Toxic Jobs (eBook)

Spiegel-Bestseller
Warum die Arbeit so viele in den Wahnsinn treibt und wie wir das ändern können

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
240 Seiten
ZS - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-96584-482-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Toxic Jobs -  Rolf Schmiel
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Wenn alles gut läuft, kann Arbeit Spaß und sogar glücklich machen. Aber leider läuft es oft schlecht. Dann macht Arbeit krank. Die Zahl der psychisch bedingten Krankschreibungen ist so hoch wie nie. Viele Menschen glauben, dass sie Ängste, Depressionen, Suchtkrankheiten oder totale Erschöpfung mit sich selbst ausmachen müssten. Der Gedanke, dass die Arbeit ein entscheidender Grund sein kann, liegt vielen fern. Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz ist lange ignoriert worden, und wird weiterhin unterschätzt. Rolf Schmiel, einer der bekanntesten Psychologen Deutschlands, hat sich auf eine Reise durch die Arbeitswelt begeben, um das Thema besser zu verstehen. In vielen Begegnungen mit Betroffenen und Fachleuten hat er erfahren, welche Dimension das Problem hat und wie Lösungen aussehen können. Anschaulich, engagiert und zugleich unterhaltsam schildert er die Erlebnisse in seinem neuen Buch.

Rolf Schmiel ist seit 1999 als selbstständiger Diplom-Psychologe tätig. Beruflich und privat musste er seitdem schwere Schicksalsschläge und belastende Zeiten überstehen. Doch mit Optimismus, Humor und den passenden psychologischen Strategien hat er sich immer wieder zurückgekämpft. Mit über 300 TV-Auftritten und mehr als 500 Radiobeiträgen gehört er zu den bekanntesten Psychologen Deutschlands.

Rolf Schmiel ist seit 1999 als selbstständiger Diplom-Psychologe tätig. Beruflich und privat musste er seitdem schwere Schicksalsschläge und belastende Zeiten überstehen. Doch mit Optimismus, Humor und den passenden psychologischen Strategien hat er sich immer wieder zurückgekämpft. Mit über 300 TV-Auftritten und mehr als 500 Radiobeiträgen gehört er zu den bekanntesten Psychologen Deutschlands. Oliver Domzalski ist Autor und Lektor. Er lebt in Hamburg.

Einleitung


Eine Kollegin, die regelmäßig Unternehmen in schwierigen Phasen berät, erzählte mir neulich von einem interessanten Erlebnis. Der Vorstand einer größeren Regionalbank hatte sie damit beauftragt, die Stimmung und den „Stresspegel“ in der Belegschaft zu messen. Als sie damit fertig war, zweifelte sie zunächst an ihren Resultaten, die sich aber bei einer Nachprüfung bestätigten: Sage und schreibe siebzig Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren im gelben oder roten Bereich, was ihre Zufriedenheit und ihre seelische Stabilität anging. Sie hatten bestimmte Stressthemen, fühlten sich dauerhaft schlecht, hatten innerlich schon gekündigt oder standen bereits mit mindestens einem Fuß im Burn-out. Nur jeder Dritte fand seine Arbeitssituation mehr oder weniger in Ordnung. Normal ist das umgekehrte Zahlenverhältnis: Siebzig Prozent der Leute kommen mit den Belastungen und Konflikten, die Arbeit nun mal mit sich bringt, in der Regel gut klar, und dreißig Prozent haben mehr Stress, als dauerhaft vertretbar ist. Dreißig Prozent – das ist immer noch sehr viel, und dieses Buch wird zeigen, wie sehr das den Einzelnen, den Unternehmen und der Gesellschaft zu schaffen macht. Aber sieben von zehn Leuten?! Es war ein Wunder, dass in der Bank überhaupt noch irgendetwas funktionierte, und das Unternehmen steuerte zielstrebig auf ein Desaster zu. Die schlechte Stimmung hatte sich aufgetürmt, weil die Bank aus der Fusion dreier kleinerer Institute entstanden war, sodass alle Mitarbeitenden ihr altes „Wir“ verloren hatten und sich nun auf neue Abläufe, neue Kolleginnen und Kollegen und neue Arbeitsorte einstellen mussten. Diese anstrengende Transformation war offenbar nur unzureichend begleitet worden.

Alarmiert konfrontierte meine Kollegin den Vorstand mit ihren Ergebnissen und legte Ideen vor, wie man die eingetretene Situation verbessern könne. Und der Vorstand handelte schnell und konsequent: Er kündigte den Vertrag mit dem Beratungsunternehmen. Offenbar konnten die Führungskräfte nicht ertragen, so massiv den Spiegel für ihr Versagen vorgehalten zu bekommen. Lieber steuerten sie weiter in Richtung eines kollektiven Burn-outs.

Die Reaktion des Bankvorstands ist leider durchaus repräsentativ für die deutsche Arbeitswelt. Nicht-wahrhaben-Wollen, Leugnen und Verdrängen sind noch immer typische Reaktionsmuster in Unternehmen. Der Gedanke, dass die vielen psychisch bedingten Krankschreibungen mehr erzählen als nur tragische Privatgeschichten, ist vielen Führungskräften und Personalverantwortlichen weiterhin fremd. Natürlich tragen viele Angestellte auch privat ein Päckchen mit sich herum – darauf müssen Unternehmen sich einstellen. Was sie noch viel zu selten tun. Aber der Druck, unter dem so viele Arbeitnehmer stehen, hat auch etwas mit der Arbeit selbst zu tun. Das ist noch immer nicht überall angekommen. Das Thema „Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz“ ist lange Zeit beinahe völlig ignoriert worden, und bis heute wird es massiv unterschätzt und bagatellisiert. Aber auch wo es erkannt wird, fehlen oft das Wissen und die Ressourcen, um sinnvoll gegenzusteuern. Unter dieser Ignoranz leiden sehr viele Menschen. Dabei wissen wir längst, dass selbst dann dringender Handlungsbedarf bestünde, wenn einem das persönliche Schicksal der Betroffenen gleichgültig wäre. Denn jeder Euro, der in mentale Gesundheit investiert wird, zahlt sich fünf- bis achtfach aus. Ganz nüchtern gesprochen: Die volks- und betriebswirtschaftlichen Kosten der vielen psychisch bedingten Krankschreibungen sind astronomisch. Sie sind in den letzten Jahren geradezu explodiert – und ein Ende dieses alarmierenden Trends ist nicht absehbar.

Wir leben in einer Zeit der mentalen Ausbeutung. Dazu ein paar Fakten zum Gruseln: Die Zahl der psychisch bedingten Krankheitstage hat sich von 2013 bis 2023 um mehr als fünfzig Prozent erhöht. Bei keiner anderen Ursache für Fehltage gab es eine auch nur annähernd vergleichbare Steigerung. Übrigens lautet die Krankheitsursache bei fast allen Krankschreibungen „Ängste und Anpassungsstörungen“ (51,4 Prozent) oder „Depressionen“ (40,6 Prozent).

Die repräsentative Onlineumfrage, die im September 2022 Daten für den AXA Mental Health Report 2023 erhob, zeichnete ein erschreckendes Bild. Insbesondere junge Erwachsene sind offensichtlich stark belastet. Alarmierende 41 Prozent der Frauen zwischen 18 und 34 gaben an, aktuell unter einer handfesten psychischen Erkrankung wie Depression, Essstörung, Angst- oder Zwangsneurosen zu leiden. In der Gesamtbevölkerung lag der Wert bei 32 Prozent. Aber auch Ältere, denen man gern pauschal eine höhere Resilienz zuschreibt, verschont der Trend nicht. Mehr als 40 Prozent derer, die 2022 wegen eingeschränkter Erwerbsfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand gingen, nannten psychische Belastungen als Grund.

Die Symptome, die auf gestresste und verletzte Seelen hindeuten, sind bedrückend weitverbreitet – und ihre Häufigkeit steigt dramatisch. So sagen 69 Prozent der Befragten, dass sie „nicht mehr richtig abschalten“ können – ein Jahr zuvor waren es noch 59 Prozent. Und der Anteil derer, die sich „unruhig und aufgewühlt“ fühlen, ist sogar von 56 auf 76 Prozent gestiegen. Auch weitere Erscheinungen wie Niedergeschlagenheit und Freudlosigkeit, Reizbarkeit und Angstzustände ohne unmittelbaren Anlass deuten auf massiven Stress hin. Die äußeren Gründe sind bekannt: Im Herbst 2022 waren die Auswirkungen der Coronapandemie und der Maßnahmen zu deren Eindämmung noch keineswegs verarbeitet – und der Ukrainekrieg hatte bereits begonnen. Die Preise für das tägliche Leben schossen in die Höhe. Und die Klimaveränderung, der Terrorismus und anderes sind zwar ein wenig aus den Schlagzeilen geraten, aber die Angst vor grundstürzenden Veränderungen unserer Lebensweise, vor dem Ende vieler Gewissheiten wirkt natürlich in vielen Menschen weiter. Ein ganzer Cocktail aus Bedrohungen bestimmt aktuell unsere Wahrnehmung der Welt – und viele davon erscheinen uns existenziell, weil der Kontrast zur Sicherheit und Stabilität der 1990er- bis 2010er-Jahre so groß ist. Vor allem jüngere Menschen sind außerdem massivem sozialen Stress ausgesetzt und ringen beispielsweise mit ihrem Körperbild. Und weil viele sich gar nicht mehr von ihrem Smartphone und den sozialen Netzwerken lösen können, wirken die dort erzeugten Erwartungen fast ununterbrochen auf sie ein.

Übrigens fällt es insbesondere Jüngeren leichter als früher, ihre psychischen Belastungen offen anzusprechen – sie nehmen eine abnehmende Stigmatisierung des Themas wahr. Kein Wunder – schließlich sind Depressionen in ihrem Umfeld beinahe schon zu einer „Volkskrankheit“ geworden. Ich denke, den meisten Leserinnen und Lesern geht es wie mir: Im Freundeskreis und in der eigenen Verwandtschaft kennt man mehrere Jugendliche und junge Erwachsene, die dem Druck, der auf ihnen lastet, kaum oder gar nicht gewachsen sind. Ältere hingegen haben oft Hemmungen, sich und anderen psychische Überlastung einzugestehen, und verlängern so ihr Leiden.

Und es gibt ja nicht nur die Weltlage und die sozialen Netzwerke. Jeder Mensch hat eine genetische Grundausstattung, die ihn mehr oder weniger anfällig macht für psychische Erkrankungen. Und jeder Mensch wird in seinen ersten Lebensjahren durch die Familie geprägt – und manchmal auch traumatisiert durch Gewalterfahrungen, Suchterkrankungen, die Trennung der Eltern, Krankheiten, Unglücksfälle oder Ähnliches.

Das ist der psychische Zustand, in dem Menschen heute an ihren Arbeitsplatz kommen.

Millionen leiden unter psychischen Belastungen: Ängste, Depressionen, Suchtkrankheiten oder totale Erschöpfung. Und sehr viele haben das Gefühl, sie müssten das ja wohl mit sich selbst ausmachen, weil die Gründe eben in ihrer Persönlichkeit, in der Weltlage oder in ihrem Privatleben lägen. Der Gedanke, dass die Arbeit ein entscheidender Krankmacher ist, liegt auch vielen Betroffenen fern – oder sie lassen ihn nicht zu. Schließlich sichert die Arbeit ihren Lebensunterhalt. Wenn es gut läuft, ist sie außerdem eine Art zweites Zuhause, das ihrem Leben Halt und Sinn gibt. Aber viel zu oft läuft es eben nicht gut. Und dann leiden Menschen massiv. Wer die Hälfte seiner wachen Stunden an einem Ort verbringen muss, der ihm nicht guttut, der wird fast zwangsläufig krank. Und auch bei vielen Krankschreibungen, die scheinbar nichts mit der Psyche zu tun haben, liegt die tiefere Ursache in Spannungen und Belastungen am Arbeitsplatz: Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen sind typische „Hilferufe“ einer leidenden, gestressten Seele, die sich ein körperliches Ventil sucht, um gehört zu werden.

Im ersten Teil des Buches schaue ich mir an, auf welche Arten der Arbeitsplatz die Seele krank machen und uns in den Wahnsinn treiben kann. Wie wirken sich ständiger Zeitdruck, dauernde „Change“-Prozesse und permanente Überforderung durch die Informationsflut aus? Was richten schlechte Vorgesetzte an mit ihrem fehlenden Einfühlungsvermögen und ihrer mangelhaften Anerkennungskultur? Wie erleben Menschen, die klare Vorgaben und vertraute Strukturen brauchen, die flexiblen Arbeitsmodelle der Gegenwart? In welchen Berufen sorgen Konflikte und bedrückende Erlebnisse besonders oft für seelischen Stress? Was richtet Mobbing in den Seelen von Menschen an? Diesen und vielen weiteren Fragen geht meine Reise durch das Arbeitsland Deutschland nach.

Häufig musste ich bei meinen Gesprächen erfahren, dass Arbeitnehmer sich wie lästige Bittsteller und Störenfriede fühlten, weil sie psychische Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz angesprochen hatten. Denn noch immer...

Erscheint lt. Verlag 7.9.2024
Co-Autor Oliver Domzalski
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Arbeitsbelastung • Arbeitsklima • Arbeitsplatz • Arbeits-Psychologie • Ausgebrannt • Belastung • Burn-out • Depression • Hilfe • HR • Human Resources • Karriere und mentale gesundheit • Konflikte am Arbeitsplatz • Mental-health • Nerven-zusammenbruch • Podcast • Psychisch • psychische-Gesundheit • Psychohacks • Psychologe • Ratgeber • Sach-buch • Schmil • seelisch • Selbstfürsorge • Stress-Bewältigung • Symptome • Syndrom • überarbeiten • Überstunden • Ursachen
ISBN-10 3-96584-482-2 / 3965844822
ISBN-13 978-3-96584-482-7 / 9783965844827
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