Aventurine - Das Mädchen mit dem Drachenherz (eBook)

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2017 | 1. Auflage
320 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-4940-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aventurine - Das Mädchen mit dem Drachenherz -  Stephanie Burgis
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Ein starkes Mädchen mit dem Herzen eines Drachen Drachenmädchen Aventurine verlässt heimlich die Höhle, um ihren Eltern zu beweisen, dass sie schon allein auf die Jagd gehen kann. Kaum draußen, landet sie in den Fängen eines Zauberers. Er verwandelt sie in ein Menschenmädchen! Plötzlich ist Aventurine klein und schutzlos, hat keinen schimmernden Schuppenpanzer mehr und keinen prächtigen Schwanz. Und Feuerspeien kann sie auch nicht mehr. Doch im Herzen bleibt Aventurine ein wilder Drache. Unerschrocken macht sie sich auf in die Welt der Menschen. Und dort findet sie etwas, was noch viel besser ist als Feuerspeien: Schokolade! Mit Vignetten von Freya Hartas Magisch glitzernder Einband mit roter und goldener Metallic-Folie

Stephanie Burgis ist in den USA aufgewachsen und hat während ihres Studiums in Österreich in den Caféhäusern von Wien ihre Leidenschaft für Schokolade entdeckt. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann, zwei Söhnen und einer getigerten Katze in Wales.

Stephanie Burgis ist in den USA aufgewachsen und hat während ihres Studiums in Österreich in den Caféhäusern von Wien ihre Leidenschaft für Schokolade entdeckt. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann, zwei Söhnen und einer getigerten Katze in Wales.

1


Eigentlich habe ich nie darüber nachgedacht, wie es sich anfühlt, ein Mensch zu sein. Mein Großvater sagte immer: Besser, man redet nicht mit dem, was man isst, denn jeder Drache weiß, dass Menschen das gefährlichste Essen sind, das es gibt.

Als junges Drachenmädchen bekomme ich natürlich immer nur ihre Juwelen und ihre Bücher zu sehen. Die Juwelen sind wunderschön, aber über die Bücher könnte ich mich totärgern. Was für eine Verschwendung von Druckerschwärze! Ich zum Beispiel kann mich noch so sehr anstrengen – aber mehr als die ersten paar Absätze eines dichtbeschriebenen, dämlichen Textes schaffe ich nie. Als ich es das letzte Mal probiert habe, war ich so wütend und genervt, dass ich mit ein paar Atemstößen gleich drei Bücher zu Asche verbrannt habe.

»Hast du denn überhaupt keinen Sinn für Höheres?«, fragte mein Bruder Jaspis, als er die Bescherung sah. Er wollte Philosoph werden und bemühte sich deshalb immer sehr um philosophische Gelassenheit. Aber während er das qualmende Häuflein vor mir bitterböse anschaute, schlug sein Schwanz bedrohlich hin und her, und die Goldmünzen flogen nur so durch unsere Höhle. »Überleg doch mal«, fuhr er fort. »Alle diese Bücher sind von Geschöpfen geschrieben worden, deren Gehirn nur halb so groß wie deine Vordertatze ist. Und trotzdem sind sie geduldiger als du!«

»Ach, wirklich?« Ich freute mich immer diebisch, wenn ich den hochgeistigen Jaspis so lange reizen konnte, bis ihm der Geduldsfaden riss … und da ich jetzt meine winzigen Feinde aus Papier vernichtet hatte, war ich zu einem Kämpfchen aufgelegt. Ich warf mich in Positur, vor lauter heimlichem Entzücken kräuselten sich meine Schuppen, und ich sagte: »Also, ich glaube, alle, die ihre Zeit damit verplempern, Ameisengekritzel zu lesen, haben selbst ein Ameisenhirn.«

»Arrrrrrrg!«

Herrlich! Er brüllte vor Zorn, sprang auf mich zu – und landete genau dort, wo ich gerade noch gesessen hatte. In einem Berg loser Diamanten und Smaragde! Wenn er mich da hineingeschubst hätte, wären meine noch weichen Schuppen böse angedetscht worden. Aber jetzt lag er – platsch! – selbst auf dem Edelsteinhaufen, und ich sprang ihm jubelnd auf den Rücken und stieß ihn mit dem Gesicht in die Klunker.

»Kinder!« Müde hob unsere Mutter den Kopf von den Vordertatzen und schnaubte leidgeprüft. Als ihre Atemluft durch die Höhle wehte, flogen noch mehr Goldmünzen auf. »Manche von uns haben eine lange, anstrengende Jagd hinter sich und versuchen zu schlafen!«

»Ich hätte euch ja geholfen, wenn ihr mich mitgenommen hättet!«, rief ich und sprang von Jaspis herunter.

»Deine Schuppen sind noch so weich, dass sie sogar ein Wolf kaputtbeißen könnte«, erwiderte Mutter, und ihr Kopf sank zurück auf ihre glitzernden blau-goldenen Tatzen. »Und davon, dass sie hart genug sind, um einer Gewehrkugel oder einem Zauberspruch standzuhalten, wollen wir mal ganz schweigen«, fügte sie müde hinzu. »Vielleicht in dreißig Jahren, wenn du fast erwachsen bist und fliegen kannst …«

»Ich will nicht noch dreißig Jahre warten!«, kreischte ich. Und es hallte so laut durch die langen Gänge der Höhle – unser Zuhause –, dass mein Großvater und meine beiden Tanten ebenfalls todmüde zu schimpfen begannen. Das war mir aber egal. »Hier in diesem Berg fällt mir die Decke auf den Kopf, nirgendwo kann ich hingehen, nichts tun –«

»Jaspis nutzt seine ruhigen Jahre, um Philosophie zu studieren.« Jetzt war die Stimme meiner Mutter nicht mehr matt, sondern kalt und hart wie ein Diamant. Ihr langer Hals erhob sich immer höher über mir, und ihre riesigen goldenen Augen verengten sich zu bedrohlichen Schlitzen, die nur auf mich gerichtet waren, ihre freche Tochter. »Andere Drachen entwickeln eine Leidenschaft für Literatur, Geschichte oder Mathematik. Und du, Aventurine, hast du schon eine Leidenschaft für etwas entdeckt?«

Ich knirschte mit den Zähnen und scharrte mit den rechten Vorderkrallen durch das aufgehäufte Gold neben meinen Tatzen. »Unterricht ist langweilig. Ich will auf Entdeckungs–«

»Und wie genau willst du dich mit den Geschöpfen, die du bei deinen Entdeckungsfahrten triffst, verständigen?«, fragte meine Mutter honigsüß. »Bist du etwa schon weiter mit deinem Sprachenlernen, als ich dachte?«

Mit Mühe unterdrückte Jaspis hinter mir ein Kichern. Ich fuhr herum und beschoss ihn mit einer Rauchkugel. Harmlos! Er ließ sie vor seinem Gesicht explodieren, und seine Augen funkelten vor Schadenfreude.

»Ich kann schon sechs Sprachen«, grummelte ich und drehte mich wieder zu meiner Mutter um. Aber den Kopf zu heben und sie anzuschauen, traute ich mich nicht.

»Als deine Schwester so alt war wie du«, erwiderte sie, »konnte sie zwanzig sprechen und schreiben.«

»H-ämmpf.« Fauchen konnte ich nicht, denn ich wagte es auch nicht, meine Mutter mit Rauch zu beschießen. Citrine hätte ich angefaucht, wenn sie noch bei uns gewohnt hätte. Doch sie residierte nicht weit weg in ihrem prächtigen, einzigartigen, drachengroßen Palast. Sie schrieb Heldengedichte, die andere Drachen mit Ehrfurcht lasen, und jedes Wesen, das auch nur in ihre Nähe kam, betete sie an.

Mit meiner älteren Schwester konnte sich niemand messen. Schon der bloße Versuch war zwecklos.

Ich spürte, wie mich meine Mutter schärfer in den Blick nahm. Hatte sie meine Gedanken gelesen? »In der Sprache«, hob sie an und zitierte einen von Jaspis’ Lieblingsphilosophen, »liegt die größte Macht eines Drachen, sie reicht weit über die der Zähne, Krallen und dergleichen hinaus.«

»Ich weiß«, murmelte ich.

»Wirklich, Aventurine?« Sie bog den langen Hals, neigte ihren großen Kopf nun nach unten und schaute mir in die Augen. »Du weißt: Mut ist eine Sache, Leichtsinn aber eine ganz andere. Du hältst dich vielleicht für ein grimmiges Untier, aber außerhalb dieses Berges würdest du keinen Tag überleben. Sei lieber dankbar, dass du ältere und klügere Verwandte hast, die auf dich aufpassen.«

Ein, zwei Augenblicke später schlief sie tief und fest, und ihre schweren Atemzüge rauschten so ruhig und regelmäßig durch die Höhle, als hätten wir uns nie gestritten.

»Keinen Tag?«, flüsterte Jaspis, als er sich vergewissert hatte, dass sie schlief. Er schüttelte die letzten Edelsteine von seinem Rücken und bleckte grinsend alle Zähne. »Keine einzige Stunde! Nicht mal eine halbe, so wie ich dich kenne.«

Ich schaute ihn wütend an und spreizte die Flügel ein wenig. »Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Ich bin größer und feuriger als irgendwer sonst in diesen Bergen.«

»Aber bist du auch schlauer?«, schnaubte er verächtlich. »Ich wette alles Gold in dieser Höhle, dass bei philosophischen Debatten sogar Wölfe besser abschneiden als du. Und wenn sie dafür zu blöde sind, fackeln sie bestimmt nicht alles um sich herum ab!«

»Krrrr –!« Ich wirbelte herum und schlug mit dem Schwanz. Aber es nützte nichts. Die Höhlenwände waren zu eng und fühlten sich mit jeder Sekunde enger an. Ja, sie erdrückten mich regelrecht, und ich kriegte kaum noch Luft.

Noch dreißig Jahre lang sollte ich hier in dem Berg gefangen bleiben und mich von meinen Verwandten ausschimpfen lassen, wenn ich meckerte, weil ich es langweilig fand? NIEMALS!

Ich wusste, was ich zu tun hatte.

Dumm war ich nicht, auch wenn alle anderen das dachten. Deshalb wartete ich, bis Jaspis endlich aufhörte, mich zu ärgern, und es sich mit einem seiner neuen Menschenbücher gemütlich gemacht hatte – natürlich mit einem, das ich nicht verbrannt hatte. Da es eine philosophische Abhandlung war, würde er mich vollkommen vergessen.

»Ich mache einen Spaziergang durch die Gänge«, sagte ich zu ihm, als er mit den Krallen rasch fünf Seiten vorblätterte.

»Ja, ja«, murmelte er vor sich hin, schaute aber nicht hoch. »Hör mal, Aventurine: Der Autor dieses Buches findet es moralisch falsch, Fleisch zu essen. Fisch auch! Er würde keinem Wesen etwas antun, das atmet, und isst deshalb nur Pflanzen. Ist das nicht wahnsinnig interessant?«

»Interessant? Er verhungert!« Entsetzt zuckte ich mit den Ohren. »Aber ich sag’s doch: Menschen haben kein Gehirn, sondern Kieselsteinchen!«

Mein Bruder hörte mir schon nicht mehr zu. Er hielt sich das winzige Buch dicht vor die Augen und kollerte zufrieden vor sich hin, während ihm der Rauch fröhlich aus den Nüstern strömte.

Ich aber trat über seinen Schwanz und begab mich, eine Tatze vor die andere setzend, in die Freiheit.

Aus den Nischen am Rande der Gänge, wo Großvater Granat, Tante Turmaline und Tante Smaragde schliefen, röchelte und schnarchte es. Um diese Stunde, beim höchsten Stand der Sonne, würde zum Glück niemand aufwachen, wenn ich am Ausgang im Berghang ein bisschen scharrte. Ich legte mich auf den Bauch und wand mich durch den Seitentunnel, den ich vor zwei Jahren entdeckt hatte und den die Erwachsenen nicht benutzen konnten, weil er für sie zu eng war. Oben an seinem Ende war ein geheimer Eingang – oder Ausgang –, der von einem Felsbrocken, groß wie mein Kopf, zugestellt und von außen nicht zu sehen war. Es war mein allerliebster Lieblingsplatz.

Ich hatte ihn vor Urzeiten natürlich Jaspis gezeigt, aber er kam höchstens mal mit, wenn ich ihn hierherschleppte. Er fühlte sich am wohlsten, wenn er sich mit einem Buch in unserer Höhle zusammenkuscheln und lesen oder eine Vorderkralle in Tinte tauchen und lange, wortreiche Aufsätze kritzeln...

Erscheint lt. Verlag 24.8.2017
Übersetzer Sigrid Ruschmeier
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Chili • Chocolatier • Drachen • Drachenmädchen • Drachenzähmen • Fantasy • Freundschaft • Glücksbäckerei • Mädchenfreundschaft • Magie • Schokolade • Schokoladenmacher • Verwandlung • Zauber
ISBN-10 3-7336-4940-0 / 3733649400
ISBN-13 978-3-7336-4940-1 / 9783733649401
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