Malamander - Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea (eBook)

(Autor)

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2020
288 Seiten
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
978-3-446-26885-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Malamander - Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea - Thomas Taylor
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Herbie, Violet und Hakenhand - Thomas Taylor erzählt ein rasantes Abenteuer voll eigenwilliger Gestalten. In Eerie-on-Sea ist das Unmögliche möglich!
Wenn du zum ersten Mal nach Eerie-on-Sea kommst, siehst du nichts als einen verschlafenen Badeort. Doch der Schein trügt. Vor der Küste treibt der Malamander sein Unwesen. Jeder hier ist dem legendären Seeungeheuer auf der Spur, aber jeder aus einem anderen Grund. Es gibt Mrs Hanniver von der Bücher-Apotheke, die für jedes Unglück die richtige Lektüre zur Hand hat. Es gibt Hakenhand, vor dem du dich besser in Acht nimmst. Vor allem aber gibt es Herbie Lemon, den 12-jährigen Sachenfinder aus dem Grand Nautilus Hotel, der jedes Fundstück zurück in die richtigen Hände bringt. Eines Tages findet er ein Mädchen: Violet ist wild entschlossen, den Malamander aufzuspüren - er ist die letzte Verbindung zu ihren verschollenen Eltern.

Thomas Taylor, 1973 geboren, wuchs an der Küste von Wales auf. Nach seinem Studium an der Kunstakademie illustrierte er zunächst Bücher und gestaltete unter anderem das englische Cover zu J.K. Rowlings „Harry Potter und der Stein der Weisen“. Schließlich begann er selbst Bücher zu schreiben. Malamander - Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea erschien 2020 bei Hanser, 2021 folgte Gargantis - Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea. 2022 erscheint mit Shadowghast - Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea der dritte Teil der Serie. Thomas Taylor lebt mit seiner Familie in Südengland.

 

 

Violet Parma

 

 

 

Ein wenig später, Hakenhand ist abgezogen, Mr Mollusc ebenfalls – allerdings nicht, ohne vorher noch zu bemerken: »Warten Sie nur, wenn das Lady Kraken zu Ohren kommt.«

Ich hebe einen Holzsplitter vom Boden auf. Es ist ein Teil des Schrankkoffers. Das alte Ding wird mir fehlen – es stand hier, so lange ich zurückdenken kann. Vielleicht wäre es nie abgeholt worden, aber trotzdem, ich hasse es, wenn etwas so unwiederbringlich verloren ist.

»Hallo?«, sage ich so laut, wie ich mich traue, und blicke mich um. »Bist du hier?«

Schweigen.

Ich kämpfe mich zum Fenster durch. Es müsste zugemacht werden – mittlerweile ist es eisig hier drinnen –, doch ich beschließe, es offen zu lassen, bloß einen Spalt. Der Schnee wurde von herankriechendem Meernebel abgelöst, der gespensterähnlich in senkrechten Streifen am Fenster vorbeigleitet.

Sie ist tatsächlich verschwunden, aber wer könnte es ihr verdenken? Ich lege die Wollmütze trotzdem gut sichtbar auf die Fensterbank, man weiß nie.

Ich mache mich ans Aufräumen, doch es ist eine traurige Angelegenheit, sich all die armen verlorenen Dinge anzusehen, und nach kurzer Zeit lasse ich mich missmutig in meinen Sessel fallen. Es ist sowieso zu spät, um es ordentlich zu erledigen. Ich starre auf das kleine Fenster in der Tür meines Holzofens, in dem das erste Scheit fröhlich vor sich hin flackert. Als Sachenfinder des Hotels habe ich meinen eigenen Ofen und bekomme jeden Tag ein paar Holzscheite. Mr Mollusc geht das natürlich gegen den Strich, aber er muss sich wohl oder übel damit abfinden, denn diese Abmachung gab es schon, als Lady Kraken das Hotel übernommen hat. Und vermutlich wird sich daran auch nichts mehr ändern. Sie sagt, so bleiben die gefundenen Sachen trocken und abholbereit und in ebenso gutem Zustand wie vor ihrem Verlust. Im Winter habe ich es deshalb ziemlich gemütlich hier unten, und das Feuer hinter dem kleinen Fenster brennt fröhlich und entspannend und …

»Schläfst du hier?«, reißt mich eine Stimme aus meinen Träumen.

Das Mädchen sitzt mit der Wollmütze in der Hand auf der anderen Seite des Ofens. Sie zieht eine Augenbraue hoch. Mein Versuch, meine Kappe zurechtzurücken, sieht bestimmt albern aus – das Gummiband hat sich an meinem Ohr verfangen.

»Wie lange bist du schon hier?«, frage ich. Mir fällt auf, dass das Kellerfenster nun geschlossen ist.

Das Mädchen zuckt mit den Schultern. Zum ersten Mal kann ich sie richtig betrachten: Sie hat dunkelbraune Augen, ein hellbraunes Gesicht und einen Lockenschopf, der kaum zu bändigen ist. Sie dürfte so alt sein wie ich – also ungefähr zwölf –, aber da mein eigenes Alter ziemlich ungefähr ist, lässt sich das schwer sagen. Belustigt und mit leuchtenden Augen beobachtet sie, wie ich aus ihr schlau zu werden versuche.

Ihren zu großen Mantel erkenne ich als eine meiner Fundsachen wieder. Die Schuhe sind ihre eigenen, allerdings taugen sie nicht für den Winter und sind völlig durchnässt. Das Feuer ist fast heruntergebrannt, ich lege noch ein Scheit nach.

»Bist du …?«, setze ich an, doch sie schüttelt den Kopf, und ich unternehme einen neuen Anlauf. »Oder vielleicht …?« Aber sie lacht bloß.

»Nein, weder noch«, antwortet sie. »Ich bin keine Diebin, und ich bin ganz sicher kein Gast dieses Hotels.« Sie lächelt, offenbar scheine ich ein wenig verwirrt auszusehen. »Aber ich weiß, wer du bist«, sagt sie. »Du bist Herbert Lemon, der berühmte Sachenfinder des Grand Nautilus Hotels.«

»Berühmt?«

»Na ja, jedenfalls für mich berühmt. Ich bin viele Hundert Meilen gereist, nur um dich zu sehen, Herbert …«

»Herbie«, verbessere ich sie. Ich gebe die Sache mit der Kappe auf und nehme sie einfach ab.

»… weil ich glaube, dass du der einzige Mensch auf der Welt bist, der mir helfen kann.«

»Wirklich?«, ich kratze mich am Kopf. »Wieso das denn?«

»Weil ich verloren gegangen bin«, sagt sie. »Und gefunden werden möchte.«

 

*

 

Es kursieren viele seltsame Geschichten über das Grand Nautilus Hotel, aber vor allem eine sollte ich dir jetzt erzählen. Sie hat sich vor zwölf Jahren zugetragen, ein paar Jahre bevor ich selbst hergekommen bin, ich habe sie also nicht miterlebt. Die Geschichte handelt von einem allein im Hotel zurückgelassenen Baby, von spurlos verschwundenen Eltern, von merkwürdigen Lichtern, die an der Küste gesichtet wurden, von der Polizei, die ausschwärmte und alles abgesucht hat. Von zwei Paar Schuhen, die einem Mann und einer Frau gehört haben und die ordentlich auf dem Hafendamm abgestellt aufgefunden wurden. Und von Fußspuren im Sand, die vom Damm ins Meer führten.

Es ist eine traurige Geschichte.

Im Sand sind auch noch andere Spuren gefunden worden – seltsam geformte Abdrücke, als hätte sich etwas mit Flossen aus dem Wasser geschleppt. Doch bevor jemand sie ordnungsgemäß fotografieren konnte, kam die Flut, und dieser Teil der Geschichte ist nicht in die Akten aufgenommen worden.

Genau genommen ist das eigentlich gar keine richtige Geschichte, eher eine Legende. Mein Vorgänger hatte kurz damit zu tun, aber da man ein Baby nicht unbedingt mit einem Schild versehen und anschließend im Hotelkeller ins Regal legen kann, wurde das kleine Mädchen fortgebracht, und man hat nie wieder etwas von ihr gehört.

Bis jetzt …

 

*

 

»Okay, genau an dieser Stelle werde ich dich unterbrechen«, sage ich, denn ich ahne schon, worauf das hinauslaufen wird. »Selbst wenn du dieses sagenumwobene verlorene und mittlerweile groß gewordene Baby wärst, wüsste ich nicht, wie ich helfen könnte. Ich kümmere mich bloß um verlorene Dinge. Nicht um verlorene Personen. Was du brauchst, ist … ein Detektiv oder so was in der Art.«

»Aber ist es nicht deine Aufgabe, die Besitzer verlorener Dinge zu finden? Wie stellst du das an?«

»Na ja, manchmal gibt es Hinweise …«

»Genau! Hinweise«, wiederholt sie. »Du bist doch ein Detektiv. Ich bin auch bloß ein Hinweis.«

Ich lehne mich in meinem Sessel zurück und verschränke die Arme. »So funktioniert das nicht. Wenn ich Hinweise sage, meine ich Aufkleber oder Kofferanhänger. Ich meine damit, dass jemand seine Telefonnummer in die Unterseite seines Koffers ritzt. Hast du eine eingeritzte Telefonnummer auf deiner Unterseite? Nein? Siehst du.«

»Aber ich habe das hier«, sagt das Mädchen und zieht etwas aus dem Ausschnitt seines verfilzten Pullovers. Es ist eine zusammengefaltete Postkarte, die an einem Band um ihren Hals hängt. Sie nimmt es ab und reicht mir die Karte.

Auf einer Seite ist ein Affe mit Zylinder abgebildet. Oder ist es ein Menschenaffe? Aber er ist so oder so kein normaler Affe oder Menschenaffe: Er hat den Unterkörper eines Fisches. Auf die Rückseite der Karte sind Buchstaben und Zahlen getippt.

Ich spähe zu dem Mädchen, denn diese Karte kenne ich. Aber das werde ich ihr natürlich nicht auf die Nase binden, sonst geht das ganze Detektivdings womöglich von vorne los.

»Sie lag in meinem Gitterbett«, erklärt das Mädchen. »Als man mich vor zwölf Jahren hier in einem Hotelzimmer gefunden hat. Bestimmt weißt du etwas darüber, Herbert.«

»Das mit Herbie war ernst gemeint«, sage ich und gebe ihr die Karte zurück. »Nur Mr Mollusc nennt mich Herbert.«

»Wer ist Mr Mollusc?«

»Der schreckliche Mann, der dich in den Schnee hinausjagen wird, wenn er dich hier findet. Und mich vermutlich gleich hinterher.«

»Meinst du nicht eher, falls er mich findet?«

»Pfft, einmal hat er dich schon fast gefunden«, sage ich. »Und deinetwegen hat der abscheuliche Mann mit der Hakenhand meinen Keller verwüstet. Ich bleibe also bei wenn, danke der Nachfrage.«

Sie wirkt niedergeschlagen. »Dann wirst du meinen Fall also nicht übernehmen?«

»Fall? Fall?« Ich schüttle ungläubig den Kopf. »Meine Fälle sind Koffer mit ungewaschenen Hosen darin. Aber du kannst heute Nacht hierbleiben. Es ist eisig draußen …«

Sie strahlt.

»… doch ich übernehme keine Fälle, und ich habe auch keine Ahnung, wie ich dir helfen könnte.«

»Ich heiße übrigens Violet«, sie greift nach meiner Hand und schwenkt sie auf und ab. »Violet Parma. Und ich weiß einfach: Wenn mir irgendjemand helfen kann, dann du, Herbie.«

Als hätte sie keines meiner Worte gehört! Ich sehe zu, wie sie ihre viel zu dünnen Schuhe auszieht und an den Ofen lehnt. Es hat aufgehört zu schneien, auf dem Fenster haben sich Eisblumen gebildet. Ich würde Violet gern über Hakenhand ausfragen. Ich würde sie gern fragen, wo sie all die Jahre gewesen ist. Ob sie Hunger hat, diese Violet Parma? Doch als ich den Mund öffne, ist sie schon auf einem Mantelhaufen eingeschlafen.

Vielleicht sollte ich mich besser auch aufs Ohr legen – ich habe hier unten ein Klappbett –, doch da schrillt ein lautes Ting-ting von meinem Tresen. Um diese Nachtzeit ist das so ungewöhnlich, dass ich mir vor Angst fast in die Hose mache. Als ich auf Zehenspitzen zu meinem Kabäuschen hochschleiche, ist niemand dort. Aber auf dem Tresen liegt eine zusammengefaltete Nachricht an den Sachenfinder des Grand Nautilus Hotels. Mit anderen Worten: an mich.

Ich falte den Zettel auseinander.

 

Lieber Herbert Lemon,

bitte kommen Sie unverzüglich in meine Suite.

Mit freundlichen Grüßen

Lady Kraken

 

Ich muss schlucken. Es passiert einfach so. Lady...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2020
Übersetzer Claudia Max
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Malamander
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Abenteuergeschichte • Badeort • Bücher-Apotheke • Detektiv • Eltern • Freundschaft • geheimnisvoll • Grusel • Hotel • Humor • Josh Cooley • Küste • Küstenort • Legende • Meer • Monster • Mythos • Schmöker • Seeungeheuer • Sony Pictures • Spannung • Strand
ISBN-10 3-446-26885-5 / 3446268855
ISBN-13 978-3-446-26885-2 / 9783446268852
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