Modernisierung durch Beschleunigung
Campus (Verlag)
978-3-593-38201-2 (ISBN)
Russland zeichnet sich durch sein riesiges Territorium aus. Diesen Raum überwinden und kontrollieren zu können, war Ziel einer Modernisierung des Verkehrswesens, die keineswegs nur im Westen Europas stattfand. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts führten die russische Post und später die Eisenbahn zu einer Beschleunigung, durch die das Reich leichter zu beherrschen war. Die Menschen im Lande allerdings maßen der Geschwindigkeit keine große Bedeutung bei. Roland Cvetkovski zeigt, dass sie dennoch und trotz starker Widerstände einen der wichtigsten Faktoren für die Modernisierung Russlands und seines Raumes darstellte.
Roland Cvetkovski, Dr. phil., studierte Geschichte und Slawistik in Frankfurt und Prag, promovierte an der Universität Köln in Osteuropäischer Geschichte und ist dort wiss. Mitarbeiter.
Inhalt
Vorwort 7
I. Problem, Kritik und Diskussion 9
1. Einführung 9
2. Fragestellung und Vorgehensweise 22
3. Begriffsklärungen 26
4. Forschungsüberblick 40
II. Umrisse 59
1. Russland, Macht und Raum 59
2. Russland, Raum und Geographie 62
3. Russland, Raum und Verkehr 75
4. Russland, Zeit und Chronometrie 81
III. Raum, Macht und Konsolidierung - die Posten 88
1. Organisatorische Notwendigkeit - das 17. Jahrhundert 89
2. Materialisierter Anspruch - das 18. Jahrhundert 105
3. Ungenügen und Verinnerlichung - das 19. Jahrhundert 132
4. Auf dem Untergrund - die Straßenverhältnisse 156
5. Geschwindigkeitspraxis I - Einrücken 170
IV. Raum, Macht und Diversifikation - die Eisenbahn 184
1. Krankheit Raum 188
2. Raum- und Geschwindigkeitsphantasien 198
3. Hemmungen 204
4. Das Netz 211
5. Die Politik 225
6. Die Geschwindigkeit 230
7. Geschwindigkeitspraxis II - Ausrücken 244
V. Raum und Bewegung 275
1. Konkreter Raum - die Straße 277
2. Bewegungen, Stadt-Land-Differenzen 282
VI. Geschwindigkeit und Modernisierung 304
VII. Die Mühen der Ferne 313
VIII. Anhang 322
1. Maße 322
2. Abkürzungen 322
3. Schrifttum 324
4. Tabellen- und Kartenverzeichnis354
5. Register 355
Russland, so liest man 1815 in einem englischen Journal, sei "das in seiner Ausdehnung monströseste Reich [...], welches jemals das Antlitz der Erde bedeckte." Die geographisch messbare Größe ist freilich nur eine Seite der Medaille; Stärke wird dadurch zwar angezeigt, erwächst daraus allerdings nicht von selbst. Schon die Flächenzunahme um über 22 Millionen Quadratkilometer allein zwischen 1750 und 1791 deutet die nahezu unbewältigbaren Schwierigkeiten an, mit denen sich die Administration bereits bei der bloßen Bestandsaufnahme der physischen Ausdehnung Russlands konfrontiert sieht: Die 1765 begonnene, dringend notwendige Landesvermessung zieht sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hin, und zu Ende des 18. Jahrhunderts sind erst 20 Gouvernements erfasst. Dabei kann die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung in dieser Zeit mit dem territorialen Zuwachs des Reiches nicht Schritt halten. Größe bietet also im besten Fall eine Möglichkeit, ist in erster Linie allerdings eine Latenz. Das Ende der Mongolenherrschaft am Ausgang des 15. Jahrhunderts markiert für das erstehende Moskauer Reich in mancher Hinsicht eine Zäsur, wobei die Erlangung herrschaftlicher Selbstständigkeit für den weiteren Verlauf der russischen Geschichte sicherlich nicht überschätzt werden kann. In dem hierbei hinzugewonnenen Selbstverständnis, sich als legitimer Nachfolger des nahezu zeitgleich untergegangenen byzantinischen Reiches zu betrachten, erwächst aus der Übernahme byzantinischen Herrschaftsverständnisses ein verstärkter Machtanspruch eines sich etablierenden russischen Zartums, der sich überdies mit einem gesteigerten Prestige- und Geltungsbedürfnis verbindet. Neben der hierzu notwendigen inneren Konsolidierung und Staatswerdung sowie langsamen Verankerung selbstherrschaftlicher Strukturen im gesellschaftlichen Gefüge richtet sich dieses Geltungsbedürfnis auch nach außen, als nämlich das Moskauer Reich im 16. Jahrhundert mit dem "Sammeln der Länder" beginnt und diese an das Reich angliedert. Nach der anfänglich in den Osten und Süden einsetzenden Expansion Moskaus verlagert sich dann das russische Interesse im 17. Jahrhundert auf den Westen; sie kommt schließlich im 19. Jahrhundert erst durch die kolonialen Expansionsbestrebungen in Asien zu ihrem Ende. Über die Motive für diese vom 16. bis zum 18. Jahrhundert dauernde Expansion des Moskauer und russischen Reiches ist viel spekuliert worden: Die Erklärungsversuche reichen von einer Fixierung dieses Expansionsbestrebens an einem "Drang zum Meer" über die Rückbindung an die Tradition eines alten russischen Imperialismus, der wegen des Fehlens natürlicher Grenzen darüber einem Sicherheitsbedürfnis nachzukommen versucht, bis zur Betonung, dass das russische Reich die Besetzung geostrategischer Ziele, der so genannten heartlands, verfolgt, die sich in einem breiten Gürtel unterhalb Moskaus in den Süden wie in den Osten weit nach Asien erstrecken, um sich so seine Vormachtstellung zu sichern.
Erscheint lt. Verlag | 9.10.2006 |
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Zusatzinfo | 5 Karten |
Verlagsort | Frankfurt |
Sprache | deutsch |
Maße | 141 x 214 mm |
Gewicht | 518 g |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Allgemeines / Lexika |
Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Allgemeine Geschichte | |
Schlagworte | 17.-19. Jahrhundert • Beschleunigung • Frühe Neuzeit • Geschwindigkeit • HC/Geschichte/Allgemeines, Lexika • Mobilität • Modernisierung • Raum • Raum (Gebiet) • Russland • Russland, Geschichte • Rußland, Geschichte • Verkehr • Zarenreich |
ISBN-10 | 3-593-38201-6 / 3593382016 |
ISBN-13 | 978-3-593-38201-2 / 9783593382012 |
Zustand | Neuware |
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