.

Mikkel machte eine Kopfbewegung in Ravnas Richtung. Sie lief dem Paar entgegen, das erst jetzt die Polizisten und den Krankenwagen bemerkte – das einzige Gefährt zum Abtransport einer Leiche, das hier auf die Schnelle zu kriegen war.

»Halt. Stopp! Ihr könnt hier nicht weiter«, rief sie.

Die beiden blieben stehen und sahen sich ratlos an.

»Das ist ein Tatort.« Ravna hielt die Rolle mit dem Absperrband hoch. »Ich muss euch bitten, weiterzufahren.«

»Aber …« Der Mann zog ein Gesicht, als hätte sie gerade sein Geburtsrecht infrage gestellt, den heiligen Platz zu betreten, wann immer er wollte. »Wir sind extra aus Kirkenes hier hochgekommen.« Sein Norwegisch klang holperig. Ravna tippte auf Russen oder Esten.

»Da liegt ein Toter«, sagte sie.

»Nur einer? Ich dachte, das wäre ein Begräbnisort der Samen.«

Der Witz kam nicht an. Weder bei ihr noch bei seiner Frau. Die zupfte ihn am Ärmel und wollte ihn wegziehen, aber er riss sich ungeduldig los.

»Wir stören euch nicht. Wir werden nur kurz schauen und ein paar Fotos machen.«

Er wollte Ravna zur Seite schieben, aber sie wich keinen Millimeter.

»Nein.« Warum zum Teufel trug sie keine Uniform? Einer Achtzehnjährigen in Jeans, Boots und dickem Anorak traute wohl keiner etwas zu. Aber die Polizeistation in Vardø hatte keine Dienstkleidung in ihrer Größe gehabt. Der erste Tag des Praktikums, da rechnete doch keiner mit einer Leiche! Noch dazu an diesem Ort.

»Ich darf euch nicht durchlassen. Hallo?«

Er ging einfach an ihr vorbei!

Mikkel, ausgerechnet Mikkel bekam mit, dass es ein Problem gab. Seine Uniform spannte und über den Winter würde er noch ein paar Pfund zulegen. Er war gerade zurückgekommen aus Oslo, als frischgebackener politibetjent 1, Polizeiwachtmeister mit kaum einundzwanzig. Und ein Junge aus ihrer Stadt, aus Vardø. Alle kannten sich. Und deshalb wussten sie auch, wer Ravna war. Woher sie kam und dass sie zu denen gehörte, denen man besser erst einmal gar nichts zutraute.

»Hei!«, rief er. »Weg da. Sofort!«

Der Mann hielt inne. »Hei. Immer langsam.«

»Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?« Mikkel zückte ein Notizbuch und schlug es auf. Es war niegelnagelneu, und er brannte sichtlich darauf, seine erste Zeugenvernehmung hineinzuschreiben.

»Wir sind Touristen!« Der Mann bekam endlich mit, dass er hier nicht erwünscht war. »Mortensnes steht doch in jedem Reiseführer. Die alten Grab- und Opferstätten der Eingeborenen und der Bärenstein.«

Ravnas Gesicht vereiste bei dem Wort Eingeborene. Er meinte die Samen, die hier den Kontakt zur Saivo, der Götterwelt, gesucht hatten.

»Kommt später wieder.« Mikkel klappte seinen Block zu. Er war unzufrieden, weil die beiden weder Täter noch Zeugen waren. »In einer Stunde sind wir hier fertig.«

»Kann man irgendwo einen Kaffee trinken?«, fragte die Frau. So ungeduldig wie sie von einem Bein aufs andere trat, brauchte sie wohl eher eine Toilette, traute sich aber nicht zu fragen.

»Im Museum«, sagte Ravna und schaute auf ihre Armbanduhr. »Wenn es schon auf hat.«

Es war kurz nach zehn. Sie hatten nur eine knappe Stunde Tageslicht, dann würde sich schon wieder die Dämmerung über alles senken. Vor zwei Stunden, da war es noch stockdunkel gewesen, hatte sie sich zum Dienst gemeldet. Ein paar Minuten später war der Notruf eingegangen. Männliche Leiche am Varangerfjord. Ravna hatte eigentlich nur im Weg herumgestanden, während um sie herum alle in Aufruhr gerieten. Streifenwagen vorfahren, Krankenhaus in Vadsø informieren, den Museumsmitarbeiter am Telefon beruhigen, der den Schock seines Lebens erlitten hatte, in die beiden Polizeiwagen springen, losfahren. Ankommen. Männliche Leiche. Bleib du mal lieber am Wagen. Ist nichts für Mädchen. Und, ein paar Meter weiter, einer zum anderen: Was macht die eigentlich hier?

»Adjø

Sie wandte sich ab und lief zu einem windschiefen Holzzaun. Während sie das Band verknotete, konnte sie die Ausgrabungsstätten sehen, die weiter unten Richtung Meer lagen. Dann rollte sie es ab bis zum Bärenstein. Ravna wusste, was hier in Vorzeiten geschehen war: Opfer hatten die Götter besänftigen sollen. Der Stein war von blutroten Flechten überzogen. Nirgendwo eine Möglichkeit, etwas zu verknoten.

»Mikkel?«

Dass sie ausgerechnet ihn um Rat fragen musste! Aber er war der Einzige, der bis jetzt ein paar Worte mit ihr gewechselt hatte. Und der tat so, als hätte sie ihn gerade bei etwas besonders Wichtigem gestört. Dabei bohrte er nur heimlich in der Nase.

»Hol Stecken und Hammer!«, fauchte er. »Im Wagen!«

Alles war gut, was sie von dem Toten wegführte. Ravna hatte bisher erfolgreich versucht, nicht hinzusehen. Aber sie wusste, dass ihr das noch bevorstand. Wenn nicht hier, dann an einem anderen Ort. Bei einem anderen Fall. Das gehörte dazu, wenn man Polizistin werden wollte. Ravna hätte es nur gerne nicht unvorbereitet an ihrem ersten Tag erlebt.

Die verhinderten Touristen hatten sich zurückgezogen. Der Mann stand neben der geöffneten Fahrertür seines Wohnmobils, eine Thermoskanne in der Hand. Seine Frau umrundete gerade den Museumsbau. Also doch Toilette.

Ein weiteres Auto bretterte über den Schotter der schmalen Zufahrt. Es hielt hinter dem Wohnmobil. Ein Mann und eine Frau stiegen aus und gingen zum Kofferraum. Der Tourist mit der Thermoskanne wollte anfangen zu diskutieren, aber die beiden ließen sich gar nicht erst darauf ein. Sie streiften weiße Papieroveralls über und holten zwei schwere Koffer hervor. Damit machten sie sich auf den Weg zum Leichenfundort.

Sie passierten Ravna, die gerade den Polizeiwagen nach Werkzeug durchsuchte und den beiden hinterhersah. Rechtsmediziner. Es war, als ob mit ihnen die Luft noch etwas eisiger würde.

»Brauchst du eine persönliche Einladung oder was?«, brüllte Mikkel.

Sie fand den Hammer und die Stecken und lief zurück zum Bärenstein. Dort maß sie eine Fläche von ungefähr zwanzig mal zwanzig Metern ab und befestigte das Band.

Der Tote war ein Mann.

Jemand hatte ihn erschlagen.

Der Fahrer des Wohnmobils...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2021
Reihe/Serie Die RAVNA-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • All Age • Buch des Jahres • Buch des Jahres 2021 • Die Mühle • Diversity • eBooks • Friedrich Glauser Nominierung • Jugendbuch • Jugendthriller • Kinderkrimi • Krimineuerscheinung 2021 • mit Unterrichtsmaterial • Noir Thriller • Nominierung Buxtehuder Bulle 2021 • Norwegen • Norwegen-Krimi • Polarnacht • Rache • Samen • Schullektüre • Skandinavien • Skandinavischer Krimi • Spiegel Bestseller Autorin • Thriller für Jugendliche • Vardo • Young Adult • Zartbittertod • Zusatzmaterial
ISBN-10 3-641-23166-3 / 3641231663
ISBN-13 978-3-641-23166-8 / 9783641231668
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