Die drei ??? Im Auge des Sturms (drei Fragezeichen) (eBook)
144 Seiten
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
978-3-440-14961-4 (ISBN)
Wipe-out
Der Hafen von Rocky Beach war gut besucht. Das Wetter war im Laufe des Vormittags immer sonniger geworden und es wehte ein angenehmer Wind. Segler machten ihre Jachten für einen Törn bereit, Gäste des Hafencafés saßen in der Sonne und kleine Motorboote tuckerten durch das klare, blaugrüne Wasser. Ein paar Touristen fotografierten die Pelikane im Hafenbecken und zwei Jungen schauten sich vor dem Surfshop bunte Neoprenanzüge und Funktionshemden an.
Justus kam es so vor, als hätten alle Menschen gute Laune. Er selbst war noch etwas angeschlagen von dem Gespräch mit seiner Tante. Obwohl sie ein großes Herz hatte, konnte Tante Mathilda sehr streng sein. Für spontane Ermittlungen während der Arbeitszeit hatte sie wenig Verständnis. Wie konnte jemand ernsthaft hinter Verbrechern her sein, wenn auf dem Schrottplatz eine schmutzige Popcornmaschine stand und gleich daneben ein verstaubter Kinosessel? Justus hatte hoch und heilig versprechen müssen, ein paar Sonderschichten als Wiedergutmachung einzulegen.
Der Erste Detektiv verdrängte die Gedanken an den Schrottplatz und machte sich zielstrebig auf den Weg zu dem Boot von Rubbish George. Es lag etwas abseits von den schnittigen weißen Jachten. Justus musste über einen wackeligen Steg gehen, dessen Stabilität er nicht recht traute. Als er endlich die schwimmende Behausung erreichte, war niemand an Deck zu sehen.
»Hallo?«, rief Justus laut. »George?« Es kam keine Antwort. Vielleicht war er nicht da. Hin und wieder nahm Rubbish Jobs im Hafen an. Justus überlegte, ob er einfach später noch mal wiederkommen sollte, da hörte er ein Rumpeln unter Deck. Jemand war auf dem Boot! Der Erste Detektiv kletterte umständlich an Bord. »Rubbish?«, fragte er erneut. Jetzt sah er, dass die Tür zur Kajüte offen stand. Eine steile Treppe führte hinab in den Bauch des Bootes. Wieder hörte er von unten ein Rumpeln. Warum antwortete Rubbish George ihm nicht? Justus’ Neugier war geweckt. Langsam stieg er die Stufen hinunter. Eine unangenehme Duftmischung aus Schiffsdiesel, gekochten Bohnen, Abwasser und süßlichen Gewürzen lag in der Luft. Der Erste Detektiv zog die Nase kraus und sah sich um. Vor ihm lag eine alte Matratze mit einer zerwühlten Bettdecke. Daneben stand eine Schale mit Räucherstäbchen, daher also der süßliche Geruch. In grauen Spiralen stieg der Rauch auf und verwirbelte sich in dem niedrigen Raum. Justus unterdrückte ein Husten. Zu seiner Linken war ein Bereich mit einer Gardine abgetrennt. Was rechts lag, konnte der Erste Detektiv nicht mehr erkennen. Ohne Vorwarnung bewegte sich die Gardine, dann überschlugen sich die Ereignisse: Jemand sprang auf den Ersten Detektiv zu. Ein Stoß fegte ihn von der letzten Treppenstufe. Und bevor er sich zu dem Angreifer umdrehen konnte, sauste ein schwerer Gegenstand auf ihn herab!
Die Welle rollte an. Peter begann zu paddeln. Seine Finger ruderten durch das kalte Wasser. Er spürte, wie sein Puls sich beschleunigte, und spannte die Muskeln an. Jetzt! Peter sprang mit einem Ruck auf das Board. Salzige Gischt spritzte auf. Er federte leicht mit den Knien, steuerte nach rechts und nahm an Geschwindigkeit zu. Aus den Augenwinkeln sah der Zweite Detektiv die Wand aus Wasser, an der er entlangfuhr. Die Welle wuchs über ihn hinaus, bald würde sich der Tunnel schließen. Obwohl der Ritt nur wenige Sekunden dauerte, fühlte es sich für Peter an, als wäre er in einer Welt ohne Zeit. Hinter ihm brachen sich die Wassermassen in weißem Schaum und er tauchte wieder in der Realität auf. Jetzt erst hörte er das Tosen des Meeres. Peter kniff die Augen zusammen und versuchte, einzelne Personen auf den Surfbrettern in seiner Nähe zu erkennen. Es gelang ihm nicht. Das Sonnenlicht wurde in tausenden von kleinen Goldpunkten vom Meer reflektiert. Herrlich!
Justus hatte zwar gesagt, dass er nicht offen nach einem Finnley fragen durfte, aber es schadete sicher nichts, sich unter die Surfer zu mischen. Das gehörte schließlich auch zu dem Fall. Genau genommen ermittelte der Zweite Detektiv gerade – auf dem Surfbrett. Außerdem war George Davies zu beschäftigt gewesen, um in Ruhe mit Peter zu reden. In den Ferien war am Hauptstrand von Rocky Beach einfach zu viel los. George kam mit dem Ausschenken von Cola, Wasser und Limonade kaum hinterher. Trotzdem hatte Peter den Anflug von einem schlechten Gewissen. Justus und Bob waren unterwegs, um Matt zu helfen, und er hatte Spaß auf dem Meer.
»Erstklassig gesurft!«
Peter drehte sich zur Seite. Ein paar andere Surfer hatten sich neben ihm eingefunden. Darunter auch Brandon Rink, ein Junge aus seiner Bioklasse. Peter legte sich auf sein Board und ließ sich von einer kleinen Welle ein Stück zu ihm hin tragen. »Dein Kickflip war aber auch nicht schlecht.«
»Danke!«, sagte Brandon erfreut.
»Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn«, sagte jemand mit einer rauen Stimme. »Oder besser gesagt: eine Welle.«
»Stenseth! Freundlich wie immer.« Peter kannte den Surfer. Er war ungefähr in seinem Alter, ging aber nicht in Rocky Beach zur Schule, sondern besuchte die Green Canyon Highschool.
»So bin ich eben, Shaw.« Der Junge strich sich das nasse, schwarze Haar aus der Stirn. Bevor Peter oder Brandon etwas erwidern konnten, paddelte er los. Aus den Augenwinkeln sah der Zweite Detektiv, wie sich eine Welle hinter ihm aufbaute. Sekunden später stand Stenseth auf dem Brett.
»Dem wünsche ich mal einen peinlichen Wipe-out!«, sagte Brandon.
»Ich glaube nicht, dass der jemals so richtig heftig vom Brett gefegt wird.« Peter musste neidlos zugeben, dass Stenseth außergewöhnlich talentiert war.
»Ich leider auch nicht. Er ist diesen Sommer hier der unangefochtene König der Wellen. Zumindest solange Jeffrey verreist ist. Ich wette, er wird im nächsten Jahr den Summer Surf-Wettbewerb gewinnen und als Profi für ein bekanntes Label einsteigen.« Brandon machte ein missmutiges Gesicht. »Neben dem komme ich mir jedenfalls immer vor wie ein Affe auf einem Bügelbrett.«
»Lass dich nicht von Stenseth einschüchtern«, gab Peter zurück. »Außer Surfen kann der nichts. Abgesehen davon wird Jeffrey nächstes Jahr garantiert auch antreten und dann werden wir ja sehen, wer gewinnt.«
Brandon nickte. »Oder du meldest dich.«
»Ich bin nicht gut genug«, sagte Peter zähneknirschend. Brandon hatte einen wunden Punkt getroffen. Peter versuchte, Surfen, Schule und die drei ??? neben mehreren Sportarten unterzubringen. Manchmal kam es ihm so vor, als würde er alles nur halb machen. Außerdem hatte Peters Freundin Kelly wieder einmal mit ihm Schluss gemacht, weil ihm kaum Zeit für Verabredungen blieb.
»Alles klar bei dir?«, fragte Brandon.
»Ja, alles super.« Peter besann sich. »Ich glaube, ich mach mal Pause.« Gerade schob der Eismann seinen Wagen mit dem bunten Schirm über die Strandpromenade, was dazu führte, dass der Andrang an der kleinen Bar nachließ. Wenn Peter mit George reden wollte, dann jetzt.
Kurz darauf joggte er aus dem Wasser, sein Surfboard unter dem Arm. Die kleine Strandbar war genau genommen nur ein Kiosk aus Treibholz, Stroh und Bambusmatten. Er stand direkt an der Promenade. Hier herrschte reges Treiben. Eine Gruppe von Surfern saß auf der niedrigen Mauer, die den Weg vom Strand trennte. Ein paar Mädchen auf Skateboards lächelten Peter zu. Er grüßte knapp. Dann wich er einem weißblonden Mann mit Sonnenbrille aus, der beim Laufen mit dem Handy telefonierte und immer wieder aufs Meer starrte. Dort stürzte Brandon gerade vom Brett.
»Hi, Peter!«, rief George, als der Zweite Detektiv den Kiosk erreichte. »Lass mich raten, du willst eine große Cola und einen Schokoriegel mit Erdnussgeschmack. Richtig?«
Peter schüttelte den Kopf. »Hallo, George. Nein, danke. Heute brauche ich nur eine Information.«
»Sturm!« Ein bärtiger Mann in einem Blümchenkleid lief an ihnen vorbei. »Ein Sturm wird kommen! Und die Wellen werden uns verschlingen!«
Peter sah ihm irritiert nach.
George winkte ab. »Ein paar Leute glauben, dass uns ein großer Sturm ins Haus steht. Oder besser gesagt, ein durchschnittlicher Sturm mit überdurchschnittlich großen Wellen.«
»Bislang haben die Wetterdienste aber noch nichts Dramatisches verkündet.« Peter klopfte auf sein Board, als würde das Glück bringen.
»Kann ja noch kommen«, meinte George. »Nun aber zu dir. Du wolltest etwas wissen.«
Peter nickte. »Ich suche jemanden. Hast du in den letzten Tagen zufällig mit einem Jungen gesprochen, der Matt heißt? Er hat kurze, braune Locken und kommt nicht von hier.«
George überlegte kurz. »Ich kann mich nicht erinnern. Es kommen ja ziemlich viele Leute zur Bar.«
»Schade.« Peter klopfte nachdenklich mit den Fingerspitzen auf sein Surfbrett. Er überlegte, ob er George doch auf Finnley ansprechen sollte. George war in Ordnung. Er war zwar nicht gerade eng mit den drei ??? befreundet, aber Peter kannte ihn seit der Grundschulzeit. Allerdings betonte Justus immer wieder, dass man niemandem trauen durfte. Schließlich konnte auch eine harmlos wirkende Oma eine eiskalte Verbrecherin sein und die eigene Freundin eine Verräterin. Peter fand jedoch, dass man ab und zu ein Risiko eingehen musste, wenn man mehr erfahren wollte. George war eine gute Informationsquelle. Er hatte den Strand den ganzen Tag im Blick und kam mit vielen Menschen ins Gespräch. Außerdem hatte Matt extra gesagt, dass er mit einem George sprechen sollte. »Sagt dir der Name Finnley etwas?«
»Ein Surfer?«,...
Erscheint lt. Verlag | 8.3.2018 |
---|---|
Reihe/Serie | Die drei ??? |
Illustrationen | Silvia Christoph |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | ab 10 • ab 8 • Bob Andrews • Detektive • Detektivgeschichten • Fragezeichen • Jungen • Justus Jonas • Kinderbuchreihe • Krimi • Peter Shaw • Rocky Beach • Spannung • Surfen • surfer |
ISBN-10 | 3-440-14961-7 / 3440149617 |
ISBN-13 | 978-3-440-14961-4 / 9783440149614 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,4 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich