Dein Hindernis ist Dein Weg - Jubiläumsausgabe (eBook)
224 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-98609-568-0 (ISBN)
Ryan Holiday schmiss mit 19 Jahren das College und wurde Werbestratege und Bestsellerautor. Er war viele Jahre Marketingleiter bei dem Textilunternehmen American Apparel und berät Weltklasseunternehmen wie X (Twitter), YouTube oder Google. Die Lebensweisheiten seiner Bestseller sind unter internationalen Sportikonen, Fernsehstars und Politikern längst Kult. Im FinanzBuch Verlag sind von ihm u. a. »Der tägliche Stoiker«, »Dein Ego ist dein Feind« und »Der tägliche Stoiker - Das Tagebuch« erschienen.
Ryan Holiday schmiss mit 19 Jahren das College und wurde Werbestratege und Bestsellerautor. Er war viele Jahre Marketingleiter bei dem Textilunternehmen American Apparel und berät Weltklasseunternehmen wie X (Twitter), YouTube oder Google. Die Lebensweisheiten seiner Bestseller sind unter internationalen Sportikonen, Fernsehstars und Politikern längst Kult. Im FinanzBuch Verlag sind von ihm u. a. »Der tägliche Stoiker«, »Dein Ego ist dein Feind« und »Der tägliche Stoiker – Das Tagebuch« erschienen.
Zehn Jahre später
Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass das zurückliegende Jahrzehnt – die gut zehn Jahre, die inzwischen seit der Erstveröffentlichung dieses Buchs vergangen sind – eine schwere Zeit gewesen wäre.
Es wäre vermutlich auch unschön, dies im Vorwort zu einem Buch zu schreiben, in dem es darum geht, wie man Hindernisse überwindet.
Aber man kann durchaus sagen, dass eine Menge passiert ist.
Wir haben Naturkatastrophen erlebt, Überschwemmungen und Brände. In einer eisigen Winternacht brach unser Stromnetz zusammen und sämtliche Wasserleitungen froren auf. Eine lange Dürre brachte Tod und Verderben über unser Vieh und Land. Eine verheerende jahrelange Pandemie machte viele unserer Pläne zunichte (und hätte fast unserem unabhängigen Buchladen, den wir dem Virus zum Trotz eröffneten, den Garaus gemacht). Geschäftspartner machten Ärger und ein Mitarbeiter unterschlug Geld. Wir mussten zu Beerdigungen und bekamen nächtliche Anrufe, wie sie kein Mensch sich wünschen kann. Das Unternehmen, in dem meine berufliche Laufbahn begonnen hatte, ging bankrott und verschlang nicht nur einen Gutteil meines Lebenslaufs, sondern auch Aktienoptionen im Wert von einigen Jahresgehältern.
Wie ein alter Fluch besagt: »Mögest du in interessanten Zeiten leben.«
Interessant waren die Zeiten in der Tat.
Es folgte eine weltweite Zulieferkrise mit Papierknappheit in der Verlagsbranche. Unsere Familie wurde von Streitigkeiten zerrissen. Hunderttausende Meilen auf der Straße. Ärger mit Bestsellerlisten, kreative Differenzen, der tägliche Kampf gegen das Aufschieben. Gleichzeitig driftete das Land immer weiter Richtung Faschismus, Menschen gingen auf die Straße, die Institutionen versagten.
Es gab allerdings auch viel Gutes. Zehn Jahre Ehe. Kinder. Unternehmerischer Erfolg. Sonnenaufgänge, Sonnenuntergänge, wunderschöne Anblicke und neue Entdeckungen. Wiederbelebte Freundschaften, Durchbrüche in der Therapie. Dieses Buch fand seinen Weg in die Umkleidekabinen von Profisportlern und die Büros von Politikern. Es wurde zum Bestseller und bescherte mir Aufmerksamkeit, Anfragen, Honorar, Anerkennung, eine Plattform, aber auch gestiegene Erwartungen …
Wenn ich mir heute die Hörbuchfassung anhöre (deren englische Fassung ich selbst eingesprochen habe), erkenne ich die Stimme meines jüngeren Selbst kaum wieder – eines Menschen, der so viel weniger erlebt hatte und so viel weniger wusste.
So viel ist passiert in diesen wenigen Jahren. Sicher, so ist das moderne Leben, aber so ist auch das Leben, wie es schon immer war, wie es auch jemand zur Zeit des stoischen Philosophen Zeno im dritten vorchristlichen Jahrhundert wiedererkennen würde, oder knapp fünfhundert Jahre später im Rom von Marc Aurel.
Der Grundgedanke dieses Buchs ist, dass jede Situation ihre verborgenen Chancen bietet, und dass Unternehmen, Teams und Menschen in einer scheinbar ausweglosen Lage Möglichkeiten finden können, um zu triumphieren. »Das Harte lässt sich erweichen, das Enge erweitern, und das Schwere drückt einen, der es geschickt trägt, weniger«, schreibt Seneca in einem seiner Briefe.
Das trifft insbesondere auf schwierige Zeiten zu, doch durch die Erfahrungen der letzten Jahre habe ich besser verstanden, worauf die Stoiker hinauswollen. Aus dem Leid und dem Kampf der Jahrhunderte haben sie etwas gelernt, das noch weit tiefer reicht als die Erkenntnis, dass jede schlechte Seite auch eine gute Seite hat.
Wie kann man einem Menschen etwas vom Silberstreif am Horizont erzählen, wenn er Krebs hat, wenn er gerade ein Kind verloren hat, wenn er seine quälende Sucht nicht in den Griff bekommt, wenn er ausgebombt wurde, wenn er seinen Lebensunterhalt verloren hat?
Heute verstehe ich: Wenn die Stoiker davon sprechen, dass jedes Hindernis eine Chance bietet, dann meinen sie damit die Chance, sich in Tugend zu üben. Ein guter Mensch zu sein trotz aller Widrigkeiten, die uns begegnen. Gutes zu tun, trotz all des Schlechten, das wir erfahren. Sie nannten es Arete – Vortrefflichkeit in jeder Form.
Persönlicher Nutzen? Das vielleicht auch, doch das war nicht ihr Hauptanliegen. Wenn sie das Hindernis als Weg bezeichneten, dann wollten sie uns vielmehr sagen, dass sich die schwierigsten und schmerzlichsten Momente des Lebens durch Geduld, Selbstlosigkeit, Mut, Güte und Anstand verwandeln lassen.
Aber sie dachten nicht nur an Widrigkeiten. Auch Momente des Erfolgs sind eine Chance, Tugend unter Beweis zu stellen. Sie verlangen es sogar. Denn Erfolg geht immer mit Versuchungen einher, mit Ablenkungen, mit Belastungen, mit Verantwortung, mit Pflichten und mit neuen Hindernissen. Größe bedeutet auch, im Angesicht der Fülle bescheiden, diszipliniert, anständig und großzügig zu sein und seinen Werten treu zu bleiben. Das ist nicht einfach.
Dass ich als Jugendlicher zufällig die Philosophie der Stoa entdeckte, erwies sich als eines der großen Geschenke meines Lebens. Damals brauchte ich dringend Orientierung. Damals spürte ich auch eine erste leise Berufung zum Schreiben, und schließlich gelang es mir, diese beiden Leidenschaften miteinander zu verbinden.
Als ich im Sommer 2012 mit meiner Idee für dieses Buch auf meinen Verlag zuging, stieß ich dort auf keine große Begeisterung. Ich war etwas gekränkt, doch rückblickend ist mir klar, wie offen die Lektoren waren, als sie sich überhaupt für ein Buch über eine obskure antike Denkrichtung interessierten (dessen Autor obendrein ein 25-jähriger Studienabbrecher war). Diese Offenheit hatte freilich ihre Grenzen, und der Verlag bot mir als Vorschuss gerade einmal die Hälfte dessen, was ich für mein erstes Buch erhalten hatte, obwohl sich das ordentlich verkaufte und in der Presse gut besprochen wurde.
Lange nachdem dieses Buch erschienen war, gestand mir meine Lektorin, sie habe damals gehofft, dass ich mir damit das Thema Philosophie von der Seele schreiben und wieder zum Thema Wirtschaft und Marketing zurückkommen würde. Vermutlich hatte sie Recht – die Idee war verrückt. Jemand, den ich für einen Freund und Mentor hielt, stichelte hinter vorgehaltener Hand, dass das Buch ein Flop werden würde.
Unterschätzt zu werden ist oft von Vorteil, so frustrierend es im Moment auch sein kann. Die Erwartungen waren niedrig. Für ein Wirtschaftsbuch war das Konzept so absurd, dass es als Gegenentwurf gelten konnte, und das brachte ihm sogar wieder ein bisschen Aufmerksamkeit ein. In der ersten Woche schlug sich Dein Hindernis ist dein Weg ganz gut, dann dümpelten die Verkäufe vor sich hin, auch wenn sie nie auf Null fielen. Amazon verkaufte das Buch in einer Sonderaktion, und der Algorithmus erwies sich als Segen. Als gut anderthalb Jahre später bekannt wurde, dass die New England Patriots das Buch auf dem Weg zum Gewinn der Superbowl gelesen hatten (und ihre Gegner, die Seahawks, nach der schmerzlichen Niederlage), kam der Verlag plötzlich nicht mehr mit dem Drucken nach. Ein Jahrzehnt später ist das Buch in vierzig Sprachen übersetzt und hat sich allein in der englischen Ausgabe mehr als zwei Millionen mal verkauft.
Verkäufe sind natürlich erfreulich, aber noch mehr freue ich mich, dass diese »obskure« antike Philosophenschule inzwischen nicht mehr ganz so obskur ist. Im Jahr 2012 fanden sich im Internet nur einige Tausend Leute, die sich für Epiktet, Seneca oder Marc Aurel interessierten. Heute erreicht mein Blog Daily Stoic, den ich seit 2016 betreibe, schon vor dem Frühstück eine Million Leser. Heute gibt es mehr Stoiker als jemals zuvor in der Geschichte!
In diesem Buch und meinem Newsletter werden Sie feststellen, dass ich nicht von mir selbst spreche. Wenn auf den folgenden Seiten das Wort »Ich« vorkommt, dann nur als »lyrisches Ich«. Das bedeutet allerdings nicht, dass meine Bücher und mein Verständnis der stoischen Philosophie nicht von meinen persönlichen Erfahrungen geprägt wären. Ganz im Gegenteil.
Das ist im Übrigen ein weiterer Beleg dafür, dass das Hindernis immer der Weg sein kann.
»Ein Schriftsteller sollte – genau wie jeder andere Mensch auch – jede Erfahrung als Werkzeug begreifen«, sagte der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges einmal. »Alles, was wir im Leben erhalten, hat einen Zweck, und das sollten Künstler noch intensiver spüren. Was auch immer uns widerfährt, auch sämtliche Demütigungen, Missgeschicke oder Peinlichkeiten, sind der Stoff oder der Lehm, aus dem wir unsere Kunst formen können.«
Unsere persönlichen Erfahrungen werden zur Nahrung für unsere Schöpfungen und zum Brennofen, der uns formt. Egal wie schrecklich oder ungerecht eine Erfahrung sein mag und wie teuer sie uns zu stehen kommt, kann ich sie beim Schreiben als Material verwenden. Nichts ist je vergeudet, nichts ist wirklich schlecht. In jeder Erfahrung findet sich dieser stille Trost, dass ich sie vielleicht irgendwann produktiv nutzen kann.
Das geht nicht nur mir so. Auch große Führungspersönlichkeiten, Komiker, Sportler, Offiziere und Eltern wissen das. Egal was uns passiert, wir können es verwenden, um uns und anderen zu helfen.
Auch wenn es auf den kommenden Seiten also um Geschichte und Philosophie geht, sind sie auch das Produkt meiner eigenen Geschichte – Erfolge und Misserfolge, Höhen und Tiefen, Abstürze und Durchbrüche.
Würde ich das Buch heute anders schreiben? Natürlich. (Deshalb habe ich in dieser Jubiläumsausgabe auch einige...
Erscheint lt. Verlag | 13.10.2024 |
---|---|
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | Hindernisse bewältigen • Hürden überwinden • Lebensphilosophie • Lehre der Stoa • Leitlinien • Philosophie • Schwierigkeiten meistern • stoische Weisheiten • Stoizismus • täglicher Stoiker |
ISBN-10 | 3-98609-568-3 / 3986095683 |
ISBN-13 | 978-3-98609-568-0 / 9783986095680 |
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