New Earth Project (eBook)

Tödliche Hoffnung

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
304 Seiten
Karibu (Verlag)
978-3-96129-180-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

New Earth Project -  David Moitet
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Im Jahr 2125 haben sich die Reichen in überdachte Stadtzentren zurückgezogen, wo sie vor Umweltverschmutzung geschützt sind. Die Armen drängen sich in der überfluteten Water-Zone. Von dort stammt Isis. Sie hat es geschafft, einen Platz in der gemischten Schule zu bekommen, in die auch die Kinder der privilegierten Familien gehen - unter anderem Orion, der Sohn des Erfinders des New Earth Projects. Dieses ermöglicht es wöchentlich 1 Million Menschen aus der ganzen Welt, in einem gigantischen Weltraumschiff die Reise zur Neuen Erde anzutreten, wo fruchtbare Felder darauf warten, von den Neuankömmlingen bewirtschaftet zu werden. Trotz der sozialen Unterschiede freunden sich Isis und Orion an. Doch als Isis' Familie ein Ticket nach Neue Erde gewinnt, entdeckt Orion, dass Neue Erde nicht das ist, was es zu sein vorgibt ...

David Moitet, geboren 1977, lebt in Le Mans im Nordosten Frankreichs. Er ist ausgebildeter Lehrer, aber hat seine Leidenschaft fürs Schreiben schon als Student entdeckt. Seine ersten Veröffentlichungen waren Kriminalromane für Erwachsene. Dann wand er sich wegen seiner Begeisterung für das Erfinden neuer Welten der Kinder- und Jugendliteratur zu. Alle seine Werke wurden mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet.

David Moitet, geboren 1977, lebt in Le Mans im Nordosten Frankreichs. Er ist ausgebildeter Lehrer, aber hat seine Leidenschaft fürs Schreiben schon als Student entdeckt. Seine ersten Veröffentlichungen waren Kriminalromane für Erwachsene. Dann wand er sich wegen seiner Begeisterung für das Erfinden neuer Welten der Kinder- und Jugendliteratur zu. Alle seine Werke wurden mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet.

2


ORION


Orion trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Lehne des Autositzes, während er auf Miranda Bergson wartete. Er warf einen Blick auf die Uhr. Sie würden zu spät kommen! Warum hatte sein Vater nur auf den Vorschlag von Mirandas Mutter eingehen müssen? Ihre Familie war fast so reich wie seine – reicher war niemand – und konnte sich problemlos einen Fahrer leisten. Aber leider hatte Mrs. Bergson es geschafft, seinen Eltern einzureden, dass Orion sich wahnsinnig darüber freuen würde, morgens zusammen mit ihrer Tochter zur Schule zu fahren. Miranda gefiel die Regelung natürlich, und sie nutze sie, um sich an ihn zu hängen wie ein Blutegel. Jeder wusste, dass Miranda in ihn verknallt war. Sie war hübsch, sehr hübsch sogar. Mit ihren schwimmbeckenblauen Augen und ihren langen blonden Haaren hätte man sie fast für seine Schwester halten können. Aber sie hatte eine egozentrische Art, eine Angewohnheit, alles ausschließlich auf sich zu beziehen, vor der es Orion grauste. Was er ihr natürlich nie gesagt hatte. Denn das wäre unhöflich gewesen, und sein Vater hätte ihm Vorwürfe gemacht.

Während er auf sie wartete, ließ Orion den Blick über das gigantische Anwesen der Bergsons schweifen. Es war fast so weitläufig wie das seiner eigenen Familie und lag auf der Kuppe eines Hügels, mitten im Zentrum der Kuppel No 1, der begehrtesten des Landes. Der Garten war prachtvoll, der Pool riesig, und das Haus erinnerte ein bisschen an ein europäisches Schloss der Renaissance. Und alles lag in dem angenehmen künstlichen Licht, das vom Dach der Kuppel ausgestrahlt wurde und das natürliche Sonnenlicht nachahmte. Außerhalb der Sicherheitstüren der Kuppel fand man sich im ewigen Grau des Smogs wieder, der das Sonnenlicht verdeckte. Hier aber war alles schön, strahlend, sauber. Fast vergaß man das Chaos, das draußen herrschte. Fast.

Miranda erschien oben am Haus und schwebte wie eine ägyptische Prinzessin den Weg zur Auffahrt hinunter, ohne sich auch nur das kleinste bisschen zu beeilen. Orion seufzte.

»Hallo, Orion.«

»Hallo, Miranda. Wir sind zu spät.«

»Ach komm, die paar Minuten. Ich musste unbedingt diesen neuen Knoten ausprobieren«, sagte sie und bewunderte sich in den verspiegelten Fenstern des Wagens. »Irgendwie muss man sich ja von den anderen unterscheiden, wenn man schon diese minimalistische Uniform tragen muss. Ist gut geworden, oder?«

»Sehr hübsch«, erwiderte Orion höflich und gab ihr ein Zeichen, einzusteigen.

»Oskar holt die Verspätung schon wieder raus. Nicht wahr, Oskar?«

»Aber gewiss, junge Dame«, sagte der Chauffeur und beeilte sich, Miranda die hintere Wagentür zu öffnen.

In Anbetracht der Uhrzeit war die Mission allerdings so gut wie unmöglich, selbst bei Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung.

Das Auto startete mit einem leisen Zischen, dann begann der Wasserstoffmotor zu schnurren. Oskar fädelte sich in den spärlichen Vormittagsverkehr ein und sie ließen die Kuppel in Rekordzeit hinter sich. Bald waren sie nur noch wenige Hundert Meter von der Schule entfernt. Orion drückte auf den Knopf, der die Scheiben verdunkelte.

»Warum machst du das eigentlich immer?«, fragte Miranda, die endlich aufgehört hatte, sich in ihrem nagelneuen Handy zu bewundern.

»Keine Lust, den Tag mit Schmutz und Elend zu beginnen«, brummte Orion.

Der Wagen wurde langsamer und blieb dann stehen. Orion runzelte die Stirn.

»Sind wir schon da, Oskar?«

»Nein, Sir. Es gibt ein kleines Problem. Eine Versammlung auf der Straße.«

»Das hat ja gerade noch gefehlt«, sagte Orion gereizt.

Er hellte die Scheiben wieder auf und schaute hinaus. Die Straße war tatsächlich blockiert. Ein Lastwagen der Lebensmittelausgabe vom NEP war der Grund. Etwa hundert Menschen hatten sich darum geschart und veranstalteten einen Tumult, der an ein Footballspiel erinnerte. Sie schienen bereit zu sein, einander für ein Kilo Energieriegel oder eine Packung getrockneter Insekten an die Gurgel zu gehen.

Orion betrachtete die altersschwachen Wolkenkratzer, den Müll in den Straßen und die Menschen, die in immer größere Aufregung gerieten. Über ihnen lief auf einem riesigen Bildschirm, der die ganze Breite eines Gebäudes einnahm, eine Reklame des NEP.

Nehmen Sie an der großen Glückslotterie teil! Seien Sie einer der 200 000 Amerikanerinnen und Amerikaner, die diese Woche ihr Ticket nach New Earth gewinnen.

Bedenken Sie: Die Gewinner können die Erde mit ihrer ganzen Familie verlassen und erhalten bei ihrer Ankunft zehn Hektar Land und ein eigenes Haus. Auf New Earth leiden Sie nie wieder Hunger!

Eine Fotoserie zeigte lächelnde Siedler inmitten einer üppigen Vegetation. Und auf jedem Bild waren deutlich die zwei Sonnen zu sehen. Auf New Earth gab es keine Luftverschmutzung … Der Kontrast zwischen den grellen Farben der Werbung und der grauen Misere um sie herum hatte etwas Abstoßendes. Orion verzog das Gesicht.

Miranda, die seinem Blick gefolgt war, startete einen Gesprächsversuch.

»Hast du dir den Start von Weltenschiff 522 gestern Abend angeschaut?«

»Es ging gar nicht anders«, murmelte Orion. »Mein Vater hatte eine Feier mit dem Präsidenten organisiert, um das zehnjährige Jubiläum des NEP zu feiern. Er war total aufgedreht. Er glaubt, er könnte mit seinem Kolonisierungsprogramm die Welt retten.«

»Glaubst du es denn nicht?«

»Doch, doch, klar.«

»Das NEP hat es immerhin mehr als fünfhundert Millionen Menschen ermöglicht, ein besseres Leben zu beginnen.«

»Ja, unter der Bedingung, die Erde zu verlassen und sechs Lebensjahre mit der Reise zu verlieren. Ich weiß nicht, ob ich das könnte«, sagte Orion nachdenklich.

»Für uns kommt das ja auch nicht infrage! Wir sind Unantastbare. Keine …« Mit einer lässigen Geste wies sie auf die Menge, die sich immer weiter erregte.

Die Mitarbeiter der Lebensmittelausgabe des NEP weigerten sich, den Laster zu öffnen, solange die Leute sich nicht beruhigt hatten, doch das schien sie nur noch wütender zu machen.

»Oskar«, sagte Miranda, »können wir uns nicht irgendwie da durchdrängen? Sonst kommen wir schon das zweite Mal diese Woche zu spät.«

»Das wird schwierig, Miss Miranda.«

»Gebt uns was zu essen!«, rief ein Mann.

»Macht den verdammten Laster auf!«, brüllte ein anderer.

»Die haben wirklich keine Manieren«, murmelte Miranda empört. »Kein bisschen Anstand.«

»Bei allem Respekt, Miss Miranda, aber ich glaube, sie sind kurz vorm Verhungern.«

»Tja, dann sollen sie eben arbeiten! Fahren Sie, Oskar, die werden schon Platz machen.«

Oskar zögerte. Er hatte nicht die geringste Lust zu tun, was die hochnäsige Rotznase verlangte, die er jeden Morgen ertragen musste. Erstens, weil es gefährlich war, vor allem aber, weil er die Leute verstehen konnte. Andererseits wollte er seinen Job nicht verlieren, der ihn vor dem Schicksal der Unglückseligen auf der Straße bewahrte, denen es so schlecht ging, dass sie sich um ein paar Energieriegel prügelten.

Endlich öffneten sich die Türen des Lastwagens, und die Verteilung begann. Besser gesagt, das Aus-den-Händen-Reißen. Es wurde geschubst und mit Ellbogen gestoßen. Diejenigen, denen es gelang, einen Nahrungskarton zu ergattern, rannten davon, bevor Stärkere ihnen die Beute abnehmen konnten. Mehrere Personen stürzten und wurden gnadenlos von den anderen überrannt. Das alles dauerte nur wenige Minuten, dann schlossen sich die Türen wieder. Die Ration war aufgebraucht. Wutschreie ertönten. Wer nichts abbekommen hatte, wollte nicht mit leeren Händen nach Hause gehen.

»Das war’s!«, rief der Lastwagenfahrer. »Wir haben nichts mehr.«

Aber die Hungrigen wollten ihm nicht glauben. Sie begannen, am Wagen zu rütteln, der gefährlich zu schwanken begann.

»Geben Sie Gas, Oskar!«, kreischte Miranda. »Wenn Sie einen dieser Wilden plattmachen, ist es auch egal!«

»Nicht nötig, Miss. Da ist schon die MP

Die motorisierte Polizei, bestehend aus Hightech-Robotern der Firma Parker, kam immer in Rekordzeit angebraust. Halb Motorrad, halb Humanoide, klappten die Roboter dann ihre Räder ein und bewegten sich auf zwei Beinen weiter. Sie waren schnell, stark und unerbittlich. Ihr Einsatz hatte die Arbeit der Polizei revolutioniert. Menschliche Einsatzkräfte waren nicht mehr nötig.

Fünf MPs versammelten sich um den Lastwagen. Einige Menschen schrien auf. Alle wussten, dass mit den Maschinen nicht zu spaßen war. Ihre Toleranz lag bei null, und ihre Neigung zur Überreaktion war allgemein bekannt.

»SIE WERDEN AUFGEFORDERT, DIE VERSAMMLUNG AUFZULÖSEN. IN EINER MINUTE BEGINNEN WIR MIT DEN FESTNAHMEN

In den Augen der Leute verwandelte sich Wut in Angst, und nach weniger als dreißig Sekunden hatte sich die Menschenmenge aufgelöst. Nur ein etwa zehnjähriger Junge klaubte noch ein paar Krumen auf, die auf den Boden gefallen waren, und verschlang sie direkt an Ort und Stelle. Ein Stück weiter saß eine alte Frau auf dem Bürgersteig und weinte. Nicht laut und demonstrativ – es waren stille Tränen der Verzweiflung, die ihr über die faltigen Wangen liefen. Einen Augenblick lang meinte Orion, den Blick dieser Frau durch die Scheibe zu spüren. Er hatte den Eindruck, dass sie ihm genau in die Augen sah. Ihm, dem Unantastbaren, dem Privilegierten, der...

Erscheint lt. Verlag 6.8.2020
Übersetzer Maren Illinger
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 11 Jahre • ab 12 Jahre • Abenteuerroman • Dystopie • Freundschaft • Jugend-Abenteuerroman • Jugendbuch • Jugendbuch ab 12 Jahren • Jugendroman • Kampf ums Überleben • Kinderbuch ab 12 Jahren • Liebe • Neue Erde • Sci Fi • Soziale Ungerechtigkeit • Spannender Abenteuerroman • Umweltkatastrophe
ISBN-10 3-96129-180-2 / 3961291802
ISBN-13 978-3-96129-180-9 / 9783961291809
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