Von der Kunst, das Leben leicht zu nehmen (eBook)
Viele Menschen wünschen sich mehr Leichtigkeit und Gelassenheit im Leben, aber wie findet man die? Sehr persönlich, schonungslos ehrlich und federleicht erzählt Marie Luise Ritter von großen und kleinen Herausforderungen und davon, wie sie an ihnen wuchs: von verwüsteten Wohnungen, zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen und Unfällen mit einer zickigen Waschanlage. Natürlich gelingt es bei allem Frust nicht immer, gelassen zu bleiben. Doch mit der richtigen Einstellung kann man im Nachhinein die Dinge annehmen und zurück zur Leichtigkeit finden. Ein inspirierendes Buch für alle Lebenslagen!
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Marie Luise Ritter, geboren 1991, ist studierte Journalistin und hat sich erst Hamburg und jetzt Berlin zur Wahlheimat gemacht. Als Influencerin mit dem Fokus auf persönlichen, authentischen Geschichten nimmt sie ihre Leser:innen auf Instagram unter @luiseliebt mit – auf Reisen und Festivals, auf ihre Dates und auf die Suche nach der Liebe.
1
Die Sehnsucht nach Leichtigkeit
Was uns beschwert
»Du tust ja so, als ob man immer die Wahl hätte, alles leicht zu nehmen«, schnaubt sie, ein wenig angefressen. Tessa zieht die Augenbrauen zusammen, und es entsteht eine tiefe Furche auf ihrer Stirn, die mir böse entgegenblickt.
»Hast du nicht?«, frage ich.
»Natürlich nicht? In welcher Welt lebst du?« Natürlich verstehe ich direkt, worauf sie hinauswill. Auf die großen, ungeplanten und vor allem ungewollten Ereignisse des Lebens: Verlust, Schicksalsschläge, Ausnahmezustände. Doch ich meinte die Grundeinstellung den eigenen Aufgaben gegenüber, im Alltag.
»Stell es dir doch mal vor«, beharre ich weiter auf meinem Standpunkt. Ich denke an den Alltag, in dem wir uns gerade befinden, das größere Ganze, und sehe meine Freundin eindringlich an. »Könntest du nicht auch Probleme leicht und beschwingt nehmen? Wenn dir irgendein Mist oder Malheur passiert? Statt dich den ganzen Tag darüber aufzuregen – eben darüber lachen?« Sie denkt nach, wirkt aber nicht gerade begeistert von dieser Idee.
»Wenn du dich mal rauszoomst und dir vorstellst, dass alles möglich ist. Also, ich meine alles. So ganz prinzipiell. Ist dann nicht auch jedes Gefühl zu jeder Zeit möglich? Das meine ich.« Wir schweigen und überlegen. Ich finde keine Antwort darauf.
Also klären wir mal die erste Frage: Was ist Leichtigkeit überhaupt?
Das Gefühl von Leichtigkeit, das ist für mich: auf der Landstraße an einem schönen Sommertag das Fenster runterzukurbeln, das Radio lauter zu drehen und aus voller Lunge mitzusingen. Mit einem Eis in der Hand durch die Kleinstadt zu marschieren, mit Freunden zusammen zu sein und aus tiefstem Herzen zu lachen, die Zeit zu vergessen, während ich mich richtig amüsiere und kein Gefühl dafür habe, wie schnell der Abend gerade vergeht. Aufs Meer zu sehen und meinen Blick in den Wellen zu verlieren, auf denen sich das Sonnenlicht glitzernd bricht. Nicht aufs Handy zu sehen, nicht darüber nachzudenken, wie die eigene Außenwirkung ist. Mich so richtig wohlzufühlen. Im Moment zu sein. Das Leben zu genießen. Zu wissen, dass mich gerade nichts aus der Ruhe bringen kann. Ein anlassfreies Glücksgefühl von Zufriedenheit.
Wenn ich das so beschreibe, habe ich sofort das Gefühl, dass mich diese Bilder überkommen, dass ich mich wirklich leichter fühle. Als hätte ich mich in diese Situationen hineintransportiert. All diese Momente haben gemeinsam: keine Termine und gute Gesellschaft, viel Zeit, ein entspannter Kopf, die Abwesenheit von Stress und vollkommen im Moment verankert zu sein. Wie schön wäre es, wenn ich alles in meinem Leben mit diesem Grundgefühl angehen könnte. Aber Leichtigkeit in schönen Momenten ist einfacher als in herausfordernden.
Für viele hat die Pandemie eine tiefe und unerschütterliche Sehnsucht nach Leichtigkeit entstehen lassen. Doch vieles hält uns davon ab, sie zu fühlen: Verantwortung, Probleme, Herausforderungen, ungeplante Situationen. Funktionieren, den Erwartungen anderer entsprechen. Ein übertrieben ausgeprägtes Pflichtgefühl oder ein stark perfektionistisches Ich. Das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Das Gefühl, gerade nicht man selbst zu sein. Dieser innere Druck, was man noch alles tun muss. Etwas tun müssen – statt etwas tun wollen. Tausend To-dos, quengelnde Kinder, Liebeskummer. Das Gefühl, es niemandem Recht machen zu können, gefangen im Hamsterrad, immer nur hinterher zu sein, aber nie vor den Dingen. Manchmal ist das Leben eine einzige Aufgabe.
Jeder erlebt andere Herausforderungen, eingebettet in völlig unterschiedliche Leben. Es gibt Menschen, die fürsorgliche Eltern oder einen liebevollen Partner haben, die immer da sind. Andere, die ganz auf sich allein gestellt sind. Mit unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen stehen einem im Leben ganz verschiedene Möglichkeiten offen. Männer haben es grundsätzlich einfacher als Frauen, White und Pretty Privilege sind Realität. Jeder von uns startet an einer anderen Startlinie ins Leben, manche bei minus zweihundert. Chronische Krankheiten, finanzielle Belastungen, existenzielle Probleme, es gibt viele Gründe, das Leben nicht leicht nehmen zu können. Zu glauben, alle hätten die gleichen Möglichkeiten und Chancen, ist illusionär.
Als Gefühl ist eine gewisse Leichtigkeit auch nicht richtig greifbar. Wenn wir näher unter die Lupe nehmen wollen, was Leichtigkeit auslöst, müssen wir vielleicht erst einmal klären: Können wir ein leichteres Leben erlernen?
Zuallererst einmal sind wir das, was wir uns als Kinder über das Leben eingeprägt haben. Ein Teil eingekerbt in die Festplatte, teilweise im Laufe des Lebens durch unser Umfeld gelernt. Alles, was wir erleben, hinterlässt etwas in uns. Wir bewegen uns auf den immer gleichen Pfaden in unserem Gehirn, sehen die Welt so, wie wir sie eben schon immer sehen. Quasi alle Gedanken von heute haben wir gestern auch schon gedacht.
Hier kommt etwas Schönes namens Neuroplastizität ins Spiel, das ich kurz einwerfen möchte: Unser Gehirn ist erstaunlich anpassungsfähig. Ähnlich wie ein Muskel kann es sich verändern, je nachdem, wie es benutzt wird. Die Nervenbahnen in unserem Gehirn können wir immer wieder neu anpassen und ausbauen. Ich stelle mir da Trampelpfade im hohen Gras beim Wandern vor, die erst so richtig begehbar sind, wenn sie über längere Zeit eingetreten wurden. Manchmal dauert das eine Weile. Wir haben alles im Leben irgendwann zum ersten Mal gedacht.
Also muss es ja so sein: Das Leben leichter zu nehmen, also anders zu reagieren als bisher, kann man durchaus lernen. Wir entscheiden, wie wir etwas sehen, fühlen, wie wir die Dinge wahrnehmen. Meine Persönlichkeit kann ich nicht ändern, die bleibt. Aber wie ich mit Situationen umgehe, ob ich nervös reagiere oder ruhig bleibe, gelassener, ausgeglichener bin, das kann ich beeinflussen. Mit meinem Denken und Handeln kann ich arbeiten. Leichtigkeit und auch Glück sind keine Glückssache, sondern das Ergebnis deiner eigenen Entscheidungen, Gedanken und Handlungen. Die Positive Psychologie beschäftigt sich genau mit diesem Thema.
Es gibt viele Studien, die belegen, dass eine lebensbejahende Einstellung viele körperliche und gesundheitliche Vorteile mit sich bringt: Ein längeres Leben, weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen, positive Emotionen stehen mit einer erhöhten Aktivität des Immunsystems in Zusammenhang, einer höheren Schmerztoleranz oder mit besserem Schlaf.[1] Schlafstörungen zum Beispiel können einem immens die Leichtigkeit nehmen. Im Schlaf verarbeitet der Kopf Erlebtes und legt Erinnerungen an. Lohnt sich also doppelt, sich damit zu beschäftigen.
Für mich habe ich ein paar Grundpfeiler, die es mir überhaupt erst erlauben, das Leben leicht zu nehmen. Das sind vor allem auf den ersten Blick völlig banale Gewohnheiten: Ich esse gesund, gehe täglich an die frische Luft, räume jeden Abend kurz auf, stehe früh auf, bin möglichst wenig am Handy, treibe Sport. Denn eine intakte Gesundheit macht einem das Leben definitiv leichter.
Es gibt bei allem einen kurzfristigen und einen langfristigen Effekt. Es hilft, nicht nur auf kurze Sicht zu denken, sondern zu überlegen, was nachhaltig das Leben leichter machen könnte. Das stelle ich mir manchmal wie den Appetit auf einen Burger vor, der mich kurzfristig glücklich, aber langfristig nicht gesünder macht. Gibt es natürlich trotzdem ab und zu. Aber die Metapher passt: Ich kann besser kurz etwas Unangenehmes erledigen, das auf lange Sicht alles einfacher macht, als mich lange zu ärgern. Jetzt kurz Sport, dafür im Alter keine Rückenschmerzen. Bewegung hat dabei einen doppelt guten Effekt, denn sie schafft einerseits die Voraussetzung für eine langfristige körperliche Gesundheit und macht andererseits direkt im Moment etwas leichter. Durch solche Gewohnheiten, an die man sich wirklich routiniert hält, erschafft man sich die Möglichkeit, insgesamt zufriedener, gesünder, fitter, leistungsfähiger, ausgeglichener und am Ende glücklicher zu sein. Klingt alles nicht weiter kompliziert, richtig? Ist ja nicht so, als würde man Japanisch lernen müssen. Bis auf die Tatsache, dass das natürlich keine Kleinigkeiten sind, sondern tägliche Arbeit, die Zeit und manchmal auch Überwindung erfordert. Grundvoraussetzungen eben.
...Erscheint lt. Verlag | 27.6.2024 |
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Zusatzinfo | Illustrationen |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Psychologie | |
Geisteswissenschaften ► Psychologie | |
Schlagworte | Gelassenheit • Innere Stärke • Leichtigkeit • Mental Health • positives Mindset • Resilienz • Selbstfindung |
ISBN-10 | 3-492-60860-4 / 3492608604 |
ISBN-13 | 978-3-492-60860-2 / 9783492608602 |
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