GötterFunke 2. Hasse mich nicht (eBook)
464 Seiten
Dressler Verlag GmbH
978-3-86272-055-2 (ISBN)
Marah Woolf wurde 1971 in Sachsen-Anhalt geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und drei Kindern lebt. Sie studierte Geschichte und Politik und erfüllte sich 2011 mit der Veröffentlichung ihres ersten Romans einen großen Traum. Ihre Bücher wie die FederLeicht-, die MondLicht- und die BookLess-Saga haben sich als E-Book oder Taschenbuch mehr als 1 Million mal verkauft.
Marah Woolf wurde 1971 in Sachsen-Anhalt geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und drei Kindern lebt. Sie studierte Geschichte und Politik und erfüllte sich 2011 mit der Veröffentlichung ihres ersten Romans einen großen Traum. Ihre Bücher wie die FederLeicht-, die MondLicht- und die BookLess-Saga haben sich als E-Book oder Taschenbuch mehr als 1 Million mal verkauft.
Josh strahlte übers ganze Gesicht, als ich ihm die Tür öffnete. Der Geruch von Algen und Salz drang vom Meer zu uns herüber. So viel gute Laune war ja kaum auszuhalten. Aber er war der Letzte, an dem ich meine Wut auslassen durfte.
»Bereit?«, fragte er.
Ich schulterte meine Umhängetasche und warf einen Blick zurück. Mom lehnte mit einer Kaffeetasse in der Hand in der Küchentür und nickte aufmunternd.
»Hi, Mrs Harper«, rief Josh, »Sie sehen gut aus.«
»Du warst schon immer ein Charmeur.« Mom kam zu uns geschlendert.
Josh hatte recht. Sie trug eine saubere Jeans und ein hübsches T-Shirt. Die Nägel ihrer nackten Füße waren ordentlich lackiert und ihre frisch gewaschenen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden. Sie hatte keinen Schluck Alkohol angerührt, seit ich aus dem Camp zurückgekommen war, obwohl die Kaffeetasse in ihrer Hand zitterte. Ich wagte nicht zu hoffen, dass sie diesmal etwas länger durchhielt. Das hatte ich schon zu oft getan und immer war ich enttäuscht worden.
»Ich habe mich noch gar nicht bedankt, dass du Jess vom Camp nach Hause gebracht hast.«
»Das war doch selbstverständlich, nachdem …« Ich legte ihm eine Hand auf den Unterarm und er verstand mich ohne Worte. Mom wusste nichts von dem Streit zwischen Robyn und mir, und von Cayden schon gar nicht. Ich wollte sie nicht beunruhigen, obwohl sie taub und blind sein müsste, wenn sie nichts von meinem Liebeskummer mitbekommen hatte. Aber wir hatten uns viel zu sehr entfremdet, als dass ich mich von ihr hätte trösten lassen. Eigentlich hatte ich ja auch gar keinen Liebeskummer. Ich war einfach nur stinkwütend, und zwar vor allem auf mich selbst, dann auf Robyn und natürlich auf Cayden.
»Pass gut auf meine Kleine auf«, sagte Mom lächelnd, während Josh mir die Tür aufhielt. Früher hatte sie mir morgens immer einen Kuss auf die Wange gegeben, aber das war lange her.
»Bis später, Mom«, rief ich zum Abschied und folgte Josh die gekieste Einfahrt hinunter zu seinem Wagen. Das Meer auf der anderen Seite der Straße lag ganz ruhig in der Sonne. Es war ein wunderschöner Tag. Zu schön eigentlich, um ihn in der Schule zu verbringen.
Josh wartete, bis ich angeschnallt war, bevor er mit seinem Verhör begann. »Warum hast du nicht auf meine Anrufe reagiert?«, fragte er. »Ich wollte wissen, wie es dir geht.«
»Gut«, antwortete ich so gelassen wie möglich und zog mein Handy aus der Tasche, um meine Nachrichten zu checken. Leah hatte geschrieben. »Ich brauchte nur meine Ruhe«, setzte ich hinzu.
»Willst du nicht mit mir reden?« Immerhin startete er den Wagen. Am ersten Schultag wollte ich ungern zu spät kommen.
»Doch, klar. Was hast du heute für Kurse?«, versuchte ich mich an einem unverfänglichen Thema.
»Das meinte ich nicht«, antwortete er genervt und reihte sich in die Schlange der Autos ein, die nach Monterey hineinfuhren. Unser Haus lag etwas außerhalb, und ich war froh, dass er mich abgeholt hatte. Bis zum Ende des vorigen Schuljahres war ich immer mit Robyn gefahren. Aber seit unserer Rückkehr aus dem Camp hatte sie sich nicht mehr bei mir gemeldet. Ich war nicht sicher, ob ich darüber froh oder unglücklich sein sollte. Das entschied sich vermutlich heute, wenn wir uns wiedersahen.
»Ich will wissen, wie es dir wirklich geht. Meinst du, mir ist nicht aufgefallen, wie sehr du dich in Cayden verknallt hattest? Was Robyn mit ihm abgezogen hat, war unmöglich.«
»Hattest trifft es genau«, unterbrach ich ihn. »Das ist vorbei.« Jedenfalls fast. Heute Morgen hatte ich mindestens eine halbe Stunde damit verbracht, meine Augenringe zu überschminken, um nicht wie ein Zombie auszusehen. Wenn ich jetzt anfing zu heulen, konnte er gleich umdrehen und mich wieder nach Hause bringen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich in Tränen ausbrechen würde, war ziemlich hoch. Meine kleine Schwester Phoebe hatte behauptet, dass der Meeresspiegel um ungefähr einen Zentimeter gestiegen wäre, wenn wir meine Tränen der vergangenen Tage direkt ins Meer gekippt hätten. Ihrer Meinung nach war es eine Zumutung, so viel zu heulen, wenn man bedachte, dass, bedingt durch die Klimaerwärmung, etliche Gebiete der Welt sowieso schon von Überflutung bedroht waren. Diese stichhaltigen Argumente hatten meine Springflut versiegen lassen, und ich hatte kein Interesse daran, dass es wieder losging. Meine Augen brannten höllisch. Vielleicht sollte ich eine Sonnenbrille aufsetzen und in der Schule behaupten, ich wäre über den Sommer erblindet.
»Ich hätte mich nicht so aufführen dürfen«, lenkte ich ein. »Wenn ich Robyn gesagt hätte, dass ich auf Cayden stehe, dann hätte sie sich bestimmt nicht mit ihm eingelassen.«
Josh schnaubte nur zur Antwort. »Als wenn sie das nicht gewusst hätte. Weshalb nimmst du sie immer in Schutz?«
»Weil sie, seit ich denken kann, meine beste Freundin ist und ich nicht will, dass die Sache mit Cayden uns auseinanderbringt«, schnauzte ich ihn an. »Er war schließlich der Idiot.«
»Hat sie sich eigentlich auch nur ein einziges Mal bei dir bedankt, dass du ins Wasser gesprungen bist, als ihr Boot umgekippt ist?« Joshs Finger klimperten auf dem Lenkrad eine wütende Melodie. »Du hättest ertrinken können, wenn Cayden dich nicht gerettet hätte.«
»Bin ich aber nicht«, entgegnete ich schnippisch, und die Erinnerung an Skylla und ihre Hunde jagte mir einen Schauer über den Rücken. Möglicherweise lag das aber auch an der Erinnerung, wie Cayden mich aus dem See gezogen hatte. Ich schob den Gedanken weit weg. Die Götter waren Geschichte. In ein paar Jahren würden mir die Ereignisse in dem Camp bestimmt wie ein Märchen vorkommen. Das hoffte ich zumindest.
Wenn ich in den letzten Tagen mal gerade nicht geheult hatte, hatte ich jede Einzelheit der vergangenen Wochen aufgeschrieben. Es war fast wie eine Sucht gewesen, mir alles bis ins kleinste Detail von der Seele zu schreiben. Warum ich das getan hatte? Keine Ahnung. Diese Diafanigabe hatte jedenfalls nichts zu bedeuten. Ich wollte einfach nur mit der Sache abschließen. Schon als Dad uns verlassen hatte, hatte ich eine Zeit lang Tagebuch geführt. Irgendwem musste man seine düsteren Gedanken und Gefühle ja anvertrauen und Robyn hatte damals mein Gejammer irgendwann nicht mehr ertragen. Die Blätter mit den Aufzeichnungen hatte ich zusammen mit der Kette, die Zeus mir zum Abschied überreicht hatte, in meinem Geheimversteck verstaut. Es war mir ein bisschen wie ein Begräbnis vorgekommen, aber damit war die Sache nun endgültig vorbei. Ich presste die Augen zusammen.
So schwarz auf weiß zu lesen, was passiert war, erinnerten die Aufzeichnungen tatsächlich an griechische Legenden. Schließlich gab es kaum eine Sage, die nicht davon handelte, dass ein Gott ein Mädchen verführte. Dass all diese Sagen auf tatsächlichen Ereignissen beruhten, hätte ich dennoch nie vermutet. Ereignisse, die aufgeschrieben waren von Menschen, die den Göttern in unserer Welt begegnet waren und die sich an sie und das, was geschehen war, hatten erinnern können, wie ich. Diafani, so hatten Zeus, Apoll und die anderen Götter diese Menschen genannt. Und genau so eine Diafani sollte ich angeblich sein. Dank dieser Fähigkeit hatte ich auch die Bekanntschaft mit Skylla und Agrios gemacht. Darauf hätte ich allerdings gerne verzichtet. Diafanigabe hin oder her. Die Götter waren weg und ich war fertig mit ihnen. Schmerz klopfte hinter meiner Schläfe, aber ich riss mich zusammen. Das war nur die Sonne, die mich blendete.
»Ich will dich nicht drängen«, erklärte Josh gerade und unterbrach meinen Gedankenstrom. »Du weißt ja, wenn du mich brauchst, genügt ein Anruf.«
Ich nahm seine Hand und drückte sie. In dem Chaos der vorigen Woche war er mein Fels in der Brandung gewesen, obwohl ich mich geweigert hatte, mit ihm zu telefonieren, und seine Nachrichten nur sehr einsilbig beantwortet hatte. Ich wünschte, ich könnte ihm die ganze Wahrheit erzählen. Aber nicht heute.
Der Parkplatz war bereits brechend voll, als wir an der Schule ankamen. Ich sah Robyns Auto in der vordersten Reihe stehen. Ich brauchte kein schlechtes Gewissen zu haben, wiederholte ich immer wieder geradezu mantraartig. Trotzdem schlug mein Magen Purzelbäume. Vielleicht hätte ich sie anrufen sollen. Sie machte nicht gern den ersten Schritt nach einem Streit, aber wenn ich ihr ein Stückchen entgegenkäme, dann … Ja, was erwartete ich eigentlich?
Josh rührte sich nicht, obwohl er längst eine Lücke gefunden und eingeparkt hatte. »Du hoffst sicher, dass ihr euch wieder vertragt, oder?«
Ich nickte und knibbelte an den Nähten meiner Jeans.
»Sie ist ganz schön verzogen und ziemlich egoistisch, aber das weißt du ja. Du solltest ihr wirklich nicht so schnell verzeihen. Sie hätte nicht so auf deinen Gefühlen rumtrampeln dürfen.«
»Das ist dein Rat?« Erstaunt sah ich ihn an. Josh war ziemlich harmoniebedürftig. Wenn wir beide uns stritten, dauerte es maximal fünf Sekunden, bis er einlenkte.
»Robyn hat dich und Cameron betrogen. Aber ich befürchte, sie redet sich ihr Gewissen irgendwie rein. So ist sie nun mal.«
Ich verknotete meine Finger. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ohne sie als Freundin wäre.« Das war ein schwaches Argument, das wusste ich selbst. Aber Robyn und ich waren seit Ewigkeiten befreundet. Dass ein Junge uns auseinanderbringen könnte, wäre vor ein paar Monaten noch undenkbar gewesen. »Er ist es nicht wert, dass unsere Freundschaft wegen ihm in die Brüche geht.« Ich würde Caydens Namen auf keinen Fall laut aussprechen. Er hatte mich glauben lassen, dass ich ihm etwas bedeutete, und dann hatte er mit meiner besten...
Erscheint lt. Verlag | 22.9.2017 |
---|---|
Reihe/Serie | GötterFunke |
Mitarbeit |
Cover Design: Frauke Schneider |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Apoll • Athene • CAMP • Fantasy • gebrochenes Herz • Gefühle • Götter • Große Gefühle • Liebe • Liebeskummer • Olymp • Perseus • Prometheus • Schicksal • Schwertkampf • Sommer • Spannung • Zeus |
ISBN-10 | 3-86272-055-1 / 3862720551 |
ISBN-13 | 978-3-86272-055-2 / 9783862720552 |
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