Rasmus und der Landstreicher -  Astrid Lindgren

Rasmus und der Landstreicher (eBook)

Warmherziger Kinderbuch-Klassiker über die Suche eines Waisenjungen nach einem Zuhause für Kinder ab 9 Jahren
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
208 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-96052-131-0 (ISBN)
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Manchmal muss man sich selber helfen! Wenn man ein Waisenkind ist und dazu noch ein Junge mit glattem Haar, den keiner haben will, kann man ebenso gut tot sein, denkt Rasmus. Aber dann hat er eine Idee: Er könnte aus dem Waisenhaus fortlaufen. Es ist doch nicht ausgeschlossen, dass es irgendwo auf der Welt jemanden gibt, der einen Jungen mit glattem Haar haben will. Und eines Nachts setzt Rasmus seine Idee in die Tat um ... Neuausgabe des mehrfach ausgezeichneten Lindgren-Klassikers.

Astrid Lindgren (1907?-?2002), in Südschweden geboren und aufgewachsen, hat so unvergessliche Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und viele andere mehr geschaffen. Die 'wunderbarste Kinderbuchautorin aller Zeiten' (DIE ZEIT) wurde u.?a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Horst Lemke (1922 - 1985), wurde in Berlin geboren. Kurz vor dem Abitur musste er die Schule wegen einer Goebbels-Karikatur verlassen. Dennoch konnte er von 1939 bis 1941 an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei dem Grafiker Gerhard Ulrich studieren. Danach holten ihn erneut die politischen Verhältnisse ein und er wurde Soldat. Nach dem Krieg arbeitete er in Heidelberg als Werbegrafiker und als Illustrator für Buch- und Zeitschriftenverlage. Von 1957 bis zu seinem Tode lebte er in Brione, in der Nähe von Locarno/Schweiz. Horst Lemke hat vielen beliebten Kinderbüchern ihr Gesicht gegeben und unter anderem Texte von Max Kruse, Astrid Lindgren und James Krüss illustriert. Eine persönliche Freundschaft verband ihn mit Erich Kästner, dessen Kinderbücher - mit den Illustrationen von Walter Trier - Horst Lemke schon als Junge geliebt hatte. Nach dem Tod von Walter Trier 1951 illustrierte Horst Lemke Erich Kästners Kinderbücher, darunter die Autobiografie 'Als ich ein kleiner Junge war'. Horst Lemke wurde für den Hans-Christian-Andersen-Preis, eine der größten internationalen Auszeichnungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur nominiert und mit dem Lewis-Carroll-Shelf Award sowie dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Astrid Lindgren (1907 – 2002), in Südschweden geboren und aufgewachsen, hat so unvergessliche Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und viele andere mehr geschaffen. Die "wunderbarste Kinderbuchautorin aller Zeiten" (DIE ZEIT) wurde u. a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Horst Lemke (1922 – 1985), wurde in Berlin geboren. Kurz vor dem Abitur musste er die Schule wegen einer Goebbels-Karikatur verlassen. Dennoch konnte er von 1939 bis 1941 an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei dem Grafiker Gerhard Ulrich studieren. Danach holten ihn erneut die politischen Verhältnisse ein und er wurde Soldat. Nach dem Krieg arbeitete er in Heidelberg als Werbegrafiker und als Illustrator für Buch- und Zeitschriftenverlage. Von 1957 bis zu seinem Tode lebte er in Brione, in der Nähe von Locarno/Schweiz. Horst Lemke hat vielen beliebten Kinderbüchern ihr Gesicht gegeben und unter anderem Texte von Max Kruse, Astrid Lindgren und James Krüss illustriert. Eine persönliche Freundschaft verband ihn mit Erich Kästner, dessen Kinderbücher – mit den Illustrationen von Walter Trier – Horst Lemke schon als Junge geliebt hatte. Nach dem Tod von Walter Trier 1951 illustrierte Horst Lemke Erich Kästners Kinderbücher, darunter die Autobiografie "Als ich ein kleiner Junge war". Horst Lemke wurde für den Hans-Christian-Andersen-Preis, eine der größten internationalen Auszeichnungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur nominiert und mit dem Lewis-Carroll-Shelf Award sowie dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

1


Rasmus saß wie gewöhnlich in seiner Astgabel oben in der Linde und dachte über Dinge nach, die es nicht geben dürfte. Kartoffeln, das war das Erste! Doch, Kartoffeln durfte es geben, wenn sie gekocht waren und man als Sonntagsessen »Kartoffeln und Soße« bekam. Wenn sie aber mit Gottes Segen draußen auf dem Kartoffelacker wuchsen und gehäufelt werden mussten – dann dürfte es sie nicht geben. Ohne Fräulein Habicht konnte man auch gut auskommen. Sie war es nämlich, die sagte: »Morgen häufeln wir den ganzen Tag Kartoffeln.« Wir häufeln Kartoffeln, sagte sie, aber das bedeutete nicht, dass Fräulein Habicht die Absicht hatte zu helfen. O nein, Rasmus und Gunnar und der große Peter und die anderen Jungen, die mussten sich den lieben langen heißen Sommertag hindurch auf dem Kartoffelacker abrackern. Und dann zusehen, wie die Dorfkinder auf der Straße vorbeigingen zum Badeplatz unten am Bach! Hochnäsige Dorfkinder, die dürfte es übrigens auch nicht geben!

Rasmus überlegte, ob es noch was gab, was abgeschafft werden könnte. Aber da wurde er durch einen leisen Ruf von unten gestört. »Rasmus! Versteck dich! Der Habicht kommt.«

Gunnar steckte warnend seine Nase durch die Tür vom Brennholzschuppen, und Rasmus hatte es plötzlich eilig. Er rutschte schleunigst aus der Astgabel, und als Fräulein Habicht im nächsten Augenblick vorm Holzschuppen stand, war oben in den grünen Zweigen der Linde kein Rasmus zu sehen. Was bestimmt ein Glück war, denn Fräulein Habicht war nicht der Meinung, dass Jungen gleich jungen Vögeln hoch oben in den Bäumen sitzen sollten, wenn nützliche Arbeiten zu verrichten waren.

»Du nimmst doch nur vom Fichtenholz, Gunnar?«

Fräulein Habichts strenge Augen musterten forschend die Holzscheite, die Gunnar in den Korb gelegt hatte.

»Ja, Fräulein Habicht«, sagte Gunnar in dem Ton, den man immer anwenden musste, wenn man Fräulein Habicht antwortete. Es war dieser besondere Waisenhauskindton, den man anwandte, wenn die Vorsteherin mit einem sprach und wenn der Pastor zur Inspektion kam und fragte, ob es nicht Spaß mache, den Garten so fein sauber zu halten, und wenn Eltern von einem der Dorfkinder kamen und wissen wollten, warum man ihren Jungen verdroschen habe, der einem auf dem Schulhof »Waisenhausbengel« nachgeschrien hatte. Da war es notwendig, demütig und brav zu tun, denn es lag auf der Hand, dass sie das erwarteten, Fräulein Habicht und der Pastor und alle.

»Weißt du, wo Rasmus ist?«, fragte Fräulein Habicht.

Rasmus presste sich ängstlich noch enger an den Ast, an dem er hing, und betete zu Gott, Fräulein Habicht möge weggehen. Allzu lange konnte er nicht mehr so hängen, und wenn er auch nur ein ganz klein bisschen in den Armen nachgab, würde er langsam abwärtsrutschen und für Fräulein Habicht sichtbar werden. Das blau gestreifte Hemd, das er anhatte, dieses Waisenhaushemd, leuchtete ebenfalls weithin. Vögel, die auf Bäumen saßen, waren so schwer zu entdecken, weil der liebe Gott ihnen eine Schutzfarbe gegeben hatte, sagte die Lehrerin in der Schule. Aber Waisenhauskindern hatte der liebe Gott keine Schutzfarbe gegeben, und darum betete Rasmus so inbrünstig, dass er Fräulein Habicht wegschicken möge, bevor seine Arme ganz lahm waren.

Es war noch nicht lange her, da hatte Fräulein Habicht ihn ausgeschimpft, weil er sich schmutziger machte als alle anderen Kinder im ganzen Waisenhaus, das fiel ihm gerade ein. Na warte, wenn sie noch mal so was sagte, wollte er aber antworten: »Ich schaff mir gerade eine Schutzfarbe an.«

Ja, er würde es natürlich nur ganz leise in seinem Innern sagen. So was sagte man nicht, dass Fräulein Habicht es hörte, man sagte es ihr nicht ins Gesicht. Denn sie hatte so strenge Augen und ihr Mund war streng und zusammengekniffen und manchmal hatte sie auch eine strenge Falte auf der Stirn. Gunnar behauptete, selbst ihre Nase sehe streng aus. Aber das fand Rasmus nicht. Rasmus fand Fräulein Habichts Nase richtig hübsch.

Jetzt allerdings, während er hier im Baum hing und fühlte, wie seine Arme einschliefen, fiel ihm kaum etwas Gutes an ihr ein. Und Gunnar, der scheu weiter Holz in den Korb schichtete, während Fräulein Habicht daneben stand und zusah, traute sich nicht, den Blick auch nur bis zu ihrer Nase zu erheben, ganz abgesehen davon, ob sie streng war oder nicht. Er sah nichts weiter von ihr als einen Zipfel der steif gestärkten Schürze.

»Weißt du, wo Rasmus ist?«, fragte Fräulein Habicht noch einmal ziemlich ungeduldig, da sie auf ihre erste Frage keine Antwort bekommen hatte.

»Ich hab ihn vorhin drüben am Hühnerstall gesehen«, sagte Gunnar.

Das war die reinste Wahrheit. Vor einer halben Stunde hatten Gunnar und Rasmus im Brennnesselgestrüpp hinter dem Hühnerstall nach Eiern gesucht, weil die dummen Hennen manchmal heimlich dort welche legten. Also hatte Gunnar Rasmus tatsächlich vor einer Weile drüben am Hühnerstall gesehen. Wo er jetzt war, das wollte Gunnar Fräulein Habicht lieber nicht sagen.

»Wenn du ihn siehst, sag ihm, er soll einen Korb Brennnesseln rupfen«, sagte Fräulein Habicht und drehte sich auf dem Absatz um.

»Ja, Fräulein Habicht«, sagte Gunnar.

»Hast du das gehört?«, sagte er, als Rasmus von der Linde herunterkletterte. »Du sollst einen Korb Brennnesseln rupfen.«

Brennnesseln dürfte es auch nicht geben, dachte Rasmus. Den ganzen Sommer lang musste man Brennnesseln für die Hühner pflücken, denn sie bekamen täglich gekochte Brennnesselgrütze.

»Können die dummen Viecher sich nicht selber ein paar Brennnesseln pflücken, wo die doch genau vor ihrer Nase wachsen?«

»Nee, die denken nicht dran«, meinte Gunnar. »Bitte schön, vorgesetzt muss es ihnen werden.« Und er machte eine tiefe Verbeugung vor einer Henne, die leise gackernd vorüberspazierte.

Rasmus war sich nicht ganz sicher, ob Hühner abgeschafft werden müssten oder nicht, entschied aber schließlich, dass es sie geben müsste. Sonst bekäme man ja kein Sonntagsei, und ohne Sonntagsei würde man kaum merken, dass Sonntag ist. Nein, Hühner musste es geben dürfen und deshalb konnte er auch gleich hingehen und die Brennnesseln rupfen.

Rasmus war sicherlich nicht fauler als andere Neunjährige. Er hatte nur einen für sein Alter natürlichen Widerwillen gegen alles, was ihn daran hinderte, auf Bäume zu klettern oder im Bach zu baden oder mit den anderen Jungen Räuber zu spielen und hinterm Kartoffelkeller im Hinterhalt zu liegen, wenn eins der Mädchen kam und Kartoffeln holen wollte. Damit musste man sich beschäftigen, wenn man Sommerferien hatte, fand er. Fräulein Habicht konnte man nicht dazu bringen, das einzusehen, und das war auch ziemlich natürlich. Das Waisenhaus von Västerhaga war eine städtische Anstalt, lebte aber zum Teil davon, dass man Eier und Gemüse verkaufte. Die Kinder waren eine billige und unentbehrliche Arbeitskraft, und Fräulein Habicht verlangte sicher nichts Unmenschliches von ihnen, wenn Rasmus es auch seinerseits unmenschlich fand, dass er einen ganzen Tag lang Kartoffeln häufeln sollte. Da er aber ebenso wie alle übrigen elternlosen Kinder gezwungen sein würde, für sich selbst zu sorgen, sobald er dreizehn Jahre alt war, so musste er beizeiten arbeiten lernen, das wusste Fräulein Habicht genau. Sie wusste dagegen nicht so richtig, wie notwendig es auch für Waisenhauskinder war, spielen zu dürfen, aber das konnte man vielleicht nicht verlangen. Sie selbst hatte sich wahrscheinlich nie sonderlich viel aus dem Spielen gemacht.

 

Rasmus rupfte hinter dem Hühnerstall gehorsam Brennnesseln, aber er sagte unterdessen den Hühnern deutlich die Wahrheit:

»Faulpelze! Eigentlich dürfte es euch gar nicht geben! Hier wachsen Brennnesseln, dass man reinweg verzweifeln könnte. Aber sie selber pflücken, nee, das passt euch nicht. Ich muss hier schuften wie ein Sklave und für euch rupfen, bloß immer rupfen und rupfen.«

Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr kam er sich wie ein Sklave vor, und das machte eigentlich Spaß. Die Lehrerin in der Schule hatte in der letzten Unterrichtsstunde aus einem Buch über die Sklaven in Amerika vorgelesen. Es gab nichts Schöneres auf der Welt, als wenn die Lehrerin vorlas, und dies Buch von den Sklaven war das beste, was Rasmus kannte.

Er rupfte Brennnesseln und stöhnte leise. Denn jetzt war die Peitsche des Sklaventreibers über ihm und hinter dem Eiskeller lagen Bluthunde, bereit hervorzustürzen, wenn er den Korb nicht schnell genug füllen konnte. Jetzt pflückte er Baumwolle, nicht Brennnesseln. Der große Fausthandschuh, den er anhatte, damit die Brennnesseln ihn nicht brannten, passte wohl nicht unbedingt zu einem Sklaven unter der glühenden Sonne der Südstaaten, aber den konnte man nicht entbehren.

Rasmus rupfte und rupfte. Und bisweilen gibt es auch für Sklaven kleine Freuden. Drüben beim Eiskeller standen die Brennnesseln besonders hoch. Rasmus hatte seinen Korb jetzt voll, aber er ging hinüber und riss doch noch welche aus, nur um die Bluthunde zu reizen. Da sah er im Sägemehl dicht neben dem Eiskeller etwas liegen. Es war halb von Sägemehl zugedeckt und es sah einem Fünförestück ziemlich ähnlich. Rasmus bekam Herzklopfen – es konnte kein Fünfer sein, so etwas gab es nicht! Aber er zog vorsichtig den Fausthandschuh aus und streckte die Hand nach dem aus, was da im Sägemehl lag.

Und es war ein Fünfer!

Das Baumwollfeld verschwand, die Bluthunde gingen in Rauch auf, der arme Sklave stand da, ganz schwindlig vor Freude.

Denn was konnte man nicht alles für fünf Öre bekommen! Eine große Tüte Bonbons konnte man bekommen oder fünf Sahnebonbons oder eine Tafel...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2019
Illustrationen Horst Lemke
Mitarbeit Cover Design: Katrin Engelking
Übersetzer Thyra Dohrenburg
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Adoptieren • Astrid Lindgren • Ausreißen • Bauern • Diebe • Eltern • Familie • Familie suchen • Kinderliteratur • Klassiker • Landstreicher • neue Eltern • Waise
ISBN-10 3-96052-131-6 / 3960521316
ISBN-13 978-3-96052-131-0 / 9783960521310
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