Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische... / Deutsches Reich 1933 – 1937

Wolf Gruner (Herausgeber)

Buch | Hardcover
811 Seiten
2008
De Gruyter Oldenbourg (Verlag)
978-3-486-58480-6 (ISBN)
59,80 inkl. MwSt
Band 1 dokumentiert die Judenverfolgung zwischen 1933 und 1937. Die chronologisch angeordneten Schriftzeugnisse lassen sichtbar werden, wie die Entrechtung und soziale Isolation der Juden in Deutschland vorangetrieben wurde, welche Rolle der Terror, das staatliche Kalkül und die Gleichgültigkeit sehr vieler Deutscher spielten. Nach kurzer Zeit war ein Zustand erreicht, wie ihn der Berliner Rabbiner Joachim Prinz 1935 beschrieb: „Des Juden Los ist: nachbarlos zu sein. Wir würden das alles nicht so schmerzlich empfinden, hätten wir nicht das Gefühl, dass wir einmal Nachbarn besessen haben.“ Auf der Basis der Edition realisiert der Bayerische Rundfunk die dokumentarische Höredition „Die Quellen sprechen“, die in Staffeln gesendet wird und unter www.die-quellen-sprechen.de nachzuhören ist. Youtube-Link zur VEJ-Abschlusskonferenz: Deutsches Reich (Panel 1, 9. Mai 2023) und NS-Führung und deutsche Gesellschaft (Panel 10, 11. Mai 2023) Vom 9. bis zum 11. Mai 2023 fand mit "Der Holocaust als europäisches Ereignis" die Abschlusskonferenz der Edition "Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945" im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors in Berlin statt. 

Wolf Gruner, geboren 1960 in Berlin (Ost), Studium der Geschichtswissenschaften, 1994 Dr. phil., anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter u.a. am Zentrum für Antisemitismusforschung (TU Berlin), Gastwissenschaftler und -professor in Israel, Japan und den USA. Zur Zeit Stipendiat der S. Fischer Stiftung am Institut für Zeitgeschichte / Abteilung Berlin. Autor mehrerer Bücher zur nationalsozialistischen Verfolgung der Juden.

1;Inhaltsverzeichnis;6
2;Vorwort;8
3;Editorische Vorbemerkung;11
4;Einleitung;14
4.1;Judenemanzipation und Kulturnation;15
4.2;Vom Kaiserreich zum Ersten Weltkrieg;18
4.3;Juden im Ersten Weltkrieg;23
4.4;Antisemitismus während der Weimarer Republik;25
4.5;Die deutschen Juden zu Beginn der NS-Zeit;30
4.6;Antisemitismus als Staatsziel;31
4.7;Verhaltensweisen der "arischen" Mehrheit;36
4.8;Reaktionen der Verfolgten;37
4.9;Zwischen Gewalt und Sonderrecht;39
4.10;Rückzug, Selbsthilfe und Emigration;42
4.11;1935, das Jahr der Nürnberger Gesetze;45
4.12;Die Zentralisierung der Judenpolitik;48
5;Dokumentenverzeichnis 1933-1937;52
6;Dokumente des Jahres 1933;66
7;Dokumente des Jahres 1934;280
8;Dokumente des Jahres 1935;408
9;Dokumente des Jahres 1936;547
10;Dokumente des Jahres 1937;632
11;Glossar;764
12;Abkürzungsverzeichnis;765
13;Verzeichnis der im Dokumententeil genannten Archive, Quellen und Darstellungen;776
14;Register der Institutionen, Firmen und Zeitschriften;784
15;Ortsregister;795
16;Personenregister;800 1;Inhaltsverzeichnis;6
2;Vorwort;8
3;Editorische Vorbemerkung;11
4;Einleitung;14
5;Dokumentenverzeichnis 1933-1937;52
6;Glossar;764
7;Abkürzungsverzeichnis;765
8;Verzeichnis der im Dokumententeil genannten Archive, Quellen und Darstellungen;776
9;Register der Institutionen, Firmen und Zeitschriften;784
10;Ortsregister;795
11;Personenregister;800

Antisemitismus während der Weimarer Republik (S. 24)

Schon in der ersten Phase der Weimarer Zeit formierten sich die Antisemiten neu und in bis dahin nicht gekannter Zahl. Zunächst sammelten sie sich vorzugsweise im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund, der 1922 rund 600 Ortsvereine mit 200 000 Mitgliedern hatte.23 Erst jetzt, in der für Verschwörungs-, Verrats- und Untergangstheorien empfänglichen Nachkriegszeit, wurde das Buch "Protokolle der Weisen von Zion" in einer deutschen Ausgabe von 1920 wirksam.

Es handelte sich um eine grobschlächtige Fälschung der Geheimpolizei des zaristischen Russland, in der fabuliert wird, führende jüdische Repräsentanten hätten sich am Rande des Baseler Zionistenkongresses von 1897 zur Übernahme der Weltherrschaft verschworen. Daneben wurde der Roman "Die Sünde wider das Blut" zum Erfolg. Er verkaufte sich von 1917 bis 1934 in 250 000 Exemplaren.

Geschrieben hatte ihn der Chemiker Arthur Dinter, der darin den rassenbiologisch begründeten "Blutschutz" verfocht – ein Begriff, der nach dem opferreichen, noch dazu verlorenen Krieg auf das Interesse eines Publikums traf, das sich in extremer Weise schutzlos und ausgeblutet fühlte. Als das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927 in Berlin-Dahlem gegründet wurde, berief die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft den Anthropologen Eugen Fischer zum Direktor.

Zusammen mit dem Botaniker Erwin Baur, dem Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Züchtungsforschung, und mit seinem Schüler Fritz Lenz hatte Fischer 1920/21 das zweibändige Grundlagenwerk "Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene" veröffentlicht. Es wurde kurz "Baur-Fischer-Lenz" genannt, erschien bis 1944 in mehreren Auflagen und gab sich als seriöse Wissenschaft. Aber die dezente Form gelehrter Prosa ließ das rasse- und erbhygienische Denken in den Kreisen salonfähig werden, die der Gossenantisemitismus abstieß. Baur, Fischer und Lenz wandelten das grobe Vorurteil in scheinbar fundierte, biologisch begründete Erkenntnis, den "jüdischen Zinken" in eine dominant erbliche "konvexe Nase".

In dem von Fischer verfassten Abschnitt konnte man über "die Sonderstellung der Juden" lesen, dass sie "aus dem Bereich der Europäer völlig herausfallen". Daraus folgte für die "Bastardbevölkerung", also für die gemeinsamen Nachkommen von Juden und Fischerschen Normeuropäern, dass die dominanten Merkmale der Juden durchschlügen: "das schwarze Haar, die konvexe Nase und vielleicht noch das eine oder andere in der Physiognomie".

Lenz legte in seinem Abschnitt die Gefahren dar, die in erbbiologischer Hinsicht von Juden ausgehen würden.Mit Statistiken unterlegt behauptete er, Juden seien wesentlich häufiger erblich blind und taubstumm, erkrankten öfter an Diabetes und seien besonders anfällig für "manische und melancholische Störungen".Hingegen überträfe "der nordische Mensch" alle anderen Rassen an "Willensstetigkeit und sorgender Voraussicht", er marschiere "hinsichtlich der geistigen Begabung an der Spitze der Menschheit".

Der Eliteforscher Lenz kam zu dem Ergebnis, die vorderasiatische Rasse, zu der er die Juden zählte, verfüge über Erbanlagen, die "weniger auf Beherrschung und Ausnützung der Natur als auf Beherrschung und Ausnützung der Menschen" gerichtet seien. Er schrieb den Juden eine "erstaunliche Fähigkeit" zu,"sich in die Seele anderer Menschen zu versetzen und sie nach ihrem Willen zu

Erscheint lt. Verlag 14.1.2008
Reihe/Serie Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 ; Band 1
Verlagsort Basel/Berlin/Boston
Sprache deutsch
Maße 160 x 240 mm
Gewicht 1393 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte 1918 bis 1945
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Judentum
Schlagworte Drittes Reich • Drittes Reich / 3. Reich • Geschichte • Geschichtliche Quelle • Geschichtliche Quellen • Holocaust • Holocaust / Shoah • Juden • Judenverfolgung • Judenverfolgung (Nationalsozialismus) • Nationalsozialismus • Zeitgeschichte • Zeitgeschichte 1933 - 1945
ISBN-10 3-486-58480-4 / 3486584804
ISBN-13 978-3-486-58480-6 / 9783486584806
Zustand Neuware
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