Land of Stories: Das magische Land - Die Macht der Geschichten (eBook)
464 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0391-5 (ISBN)
Chris Colfer ist Schauspieler und Autor. Bekannt wurde er durch die Serie »Glee«, für die er unter anderem mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde. Alle »Land of Stories«-Bände sind auf der »New York Times«-Bestsellerliste erschienen und begeistern ebenso wie seine Kinderbuchserie »Tale of Magic« weltweit unzählige Fans. Mit »Roswell Johnson« startet Chris Colfer nun ein neues Abenteuer der Extraklasse.
Chris Colfer ist Schauspieler und Autor. Bekannt wurde er durch die Serie »Glee«, für die er unter anderem mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde. Alle »Land of Stories«-Bände sind auf der »New York Times«-Bestsellerliste erschienen und begeistern ebenso wie seine Kinderbuchserie »Tale of Magic« weltweit unzählige Fans. Mit »Roswell Johnson« startet Chris Colfer nun ein neues Abenteuer der Extraklasse. Brandon Dorman wurde in Washington im Westen der USA geboren und zeichnet bereits seit seiner Kindheit Drachen, Piraten und Fabelwesen. Das hat sich nach seinem Kunst- und Designstudium nicht geändert. Als freier Illustrator und Autor erschafft er überbordend phantasievolle Bilderwelten für Groß und Klein. Fabienne Pfeiffer, geboren 1990, studierte Anglistik, Amerikanistik und Germanistik mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur in Frankfurt am Main. Seit 2016 übersetzt sie alles vom Bilderbuch bis zum Jugendroman aus dem Englischen, darunter Werke von Chris Colfer (Land of Stories) und Kelly Oram (Cinder & Ella), Ben Brooks und Lynette Noni sowie Sach- und Mitmachbücher für junge Leser*innen.
Prolog Der Lieblingsschüler
Für die feierliche Verabschiedung einer beliebten Schulleiterin in den wohlverdienten Ruhestand scheute der Schuldistrikt von Willow Crest keine Kosten und Mühen: Der Speisesaal des Gemeindezentrums war so elegant geschmückt und eingedeckt, dass nichts mehr an die Bingorunde der Senioren vom Vorabend erinnerte. Spitzendeckchen zierten die Tische, darauf Blumenarrangements, elektrische Kerzen und an jedem Platz goldene Teller, umgeben von so viel Besteck, dass die Gäste mit der Hälfte überhaupt nichts anzufangen wussten.
Fach- und Beratungslehrer, Hausmeister, Kantinenpersonal und ehemalige Schüler waren scharenweise gekommen, um Lebewohl zu sagen und der scheidenden Schulleiterin alles Gute zu wünschen. Für alle war der Ausstand eine der elegantesten Veranstaltungen, die sie jemals besucht hatten; der Ehrengast selbst fühlte sich beim Blick in die ausnahmslos langen Gesichter der Anwesenden allerdings eher wie auf einer Beerdigung.
Der neuernannte Leiter des Schuldistrikts schlug behutsam einen Löffel gegen sein Champagnerglas, und im Saal wurde es still.
»Darf ich für einen Augenblick um Ihre Aufmerksamkeit bitten?«, fragte er in ein Mikrophon. »Guten Abend, zusammen. Mein Name ist Dr. Brian Mitchell. Wie Sie wissen, haben wir uns heute hier versammelt, um eine der großartigsten Lehrerinnen zu feiern, die der Schuldistrikt von Willow Crest je zu seinen Angestellten zählen durfte: Mrs. Evelyn Peters.«
Auf den Namen folgte eine Runde herzlichen Beifalls. Ein heller Scheinwerferstrahl wurde auf Mrs. Peters gelenkt, die weit vorn im Raum neben Dr. Mitchell saß. Sie lächelte und winkte den Gästen zu, wünschte sich dabei jedoch insgeheim, sie hätte dem ganzen Aufheben nie zugestimmt. Besondere Aufmerksamkeit und Komplimente von ihren Kollegen brachten sie stets in Verlegenheit, und der Abend hatte schließlich gerade erst begonnen.
»Ich bin gebeten worden, ein paar Worte über Mrs. Peters zu sagen – eine ungeheuer einschüchternde Aufgabe«, fuhr Dr. Mitchell fort. »Was ich von mir gebe, ist im Grunde völlig gleichgültig; ich ahne bereits, dass sie – statt sich irgendein Kompliment zu Herzen zu nehmen – meiner Rede ohnehin nur auf grammatikalische Fehler hin lauschen wird.«
Das Publikum lachte, und Mrs. Peters verbarg ein Kichern hinter ihrer Serviette. Jedem, der sie kannte, war klar, wie recht der Schuldistriktsleiter mit seiner Einschätzung hatte.
»Zu sagen, dass jemand seine Arbeit gut macht, ist leicht – aber ich kann mit Gewissheit behaupten, dass Evelyn Peters eine herausragende Lehrerin war«, sagte Dr. Mitchell. »Vor beinahe drei Jahrzehnten, lange bevor sie zur Schulleiterin befördert wurde, kam ich in ihre sechste Klasse an der Willow Crest Elementary School. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits eine sehr schwierige Kindheit hinter mir: Ich war gerade zehn Jahre alt, aber meine Eltern saßen beide schon im Gefängnis, und ich wurde von einer Pflegefamilie zur nächsten geschoben. Als ich Mrs. Peters’ Klassenzimmer betrat, konnte ich kaum lesen – doch dank ihr durchschmökerte ich am Ende des Schuljahres die Wälzer von Charles Dickens und Herman Melville.«
Viele der Gäste applaudierten, was Mrs. Peters die Röte ins Gesicht trieb; die meisten der Klatschenden hatten ähnliche Geschichten selbst erlebt oder zumindest mitbekommen.
»Zu Beginn verstanden wir uns nicht besonders gut«, gab Dr. Mitchell offen zu. »Sie triezte mich härter als jemals jemanden zuvor: Ich erhielt zusätzliche Hausaufgaben und musste nach Schulschluss dableiben und ihr laut vorlesen. Einmal hatte ich diese Sonderbehandlung derart satt, dass ich drohte, ihr Haus mit Graffitis zu besprühen, wenn sie nicht damit aufhörte. Am nächsten Tag reichte sie mir eine Farbdose und ein Kärtchen mit ihrer Adresse und sagte: ›Sprühen Sie ruhig, aber achten Sie zumindest auf die korrekte Rechtschreibung.‹«
Der Saal brach in schallendes Gelächter aus, und alle Köpfe wandten sich Mrs. Peters zu, die daraufhin verlegen nickend die Geschichte bestätigte.
»Mrs. Peters hat mir so viel mehr als bloß das Lesen beigebracht«, setzte Dr. Mitchell wieder an, und seine Stimme brach beinahe. »Von ihr habe ich gelernt, wie wichtig Mitgefühl und Geduld sind. Sie war die einzige Lehrerin, die mir den Eindruck vermittelt hat, dass ich ihr ebenso am Herzen liege wie meine Noten. Sie hat meine Begeisterung für das Lernen geweckt und mich dazu inspiriert, selbst Lehrer zu werden. Wir sind traurig, sie heute zu verabschieden – aber wir alle wissen: Hätte sie sich für meine Position beworben, statt in den Ruhestand zu treten, dann hätte ich den Job niemals bekommen.«
Mrs. Peters putzte ihre Brille, um die Gäste von den Tränen abzulenken, die ihr in die Augen gestiegen waren. Ohne den Zuspruch der zahlreichen Menschen im Raum hätte sie sich selbst womöglich niemals eingestanden, wie viele junge Leben sie positiv beeinflusst hatte.
»Und nun wollen wir alle gemeinsam anstoßen«, sagte Dr. Mitchell und hob sein Glas. »Auf Evelyn Peters: Danke, dass Sie uns alle beflügelt und begleitet haben. Der Schuldistrikt von Willow Crest wird ohne Sie nicht mehr derselbe sein.«
Sämtliche Gläser im Saal wurden zu Ehren von Mrs. Peters in die Luft gereckt. Anschließend ergriff Mrs. Peters selbst das Mikrophon und erwiderte die Geste mit ihrem eigenen Glas.
»Bitte gestehen Sie nun auch mir ein paar Worte zu«, sagte sie. »Mein verstorbener Ehemann war ebenfalls Lehrer, und er hat mir den besten Rat gegeben, den ein Pädagoge dem anderen zuteilwerden lassen kann. Daher möchte ich seine weisen Worte nun gern an Sie alle weitertragen, für den Fall, dass ich heute zum letzten Mal die Gelegenheit dazu habe.«
Das Publikum rutschte gespannt bis an die Stuhlkanten nach vorn, allen voran Mrs. Peters’ Kollegen.
»Als Lehrer dürfen wir unsere Schüler nicht zu Menschen nach unseren eigenen Wunschvorstellungen heranziehen; stattdessen sind wir dazu verpflichtet, ihnen alles Nötige mit auf den Weg zu geben, damit aus ihnen Erwachsene gemäß ihrer eigenen Bestimmung werden können. Vergessen Sie niemals, dass die Ermutigung, die diese Schüler von uns bekommen, unter Umständen die einzige ist, die sie jemals erhalten werden – sparen Sie also nicht daran. Nach meiner fünfundzwanzigjährigen Lehrtätigkeit und der kurzen Erfahrung als Schulleiterin versichere ich Ihnen, dass mein Ehemann mit seiner Einschätzung goldrichtig lag. Und da diese Lektion die wertvollste ist, die Sie je von mir lernen könnten, sage ich hiermit zum allerletzten Mal: Der Unterricht ist beendet.«
Der Schluss ihrer Rede wurde mit stehenden Ovationen quittiert. Nach einigen Momenten des Beifalls drängte Mrs. Peters die Gäste, wieder Platz zu nehmen, woraufhin der Jubel jedoch nur nochmals anschwoll.
Die Lichter wurden gedimmt, und eine Leinwand schwebte von der Decke herab. Dr. Mitchell und Mrs. Peters setzten sich und verfolgten, wie Gruppenfotos all jener Klassen, die Mrs. Peters im Lauf ihrer Karriere betreut hatte, darauf projiziert wurden, angefangen mit ihrem allerersten sechsten Jahrgang fast dreißig Jahre zuvor. Immer wieder war während der Vorführung das Lachen der einstigen Schüler zu hören, die sich über die lächerlichen Klamotten und Frisuren, die sie als Elf- oder Zwölfjährige zur Schau getragen hatten, köstlich amüsierten. Auffällig war jedoch, wie wenig Mrs. Peters sich im Laufe der Jahre verändert hatte. Auf jedem einzelnen Bild sahen Haare, Brille und Blumenkleider der Lehrerin exakt gleich aus – beinahe so, als wäre Mrs. Peters in der Zeit eingefroren, während die Welt ringsum sich weitergedreht hatte.
Die Bildershow rührte Mrs. Peters mehr als jeder andere Beitrag des Abends. Sie hatte das Gefühl, ein Familienalbum würde vor ihren Augen durchgeblättert. Zu jedem Gesicht, das auf der Leinwand auftauchte, kannte sie noch den Namen, und mit den allermeisten Schülern stand sie nach wie vor entweder persönlich in Kontakt oder wusste doch zumindest, was aus ihnen geworden war; nur einige wenige hatte sie gänzlich aus dem Blick verloren. Es schmerzte sie, dass diese Kinder, denen sie einst so nahegestanden hatte, sich nun geradezu in Luft aufgelöst zu haben schienen.
Für Mrs. Peters, die keine weitere Familie hatte, waren ihre Schüler wie eigene Kinder, und sie hoffte inständig, dass sie allesamt glücklich und gesund waren, wohin auch immer das Leben sie geführt haben mochte. Und auch, dass die Jungen und Mädchen – nun, da sie selbst ihnen nicht mehr Pfeiler des Mitgefühls und der Orientierung im Leben sein konnte – jemand anderen gefunden hatten, der diese Rolle ausfüllte.
»Evelyn?«, flüsterte Dr. Mitchell.
Mrs. Peters war nach wie vor jedes Mal irritiert, wenn ein ehemaliger Schüler sie mit ihrem Vornamen anredete – selbst wenn es sich dabei um den Schuldistriktsleiter handelte.
»Ja, Dr. Mitchell?«, wisperte sie zurück.
»Hatten Sie jemals einen Lieblingsschüler?«, fragte er grinsend. »Ich weiß, wir sollten keine Lieblinge haben, aber gab es ein Kind, das ihnen ganz besonders ans Herz gewachsen ist? Abgesehen von mir, versteht sich.«
Darüber hatte Mrs. Peters sich noch nie Gedanken gemacht. Sie hatte in ihrer Laufbahn mehr als fünfhundert Schülerinnen und Schüler...
Erscheint lt. Verlag | 27.1.2021 |
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Reihe/Serie | Land of Stories |
»Land of Stories«-Serie | »Land of Stories«-Serie |
Illustrationen | Brandon Dorman |
Übersetzer | Fabienne Pfeiffer |
Zusatzinfo | 1 Farbabbildung, 32 s/w Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | action • Action Abenteuer • Antolin • Bestseller-Autor • Buch für Jungen ab 10 • Buch für Mädchen ab 10 • Buchgeschenk • Disney • DISNEY GESCHICHTEN • Fantasy • Fantasy-Roman • Magie • Magische Abenteuer • Märchen • Märchenbuch • Märchen für Erwachsene • Märchenwelt • Märchen zum Vorlesen • Moderne Märchen • New York Times Bestseller • Rufus Beck • Zauberei |
ISBN-10 | 3-7336-0391-5 / 3733603915 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0391-5 / 9783733603915 |
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