Atlas Wiener Atlanten, Hermen & Karyatiden
Bibliothek der Provinz (Verlag)
978-3-99126-292-3 (ISBN)
Dadurch, dass die historische Substanz gründerzeitlicher Ensembles wegen angeblicher Unrentabilität zunehmend am Altar der Marktwirtschaft geopfert und dem Schicksal der Abrissbirne überantwortet werden, sind die Atlanten und Karyatiden selbst auch eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Ihnen nun eine Hommage zu widmen, ist demokratische Pflicht, ist würdig und recht und zugleich ein Zeichen wider den drohenden, epidemisch grassierenden Gesichtsverlust der Metropole ...
Sie haben, trotzdem sie grosso modo unbeachtet und unbedankt ihr Dasein fristen, im wahrsten Sinne des Wortes, eine tragende Rolle: die zahlreichen, oft im Verborgenen leise und geduldig ihre Tätigkeit ausfüllenden Atlanten und Karyatiden Wiens. Der griechischen Mythologie nach war Atlas ein Titan, der das Firmament, das Himmelsgewölbe stützte. In Anlehnung an den titanischen Himmelsträger der hellenischen Kultur finden sich, vor allem in der europäischen Architektur seit der Antike muskulöse, mächtige "Atlanten" und deren weibliche Pendants, die Karyatiden, welche anstelle von Säulen oder Wandpfeilern Gebäude zieren, Konsolen und Gebälk stemmen, Erker halten, Balkone stützen; sprich, alle Last der Welt auf ihren Schultern tragen.
Naturgemäß prägen Atlanten und Karyatiden das Stadtbild und repräsentieren gerade in Zeiten des durch Globalisierung und Opferung am Altar des alles dem Kapitalismus unterordnenden Utilitarismus drohenden Gesichtsverlusts gleichsam das Antlitz der Metropole. Sie sorgen - Titanen gleich - dafür, dass der Menschheit nicht der "Himmel auf den Kopf fällt", sie sorgen als personifizierte Lastenträger, als namenlose Domestiken der Geschichte dafür, dass andere, nämlich die Mächtigen der Welt, sich am Zenit in der Sonne des Ruhms aalen, und auf den grollen Bühnen der Welt präsentieren können. Aus soziologisch-philosophischer Perspektive könnte man es als demokratischen Akt interpretieren, dass sie - stellvertretend für alle stummen Diener des Universums - nun vor den Vorhang gebeten werden, ins Zentrum der Beachtung und Betrachtung geholt, ausnahmsweise ins Rampenlicht gerückt werden. Dekuvriert wurden stumme Zeugen der bürgerlichen Dekadenz aus dem Zeitalter des Klassizismus, des Wiener Fin de Siècle, des "Roten Wien", aber auch Pracht und Herrlichkeit aus Barock und Rokoko. Nicht zu vergessen persiflierende Zitate an die Vergangenheit, sowie sinnliche Muskelpakete aus dem Freud'schen Schattenreich der Sublimierung und Verdrängung, dem Heiligenschrein des Vergessens, sekundiert von Hermaphroditen und erotisierenden herrlichen Damen.
Die nun erstmals in der Geschichte systematisch erkundeten Wiener Atlanten, Hermen und Karyatiden zitieren sowohl Tempel der Antike, die Kunst Mesopotamiens, des Kaschmir-Gebirges als auch Bildhauerei der italienischen Renaissance. Gregor Auenhammers, mit der Leichtigkeit eines Flaneurs getätigte, feuilletonistische Expedition gerät zur Hommage an Wien, entlang der Fährte der Atlanten die Seele des Landes sezierend, freilegend ...
Gregor Auenhammer, geboren 1966 in Wien, von sich selbst beauftragt mit der Erkundung des Abseitigen, des Außenseiterischen, widmet sich mit obsessiver Hingabe der Erforschung des aus der Zeit Gefallenen, des vermeintlich Verschrobenen sowie des zu Unrecht in Vergessenheit Geratenen. Auenhammer studierte an der Universität Wien Geschichte, Philosophie und Psychologie, arbeitet seit 1988 bei der Tageszeitung „Der Standard“, ist Mitglied der Österreichischen Photographischen Gesellschaft 1861, des Österreichischen Schriftsteller/lnnenverbands 1945, Jurymitglied des „Global Peace Photo Award“, stv. Präsident des Vereins „Vienna Peace Foundation“, Mitglied bei „Bildrecht“. Publikationen als freier Autor mit Schwerpunkt Zeitgeschichte, Kunst und Fotografie; u.a. „Die Entdeckung Österreichs in 100 Objekten“, „Unseen Strangers. Monografie über Paul Nestlang“, „Nicht auf die Größe kommt es an. Großartiges und Unvermutetes aus Österreich“, „Wien–Texas“, „Auf den Spuren von Gustav Klimt“, „Auf den Spuren von Otto Wagner“. Zuletzt erschienen, gemeinsam mit Gerhard Trumler, dem Doyen der österreichischen Fotografie, feuilletonistisch-fotografische Expeditionen über „Die Flüsse Wiens“ und „Die Brunnen Wiens“. Assoziativ, ironisch, querdenkend, stets auf der Fährte des Ungewöhnlichen, immer auf der Suche nach der Seele des Lebens.
Klaus-Jürgen Bauer, geboren 1963 in Wien. Architekturstudium in Wien, Meisterklasse Holzbauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bauhaus-Universität Weimar. Seit 2001 Lehraufträge an der TU Wien. Architekturbüro in Eisenstadt, bis 2006 Vorsitzender der Architektur Raumburgenland, jetzt Kurator. 2010 bis 2021 Fachbeirat BIG art. Zahlreiche Vorträge, Publikationen, unter anderem auch bekannt als „Fassadenleser“.
Erscheinungsdatum | 15.11.2024 |
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Illustrationen | Gregor Auenhammer |
Vorwort | Klaus-Jürgen Bauer |
Zusatzinfo | zahlr. farb. Abb. |
Verlagsort | Weitra |
Sprache | deutsch |
Maße | 245 x 305 mm |
Gewicht | 1650 g |
Themenwelt | Reisen ► Bildbände |
Reisen ► Reiseführer | |
Geschichte ► Teilgebiete der Geschichte ► Kulturgeschichte | |
Technik ► Architektur | |
Schlagworte | Architektur • Atlant (Architektur) • Bildband • Geschichte • Herme (Statuentyp) • Karyatide (Architektur) • Skulptur • Stadtbild • Wien |
ISBN-10 | 3-99126-292-4 / 3991262924 |
ISBN-13 | 978-3-99126-292-3 / 9783991262923 |
Zustand | Neuware |
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