Shobogenzo - Die Schatzkammer des wahren Dharma - Meister Dôgen Zenji, Kigen Dogen, Meister Dogen

Shobogenzo - Die Schatzkammer des wahren Dharma

Gesamtausgabe
Buch | Hardcover
636 Seiten
2007 | 1., Aufl.
Angkor (Verlag)
978-3-936018-58-5 (ISBN)
79,90 inkl. MwSt
In dieser gebundenen Gesamtausgabe des Shobogenzo werden erstmals in einem Band alle 95 Kapitel des Zen-Klassikers vereint. Die Einzelbände 1 und 2 waren einst im Theseus Verlag erschienen, die Bände 3 und 4 im Angkor Verlag. Diese vier Bände sind überwiegend vergriffen. Sie wurden überarbeitet, durch die fehlenden Kapitel ergänzt, neu geordnet und mit einem Vorwort zu Dogens Werk versehen. Dieses gilt als das wichtigste im Zen-Buddhismus der Soto-Schule und genießt unter Philosophen der ganzen Welt hohes Ansehen. Diese Übersetzung beruht im Wesentlichen auf der japanischen Ausgabe von Dôshu Okubô und der englischen von Kôsen Nishiyama Rôshi.

1200-1253. Gründer der Soto-Schule und einer der bedeutendsten Zen-Meister Japans.

[1] BENDÔWA – Die Darstellung des buddhistischen Weges **

„Bendô“ ist die buddhistische Übung, insbesondere die der Zazen-Meditation. Der Zugang zu diesem Zazen steht jedem offen, unabhängig von Geschlecht, Rang, Besitz oder Fähig-keit.

[2] MAKAHANNYA HARAMITSU – Das Erreichen der großen Weisheit des Buddha

„Maka“ heißt groß, „Hannyamitsu“ ist die Weisheit, durch die ein Bodhisattva vom Lei-den errettet. Wer die Weisheit erlangt hat, kann dualistische Anschauungen von richtig und falsch, schön und hässlich usw. überwinden.

[3] GENJÔKÔAN – Die Verwirklichung der Erleuchtung

Das, was im Rinzai-Zen die Kôan erreichen sollen, manifestiert sich im Sôtô-Zen durch die Zazen-Meditation und die alltäglichen Handlungen. Übung und Erleuchtung sind iden-tisch, ebenso selbst und andere, Aufstieg und Fall usw. Dieses Kapitel beschäftigt sich also mit der Erleuchtung jenseits aller Dualität.



[4] IKKA MYÔJU – Eine klare Perle

„Ikka“ bedeutet etwas Rundes, „Myôju“ ein glänzender Juwel. Dieser Juwel steht für die Buddha-Natur und das gesamte Universum als Manifestation der Wahrheit. Dôgen benutzt hier, wie häufig, eine klassische Kôan-Erzählung, um seine Aussagen zu untermauern.

[5] JUUNDO SHIKI – Regeln für die Wolkenhalle **

Dôgen beschreibt, wie Mönche sich in der Meditationshalle benehmen sollten, die vor allem von Novizen benutzt wurde.

[6] SOKU SHIN ZE BUTSU – Unser Geist ist Buddha

Unser ursprünglicher Geist ist mit Buddha (der Erleuchtung) identisch. Alle Buddhas sind letztlich Buddha Shakyamuni selbst. Dôgen grenzt diese buddhistische Sicht gegen die verbreitete Vorstellung eines Selbst ab.

[7] SENJÔ – Regeln für den Waschraum

Wenn Achtsamkeit bei weltlichen Tätigkeiten geübt wird, dienen diese auch der spirituel-len Reinigung. Dôgens Anweisungen zur Hygiene waren seiner Zeit weit voraus. Damit setzte er die Tradition seines Meisters Tendô Nyojô fort, der schon als Novize die Verant-wortung für die Waschräume übernehmen wollte.

[8] KEISEI SANSHOKU – Klang des Tales, Farbe der Berge

Alle Phänomene offenbaren die Wahrheit. Doch niemand erlangt Erleuchtung, wenn er nicht die konzeptionelle Auffassung der Phänomene überwindet. Dôgen nennt Beispiele, wie durch natürliche Ereignisse Kenshô (Wesensschau) ausgelöst wurde; im zweiten Teil warnt er vor dem Streben nach Ruhm und Gewinn.

[9] SHOAKU MAKUSA – Enthaltung von allem Übel

„Shoaku“ ist „Makusa“ und umgekehrt, es bedeutet: Nichts Böses kann getan werden. Gut und Böse hängen von der Zeit und den Dingen ab, doch die Zeit und die Dinge nicht von Gut und Böse.

[10] RAIHAI TOKUZUI – Eine Niederwerfung vollziehen und das Mark erlangen

„Raihai“ ist eine respektvolle Niederwerfung vor den Buddhas, Patriarchen und älteren Mönchen, „Tokuzui“ heißt, hierdurch das Mark des Meisters zu erlangen. In diesem Kapi-tel betont Dôgen die Gleichstellung von Mann und Frau auf dem buddhistischen Weg.
[11] UJI – Sein-Zeit

„U“ ist Sein, „Ji“ ist Zeit. Üblicherweise werden Raum (Sein) und Zeit gegeneinander ge-stellt, für Dôgen jedoch sind sie eins, so wie sich Anatta (die Abwesenheit eines dauernden Selbst) und Anicca (der ständige Wandel) gegenseitig durchdringen.

[12] DEN-E – Die Übertragung der Kesa

Die Weitergabe der buddhistischen Robe ist die Weitergabe der buddhistischen Lehre. „Juji“, die Kesa zu empfangen und zu erhalten, bedeutet, sie mit Taten zu verwirklichen.

[13] SANSUIKYÔ – Die Sûtra der Berge und Flüsse

Die Berge sind Mönche in Meditation, die Flüsse sind die Buddha-Natur bzw. ihre Ver-wirklichung im Fluss des Lebens.

[14] BUSSO – Buddhas und Patriarchen

Eine Aufstellung der Patriarchen bis zu Dôgens Meister.

[15] SHISHO – Das Siegel der Übertragung

„Shisho“ ist „die Aufzeichnung der Erben“, ein üblicherweise auf Seide verfasstes Schrift-stück, das die Namen der buddhistischen Vorfahren enthält und die eigene Dharma-Übertragung bestätigt. Diese Übertragung fließt nicht nur von Meister auf Schüler, son-dern auch in die umgekehrte Richtung.

[16] HOKKE TEN HOKKE – Nur eine wahre Blume zeigt ihr wahres Gesicht **

„Hokke“ ist die Blume der Lehre, also Buddha-Weisheit. „Ten Hokke“ bedeutet, die Bud-dha-Weisheit erläutert sich selbst. Dieses Kapitel wurde für den Mönch Edatsu verfasst, der von der Lotos-Sûtra beeindruckt war, und enthält entsprechend viele Zitate daraus.

[17] SHIN FUKATOKU (I) – Der Geist, der nicht erfasst werden kann

Der Titel stammt aus der Diamant-Sûtra. „Fukatoku“ bedeutet jenseits des Denkens, „Shin“ ist der Geist. Dieser Geist jenseits des Denkens (und Nicht-Denkens) ist jedoch nicht von unserem unterscheidenden Denken getrennt.




[18] SHIN FUKATOKU (II) – Der Geist, der nicht erfasst werden kann **

Dies ist die schriftliche Version des Kapitels (im Gegensatz zur obigen mündlichen), die erst nach Dôgens Tod ins Shôbôgenzô aufgenommen wurde und in dialektischer Form von bekannten chinesischen Zen-Meistern sagt, diese seien noch nicht weit genug gegan-gen.

[19] KOKYÔ – Der Alte Spiegel

Spiegel reflektieren alles klar und gleichberechtigt, so wie es die Buddha-Natur tut. Spie-gel (die früher aus Metall waren) benötigen die Politur so, wie Erleuchtung Übung braucht, damit sie ihre Wirkung entfaltet.

[20] KANKIN – Das Lesen der Sûtras

„Kankin“ bedeutet, leise die Sûtras zu lesen. Nur wenn es keine Lücke zwischen einem selbst und den Sûtras gibt, geschieht wahres Sûtra-Lesen, also buddhistische Praxis. Die Sûtras sind Augen und Fäuste der Buddhas und eins mit dem absoluten Selbst. Hier wer-den Beispiele für dass rechte „Kankin“ erleuchteter Meister und für das Sûtralesen im Kloster gegeben.

[21] BUSSHÔ – Buddha-Natur

Allen fühlenden Wesen mangelt es weder an Buddha-Natur noch besitzen sie diese. Viel-mehr sind sie Buddha-Natur. Das rechte und falsche Verständnis der Buddha-Natur wird anhand von Kôan-Erzählungen verdeutlicht.

[22] GYÔBUTSU IIGI – Die würdevollen Tätigkeiten als Buddha

„Gyôbutsu“ bedeutet praktizierende Buddhas. „Iigi“ ist würdevolle Tätigkeit. Dôgen be-leuchtet die Beziehung zwischen Seppô Gison und seinem Dharma-Erben Gensha Shibi, die Meister und Schüler wie auch gleichberechtigte Äbte eines Tempels waren.

[23] BUKKYÔ – Die buddhistische Lehre

Die „Übertragung außerhalb der Schriften“ und die Lehre innerhalb der Schriften sind beide, was der Buddha lehrte.

[24] JINZÛ – Wundersame Kräfte

Statt der überlieferten, mysteriösen sechs Eigenschaften bezeichnet Dôgen unsere alltägli-chen Handlungen und die Nutzung unserer Sinne als wundersame Kräfte, die wir nach Abwerfen von Körper und Geist, Gier, Wut und Illusionen, auf die rechte Weise ausüben.
[25] DAIGO – Die große Erleuchtung

„Dai“ ist groß, „Go“ ist Satori oder Kenshô, das Erwachen aus unmittelbarer, eigener Er-fahrung. Ohne Täuschung ist jedoch auch kein Erwachen möglich.

[26] ZAZEN SHIN – Die Nadel für Zazen

Der Titel verweist auf ein Gedicht von Wanshi. Dôgen greift dieses Bild auf und sucht zu beseitigen, was Schüler beim Zazen behindert, so wie eine Akupunkturnadel körperliche Blockaden auflösen soll.

[27] BUTSU KÔJÔ JI – Beständige Entwicklung jenseits von Buddha

„Butsu Kôjô Ji“ heißt, jenseits von Erleuchtung und Übung zu sein, die bei Dôgen eins sind. Da dieser Zustand im Grunde unbeschreiblich ist, werden hier viele Metaphern ver-wendet.

[28] IMMO – So-Sein

„Immo“ bedeutet „dies“, „das“, etwas Unbeschreibliches und die letztgültige Realität (Wahrheit). Alle Dinge sind die Manifestation von „Immo“.

[29] GYÔJI – Unaufhörliche Übung

Dieser längste Abschnitt des Shôbôgenzô trug im zweiten Teil ursprünglich den Titel „Busso Gyôji“: die unaufhörliche („ji“) Übung („Gyô“) der Buddhas. Dôgen beschreibt die Vielfalt der Praxis bei verschiedenen Meistern, die aber doch für den Einzelnen unendlich ist. Sie kann auch als „Shugyô Jikai“, als Übung unter Einhaltung der Gebote, verstanden werden.

[30] KAIIN ZAMMAI - Sâgara mudrâ samâdhi

Der Titel meint einen „meditativen Zustand, der das Siegel des Ozeans trägt“ und in den der Buddha Shakyamuni eingetreten sein soll, ehe er die Avatamsaka-Sûtra predigte, auf die sich auch Dôgen hier reichlich bezieht. Es ist der gleiche „besiegelte“, d.h. autorisierte Zustand, aus dem alle Nachfolger „den Ozean“ des Dharma, der alles enthält, darlegen sollten.

[31] JUKI – Der Weg der Buddhaschaft

Dôgen ergänzt Buddha Shakyamunis Ankündigung („Juki“), dass alle fühlenden Wesen Buddhaschaft erlangen werden, indem er sagt: Buddhaschaft wird nicht erst nach langer Übung, sondern genau hier und jetzt verwirklicht.

[32] KANNON – Der Bodhisattva des Erbarmens

Kannon ist Kanzeon (Skrt. Avalokiteshvara), „der die Schreie der Welt beachtet“. Dieser Bodhisattva hat im Laufe der Zeit viele Formen und Geschlechter angenommen. Der Dia-log zwischen den Brudermönchen Ungan und Dôgo soll klarmachen, wie sich Mitempfin-den aus der Buddha-Natur äußert.

[33] ARAKAN – Der Arhat

Ein Arhat ist ein „Ehrwürdiger“, der sich selbst von den Leidenschaften befreit hat. Dôgen benutzt den Ausdruck in einem umfassenderen Sinn als die südlichen Schulen des Bud-dhismus, wo der Arhat als Ideal in etwa so wichtig ist wie der Bodhisattva im Zen.

[34] HAKUJUSHI – Die Zypresse

„Hakuju“ ist eine Eiche, doch die gleichen Schriftzeichen bezeichnen im Chinesischen „Pai-shu“, also die Zypresse, einen immergrünen Baum. Jôshûs „Zypresse im Hof“ ver-deutlicht, dass es keinen Unterschied zwischen Subjekt und Objekt gibt.

[35] KÔMYÔ – Wahres Licht

„Kômyô“ ist das Licht in Menschen, die alle Zweifel beseitigt haben, es ist das körperliche wie geistige Licht der Buddha-Natur und das Licht der angeborenen Weisheit.

[36] SHINJIN GAKUDÔ – Lernen durch Körper und Geist

Körper und Geist sind eins, und die buddhistische Übung besteht in der Verwirklichung dieser Erkenntnis.

[37] MUTCHÛ SETSUMU –Einen Traum innerhalb eines Traumes erklären

„Mu“ wird japanisch „Yume“ gelesen und steht für den Traum (im Schlaf) wie die Vision (im Wachzustand). Im Zen ist jedoch auch die Sphäre des Traums eine des Erwachens.

[38] DÔTOKU – Das Sprechen vom Weg

„Dôtoku“ bedeutet „tiefgründige Worte“, also eine spirituelle Erkenntnis auszudrücken.

[39] GABYÔ – Der Reiskuchen

Gedanken können die direkte Erfahrung nicht ersetzen. Was wir unmittelbare Erfahrung nennen, ist oft nur vom Geist fabriziert.
[40] ZENKI – Die ganze Aktivität von Leben und Tod

Buddha-Natur wirkt in Leben und Tod. „Zenki“ beschreibt das darauf fußende freie Han-deln eines Zen-Mönchs.

[41] SESSHIN SESSHÔ – Den Geist bekunden, die wahre Natur bekunden

‚Den eigenen Geist ausdrücken’ (sesshin) ist letztlich eins mit ‚die eigene Absicht ausdrü-cken’ (sesshô). Es bedeutet, der Buddha-Natur Ausdruck zu verleihen, indem man anderen auf dem Weg zum Erwachen hilft.

[42] DHÂRANÎ – Die mystische Formel

Dhâranî sind gebetsartige Anrufungen von Buddhas und Bodhisattvas, die auch Bittgesu-che enthalten können. Dôgen beschreibt weitere Formen solcher Ehrerbietung, wie die Niederwerfung vor dem eigenen Meister.

[43] TSUKI – Vollkommene Erfüllung

„Tsuki“, der Mond, ist eine Metapher für die inhärente Buddha-Natur, die für „vollkom-mene Erfüllung“ steht.

[44] KÛGE – Die Blume der Leerheit

Der Ausdruck „Kûge“ stammt aus der Shûrangama-Sûtra und meint das illusionäre Erbli-cken von Blumen am Himmel. Dôgen beschreibt damit jedoch das Erblühen der Buddha-Natur und der Dinge, so wie sie sind.

[45] KOBUTSU SHIN – Der ursprüngliche, unwandelbare Buddha-Geist

„Kobutsu“ ist ein alter Buddha, der die wahre Natur des Geistes („Shin“) verwirklicht hat. Ziegel und Steine, selbst und andere, alle sind „Kobutsu“.

[46] BODAISATTA SHISHÔBÔ – Vier Wege eines Bodhisattva, Menschen nützlich zu sein **

Methoden, mit denen ein Bodhisattva andere Wesen errettet, sind: Wohltätigkeit, Zärt-lichkeit, Güte und Mitempfinden.




[47] KATTÔ – Geistige Verstrickung

„Kattô“ sind Efeu oder Glyzinien, die sich um etwas wickeln und winden, im übertrage-nen Sinne „Verwicklungen“. Dôgen wendet den Begriff ins Positive, indem er damit die Meister-Schüler-Beziehung charakterisiert.

[48] SANGAI YUISHIN – Die drei Welten sind nur Geist

Die Welt der Begierde, der Form und der Nicht-Form – alle Dinge hängen vom Geist ab, sind mit ihm eins.

[49] SHOHÔ JISSÔ – Die wahre Form aller Dinge

Alle Dinge sind die Manifestation der einen Wahrheit.

[50] BUKKYÔ – Buddhistische Sûtras

„Bukkyô“ sind die Lehren Buddhas. Dôgen attackiert Rinzai und Ummon, zwei der fünf chinesischen Schulen des Zen. Konfuzianismus und Taoismus für dem Buddhismus eben-bürtig zu halten, sei falsch.

[51] BUTSUDÔ – Der buddhistische Weg

Dôgen sagt, dass es nur einen buddhistischen Weg und daher auch keine fünf Schulen des Zen mit eigenen Übungsmethoden geben könne. Entscheidend sei die Übertragung des Shôbôgenzo, der Schatzkammer des Wahren Dharma.

[52] MITSUGO – Geheime Lehren

„Mitsugo“ spielt auf eine Sprache an, die nur Eingeweihte verstehen, auf die unmittelbare Übertragung der Patriarchen und die vertraute Kommunikation zwischen Meister und Schüler.

[53] HOSSHÔ – Dharmatâ, die wirkliche Natur der Phänomene

„Hosshô“ meint zwar die Buddha-Natur, aber nicht als objektive Wahrheit, sondern in Form alltäglicher Handlungen, die mit dem buddhistischen Weg identisch sind.

[54] MUJÔ SEPPÔ – Die Verkündigung des Gesetzes durch unbelebte Wesen

Zu einem nicht-fühlenden Wesen (wie Baum, Stein usf.), das den Dharma verbreitet, wird auch, wer sich von Gier, Hass, Illusionen und der Sklaverei seiner sechs Sinne befreit hat.
[55] SENMEN – Das Gesicht waschen

Das Gesicht zu reinigen – und das heißt auch Mund, Zähne und Zunge – ist ein spiritueller Akt.

[56] ZAZENGI – Unterweisung im Zazen

Dieses Kapitel enthält Dôgens Lehren aus dem „Fukanzazengi“, der „Allgemeinen Emp-fehlung des Zazen“.

[57] BAIKA – Pflaumenblüten

Pflaumenblüten sind Vorboten des Frühlings und eine Metapher für Shakyamuni Buddha und die Buddha-Natur. Dôgen erläutert hier vor allem Gedichte seines eigenen Meisters.

[58] JIPPÔ – Das ganze All

„Jippô“ sind die zehn Richtungen, also das gesamte Universum und wahre Selbst.

[59] KEMBUTSU – Den Buddha sehen

Den Buddha sehen, über ihn meditieren, mit der Buddha-Natur eins werden – all dies ist „Kembutsu“.

[60] HENZAN – Direktes Studium bei einem Meister

„Henzan“ besagt, dass sich ein Novize im ganzen Land auf die Suche nach einem Meister begibt. Bei Dôgen bedeutet es die Suche nach dem Meister in sich selbst.

[61] GANZEI – Erleuchtete Sicht

„Ganzei“ sind die Augen, auch das Auge der Weisheit und das Dharma-Auge der Übertra-gung.

[62] KAJÔ – Das alltägliche Leben

„Ka“ ist das häusliche Leben, „jô“ heißt gewohnheitsmäßig. Tee und gekochter Reis („Sa-han“) sind für Dôgen Grundnahrungsmittel, so wie wir täglich von Zazen zehren sollten.




[63] RYÛGIN – Das Brüllen des Drachen

Dieses Geräusch ähnelt dem Wind, der durch eine Gruppe verdorrter Bäume fährt. Als verdorrte Bäume bezeichnet man auch die Wesen, die ihre Leidenschaften abgelegt haben. Das Brüllen des Drachen ist die mächtige Verkündigung des Dharma.

[64] SHUNJÛ – Frühling und Herbst

Frühling und Herbst stehen für alle Jahreszeiten, für Kälte und Hitze. Dôgen kommentiert Lehren von Tôzan, u.a. die „Goi“ (Fünf Prinzipien), die das Verhältnis von Relativem zu Absolutem beschreiben.

[65] SOSHI SERAI I – Warum der erste Patriarch vom Westen kam

Ausgehend vom Kôan des Berges am Abgrund wird die Frage aufgeworfen: Warum ei-gentlich üben?

[66] UDONGE – Die Udumbara-Blüte

Diese Blume blüht so selten, wie ein Shakyamuni Buddha in der Welt erscheint. Wenn wir den Weg verwirklichen, haben wir die Blume angenommen.

[67] HOTSU MUJÔ SHIN – Den höchsten Geist entwickeln

Dôgen erläutert zunächst seinen Gebrauch von Metaphern. Dann geht er auf den höchsten, den Bodhi-Geist ein. Dieser Vortrag wurde am gleichen Tag gehalten wie der zu „Hotsu Bodai Shin“, richtete sich aber eher an Laien.

[68] NYORAI ZENSHIN – Der universelle Körper des Tathâgata

Dieser Abschnitt basiert auf der Lotos-Sûtra. Der Körper eines Tathâgata ist universell und die wahre Form aller Dinge. Er enthält auch die Reliquien und Lehren Buddhas.

[69] ZAMMAI-Ô ZAMMAI – Der König aller Samâdhis

Die höchste Form der Versenkung ist Zazen, das Sitzen in „Kekkafuza“, dem vollen Lotus. Der Geist des Zazen soll auf jede Tätigkeit ausgedehnt werden.





[70] SANJÛSHICHIHON BODAI BUMPÔ –
Die siebenunddreißig Methoden auf dem Weg zur Erleuchtung

Diese Methoden stammen aus alten Schriften. Dôgen kommentiert den Achtfachen Pfad, insbesondere das Rechte Handeln. Er unterscheidet zwischen Laien und Mönchen bzw. denen, die ihr Zuhause verlassen haben („Shukke“), und betrachtet kritisch die Rolle des Laien Vimalakirti.

[71] TEMBÔRIN – Das Rad des Gesetzes drehen

Wenn ein Buddha eine fragwürdige Quelle zitiert, kann sogar diese zum Drehen des Rades des buddhistischen Dharma werden.

[72] JISHÔ ZAMMAI – Selbst-erleuchtendes Samâdhi

Zunächst erläutert Dôgen, was die rechte Einstellung des Geistes ist, wenn man nach sei-ner wahren Natur sucht. Dann kritisiert er Daie, den Rinzai-Meister, der die Kôan-Schulung erfand.

[73] DAISHUGYÔ – Die große Übung des Weges

Anhand von Hyakujôs (Pai-changs) Geschichte vom „wilden Fuchs“ wird die Frage erör-tert, ob ein Erwachter noch dem Gesetz der Kausalität unterworfen ist.

[74] MENJU – Direkte Übertragung von Angesicht zu Angesicht

Dôgen behandelt Fragen zur Übung und zum Kenshô. Dharma-Übertragung kann auch von einem verstorbenen Meister geschehen, muss aber von einem lebenden bestätigt werden.

[75] KOKÛ – Umfassende Leerheit

„Kokû“ ist das Unbegrenzte, auch die Weisheit Buddhas. Diese Rede war die erste, die Dôgen in seinem neuen Tempel Daibutsu-ji hielt, der später zum Eihei-ji wurde.

[76] HATSU-U – Die Schale

Die Schale des Mönches dient der Aufnahme von Nahrungsmitteln und Spenden. Sie ist ein Symbol für die Übung, alles anzunehmen.




[77] ANGO – Die Übungsperiode

Die Übungsperiode im Sommer heißt „Ge-Ango“, die in der Regenzeit „U-Ango“. Sie dauert vom 15. April bis 15. Juli bzw. vom 15. Oktober bis 15. Januar und steht auch Laien offen.

[78] TASHINTSÛ – Den Geist anderer lesen

Dôgen arbeitet seinen Kommentar aus Kapitel 18 zum Gespräch zwischen dem National-lehrer Echû und dem Tripitaka-Meister Daini auf und verwirft verschiedene überlieferte Interpretationen.

[79] Ô SAKU SENDABA – Der Wunsch des Königs

„Sendaba“ (Skt. Saindhava) sind Erzeugnisse aus dem Sind-Distrikt am Fluss Indus, die in Indien sehr begehrt waren. Sie stehen also für das Beste, was man sich wünschen und was man geben kann, und sind darum ein Abbild der Meister-Schüler-Beziehung.

[80] JIKUIN MON – Anweisungen für die Küche **

Dieser Text hängt in der Küche eines Klosters und richtet sich an den Koch und alle ande-ren, die Speisen zubereiteten.

[81] SHUKKE – Der Welt entsagen

„Shukke“ (Sktr. Pravrayâ) bedeutet, das Zuhause zu verlassen, die Gebote anzunehmen und Mönch zu werden und zu sein. Dôgen sagt, dass es keinen Buddha gegeben hätte, der nicht Mönch wurde.

[82] SHUKKE KUDOKU – Die Tugend des Weltverzichtes *

Das Zuhause zu verlassen bedeutet auch, weltliche Angelegenheiten und Leidenschaften abzulegen. Dies ist die Voraussetzung für das vollständige Verwirklichen der Buddhaschaft.

[83] JUKAI – Die Gebote empfangen *

Die Zeremonie des Gebotenehmens gründet auf der Brahmajala-Sûtra. Diese Bodhisattva-Gebote für Laien und Novizen unterscheiden sich von den zahlreichen Klosterregeln für Mönche und Nonnen.




[84] KESA KUDOKU – Das Verdienst des Kesa-Tragens *

Im Unterschied zu Kapitel 12 zitiert Dôgen hier ausgiebig chinesische Übersetzungen der Sûtras.

[85] HOTSU BODAI SHIN – Den Buddha suchenden Geist erwecken *

Vgl. Kapitel 67. Dieser Vortrag dürfte sich vor allem an Mönche gerichtet haben.

[86] KUYÔ SHOBUTSU – Verehrung der Buddhas *

„Kuyô“ bedeutet, ehrerbietig Opfer darzubringen. Ohne Eigensucht Buddhas, Stûpas usf. zu ehren, bringt unendliches Verdienst. Dieser Text enthält Auszüge aus Schriften Nâgârjunas und ist einer von zwölf, die Dôgen nicht mehr vor seinem Tod beenden konn-te.

[87] KIE SAMBÔ – Zuflucht zu den Drei Schätzen nehmen *

Dieser Diskurs ist auch als „Kie Buppôsô Bô“ bekannt, Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha nehmen. Er blieb unvollendet und enthält etliche Zitate, die Dôgen nicht mehr alle belegen konnte.

[88] JINSHIN INGA – Tiefer Glaube an die Kausalität *

Dôgen greift – wie in Kapitel 73 – das Motiv von Hyakujôs Fuchs auf und verwirft einige überlieferte Gedichte zum Gesetz von Ursache und Wirkung, um zu zeigen, dass niemand davon frei ist.

[89] SANJI GÔ – Karmische Vergeltung in drei Zeitabschnitten *

Gute und schlechte Taten werden entsprechend in diesem, dem nächsten oder einem da-rauf folgenden Leben vergolten. Das erklärt, warum bösartige Menschen im gegenwärti-gen Leben Glück haben und gutartige Menschen leiden können.

[90] SHIME – Die vier Pferde *

Das Unterweisen von vier Arten von Schülern bezüglich der Unbeständigkeit wird mit dem Dressieren von vier Arten von Pferden verglichen.

[91] SHIZEN BIKU – Der Mönch auf der vierten Stufe des Samâdhi *

Dôgen räumt mit Missverständnissen bezüglich meditativer Erfahrungen auf und grenzt den Buddhismus vom Taoismus und Konfuzianismus ab.
[92] SHÔJI – Leben und Tod **

„Shôji“ ist Geburt und Tod, als Momente innerhalb des Flusses von Leben und Sterben.

[93] DÔSHIN – Der Wille zur Wahrheit **

Dieser Abschnitt richtet sich in seiner Direktheit wohl an Laien. „Dôshin“ ist Bodhicitta, der Geist des Weges und der Wahrheit. Auch wenn einige Kopien dieses undatierten Tex-tes den Titel „Butsudô“ tragen, handelt es sich nicht um eine alternative Version von Kapi-tel 51.

[94] YUI BUTSU YO BUTSU – Nur ein Buddha kann an einen Buddha übermitteln **

Der Titel stammt aus der Lotos-Sûtra: „Jeder Buddha ist für sich selbst, gemeinsam mit allen Buddhas, in der Lage, die wahre Form aller Gedanken und Dinge vollständig zu verwirklichen.“

[95] HACHI DAININGAKU – Die acht Verwirklichungen der Erleuchtung *

Dies ist der letzte Text, den Dôgen verfasste, und er zitiert aus Buddhas letzter Rede vor dessen Eintritt ins Parinirwâna.

[Addendum] IPPYAKUHACHI HÔMYÔMON – Die 108 brillanten Lehren des Dharma *

Der Text besteht vor allem aus einem langen Zitat des „Butsu Hongyô Jikkyô“, einer Biografie Gautama Buddhas, das Dôgen am Ende kurz kommentiert. Es handelt sich hier um jenes (elfte) Kapitel der zwölfbändigen Shôbôgenzô-Ausgabe, das in Versionen mit 95 Kapiteln fehlen kann.

Die folgenden beiden Kapitel stammen aus der Shôbôgenzô-Übersetzung im Angkor Verlag und werden hier mit freundlicher Genehmigung kostenlos zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen unter: www.angkor-verlag.de Dôgen Zenji: Shôbôgenzô. Die Schatzkammer des Wahren Dharma. Vollständige Gesamtausgabe. Aus dem Englischen von Eckstein, Renner, Keller. Gebundene Ausgabe ISBN: 978-3- 936018-58-5. Ebook (Epub und Kindle) ISBN: 978-3-943839-07-4. Die Originalausgabe Shôbôgenzô. The Eye and Treasury of the True Law erschien bei Nakayama Shobô/Japan Publications, Tokio. Übertragen ins Englische von © Kôsen Nishiyama © dt. Ausgabe: Angkor Verlag, Frankfurt, 2008 Bendôwa: Die Darstellung des buddhistischen Weges (Übersetzung: A. M. Eckstein) Jikuin Mon: Anweisungen für die Küche   [1] BENDÔWA Die Darstellung des buddhistischen Weges Jeder Buddha und jeder Tathâgata hat die wunderbare Fähigkeit, die höchste und vollkommene Erleuchtung zu erreichen und diese Erleuchtung unaufhörlich von einem auf den anderen zu übertragen. Diese Fähigkeit übersteigt mensch¬liches Vermögen und Erkennen und ist nicht daran gebunden – es ist Jijuyû Samâdhi , die richtige Methode und gebräuchliche Übertragung von Buddha auf Buddha. Um dieses Samâdhi zu erlangen, musst du das wahre Tor des Zazen be¬treten – das ist die beste Methode, die Erleuchtung zu offenbaren. Es ist in jedem vorhanden, aber ohne Übung kann es sich nicht offenbaren; erst wenn das Samâdhi verwirklicht ist, kannst du es wahrnehmen. Eins oder viele, horizon¬tal oder vertikal, können es nicht begrenzen oder beschreiben. Sprich davon, und es hat bereits deinen Mund gefüllt; lass es gehen, und es füllt deine Hände. Die Buddhas existieren im Jijuyû Samâdhi ohne irgendeine Bindung; die Lebewesen existieren ebenfalls darin, jedoch ohne zu erkennen, wie ihr Bewusstsein und ihre Wahrnehmung wirken. Durch dieses Samâdhi können wir die wahre Wirklichkeit und die vollständige Harmonie erlangen, du musst nur aufhören zu unterscheiden. Kurz nachdem ich begann, den Weg zu suchen, ging ich zu vielen Lehrern in allen Teilen des Landes, um eine Antwort auf meine Fragen zu finden. Ich begegnete dem Priester Myôzen vom Kenniji und studierte bei ihm neun Jahre. Er war der Hauptschüler des Patriarchen Eisai und der einzige, der das Wahre Dharma seines Meisters richtig übermittelte. Keiner der anderen Schü¬ler kann sich mit ihm vergleichen. Dann, während der großen Sung-Dynastie, ging ich nach China und be¬suchte viele Orte, um die verschiedenen Methoden der fünf Schulen zu studieren und den richtigen Meister zu finden. Schließlich begegnete ich dem Zen-Meister Nyojô vom Berg Daibyakuho und übte mit ihm. Er beseitigte meine Zweifel und festigte meinen Geist in Bezug auf die wahre Bedeutung der Übung. Im Jahr 1228 kehrte ich in die Heimat zurück und gelobte, das Dharma zum Wohle aller Wesen zu verbreiten, auch wenn dies für mich sehr schwierig sein würde. Aufgrund des verfallenen Zustandes der Gesellschaft beschloss ich jedoch, einige Zeit zu warten. Den Wolken und Wasserpflanzen gleich trieb ich von Ort zu Ort, um in die Herzen der Lehrer zu schauen, die verkündeten, dass sie das Dharma weitergaben. Nachdem ich viele Menschen gesehen hatte, die niemals an Ruhm oder Glück dachten, sondern ernsthaft nach dem Bud-dha-Weg suchten, aber durch schlechte Lehrer in die Irre geführt wurden, fragte ich mich, wie der wahre Samen des Prajnâ in ihnen wachsen könne. Sie waren verwirrt und ihr Verständnis war zerstört; wie konnten sie den großen Weg erreichen? Deshalb entschloss ich mich, mein dahin treibendes Leben aufzugeben und das Wahre Dharma zu lehren und zu verbreiten, indem ich die Vorschrif¬ten und die Beispiele, die ich in den chinesischen Zen-Klöstern der Sung-Dynastie studiert und vernommen hatte, zusammenstellte. Ich hoffe, so das Wahre Dharma zu bewahren. Das ist doch wesentlich, oder nicht? Bei der Versammlung auf dem Geierberg verlieh Shakyamuni-Buddha das Wahre Dharma an Mahâkâshyapa, und dann wurde es von Patriarch zu Pa¬triarch weitergegeben bis zu Bodhidharma. Bodhidharma ging dann nach China und übergab es Eka. Dies war die erste wahre Übertragung der Zen-Lehre an den Osten. Dann wurde das Dharma den nachfolgenden Patriarchen bis zu Daikan Enô, dem sechsten Patriarchen, übergeben. In dieser Zeit war das Wahre Dharma in China weit verbreitet und frei von sektiererischen oder rationalistischen Einflüssen. Seine zwei Hauptschüler, Nangaku Ejô und Seigen Gyôshi , erbten das Siegel des Buddha-Geistes und wurden Lehrer der Menschen und Götter. Ihre Schulen vergrößer¬ten und entwickelten sich schrittweise zu den fünf Schulen – Hôgen, Igyô, Sôto, Ummon und Rinzai. Gegenwärtig ist nur die Rinzai-Schule im ganzen Land weit verbreitet. Obgleich jede Schule ihre eigenen Merkmale hat, gründen sich alle auf das Siegel des Buddha-Geistes. Der Buddhismus war sehr einflussreich und verbreitete sich, nach seiner Ein¬führung in China während der späten Han-Dynastie (67 v. Chr.), schnell; es gab jedoch auch verschiedene andere Lehren, und es war niemals entschieden, welches die beste war, bis Bodhi-dharma scharf allen widersprechenden und verwirrenden Lehren ein Ende machte und den Vorrang des Wahren Dharma begründete, das sich dann schnell verbreitete. Ich hoffe, dass in unserem Land das gleiche geschieht. Alle Buddhas und Patriarchen, die das Buddha-Dharma bewahrt haben, bestehen darauf, dass das richtige Sitzen im Jijuyû Samâdhi der Weg ist, die Erleuchtung zu erlangen. In beiden Ländern, Indien und China, befolgten alle, die die Erleuchtung erreichten, diese Übung. Die Weitergabe vom Meister zum Schüler basiert auf dem Empfang und der Bewahrung dieses Samâdhis. Der echten Tradition folgend ist diese Übertragung das eigentliche Buddha-Dharma. Wenn du mit einem wahren Meister übst und seine Lehre annimmst, ist es nicht notwendig, Weihrauch zu verbrennen, Verbeugungen zu machen, das Nembutsu zu rezitieren, zu bereuen oder die Sûtras zu studieren – lass nur Körper und Geist abfallen! Auch wenn du nur für einen Moment im Jijuyû Samâdhi sitzt, ist das Siegel des Buddha-Geistes in deinem Körper, in deinem Geist und in deinen Worten eingeprägt; gleichzeitig ist die ganze Erscheinungswelt ebenfalls mit dem Siegel des Buddha-Geistes versehen – der ganze Raum ist Erleuchtung. Die erleuch¬tete Freude der Tathâgatas nimmt zu, und ihre wundervollen Eigenschaften erneuern sich selbst. Alle Wesen in den zehn Richtungen des Alls, auf den drei Wegen und in den sechs Welten sind rein und klar in Körper und Geist; sie verwirklichen die vollkommene Befreiung und offenbaren ihre ursprüngliche Gestalt als die Erleuchtung Buddhas. Das heißt, die Mannigfaltigkeit der erscheinenden Objekte selbst ist Buddhas Erleuchtung – sein Körper, sein Sitzen unter dem Bodhibaum, sein Drehen des Rades des Gesetzes; all das offenbart die vollkommenste Form von Prajnâ. Da Erleuchtete die Möglichkeit haben, ihre Verdienste zu übertragen , haben die Menschen, die Zazen üben, teil an der Wahrheit, die Buddha erlangt hat, und legen deshalb ihren Körper und Geist und alle weltlichen Bindungen ab. Ihre Einsicht (Prajnâ) durchdringt sogar das allerkleinste Staubteilchen und bildet, vervollkommnet und entwickelt die Bud-dhaschaft und jedes Dharma. Land, Bäume, Gräser, Hecken, Mauern und Ziegel – der ganze Bereich des Dharmadhâtu kann vom Standpunkt der Erleuchtung wahrgenommen wer¬den, um das Werk Buddhas zu verrichten. Alle Menschen erhalten, ohne sich dessen bewusst zu sein, die Unterstützung von Wind und Wasser; und weil Erleuchtete ihre Verdienste übertragen können, erhalten alle Menschen, ohne es zu merken, die Unterstützung von Buddhas wunderbarer und unbegreiflicher Lehre und vermögen so, ihre angeborene Erleuchtung zu offenbaren. Diese ursprüngliche, angeborene Erleuchtung durchdringt das ganze All und verwandelt sich in unerschöpflichen Buddha-Verdienst, der unlösbar mit dem unendlichen, unaufhörlichen, unbegreiflichen und unsagbaren Buddha-Dharma verbunden ist. Denke jedoch nicht, dass du eine solche Verwirklichung bewusst während des Zazen erfahren wirst; das wahre Erwachen taucht durch die voll¬kommene Stille, jenseits des Bewusstseins, auf. Wenn du wie gewöhnliche Leute denkst, dass Übung und Erleuchtung verschieden sind, dann müsste es eine gegenseitige Wahrnehmung zwischen dem Zen-Übenden und seiner Erleuchtung geben. Dies ist falsch, weil es keine Unterscheidung innerhalb der Erleuchtung gibt. Obwohl Störungen und Täu¬schungen während des Zazen kommen und gehen mögen, erscheinen diese innerhalb des Jijuyû Samâdhi und werden deshalb zu Erleuchtung verwandelt und stören nicht. Sie sind ebenfalls die Tätigkeit von Buddha; sie sind äußerst tiefgründig und haben eine unermessliche Kraft. Ihre Kraft durchdringt Bäume, Gräser und die Erde; sie strahlt das große Wahre Licht aus und verkündet das tiefe, unbegreifliche und unaufhörliche Dharma. Bäume, Gräser, eine Mauer, eine Hecke, sie alle verkünden das Dharma zum Wohle von allen – gewöhnlichen Leuten, Weisen und anderen Lebewesen, und auch das Umgekehrte ist wahr. Ferner ist die Grenze zwischen deiner Selbst-Erleuchtung und der der anderen mit Erleuchtung durchdrungen; sie wirken wechselseitig zusammen. Das heißt: Zazen belebt und vereint alle Formen der Existenz, wenn es auch nur für kurze Zeit von jemandem ausgeübt wird. Es umfasst die unendliche Zeit und durchdringt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, während es gleichzeitig unaufhörlich für die Erleuchtung aller Lebewesen wirkt. Buddhas, Lebewesen und Erscheinungen haben nur eine Form der Übung und eine unteilbare Erleuchtung. Sie begrenzt sich nicht nur auf die Übung des Zazen. Das Echo der Leerheit zu hören, gleicht dem wunderbaren Klang eines Hammers vor und nach dem Anschlagen einer Glocke. Außerdem hat jedes menschliche Wesen seine eigene ursprüngliche Natur und Tätigkeit, die über jedem rationalen Denken steht. Auch wenn alle unzählbaren Buddhas des ganzen Alls ihre Weisheit verbinden würden, um das Verdienst des Zazen einer Person zu ermessen, könnten sie es nicht ergründen. Nun siehst du, wie unermesslich das Verdienst des Zazen ist. Fragen und Antworten F: Ein Narr könnte fragen: „Es gibt viele verschiedene Richtungen und Schulen im Bud-dhismus. Warum empfiehlst du die Übung des Zazen?“ A: Weil es das wahre Tor ist, um den Buddha-Weg zu betreten. F: Aber warum? A: Ohne Zweifel lehrte Shakyamuni, dass das Zazen der beste Weg sei, um die Erleuchtung zu verwirklichen. Er selbst fand den Weg durch das Zazen und übertrug ihn auf seine Schüler. Alle Tathâgatas der Vergan¬genheit, Gegenwart und Zukunft realisierten den Weg durch das Zazen. Es wurde von Patriarch zu Patriarch als das wahre Tor weitergegeben. Darum halte ich Zazen für den besten Weg, um in den Buddhismus einzudringen. F: Gewöhnliche Menschen haben Mühe, die unübertroffene Lehre der Tathâgatas zu verstehen. Wäre es für sie nicht besser, das Nembutsu zu üben oder die Sûtras zu rezitieren, um die Erleuchtung zu erlangen? Ist nicht das Sitzen mit gekreuzten Beinen für sie ein Nichts-Tun, eine Zeitver¬schwendung? A: Deine Frage verleumdet das Mahâyâna. Eine solche Täuschung kann man mit jemandem vergleichen, der im Ozean ist und sagt, es wäre kein Was¬ser da. Glücklicherweise haben alle Buddhas das Zazen als die Erfül¬lung des Weges bestätigt, und sie selbst sitzen im Jijuyû Samâdhi. Nützt nicht ihr Verdienst sowohl ihnen als auch anderen? Es ist bedauerlich, wenn du nicht erkennst, dass dein Buddha-Auge geschlossen ist und du dich an den Dingen der Welt berauschst. Es stimmt, der Zustand der Tathâgatas ist gänzlich unfassbar; nur je¬mand mit großem Talent und Vertrauen kann sich ihm nähern. Für die Unwürdigen und Misstrauischen ist es sehr schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, sich ihm zu nähern. Selbst als Shakyamuni die Lotos-Sûtra auf dem Geierberg vortrug, erlaubte er einigen, ihn zu verlassen. Wenn du nach dem wahren Weg strebst, übe und studiere das Zazen; wenn du nicht den Weg suchst, solltest du dich zurückziehen und darüber nachdenken, warum du die Wohltaten des Dharma, das seit Generationen weiterge¬geben wurde, nicht erhalten hast. Glaubst du wirklich, dass irgendein Nutzen zu gewinnen wäre durch das Rezitieren der Sûtras oder des Nembutsu? Es ist falsch anzunehmen, dass das Bewegen der Zunge oder das Erheben der Stimme den gleichen Wert hat wie die Übung des Zazen. Du bist vom Wahren Buddha-Dharma weit entfernt, wenn du solche Übungen mit dem Zazen vergleichst. Die Sûtras und Kommentare sollten dir Buddhas Lehre über die plötzliche und die stufenweise Erleuchtung klarmachen und dich zur Erleuchtung führen. Du musst erkennen, dass nutzlose Spe-kulationen oder Vorhaben niemals deine Verdienste mehren. Wenn du denkst, dass du den Buddha-Weg durch tausendfaches, sinnloses Rezi¬tieren des Buddha-Namens erreichst, gleichst du jemandem, der seinen Wagen nach Norden wendet, wenn er in den Süden will, oder jemandem, der versucht, einen viereckigen Pflock in ein rundes Loch zu stecken. Wenn du die Wor¬te nur rezitierst, ohne sie durch deine Übung zu vollenden, bist du je¬mand, der ein medizinisches Rezept hat, sich die Medizin dafür aber nicht herstellt. Das endlose Wiederholen des Buddha-Namens gleicht dem Quaken der Frösche auf dem Reisfeld – Tag und Nacht quaken sie –, es bedeutet überhaupt nichts. Menschen, die von Ruhm und Glück berauscht sind, können dies nicht lassen. Es gab sie in der Vergangenheit und gibt sie in der Ge¬genwart. Sie sind zu bedauern. Du musst erkennen, dass das wunderbare Dharma der sieben alten Bud¬dhas nur erhalten und bewahrt werden kann, wenn es von einem erleuch¬teten Meister auf einen aufrichtigen und recht-denkenden Schüler über¬tragen wird. Diejenigen, die nur die Sûtras oder die Literatur studieren, können es niemals erfassen. Deshalb ist es notwendig, alle Zweifel und jedes Misstrauen aufzugeben, einem wahren Meister zu folgen und das Jijuyû Samâdhi zu erreichen. F: Die Lehren der Tendai-Hokke-Schule und der Kegon-Schule behaupteten, die ganze Lehre des Mahâyâna zu repräsentieren, die nach Japan gebracht wurde. Außerdem gibt es die Shingon-Schule in Japan, deren Lehre der Mahavairocana-Buddha persönlich an Vajrasatta wei¬tergab. Diese Schule betont die Lehre „Unser Geist ist Buddha“ und „Dieser, unser Geist kann die Buddhaschaft erreichen“. Sie lehren, dass die Erleuchtung in einem Sitzen erreicht werden kann, ohne durch viele Kalpas der Übung zu gehen. Manche betrachten diese Lehre als die höchste Form des Buddhismus. Wie kannst du deshalb bei deiner Aussage bleiben und behaupten, dass das Zazen allen diesen Übungen überlegen ist? A: Es geht hier nicht darum, welche Lehre überlegen, unterlegen oder tiefgründiger ist, sondern welche die authentischere ist. Einige Menschen werden durch die natürliche Schönheit der Gräser und Blumen, Berge und Flüsse zum Buddhismus hingezogen; andere finden die Schätze des Buddhismus, indem sie Erde, Felsen, Sand oder Kieselsteine in ihren Händen halten. Obgleich alles einen Namen oder ein Wesen hat, drücken diese Namen nicht die wahre Natur des Alls aus. Das große Rad des Gesetzes dreht sich sogar in einem Staubteilchen. Deshalb gleicht „Unser Geist ist Buddha“ dem Mond im Wasser und „Dieser, unser Geist kann die Bud¬dhaschaft erreichen“ ist das Widerspiegeln in einem Spiegel. Spiele nicht mit Worten. Um die unmittelbare Erleuchtung zu verwirklichen, müssen wir dem vorzüglichen Weg folgen, den die Buddhas gingen, die die Erleuchtung vom Lehrer auf die Schüler übertrugen und diese so zu wah¬ren Schülern machten. Um die Lehre der Buddhas zu erhalten oder weiterzugeben, ist es deshalb notwendig, einen Lehrer zu haben, der das Siegel der Erleuchtung erhalten hat. Ein Gelehrter, der den buchstäblichen Sinn schätzt, ist als Meister nutzlos; er ist wie ein Blinder, der einen Blinden führt. Alle Schüler, die der wahren Übertragung eines erleuchteten Meisters folgen, übermitteln das Buddha-Dharma von Generation zu Generation. Um ihr wahres Selbst zu finden, kommen sogar wiedergeborene Geister und Arhats zu einem wirklichen Meister. In anderen Lehren findet man so etwas nicht. Konzentriere dich auf das Studium des Buddhismus, und du wirst erkennen, dass alle die unübertroffene Erleuchtung Buddhas besitzen. Obgleich wir immer die Erleuchtung besitzen, verstehen dies nur wenige richtig. Falsche Ansichten kommen auf, und der große Weg geht verloren. Wir schaffen Blumen am Himmel, und es erscheinen die verschiedenen Gedanken und Ansichten: die zwölfgliedrige Kette der Kausali¬tät, die fünfundzwanzig Formen der Existenz, die drei Fahrzeuge, die Existenz oder Nicht-Existenz von Buddha usw. Dies führt ganz gewiss nicht zu der richtigen buddhistischen Übung. Gib alle Vorstellungen auf, konzentriere dich aufrichtigen Geistes auf Zazen und überschreite die Vorstellungen von Erleuchtung oder Täu¬schung, Gefühl und Verstand. Dann wirst du frei und kannst die große Erleuchtung nutzen. Diejenigen, die Wert auf Worte und Buchstaben legen, haben nichts, was sich damit vergleichen ließe. F: Es wird gesagt, dass sowohl das Samâdhi (eine der drei Arten des Studiums ) als auch das Dhyâna (eine der sechs Paramitâs ) von allen Bodhisattvas zu Beginn ihres religiösen Lebens geübt wurde, ganz gleich, ob sie es verstanden oder nicht. Das Zazen ist möglicherweise in diesen Übungen eingeschlossen. Worauf basiert dann deine Behauptung, dass das Wahre Dharma des Tathâgata im Zazen wurzelt? A: Diese Frage stellt sich, weil die Bezeichnung „Zen-Sekte“ für das höchste, unfassbare und Große Dharma des Tathâgata, die Schatzkammer des Wahren Dharma-Auges, benutzt wurde. Wir sollten jedoch wissen, dass die Bezeichnung „Zen-Sekte“ erstmals in China aufkam und in Indien nicht bekannt war. Es gab einige Mönche und Laien im Shôrinji-Kloster in Sûzan, die das Wahre Dharma von Buddha nicht kannten und im Großen Lehrer Bodhi-dharma, der dort neun Jahre lang Zazen übte, nichts weiter als einen indischen Mönch sahen, der besonderen Wert auf die Übung des Zazen legte. Seine Nach¬folger weihten sich ebenfalls ausschließlich dem Zazen und ihre Weiter¬gabe wurde unter den Laien als die der „Zazen-Sekte“ bekannt. Heutzu¬tage ist das „Za“ entfallen, und sie wird einfach „Zen-Sekte“ genannt. Die wahre Natur des Zazen ist sogar in den Aussprüchen der Patriar¬chen zu finden, und es ist klar ersichtlich, dass es sich von dem oben er-wähnten Samâdhi oder Dhyâna unterscheidet. Du kannst sicher sein, dass das Wahre Dharma seit der Zeit Mahâkâshyapas direkt weitergegeben wurde. Vor langer Zeit, während einer Versammlung auf dem Geierberg, erhielt Mahâkâshyapa die Schatzkammer des Wahren Dharma-Auges und den Ruhigen Geist des Nirwâna. Dies wurde von zahllosen himmlischen Wesen bezeugt, von denen einige gerade jetzt hier sind. Zweifellos wachen sie ununterbrochen über das Wahre Dharma. Deshalb können wir so bestimmt sagen, dass das Zazen der unver¬gleichliche Weg zum Wahren Dharma ist. F: Warum benutzt man aber gerade das Sitzen in der Form des Zazen? Es gibt doch noch andere Haltungen wie Stehen, Gehen, Liegen, um den Weg der Erleuchtung zu betreten. A: Es ist unmöglich, die unzählbaren Wege aufzuführen, die die Buddhas geübt haben, um die Erleuchtung zu erreichen, alle haben jedoch Zazen geübt – es ist der Weg, den alle Buddhas benutzten, und es ist nicht not¬wendig, einen anderen Weg zu suchen. Das Zazen wurde von allen Pa¬triarchen als das höchste Tor des Friedens und der Freude gepriesen. Es ist der leichteste Weg unter den vier Stellungen, und er wurde nicht nur von ein oder zwei Buddhas benutzt, sondern von allen Buddhas und Patriarchen. F: Das Zazen mag für diejenigen, die die Erleuchtung noch nicht verwirk¬licht haben, ein wirksamer Weg der Übung sein. Aber was ist mit denen, die bereits erleuchtet sind? A: Es heißt, dass wir unsere Perlen nicht vor die Säue werfen sollen. Ich will trotzdem versuchen, deine Frage zu beantworten. Es ist die Ansicht der Ungläubigen, dass Übung und Erleuchtung nicht eins sind. Doch die Übung selbst ist die Erleuchtung, und sogar der erste Entschluss, den Weg zu suchen, enthält bereits schon die vollständige und perfekte Erleuchtung. Es gibt keine Erleuchtung außerhalb der Übung. Dies zu erkennen, ist sehr wichtig. Da die Übung die Erleuchtung ist, hat die Erleuchtung kein Ende und die Übung keinen Anfang. Shakyamuni und Mahâkâshyapa, Bodhidharma und der sechste Patriarch Daikan Enô und alle Buddhas und Patriarchen wussten, dass die Übung Erleuchtung ist. Von Anfang an sind Übung und Erleuchtung untrennbar. Sogar unsere ersten Schritte in der Übung des Weges geben die wunderbare Übung der Verwirklichung weiter und enthalten die ursprüngliche, angeborene Erleuchtung. Die Buddhas und Patriarchen haben immer gelehrt, dass die Übung Erleuchtung ist und dass wir unsere Übung nicht aufgeben dürfen. Wenn wir das Bewusstsein der ursprünglichen Erleuchtung ab¬schneiden, dann wird die wunderbare Übung unseren Körper und Geist füllen und zur wahren Übung werden. Auf meinen Reisen in China, während der großen Sung-Dynastie, sah ich viele Zen-Klöster, solche mit fünfhundert bis sechshundert und solche mit einigen tausend Mönchen; dort wurde das Zazen Tag und Nacht geübt. Als ich die Äbte dieser Klöster, die alle das Buddha-Siegel weitergaben, fragte, was die Essenz des Buddhismus sei, antworteten sie mir, dass Übung und Erleuchtung nicht zwei verschiedene Dinge seien. Deshalb dränge ich alle Suchenden des Wahren Dharma, nicht nur Schüler oder wahre Gelehrte, sondern alle Menschen – Anfänger und Fortgeschrittene, ob sie erleuchtet sind oder nicht –, an den Lehren der Buddhas und Patriarchen festzuhalten und den Weg des Zazen zu üben. Hast du diese Aussprüche noch nie gehört: „Es gibt die Übung und die Erleuchtung, verzerre sie jedoch nicht, indem du dich daran anklam¬merst“ , und: „Den Weg sehen heißt, ihn zu üben“ . Wir erkennen nun, dass es das Wichtigste ist, innerhalb der Erleuchtung zu üben. F: Was hältst du von den großen Lehrern der Vergangenheit (wie z. B. Dengyô Daishi und Kôbô Daishi), die nach China gingen und das Dhar¬ma weitergaben, die jedoch nur die Lehre lehrten und nicht das Zazen? A: Die Zeit war noch nicht reif für die Verbreitung des Zazen. F: Erfassten diese Lehrer tatsächlich den Wert des Zazen? A: Wenn es so wäre, hätten sie es verbreitet. F: Einige sagten: „Niemand soll sich über den beständigen Wechsel von Leben und Tod grämen. Es gibt einen einfachen Weg, um sich vom Kreis¬lauf von Leben und Tod zu befreien: durch das Wissen vom unveränder¬lichen, unwandelbaren Geist. Dies bedeutet, dass das wahre Wesen des Geistes niemals zugrunde geht, obgleich der Körper stirbt. Wenn du erkennst, dass das Wesen des Geistes nicht dem Zyklus von Leben und Tod unterliegt und nur zeitweise im Körper existiert, dann bemerkst du, dass es an verschiedenen Orten weiterlebt, ohne zu enden. Es verändert sich nie in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft – es ist konstant. Dann bist du erlöst vom Kreislauf von Leben und Tod. Dieser Kreislauf hört auf, und wenn dein Körper stirbt, betrittst du den Ozean der wah¬ren Existenz. Wenn du in diesen Ozean des Seins hineinfließt, besitzt du die gleichen Haupt-Tugenden wie die Bud-dhas und Tathâgatas. Doch sogar wenn du dies in deinem gegenwärtigen Leben erfasst, unterscheidest du dich trotzdem noch von einem Heiligen, aufgrund deiner angesam¬melten Täuschungen in deinen früheren Leben. Wenn du die unwandel¬bare und unveränderliche Natur des Geistes nicht verstehst, kannst du niemals von der Wiedergeburt des Karma befreit werden. Wir sollten unverzüglich die Unwandelbarkeit des Geistes ergreifen. Was nützt es, wenn du dein ganzes Leben lang ruhig sitzt, ohne etwas zu tun?“ Stimmt diese Darstellung mit deiner Auslegung des Weges der Bud¬dhas und Patriarchen überein? A: Was du da gerade gesagt hast, ist ganz sicher nicht das Buddha-Dharma, sondern eher die Ansicht des Ungläubigen Shrenika . Diese Ansicht behaup¬tet, dass wir in unserem Körper einen Verstand oder Geist haben, der die Dinge als gut oder schlecht, falsch oder richtig, angenehm oder schmerz¬lich, bitter oder süß unterscheidet. Wenn unser Körper stirbt, trennt sich der Geist vom Körper und wird an einem anderen Ort wiedergeboren. Obgleich unser Körper stirbt, lebt der Geist an einem anderen Ort weiter. So existiert er ewig. Dies ist die Lehre des Ungläubigen Shrenika. Wenn du denkst, dass eine solche Theorie die buddhistische Lehre aus¬macht, bist du noch verrückter als jemand, der einen Dachziegel aufhebt und denkt, dieser sei eine Goldmünze. Das ist Blödsinn! Nan’yô Echû in der Tang-Dynastie warnte vor solchen falschen Anschauungen. Es zeugt von einer großen Dummheit, wenn jemand die Ansicht, dass der Geist ewig ist, aber der Körper vernichtet wird, mit dem Wahren Dharma der Bud¬dhas gleichsetzt. Eine solche Sicht verursacht wirklich den Kreislauf von Leben und Tod, von dem sie doch freikommen wollten. Dies ist äußerst jämmerlich. Erkenne es als falsche Ansicht und lege sie beiseite. Aus Mitleid will ich nun dein Missverständnis beseitigen. Von Anfang an lehrte der Bud-dhismus, dass Körper und Geist eins sind und dass die Substanz und die Form nicht zwei verschiedene Dinge sind. So wurde es in Indien und in China gelehrt. Weiterhin wird im Buddhismus sowohl die Unvergänglichkeit als auch die Vergänglichkeit nicht als Geist und Körper oder Substanz und Form getrennt. Wo stirbt der Körper, und wo bleibt der Geist? Im Buddhismus gibt es kein Nirwâna außerhalb vom Kreislauf von Leben und Tod. Wenn du irrtümlich denkst, dass der Geist ewig ist und dies als wahre buddhistische Weisheit betrachtest, die jenseits von Leben und Tod liegt, musst du erkennen, dass es gerade dieser Geist ist, den du benutzt, der an den Kreislauf von Leben und Tod gebunden ist. Im Buddhismus sind Körper und Geist eins; denn wie kann es ge-schehen, dass der Geist bleibt und der Körper vergeht? Wenn Körper und Geist ursprünglich eins sind, jedoch nun getrennt, dann wäre die Buddha-Lehre falsch. Denke nicht, dass der Kreislauf von Leben und Tod ver¬nichtet werden sollte – das wäre ein großer Fehler. Erkenne, dass der Geist das ursprüngliche Tor zu den wahren Lehren des Buddhismus ist und das ganze Wesen der Erscheinungen einschließt und sich auf keine Weise in verschiedene Aspekte, wie z. B. Körper oder Geist, Leben oder Tod, Erleuchtung oder Nirwâna teilen lässt. Alle Erscheinungen, die Myriaden Formen der Existenz, sind nur dieser eine Geist; nichts ist davon ausgeschlossen. So sehen die Buddhisten den Geist. Unterscheide nicht zwischen Körper und Geist, Leben und Tod und Nirwâna. Wir alle sind im Grunde Schüler Buddhas, deshalb höre nicht auf das Geschwätz der Ungläubigen. F: Ist es für die Zazen-Übenden unerlässlich, die buddhistischen Vorschrif¬ten zu befolgen? A: Das Befolgen der Vorschriften und das sittliche Leben sind die Grund¬haltung der Zen-Schule und die Merkmale der Buddhas und Patriarchen. F: Dürfen die Zazen-Übenden Mantras und die „Von-Stufe-zu-Stufe“-Me¬ditation benutzen? A: Als ich in China war, fragte ich meinen Meister danach. Er sagte, dass er niemals von einem Patriarchen in Indien oder China gehört hat, der diese Praktiken ausübte. Es ist unbedingt notwendig, sich auf eine Me¬thode zu konzentrieren; sonst wird die wahre Weisheit niemals ge¬funden. F: Kann das Zazen von Frauen und Männern (Laienschülern) ausgeübt wer¬den oder nur von Mönchen? A: Die Patriarchen lehren, dass im Buddha-Dharma zwischen Männern und Frauen und ihrer hohen oder niedrigen Stellung kein Unterschied gemacht werden darf. F: Wenn jemand Mönch wird, entsagt er allen weltlichen Bindungen und kann ungehindert üben. Wie steht es aber mit Laienschülern, die ihren Lebensunterhalt schwer verdienen müssen? Wie können sie den Buddha-Weg erreichen? A: Die Buddhas und Patriarchen haben in ihrem großen Erbarmen die Tore geöffnet, und mitleidig führen sie alle Lebewesen zur Erleuchtung. Jeder kann durchs Tor eintreten. Es gibt viele Beispiele in der Vergangenheit, z. B. waren die Kaiser T’ai-tsung und Shun-tsung in China durch die Staatsge¬schäfte schwer belastet und übten dennoch den Buddha-Weg; auch die Premierminister Li und Fang, beide kaiserliche Berater, übten den Weg durch Zazen und erreichten den großen Buddha-Weg. Das Wichtigste ist die Entschlossenheit, und diese hängt nicht davon ab, ob man Laienschüler oder Mönch ist. Glaube nicht, dass das tägliche Tun ein Hindernis ist; es gibt kein Buddha-Dharma außerhalb des täglichen Lebens. Ein kürzlich verstorbener Minister der Sung-Dynastie namens Feng besaß ein tiefes Verständnis vom Buddhismus. Er verfasste dieses Gedicht: „Nur für kurze Zeit den öffentlichen Verpflichtungen entronnen, sitze ich in Zazen. Nur manchmal finde ich Zeit zum Schlafen. Es scheint, dass ich ein Minister des Staates bin. Man nennt mich jedoch den alten Mönch.“ Obwohl er äußerst beschäftigt war, erreichte er durch seine Hingabe an den Buddha-Weg die Erleuchtung. Wir sollten über unser eigenes Leben nachdenken und die Beispiele unserer Vorgänger betrachten. In der heutigen Zeit – in der Sung-Dynastie Chinas – üben Kaiser, Minister, Beamte und Laienschüler den Buddha-Weg. Sowohl Soldaten als auch Zivilisten beschäftigen sich mit dem Studium und der Übung des Weges. Gewiss werden viele von ihnen ihren Geist erleuchten. Wir sehen nun deutlich, dass die Verpflichtungen in der Gesellschaft und die weltlichen Tätigkeiten keine Hindernisse für das Buddha-Dharma sind. Wenn das Wahre Buddha-Dharma in einem Land verbreitet wird, schüt¬zen es die Buddhas und Devas ununterbrochen, und das Land findet Ruhe. Wenn dann Frieden herrscht, vergrößert sich der Einfluss des Buddha-Dharma, und das Land wird harmonisch regiert. In Shakyamunis Zeit bekehrten sich viele Schurken und Gauner zum Buddha-Weg, und seit dieser Zeit erreichten sogar Jäger und Holzfäller die Erleuchtung unter der Führung der Patriarchen. Es ist unnötig zu sagen, dass jeder diesen Weg gehen kann, wenn er einen echten Meister hat. F: Ist es sogar in unserer degenerierten Zeit möglich, durch die Übung des Zazen die Erleuchtung zu erreichen? A: Die buddhistischen Schulen, die sich auf das Wort oder die Schrift grün¬den, unterscheiden zwischen dem wahren, dem veräußerlichten und dem ver¬fallenden Stadium des Buddha-Dharma; die authentische Mahâyâna-Lehre macht jedoch diese Unterscheidung nicht; sie betont, dass alle Üben¬den letztlich den Weg erreichen. Darüber hinaus können wir unseren wertvollsten Besitz, die Buddha-Natur, entdecken und den Weg erreichen, wenn wir der wahren Übertragung des Dharma folgen. Wir können ganz klar erkennen, ob wir die Erleuchtung erlangt haben oder nicht, genauso, wie wir bemerken, ob wir heißes oder kaltes Wasser trinken. F: Manche sagen, dass keine Notwendigkeit besteht, die Sûtras zu rezitieren oder körperlich zu üben, wenn wir die Bedeutung von „Unser Geist ist Buddha“ vollständig erfassen, da wir durch einfaches Wahrnehmen un¬serer eigenen angeborenen Buddha-Natur den Buddha-Weg vollständig erreichen. Ist es deshalb wirklich unerlässlich, Zazen zu üben? A: Eine solche Ansicht ist fragwürdig. Wenn das, was du sagst, stimmt, dann könnte beinahe jeder das Dharma erfassen. Der Weg der Buddhas und Patriarchen ist, zu üben und zu studieren und die Zweiteilung von Ich und Nicht-Ich aufzugeben. Wenn es nur das Wissen wäre, dass „unser Geist Buddha ist“, dann hätte Shakyamuni nicht solche Anstrengungen und Unannehmlichkeiten auf sich genommen, um anderen zu helfen, die Erleuchtung zu erreichen. Betrachte folgendes Beispiel: Ein Tempel-Vorsteher namens Sokkô Gensoku war Schüler von Hôgen Bun’eki . Eines Tages fragte ihn Hôgen: „Wie lange bist du schon hier?“ – „Drei Jahre“, erwiderte Gensoku. „Warum hast du mich niemals nach dem Buddha-Dharma gefragt?“, wollte Hôgen wissen. Gensoku sagte ihm: „Ich möchte dich nicht belügen. Als ich beim Zen-Meister Seihô übte, erfuhr ich die Erleuchtung des Buddha-Dharma.“ – „Bitte sage mir, wie du diesen Zustand erreicht hast“, bat Hôgen. „Ich fragte einst Seihô, was das wahre Selbst eines buddhistischen Schülers sei, und er antwortete: ‚Der Laternen-Anzünder fragt nach Feuer.’“ – „Das ist eine sehr gute Beschreibung“, sagte Hôgen, „aber ich fürchte, du hast sie nicht verstanden.“ Gensoku sagte: „Nun, ich nahm an, dass es bedeutet, mit dem Feuer nach Feuer zu suchen sei wie das Selbst, das nach dem Selbst sucht.“ Hôgen sagte: „Ich hatte recht. Du verstehst es nicht. Wenn das, was du sagst, das Buddha-Dharma ist, wäre es niemals bis in die heutige Zeit weitergegeben worden.“ Bestürzt verließ Gensoku das Kloster. Unterwegs jedoch dachte er an Hôgens großes Ansehen und an seine fünfhundert Schüler. Er entschloss sich, zurückzukehren, und warf sich vor dem Meister nieder. Dann fragte er: „Was ist das wahre Selbst eines buddhistischen Schülers?“ – „Der La¬ternen-Anzünder fragt nach Feuer“, sagte der Meister. Als er dies hörte, war Gensoku erleuchtet. Wir sehen daher, dass man das Buddha-Dharma nicht durch das allei¬nige Verständnis, dass unser Geist Buddha ist, erreichen kann. Wenn es so wäre, hätte ihn Hôgen niemals gewarnt oder dies gesagt, um Gensoku auf den Weg zu führen. Wenn du einem guten Meister begegnest, befolge die Regeln, widme dich ganz der Übung des Zazen und klammere dich nicht an ein oberflächliches Verständnis. Dann wird der wunderbare Weg des Buddha-Dharma in Erscheinung treten, und deine Anstrengung wird nicht vergebens sein. F: Wenn wir die alten Chroniken von Indien und China betrachten, lesen wir, dass jemand, als er einen Ziegel gegen einen Bambus schlagen hörte, erleuchtet wurde; und dass jemand den Weg erreichte, als er Pfirsichblüten sah . Shakyamuni verwirklichte den Weg, als er den Mor¬genstern sah, und Ananda erreichte das Dharma, als ihm gesagt wurde, er sollte eine Fahnenstange umlegen . Seit dem sechsten Patriarchen und bis zur Bildung der fünf Schulen sind wahrlich viele durch ein einziges Wort oder einen Satz erleuchtet worden. Ist es ganz sicher, dass alle diese Menschen den Weg des Zazen geübt haben? A: Du kannst ganz sicher sein, dass sie alle den Weg des Zazen übten, alle möglichen Arten der Unterscheidungen aufgaben und die Dualität hinter sich ließen. F: In Indien und China sind die Menschen meist ehrlich, aufrichtig und gebildet. Deshalb fällt es ihnen leicht, das Buddha-Dharma anzu¬nehmen. Den Japanern hingegen mangelt es an Wohlwollen und Weis¬heit, so dass der wahre Samen des Dharma schwerlich wächst. Unser Land ist unzivilisiert, das ist sehr betrüblich. Sogar unsere Priester können sich nicht mit den Laien in diesen Ländern vergleichen. Das Volk ist engherzig, gefühllos und strebt nach weltlichem Ruhm und Glück. Wenn solche Menschen Zazen üben, können sie dann wirklich die Erleuch¬tung des Bud-dha-Dharma erreichen? A: Was du gesagt hast, stimmt: Unseren Menschen fehlt es wirklich an Wohl¬wollen und Weisheit; ihr Geist ist schwerfällig. Auch wenn man ihnen den Nektar des Dharma gäbe, er würde sich gleich in Gift ver¬wandeln. Sie beschäftigen sich zu sehr mit Ruhm und Glück. Trotzdem können auch sie den Weg erreichen. Zur Zeit Buddhas soll es jemanden gegeben haben, der durch die Stufen der Arhatschaft ging, nachdem ihn ein Ball traf; und eine Kurtisane betrat den Buddha-Weg, nachdem sie mutwillig eine Kesa getragen hatte. Beide waren nicht viel mehr als unverständige Tiere, aber auch sie wurden durch den wahren Glauben von der Täuschung befreit. Eine alte Frau erreichte die Erleuchtung, als sie einen närrischen, alten Mönch ruhig sitzen sah, während sie ihm eine Mahlzeit reichte. Es hing nicht von weltlicher Klugheit oder von Buch¬staben, Worten oder den Sûtras ab; es war nur der Besitz einer richtigen geistigen Haltung. Es dauerte ungefähr zweitausend Jahre, um Buddhas Lehre über die ganze Welt zu verbreiten. Jedes Land hat seine eigenen regionalen und kulturellen Verschiedenheiten; Barmherzigkeit und Einsicht sind nicht notwendigerweise weit verbreitet, und die Menschen sind nicht immer intelligent oder weise. Trotzdem besitzt das Wahre Dharma des Tathâgata unfassbare Kraft und ist voller Wert und Tugend. Zur rechten Zeit wird sich das Dharma im ganzen Land verbreiten, ganz gleich, ob die Menschen klug sind oder nicht; wenn sie die richtige geistige Haltung ha¬ben, erreichen sie den Weg, Obgleich es unserem Land an Wohlwollen und Weisheit mangelt und die Menschen geringes Verständnis haben, kann man trotzdem das Wahre Dharma hier in Japan erfassen. Jedermann besitzt den Samen des Prajnâ, auch wenn ihn die Menschen hier selten of¬fenbaren. Aufs Geratewohl haben wir nun viele Fragen und Antworten untersucht. Möglicherweise haben wir Blumen gesehen, wo keine existieren. Die wahre Übung des Zazen ist bis heute immer noch nicht nach Japan übermittelt wor¬den. Das ist sehr traurig für alle, die den Wahren Weg finden möchten. Um den ernsthaft Suchenden zu helfen, habe ich deshalb das, was ich in China gelernt und gehört habe, zusammengetragen und die Lehren meiner erwachten Meister niedergeschrieben. Ich habe noch keine Zeit gefunden, die Übungen, Regeln und Vorschriften der chinesischen Klöster ausführlich zu schildern, aber ich werde dies bei Gelegenheit tun. Japan ist vom Zentrum des Buddhismus weit entfernt, doch seit der Kaiser Kimmei und Yômei ist das Buddha-Gesetz nach Osten gekommen, freilich verstrickt sich der Buddhismus hier in Auseinandersetzungen über die Lehre und das Ritual, so dass der Zustand wirklich zerrüttet ist. Du musst in einer Einsiedelei in den Felsen und Bergen leben, mit einer zerfetzten Robe und einer Bettel-Schale, und dich ganz dem Zazen widmen; dann wirst du die unübertroffene Weisheit von Buddha verwirklichen und die große Bedeutung von Leben und Tod durchdringen. So lehrt es Meister Kodon , und dies ist das Vermächtnis von Mahâkâshyapa. Die wahre Methode des Zazen habe ich im Fukanzazengi erläutert, das ich in der vorigen Karoku-Epoche schrieb. Es ist sicher besser für die Verbreitung des Buddha-Dharma in einem Land, den Segen des Königs zu haben, und wenn wir das Vermächtnis des Geierberges betrachten, erkennen wir, dass alle Könige, Fürsten, Minister und Generäle der verschiedenen Länder an der Erhaltung und Verbreitung des Buddha-Dharma teilgenommen haben. Wenn dieser Einfluss da ist, dann handelt es sich um ein buddhistisches Land. Daher ist es nicht notwendig, auf eine bestimmte Zeit oder auf einen Ort zu warten, um den Weg der Buddhas und Patriarchen zu verbreiten. Glaube niemals, dass die Verbreitung erst heute beginnt. Demgemäß habe ich diese Abhandlung für alle, die den Wahren Weg suchen, geschrieben. [Niedergeschrieben im Spätherbst 1231, vom Dharma-Überbringer Shamon Eihei Dôgen, der nach China ging.]   [80] JIKUIN MON Anweisungen für die Küche Am sechsten Tag des achten Monats im vierten Jahr der Ära Kangen (17. September 1246) legte ich der Mönchsversammlung folgenden Satz dar: »Die rechte Art, diejenigen Mönche auszubilden, die für das Zubereiten der Mahlzeiten zuständig sind, besteht darin, sie Ehrfurcht vor dem ihrer Arbeit zugrunde liegenden Prinzip gewinnen zu lassen.« Nachdem der Tathâgata ins PariNirwâna eingetreten war, wurde der Dharma auf rechte Weise vom entfernten Indien bis nach China übertragen. Zu dieser Zeit brachten Himmelswesen den Buddhas und ihren Schülern Opfergaben dar, Herrscher von Nationen spendeten ihnen königliche Mahlzeiten, die Haushalte reicher und gewöhnlicher Laien und sogar Arbeiter und Diener gaben Nahrungsmittel. Diese Almosen wurden respektvoll und aus tiefer Herzlichkeit überreicht. Sowohl unter Höherstehenden als auch im gewöhnlichen Volk gab es welche, die die Gaben auf ehrfürchtigste Weise darbrachten, indem sie sich höflichst verbeugten und die freundlichsten Arten zu sprechen benutzten, da ihre Absichten tiefsinnig waren. Wenn wir uns auch auf abgelegenen Bergen befinden, sollten wir nun persönlich die authentische Übertragung der freundlichen Taten und respektvollen Worte von denen empfangen, die in der Küchen-Halle unseres Tempels dienen, denn auf diese Weise haben sowohl Höherstehende wie auch das gewöhnliche Volk das Buddha-Dharma studiert. Wenn ihr zum Beispiel vom Frühstücksbrei redet, dann solltet ihr ihn ‚unser verehrter Brei’ nennen oder ‚unser Morgenbrei’ und nicht einfach ‚der Schleim’ . Das Mittagsmahl solltet ihr ‚unser verehrtes Mittagsmahl’ oder ‚unser Mittagsmahl’ nennen und nicht einfach ‚Mittagessen’. Ihr solltet sagen: „Würdet ihr bitte etwas weißen Reis für mich zubereiten?“ statt: „Stampft mir mal Reis!“ Und in gleicher Weise: „Würdet ihr bitte etwas Reis für mich waschen?“ und nicht: „Wascht mir mal etwas Reis!“ Und ebenso: „Würdet ihr bitte etwas Gemüse für unser Bratgericht auswählen?“ und nicht: „Gebt mir mal Gemüse!“ Ihr solltet euch die Zeit nehmen zu sagen: „Würdet ihr bitte eine schöne Brühe für unser Mahl zubereiten?“ und nicht: „Macht mal ne Brühe!“ Und genauso: „Würdet ihr bitte eine wohlschmeckende Suppe zu unserem Mahl bereiten?“ und nicht: „Macht uns mal ne Suppe!“ Schließlich solltet ihr sagen: „Der verehrte Frühstücksbrei – oder das Mittagsmahl– ist ja so vorzüglich zubereitet worden!“ Behandelt alle Utensilien, die ihr für die Zubereitung von Frühstücksbrei und Mittagsmahl benutzt, mit gleichem Respekt. Ein Mangel an Respekt zieht Unheil an und wird nie von etwas Verdienstvollem begleitet. Während der Frühstücksbrei und das Mittagsmahl vorbereitet werden, sollte niemand über den Reis, das Gemüse und das andere Essen hinweg atmen. Lasst die Ärmel eurer Robe nicht einmal trockene Nahrungsmittel streifen. Wenn eure Hände euren Kopf oder euer Gesicht berührt haben, wascht sie zunächst, ehe ihr irgendwelche Utensilien oder Nahrungsmittel anfasst. Wenn ihr euch in der Zeit vom Aussortieren des Reises bis zum Kochen einer Brühe gekratzt habt, sollt ihr euch auf alle Fälle unverzüglich die Hände waschen. An Orten, wo der Frühstücksbrei und das Mittagsmahl zubereitet werden, solltet ihr Verse aus den buddhistischen Schriften und Texte alter Meister rezitieren. Führt keine weltlichen Gespräche und benutzt keine derbe Rede. Ihr solltet regelmäßig freundliche Worte verwenden, wenn ihr von Dingen wie Reis, Mahlzeiten, Salz, Sojasoße usf. sprecht, und nicht nur sagen: „Da ist Reis“ oder „Da ist Gemüse“. Wenn ältere Mönche und Novizen den Ort passieren, an dem das Mittagsmahl oder der Frühstücksbrei verzehrt werden, sollten sie sich respektvoll in Gasshô verneigen. Sollte Gemüse oder Reis verschüttet worden sein, dann macht nach der Mahlzeit von ihnen Gebrauch. Sind das morgendliche oder das mittägliche Mahl noch nicht beendet, dann stört sie nicht. Benutzt die Küchengeräte, die beim Zubereiten der Mahlzeiten verwendet werden, nicht für andere Dinge. Gebt sie nicht an Laien, die von Zuhause kommen, solange diese nicht ihre Hände gewaschen haben. Nahrungsmittel wie Gemüse und Obst, die von Laien stammen und noch nicht gereinigt wurden, sollten abgespült, beweihräuchert und am Feuer getrocknet werden; dann bietet sie respektvoll den Drei Schätzen und der Mönchsgemeinschaft dar. Wenn Laien solche Dinge wie Dampfklöße oder Kuchen in die Bergeinsiedeleien und Tempel des Großen Sung-China trugen, mussten diese stets noch einmal erhitzt werden, bevor sie der Mönchsgemeinschaft dargebracht wurden. Dieses Erhitzen reinigt die Nahrungsmittel. Verfahrt also genau so. Dies sind nur wenige Punkte von vielen. O du, der du der Küche vorstehst, begreife ihren tiefen Sinn und setze sie in die Tat um! Verletze bei all deinen zahllosen Pflichten nicht diese Regeln! Diese Regeln sind das Lebensblut der Buddhas und Patriarchen und das Auge der Mönche in Flickroben. Nicht-Buddhisten kennen sie nicht, Himmelsdämonen können sie nicht ertragen. Nur die Schüler Buddhas waren in der Lage, sie zu übertragen. O ihr Rangältesten in der Küchen-Halle, versteht sie recht und lasst sie nicht in Vergessenheit geraten! [Hier dargelegt von Dôgen, dem Gründer dieses Tempels.] Ich wende mich als Abt des Klosters Eihei nun an den Rangältesten: Wenn ein Gönner erst nach Mittag gekochten Reis bringt, dann bewahrt ihn bis zum nächsten Tag auf. Handelt es sich um so etwas wie Kuchen, Obst oder Brei, dann bringt es – selbst bei einer abendlichen Spende – als Heilmahlzeit der Gemeinschaft von Buddhas und Patriarchen dar. Solch ein Mahl ist eine herausragende Spur, die von jenen im Großen Sung-China hinterlassen wurde, die nach dem Wahren Weg suchten. Der Tathâgata gestattete Mönchen, die im Himalaja lebten, stets das Tragen von Unterwäsche. Auch wir auf diesem Berg erlauben solch eine Medizin in Zeiten von Schneefall. [Kigen , der Gründermönch des Eiheiji.]

Erscheint lt. Verlag 13.6.2007
Übersetzer Nishiyama Kosen, Guido Keller, A M Eckstein, Joseph Renner
Sprache deutsch
Maße 170 x 220 mm
Gewicht 1202 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Geschichte der Philosophie
Geisteswissenschaften Philosophie Östliche Philosophie
Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie der Neuzeit
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Buddhismus
Schlagworte 13. Jahrhundert • Buddhismus • Hardcover, Softcover / Philosophie/Östliche Philosophie • HC/Philosophie/Östliche Philosophie • Japan • Karma • Meditation • Meister • Zeit • Zen • Zen / Zen-Buddhismus
ISBN-10 3-936018-58-8 / 3936018588
ISBN-13 978-3-936018-58-5 / 9783936018585
Zustand Neuware
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