Geschichte der Naturphilosophie (eBook)
182 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7693-2934-6 (ISBN)
Jürgen Uphoff wurde 1954 in einem münsterländischen Dorf nahe der holländischen Grenze geboren. Er studierte von 1974 - 1979 Chemieingenieurwesen an der FH Münster Abt. Steinfurt. Von 1981 - 1987 studierte er Philosophie, Physik und Chemie an der WWU Münster. 1989 nahm er eine Stellung als Leiter eines amtlichen physikalisch-chemischen Prüflabors an und nahm als vom Deutschen Institut für Normung (DIN) benannter Experte neben den Aufgaben des Prüflabors an europäischen Normungssitzungen zwecks Erstellung verbindlicher Normen teil. Aufgrund eines Strukturwandels wechselte er 2003 in die Ausbildung von Führungskräften der Feuerwehren NRW am Institut der Feuerwehr NRW in Münster in den Fächern Naturwissenschaften, Methodik & Didaktik, Mitarbeiterführung und Ethik. Seit 2014 befindet sich Jürgen Uphoff im Ruhestand und beschäftigt sich mit Philosophie, Wissenschaftstheorie, Geschichte & Politische Ökonomie, Anthropologie & Psychologie, Mythologie & Religionswissenschaften.
KAPITEL 2 · DER LOGOS DER ANTIKE
Eine Theorie sollte so einfach wie möglich sein. Aber nicht einfacher!39
Keywords
Wissenschaftliches Fundament, Realität, Erkenntnis, Invariante, wissenschaftliche Terminologie, begriffliche Grundformen, Grundgerüst, Substrat, Hylozoismus, Reduktion, Weltordnung (κόσμος), Ursprung (ἀρχή), Atom, Qualitäts-Umschlag, Objektivierung, Zweifel.
Historischer Überblick
Die ersten schriftlich überlieferten mesopotamischen Mythen erfuhren eine Verbreitung über Kleinasien (Anatolien) und Griechenland bis ins Römische Reich. In MILET, einer griechischen Kolonie an der Westküste Kleinasiens, fand man die ersten Figurinen der griechischen Göttin der Liebe, APHRODITE, der man ihre mesopotamische Herkunft von der sumerischen INANNA (–4. Jt.) noch deutlich ansieht.
Das heutige Griechenland war seit dem Paläolithikum besiedelt; um –3.500 Ê –2.800 existierte die neolithische Sesklo-Kultur Thessaliens, eine frühe Bauernkultur mit Viehzucht und Getreidebau. Ab –2.800 drang von Norden her die Dimini-Kultur ein, die bereits Kupfer und Gold verwendete. Hier wurden die ersten stadtähnlichen Festungsanlagen errichtet. Mit Beginn der Bronzezeit entwickelte sich im –3./– 2. Jahrtausend die ägäische Kykladen-Kultur auf den ägäischen Inseln.
Auf der Insel Kreta kam es ab –2.500 durch das Volk der Minoer zur ersten europäische Hochkultur. Sie erbauten die Paläste von Knossos und Phaistos. Das griechische Festland wurde etwa ab –2.000 von indoeuropäischen Stämmen aus dem Nordosten – den Achäern – besiedelt. Ab –1.600 entwickelte sich hier neben anderen Reichen die mykenische Kultur, benannt nach ihrem Zentrum Mykene. Um –1.400 begann der Untergang des mykenischen Reiches und endete mit der Zerstörung Mykenes um –1.200. Als Folge einer weiteren indoeuropä-ischen Einwanderungswelle von Norden vertrieben diese Dorer genannten Stämme die ansässige Bevölkerung, die Ionier, in Richtung Süden (Ionische Wanderung –11. bis –8. Jahrhundert). Diese bevölkerten dann die Inseln der Ägäis und die Küsten Kleinasiens.
Es entstanden zahlreiche bedeutende Städte, darunter Milet, Ephesos und Troja. Im –10./–9. Jh. übernahmen die Griechen die (vokallose) phönizische Schrift und vervollständigten sie mit eigenen Vokalzeichen. Die Verbreitung der Schrift erfolgte durch Kolonisten und Händler im ganzen Mittelmeerraum. Die Kolonisation erreichte um –750 bis –550 ihren Höhepunkt und dann ihren Abschluss mit der Besiedlung der Küsten Unteritaliens, Siziliens und Spaniens.
Ab etwa –800 wurde die Geschichte Griechenlands für die nächsten Jahrhunderte von den entstandenen Stadtstaaten, den Poleis, bestimmt. In ihnen herrschte eine strenge hierarchische Gesellschaftsordnung. Die Macht der Könige wurden vom Adel übernommen (Oligarchie), dessen Rechte wurden ausgeweitet auf die nicht adeligen Vermögenden (Timokratie, Verfassung des SOLON von –594/–593). Die Reformen des KLEISTHENES (–508/–507) bereiteten den Weg für die athenische Demokratie, in der alle Freien erstmals die gleichen Rechte hatten.
Gegen die Bedrohung durch die Perser schlossen sich die griechischen Stadtstaaten –481 unter der Führung von Athen und Sparta zum Attischen Seebund zusammen. Nach der Niederlage der Perser in der Schlacht bei Salamis –480 und in Platäa (–479) mussten diese die Küstengebiete in Kleinasien aufgeben. Der aufkommende Konflikt um die Vorherrschaft in Griechenland zwischen Athen und Sparta führte zum Peloponnesischen Krieg (–431 bis –404), den Sparta mit Unterstützung Persiens für sich entscheiden konnte. Im Korinthischen Krieg unterlag Sparta einem Bündnis aus Athen, Theben, Argos und Korinth (–387). Die immer wieder aufflackernden Konflikte zwischen den einzelnen Mächten verhalfen dem makedonischen Königreich unter König PHILLIPP II. zum Aufstieg. Makedonien besiegte bei der Schlacht bei Chaironeia (–338) die griechischen Verbündeten.
Der Sohn PHILLIPPS II., ALEXANDER DER GROßE, führte die Vernichtung des Perserreiches herbei (Schlachten bei Issos – 333 und Gaugamela –331). Das Reich ALEXANDERS umfasste neben Griechenland auch Ägypten, den Nahen Osten, Kleinasien und Nordindien. Dieses Weltreich, in dem die griechische Sprache und die hellenische Kultur dominierten, bestand bis zu ALEXANDERS Tod –323. ALEXANDERS Nachfolger (die Diadochen) gründeten die drei Reiche Makedonien (europäisch), das ptolemäische Ägypten (africanisch) und das der Seleukiden (asiatisch).
Der seit dem –2. Jahrhundert bestehende Konflikt mit den Römern endete mit der Unterwerfung des makedonischen Reiches, ganz Griechenland wurde –27 zur römischen Provinz ACHAIA erklärt.
Einordnung
Wenn man will, kann man die Geschichte der Philosophie als die Geschichte der Auseinandersetzung der zwei Grundrichtungen der Philosophie auffassen: des Materialismus und des Idealismus. 40
Dabei ist der Materialismus diejenige philosophische Grundrichtung, die der Materie den Primat gegenüber dem intelligiblen menschlichen Bewusstsein zuschreibt, während der Idealismus umgekehrt verfährt. Die Dynamik, die sich in der Geschichte der Philosopheme zeigt, besteht also – grob gesehen – in der jeweiligen Verschiedenartigkeit der Beantwortung dieser Grundfrage der Philosophie: der Frage nach dem Verhältnis von Materie und Bewusstsein.
Die Griechen gelten allgemein als die Urheber einer systematischen Philosophie und Naturerkenntnis. Sie haben durch die Schaffung grundlegender Begriffe und Ideen das Fundament gelegt, auf dem sich das nachfolgende europäische wissenschaftliche System aufbauen konnte.
Nach antiken Überlieferungen standen die Schriften der ersten Naturphilosophen fast alle unter dem Titel perì phýseōs (περὶ φύσεως). Die gängige Übersetzung wäre etwa „Über die Natur“. Das Wort »physis« weist etymologisch auf die Vorstellung des Keimens, Gebärens und Wachsens hin, sodass dieses Bild von Wachstum im griechischen Denken frühzeitig eine beträchtliche Kraft entfaltete. Das, was wir heute Wirklichkeit nennen, hat hier seinen Ursprung: physis ist im Zusammenhang seiner naturphilosophischen Verwendung der Inbegriff von Realität bzw. wird mit diesem Begriff erst ein Begriff von Realität verfügbar, der unter einem dreifachen Aspekt bedeutsam wird.
Erstens wird Realität als etwas außer mir vorgestellt (d.h. außerhalb des menschlichen Bewusstseins), das über einen eigenen Bestand verfügt. Zweitens wird Realität als etwas Dynamisches, Gewordenes vorgestellt, was drittens vom menschlichen Bewusstsein innerhalb dieser Sichtweise erkannt und erklärt werden kann, wie EURIPIDES formuliert:
“Selig ist, wer (…) der unsterblichen, alterslosen Natur Ordnung erblickt, welcher Art sie ist und wie und auf welche Weise sie zustande kam.” 41
Das aber bedeutet eine Abwendung von der im Mythos vorherrschenden Bindung an hintergründig wirkende Gottheiten. Diese Vorstellung von Natur (physis), gepaart mit der übernommenen Idee von Ordnung (kosmos) und Ursache (arche), deren kombinierte Anwendung eine genealogische Betrachtungsweise eröffnete, wurde ein machtvolles paradigmatisches Instrument der Naturforschung. Erörterung der Ordnung der Welt heißt nach HERAKLIT: “nach seiner Natur eine jegliches zerlegend und erklärend, wie es sich verhält.” 42
„Erkennen“ ist die Herkunft und Entwicklung des betrachteten Naturgegenstandes zu beschreiben, um dergestalt durch Einsicht in die bildungsgesetzlichen Vorgänge das eigentliche Wesen des Gegenstandes, das Invariante, offen zu legen.
Der Materialismus der Milesier
Will man unter Wissenschaft – in erster Näherung – die selbständige und selbstbewusste Erkenntnisarbeit verstehen, “welche das Wissen um seiner selbst willen methodisch sucht,” 43 so kann von einer solchen erst bei den Griechen Anfang des –6. Jh‘s. gesprochen werden. Das neue Selbstbewusstsein erkannte man daran, dass sich die Entwicklung der demokratischen Verfassungen (Demokratie) günstig auf die Entfesselung der geistigen Kräfte auswirkte. In leidenschaftlichen politischen Auseinandersetzungen wurde so die Selbständigkeit individueller Meinungen und Urteile geschärft und die Bedeutung der Persönlichkeit immer mehr in den Fokus gestellt.
Zum ersten Mal in der Geschichte erhob sich in diesem Umfeld das Nachdenken...
Erscheint lt. Verlag | 21.10.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Allgemeines / Lexika |
Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Geschichte der Philosophie | |
Schlagworte | Basis, Überbau • Evolution der Naturtheorie • Geschichte, wissenschaftliche Theorien • Materialismus, Idealismus • Mythos, Logos, Naturphilosophie |
ISBN-10 | 3-7693-2934-1 / 3769329341 |
ISBN-13 | 978-3-7693-2934-6 / 9783769329346 |
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